Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2018, Az. XII ZB 248/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 15508

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2018:170118BXIIZB248.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 248/16
vom
17. Januar 2018
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
FamFG § 76 Abs. 1, § 113 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1 Satz 1
Schließen die Beteiligten in einer selbständigen Familiensache einen [X.] unter Einbeziehung nicht anhängiger [X.] ([X.]), hat der unbemittelte Beteiligte einen Anspruch auf Erweiterung der ihm bewilligten Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevoll-mächtigten auf sämtliche in diesem Zusammenhang ausgelöste Gebühren (Abgrenzung zu [X.]Z
159, 263 = FamRZ
2004, 1708 und [X.]Z
91, 311
= NJW
1984, 2106).
[X.], Beschluss vom 17. Januar 2018 -
XII ZB 248/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 17.
Januar 2018
durch [X.], [X.], Dr.
Günter und Dr.
Botur und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 1.
Familiensenats des [X.] in [X.] vom 10.
Mai 2016 aufgehoben.
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Be-schluss des Amtsgerichts

Familiengericht

Sömmerda vom 21.
Januar 2016 dahingehend abgeändert, dass die dem Antrag-steller für die erste Instanz bewilligte Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S.

auf den [X.] der Vereinbarung vom 21.
Januar 2016 einschließlich der Differenzgebühren im Zusammenhang mit den nicht anhängigen [X.]n Umgang und Kindesunterhalt erweitert wird.
Das [X.] ist gerichtskostenfrei. Außerge-richtliche
Kosten werden nicht erstattet.

-
3
-
Gründe:
A.
Der Antragsteller begehrt die Erweiterung der ihm erstinstanzlich für den Abschluss eines [X.] bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf sämtliche hiermit im Zusammenhang stehenden Differenzgebühren.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die nicht
miteinander verheirateten
Eltern ihrer Tochter M. Sie haben vor dem Amtsgericht ein Ver-fahren zur Regelung des Aufenthalts ihres gemeinsamen Kindes geführt. [X.] ist dem Antragsteller
mit Beschluss vom 15.
April 2015 ratenfreie Verfah-renskostenhilfe unter Beiordnung seiner
Rechtsanwältin bewilligt worden. Nach Durchführung eines Erörterungstermins
und Erlass eines Beweisbeschlusses zur Einholung eines Sachverständigengutachtens schlossen die Kindeseltern eine außergerichtliche Vereinbarung, in der sie neben Regelungen zum Aufent-halt ihres Kindes auch solche zum Umgangsrecht und zum Kindesunterhalt ge-troffen haben. Diese Vereinbarung hat die beigeordnete Verfahrensbevollmäch-tigte des Antragstellers beim Amtsgericht zur gerichtlichen Feststellung gemäß §
278 Abs.
6 Satz
2 ZPO i.V.m. §§
113 Abs. 1, 36 Abs.
3 FamFG eingereicht. Zugleich hat der Antragsteller beantragt, die ihm bewilligte [X.] auf den Abschluss der Vereinbarung zu erstrecken sowie auf die im [X.] mit der Regelung der nicht anhängigen Angelegenheiten Umgang und Kindesunterhalt entstandenen Gebühren.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 21.
Januar 2016 die Verfahrens-kostenhilfe für die erste Instanz (nur) auf den Abschluss des gerichtlich
festge-stellten Vergleichs erweitert. Die Beschwerde des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben. Gegen diese Entscheidung richtet sich seine
zugelassene Rechts-beschwerde.
1
2
3
-
4
-
B.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht sie [X.] hat (§
574 Abs.
1
Satz
1 Nr.
2 ZPO) und es um Fragen des Verfah-rens der Verfahrenskostenhilfe geht (vgl. [X.]sbeschluss vom 22.
Oktober 2014

XII
ZB
125/14

FamRZ 2015, 133 Rn.
4 mwN). Sie ist auch im Übrigen zulässig.
Auch in der Sache hat die Rechtsbeschwerde Erfolg. Sie führt zur Auf-hebung des angefochtenen Beschlusses und zur Abänderung der erstinstanzli-chen Entscheidung dahingehend, dass die dem Antragsteller gewährte Verfah-renskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten auf sämtliche Gebüh-ren im Zusammenhang mit dem Abschluss des [X.] erstreckt
wird.

I.
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt,
der Antragsteller könne hinsichtlich
der
nicht anhängigen Verfahrensge-genstände Umgang und Kindesunterhalt
eine Erweiterung der bewilligten [X.] lediglich auf eine hierdurch entstandene Einigungsgebühr, nicht aber
auf eine
Differenzverfahrens-
und Differenzterminsgebühr verlangen.
Werde

wie vorliegend

Verfahrenskostenhilfe für einen Vergleich über nicht anhängige Ansprüche bewilligt, könne
der beigeordnete
Rechtsanwalt nur die Festsetzung einer Einigungsgebühr aus dem [X.]. Diese Konstellation
sei
vergleichbar
mit derjenigen eines Vergleichs-schlusses im Erörterungstermin des [X.]s. Insoweit gelte der Grundsatz, dass für nicht anhängige Verfahren

und damit auch für das [X.] selbst

Verfahrenskostenhilfe nicht bewil-4
5
6
7
-
5
-
ligt werden könne. Um dem Ausnahmecharakter von §
118 Abs.
1 Satz
3 ZPO
Rechnung zu tragen, sei der Abschluss des Vergleiches von diesem Grundsatz ausgenommen. Dementsprechend habe der [X.] entschieden, dass Verfahrens-
bzw. Prozesskostenhilfe lediglich für die Einigungsgebühr, [X.] für den
Abschluss des Vergleichs selbst, bewilligt werden könne, nicht aber für das ganze Verfahren. Dies müsse dann ebenso für im
Verfahren nicht [X.] gelten. Denn da die Bewilligung von Verfah-renskostenhilfe eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder verteidigung voraussetze, eine derartige Prüfung
jedoch nicht erfolgt sei, [X.] eine Erstreckung auf nicht anhängige Ansprüche nicht in Betracht.

Hierfür
spreche auch die seit 1.
August 2013 geltende Neufassung
des §
48 Abs.
3 [X.]. Der Gesetzgeber
habe mit dieser Neuregelung klargestellt, dass im Falle eines Vergleichsabschlusses in [X.]n
alle in diesem Zu-sammenhang anfallenden Gebühren zu erstatten seien. Da sich die Vorschrift jedoch
ausdrücklich
nur auf die Beiordnung
in [X.]n
beziehe,
sei im Um-kehrschluss
daraus abzuleiten, dass bei sonstigen selbständigen
Familiensa-chen eine automatische Erstreckung auf andere Verfahren nicht erfolge.
Schließlich sei es auch nach dem Sinn und Zweck der [X.] als einer sozialhilfeähnlichen Leistung
staatlicher Daseinsfürsorge nicht geboten, diese über
die dem beigeordneten Rechtsanwalt zustehende
Eini-gungsgebühr hinaus auf die Differenzverfahrens-
und Differenzterminsgebühr zu erstrecken. Die Verfahrenskostenhilfe solle nach ihrem Sinn und Zweck [X.] weniger bemittelten [X.] ermöglichen, ihr Recht vor Gericht zu verfolgen, nicht aber ihre
Vergleichsbereitschaft für nicht anhängige Verfahrensgegen-stände erhöhen. Lediglich der Abschluss des Vergleichs
selbst sei aufgrund des aus §
278 Abs.
1 ZPO und §
36 Abs.
1 Satz
2 FamFG resultierenden
Rechts-gedankens hiervon ausgenommen.

8
9
-
6
-
II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Wird in einer selbständigen Familiensache ein Vergleich unter Einbe-ziehung nicht anhängiger [X.] geschlossen (sog. Mehrver-gleich), entsteht für den am Vergleich mitwirkenden Rechtsanwalt hinsichtlich der nicht anhängigen [X.] neben der Einigungsgebühr (Nr.
1000 VV [X.]) regelmäßig auch
eine 0,8-fache
Verfahrensgebühr (Nrn.
3100, 3101 Ziffer
2 VV [X.]). Erfolgt der Abschluss des Vergleichs in ei-nem Termin zur mündlichen Verhandlung,
fällt zudem eine 1,2-fache
Termins-gebühr nach Nr.
3104 Abs.
2 VV [X.]
sowie Vorb.
3 Abs.
3 VV [X.] aus dem Wert des Vergleichs
an. Wegen der Begrenzung der jeweiligen Einzelgebühren auf den Wert aus dem Gesamtbetrag sämtlicher [X.] nach dem höchsten Gebührensatz (§
15 Abs.
3 [X.]) reduzieren sich die Einzelge-bühren für die nicht anhängigen [X.] gewöhnlich auf soge-nannte Differenzgebühren.
2.
Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob der
beigeordnete
Rechts-anwalt

außerhalb des Anwendungsbereichs des §
48 Abs.
3 [X.]

diese zu-sätzlichen Gebühren im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe von der Staatskasse erstattet verlangen kann, wenn

wie im vorliegenden Fall

der [X.] die Verfahrenskostenhilfe nur auf den Abschluss der Vereinbarung erstreckt.
Dies
ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung um-stritten.
a) Einige Oberlandesgerichte vertreten die Auffassung, dass der [X.] Rechtsanwalt in diesen Fällen aus der Staatskasse die Erstattung we-der der Verfahrensgebühr noch der Terminsgebühr aus dem Mehrwert des Vergleichs verlangen könne.
Zur Begründung
wird dabei einerseits
die
fehlende 10
11
12
13
-
7
-
Möglichkeit des Gerichts herangezogen, hinsichtlich der nicht anhängigen Ver-fahrensgegenstände die
Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung oder vertei-digung zu prüfen (§
114 Satz
1 ZPO). Andererseits wird darauf abgestellt, dass die [X.] vergleichbar mit derjenigen eines Vergleichsschlusses
im Erörterungstermin des [X.]s sei (§
118 Abs.
1 Satz
3 ZPO), für die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Prozess-
bzw. Verfahrenskostenhilfe ebenfalls nur für die Einigungsgebühr bewilligt wer-den könne
([X.] FamRZ
2017, 993
f.; [X.], 316
f.; [X.] 2017, 418; [X.] Beschluss vom 12.
Juli 2016

12
WF
134/16

juris Rn.
4; [X.] [X.] 316
f.; [X.] 2017, 197; OLG [X.] [X.] 2015, 640;
[X.]
[10.
Zivilsenat] [X.] 2015, 236, 237
f. und
[X.], 835, 836; [X.] [1.
[X.]] FamRZ 2014, 1877
f.).
b)
Teilweise wird die Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe auf die Diffe-renzgebühren davon abhängig gemacht, ob zwischen dem eigentlichen [X.] und dem zusätzlichen Gegenstand des [X.] ein en-ger Zusammenhang besteht ([X.] [X.], 320, 321; [X.] [1. [X.]] [X.] 2015, 141, 142 und [X.] 2014, 527, 528 f.).
c) Andere Oberlandesgerichte sind der Meinung, dass durch die Erweite-rung einer bereits bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf den Abschluss eines [X.] dem beigeordneten Rechtsanwalt sämtliche mit dem [X.] anfallenden Gebühren aus der Staatskasse zu erstatten sind, auch wenn der [X.] dies nicht ausdrücklich anordnet. Dabei werden insbesondere der Sinn und Zweck der Verfahrenskostenhilfe sowie die Verfahrensökonomie in den Vordergrund gerückt ([X.] [X.], 1959
f.; [X.] [21.
Zivilsenat] [X.], 394, 395
f.
und [X.] 14
15
-
8
-
[15.
Zivilsenat] FamRZ 2014, 1878
f.; [X.] [X.], 317, 318; [X.] [2.
[X.]] [X.] 2016, 136
f.; [X.] FamRZ 2014, 1875, 1876
f.; [X.], 1416, 1417;
[X.]/Müller-Rabe [X.] 22.
Aufl. §
48 Rn.
168
ff. mwN).

d)
Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu. Der unbemittelte [X.] in einer selbständigen Familiensache hat einen Anspruch auf Erstre-ckung der Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten auf sämtliche im Zusammenhang mit einem [X.] ausgelöste Gebühren

sei es im Wege der Auslegung einer bereits erfolgten Bewilligung, sei es im Wege einer ergänzenden Beschlussfassung.
aa) Gemäß §
76 Abs.
1
FamFG bzw. §
113 Abs.
1 FamFG i.V.m.
§
114 Abs.
1 Satz
1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirt-schaftlichen Verhältnissen die Kosten der Verfahrensführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Verfahrenskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dieser Anspruch auf Verfahrens-kostenhilfe ist Ausfluss des verfassungsrechtlichen Gebots einer weitgehenden Angleichung der Situation von [X.] und [X.]n bei der [X.] des Rechtsschutzes aus Art.
3 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, welches
in Art.
20 Abs.
3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art.
19 Abs.
4 GG seinen besonderen Ausdruck findet ([X.] NJW 2012, 3293 mwN; [X.] NJW 1991, 413 mwN).
Danach darf [X.]n die Rechtsverfol-gung und verteidigung im Vergleich zu [X.] nicht unverhältnismäßig er-schwert werden. Der [X.] muss grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Bemittelter. Er muss einem solchen [X.] gleichgestellt werden, der seine Aussichten vernünftig ab-16
17
-
9
-
wägt und dabei auch sein Kostenrisiko berücksichtigt ([X.] NJW 2012, 3293 mwN).
Diese
durch
Art.
3 Abs.
1 i.V.m.
Art.
20 Abs.
3 GG verbürgte Rechts-schutzgleichheit
wäre nicht gewahrt, wenn trotz der Erweiterung der bereits be-willigten Verfahrenskostenhilfe auf den Abschluss des [X.] die dem beigeordneten Rechtsanwalt durch die Vornahme dieser Verfahrenshandlung nach den Regelungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes erwachsenden Gebühren teilweise nicht
von der Staatskasse getragen würden und im Übrigen die Vergütungspflicht des bedürftigen Beteiligten bestehen bliebe. Anders als ein begüterter Verfahrensbeteiligter könnte der bedürftige Beteiligte in diesem Fall von der Möglichkeit, das anhängige Verfahren durch den Abschluss eines [X.] zu beenden, nur dann Gebrauch machen, wenn er trotz seiner im Bewilligungsverfahren festgestellten Bedürftigkeit wirtschaftlich in der Lage wäre, die zusätzlich anfallenden Rechtsanwaltsgebühren zu tragen. Sollte er die hierfür erforderlichen Mittel nicht aufbringen können, bliebe ihm nur die Möglichkeit, bezüglich der nicht anhängigen Gegenstände ein gesondertes Ver-fahren zu betreiben und dort erneut um die Bewilligung von [X.] anzutragen. Dem bedürftigen Beteiligten würde dadurch gegenüber einem begüterten Beteiligten die

oft zweckmäßige

umfassende Regelung von strei-tigen Rechtsverhältnissen erheblich erschwert.
Für diese Ungleichbehandlung gibt es keinen tragfähigen sachlichen Grund.
bb) Nach §
119 Abs.
1 Satz
1 ZPO erfolgt die Bewilligung von Verfah-renskostenhilfe für jeden Rechtszug besonders. Der Begriff des Rechtszugs ist kostenrechtlich zu verstehen und bezeichnet jeden Verfahrensabschnitt, der besondere Kosten verursacht ([X.] Beschluss vom 8.
Juli 2004

IX
ZB
565/02

[X.], 1707, 1708). Nach §§
45 Abs.
1, 48 Abs.
1 [X.] umfasst der gegen die Staatskasse gerichtete Vergütungsanspruch des beige-18
19
-
10
-
ordneten Rechtsanwalts daher grundsätzlich sämtliche anwaltliche Gebühren, die aufgrund
der Tätigkeit,
die der beigeordnete Rechtsanwalt in dem von der Bewilligungsentscheidung erfassten Verfahrensabschnitt ausübt, anfallen. Eine auf bestimmte Gebührentatbestände beschränkte Bewilligung von Verfahrens-kostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts sieht das Gesetz weder in den §§
76
ff. FamFG noch in den §§
114
ff. ZPO vor
([X.] FamRZ
2017, 1959
f.; [X.] [X.] 2016, 470).
Da die gesetzliche Vergütung des Rechtsanwalts für die Mitwirkung an einem (Mehr-)Vergleich sich nicht in der Einigungsgebühr aus dem erhöhten Vergleichswert
erschöpft, sondern sich auch auf die Differenzverfahrens-
und terminsgebühr
erstreckt, widerspräche eine Beschränkung der [X.] auf die Einigungsgebühr nicht nur dem Grundsatz des §
45 Abs.
1 [X.], wonach der beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung aus der Staatskasse erhält ([X.] FamRZ 2014, 1878, 1879).
Es bliebe auch unberücksichtigt, dass die zuletzt genannten Differenzgebühren in einem engen Zusammenhang mit dem
Abschluss des [X.] stehen (vgl. [X.] [X.], 394, 396).
Die Verfahrensgebühr ist sogar unlösbar mit der [X.] verbunden ([X.] FamRZ
2014, 1875, 1876)
und der unbemittelte Verfahrensbeteiligte darf darauf vertrauen, aufgrund der für den Abschluss des [X.] bewilligten Verfahrenskostenhilfe von sämtlichen Gebührenansprüchen freigestellt zu werden, die seinem beigeord-neten Rechtsanwalt zustehen (vgl. [X.] FamRZ
2017, 1959
f.).
cc)
Entgegen der Auffassung des [X.] lässt sich auch aus §
48 Abs.
3 [X.] nicht im Wege eines Umkehrschlusses ableiten, dass au-ßerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift die Bewilligung von Verfah-renskostenhilfe für den Abschluss eines [X.] nicht auf die Verfah-rens-
und Terminsgebühr erstreckt werden kann.
20
21
-
11
-
(1) Nach §
48
Abs.
3 Satz
1 [X.] erstreckt sich die Beiordnung in einer [X.] im Falle des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des [X.] auf alle mit der Herbeiführung der Einigung er-forderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag einen der in der Vorschrift bezeich-neten [X.] betrifft.
Der Vorschrift
kommt insoweit
Ausnahmecha-rakter zu, als der
für die [X.]
beigeordnete
Rechtsanwalt
kraft Gesetzes auch für den Abschluss eines [X.] beigeordnet ist, sofern dieser ei-nen der in der Vorschrift genannten [X.] betrifft. Das Gericht muss daher innerhalb des Anwendungsbereichs der Norm die für die [X.] bewilligte Verfahrenskostenhilfe nicht auf den Abschluss des [X.] erstrecken.
Zweck dieser Vorschrift ist es, Beteiligten
mit geringem Einkommen auch ohne einen entsprechenden Ausspruch in der Bewilligungsentscheidung die gleiche Möglichkeit zu verschaffen, eine Vereinbarung zu Scheidungsfolgen zu schließen, wie Beteiligten
mit ausreichend hohem Einkommen und dadurch weitere Rechtsstreitigkeiten
über die Scheidungsfolgen zu
verhindern.
In der Zusammenschau mit §
48 Abs.
1 und 5 [X.] lässt sich daher aus §
48 Abs.
3 [X.] im Wege eines Umkehrschlusses nur herleiten, dass bei selbständigen Familiensachen eine Erweiterung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf den Abschluss eines [X.] nicht kraft Gesetzes eintritt, sondern einer An-ordnung durch gerichtlichen Beschluss bedarf. Demgegenüber lässt sich [X.] nicht folgern, außerhalb des [X.] könne sich eine Er-weiterung der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Fall eines [X.] allein auf die Einigungsgebühr und nicht auch auf die übrigen [X.] beziehen.
(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Gesetzgeber durch das zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2.
Kosten-rechtsmodernisierungsgesetz

2.
KostRMoG) vom 23.
Juli 2013 ([X.] 2586) mit Wirkung zum 1.
August 2013 den Wortlaut des §
48 Abs.
3 Satz
1 [X.] da-22
23
-
12
-
hingehend ergänzt hat, dass sich die Beiordnung in einer [X.] im Fall des Abschlusses eines Vergleichs auf alle mit der Herbeiführung der Einigung er-forderlichen Tätigkeiten erstreckt, soweit der Vergleich auch eine der in §
48 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 bis 6 [X.] genannten Angelegenheiten betrifft.
Aufgrund des Wortlauts des §
48 Abs.
3 Satz
1 [X.] in der
bis zum 31.
Juli 2013 gültigen
Fassung
wurden
in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen insbesondere
dazu
vertreten, ob die gesetzliche Ausdehnung der in einer Ehe-
oder Partnerschaftssache bewilligte Verfahrenskostenhilfe zur Folge hat, dass der beigeordnete Rechtsanwalt neben der Einigungsgebühr auch
die Differenzterminsgebühr von der Staatskasse erstattet verlangen kann (ablehnend: [X.], 1264; [X.] FamRZ 2009, 1779
und [X.] Beschluss vom 25.
Februar 2012

6
WF
109/12

juris; bejahend: [X.] FamRZ 2008, 707; [X.] FamRZ 2008, 1010 und OLG Saarbrücken FamRZ 2009, 143).
Im Hinblick auf diesen Meinungsstreit wollte der [X.] mit der Ergänzung des Wortlauts der Vorschrift lediglich klarstellen, dass im Falle eines Vergleichsschlusses in einer Ehe-
oder Lebenspartnerschaftssache alle in diesem Zusammenhang anfallenden Gebühren zu erstatten sind, weil allein hierdurch Beteiligte mit einem geringem Einkommen die gleiche Möglichkeit er-halten
würden, ihre Streitigkeiten möglichst umfangreich beizulegen, wie [X.] mit einem ausreichend hohen Einkommen (BT-Drucks.
17/11471 S.
270).
Diese Erwägung, welche maßgeblich auf den verfahrensökonomischen Aspekt eines Vergleichsschlusses abstellt, gilt aber in gleichem Maße für einen [X.] im Rahmen einer selbständigen Familiensache. Deshalb wäre es nach diesem Gesetzeszweck bereits von [X.] wegen (Art.
3 Abs.
1 GG) nicht gerechtfertigt, die Frage des Vergütungsanspruchs für die Herbeifüh-rung eines [X.] bei selbständigen Familiensachen anders zu behan-24
25
-
13
-
deln als bei einem Vergleichsschluss im Scheidungsverbund ([X.]
FamRZ 2014, 1878, 1879).
(3) Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass außerhalb des [X.] des §
48 Abs.
3 [X.] die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht auf sämtliche durch den Abschluss eines [X.] anfallenden Rechtsan-waltsgebühren erstreckt werden kann, lassen sich daher weder dem Wortlaut der Vorschrift noch dem Gesetzeszweck entnehmen. Auch die Gesetzesbe-gründung gibt für eine entsprechende Absicht des Gesetzgebers nichts her.

dd)
Der vom Antragsteller begehrten Erweiterung der bewilligten Verfah-renskostenhilfe steht auch nicht entgegen, dass für die weiteren in den [X.] einbezogenen Regelungsgegenstände die nach §
114 Abs.
1 Satz
1 ZPO für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich erforderliche Prü-fung der hinreichenden Erfolgsaussichten für eine beabsichtigte Rechtsverfol-gung oder Rechtsverteidigung nicht erfolgen kann.
Richtig ist, dass ohne Anhängigkeit der betreffenden Verfahrensgegen-stände, d.h. ohne einen verfahrenseinleitenden Antrag gemäß §§
23 Abs.
1, 25 Abs.
1 FamFG oder
eine Antragsschrift im Sinne der §§
113 Abs.
1 Satz
2
FamFG, 253 Abs.
2 ZPO, eine diesbezügliche summarische Prüfung kaum durchführbar sein dürfte (vgl. [X.] FamRZ 2014, 1877, 1878).
Zu [X.] ist jedoch,
dass die von einem [X.] erfassten nicht an-hängigen [X.] regelmäßig
allenfalls eingeschränkt einer Beurteilung ihrer Erfolgsaussichten nach §
114 Abs.
1 Satz
1 ZPO zugänglich sind. Denn ein [X.] erschöpft sich nicht darin, einen Streit oder eine Ungewissheit der Beteiligten über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen [X.] zu beseitigen (§
779 Abs.
1 BGB). Er geht vielmehr über den ei-gentlichen Streitfall hinaus. Die nicht anhängigen [X.], wel-26
27
28
-
14
-
che im Rahmen eines [X.] mitgeregelt werden, müssen daher nicht notwendigerweise streitige Positionen betreffen. Es erscheint ebenso [X.], dass die Beteiligten zur Vermeidung weiterer gerichtlicher Auseinander-setzungen gegnerische Ansprüche unstreitig stellen und einer einvernehmli-chen Regelung zuführen, deren Durchsetzung nach summarischer Prüfung eher
wenig Aussicht auf Erfolg hätte. Oder sie beziehen von vornherein unstrei-tige Punkte in ihren Vergleich mit ein, um etwa im Zusammenhang mit ihrer Ehescheidung eine umfassende Vermögensauseinandersetzung zu erreichen. Eine derartige Einigung würde aber weniger das Ergebnis gegenseitigen Nach-gebens wiedergeben als vielmehr eine bloße Feststellung beinhalten (vgl. [X.] [X.], 835, 836).
Daher
müsste in zahlreichen Fällen mangels Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussichten der
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung schon die [X.] auf die Einigungsgebühr für einen [X.] auf rechtliche Bedenken stoßen. Dies würde der besonderen Bedeu-tung nicht gerecht, welche dem [X.] für eine umfassende Regelung komplexer Lebenssachverhalte zukommt.
Im Übrigen liegt es im pflichtgemä-ßen Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Einigung, [X.] über den Verfahrensgegenstand hinausgeht, als gerichtlichen Vergleich protokolliert ([X.]sbeschluss [X.]Z 191, 1
=
[X.], 1572 Rn.
16
f.).
ee) Entgegen der Auffassung des [X.] steht einer [X.]bewilligung auf sämtliche durch den [X.] eines [X.] anfallenden Rechtsanwaltsgebühren auch die Rechtsprechung des [X.] nicht entgegen.
(1) Zwar
hat der [X.] entschieden, dass bei Abschluss ei-nes [X.] im
Erörterungstermin nach §
118 Abs.
1 Satz
3 ZPO Pro-29
30
31
-
15
-
zesskostenhilfe nur für den Vergleich selbst und nicht für das gesamte Pro-zesskostenhilfeverfahren bewilligt werden könne. Deshalb beschränke
sich die Gewährung der Prozesskostenhilfe ausschließlich auf den Vergleich und um-fasse
insbesondere nicht die einem Rechtsanwalt unabhängig hiervon zu-stehende Verfahrensgebühr gemäß Nrn.
3100, 3335 VV [X.] (nach altem Recht: §§
51 Abs.
1, 31 Abs.
1 Nr.
1 BRAGO) sowie die Terminsgebühr gemäß Vorb.
3 Abs.
3 i.V.m.
Nr.
3104 VV [X.] (nach altem Recht: [X.] nach §§
51 Abs.
1, 31 Abs.
1 Nr.
4 BRAGO).

(2)
Diese Rechtsprechung beruht indes auf dem Grundsatz, wonach für das Prozess-
bzw. [X.] an sich eine Bewilligung von Prozess-
bzw. Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht kommt (vgl. [X.]Z 159, 263 = [X.], 1708, 1709; [X.]Z 91, 311 = FamRZ
1985, 690).
Insoweit stellt §
118 Abs.
1 Satz
3 ZPO eine Ausnahmevorschrift dar. Bei [X.] auf beiden Seiten sprengt die Vorschrift den Rahmen des Prozess-kostenhilfeverfahrens und gestattet
aus [X.] eine gütliche Regelung über die Hauptsache bereits vorprozessual im Wege eines Vergleichs ([X.]Z 159, 263 = [X.], 1708, 1709).
Wird demgegenüber

wie im vorliegenden Fall

ein [X.] im Rahmen einer bereits rechtshängigen selbständigen Familiensache
geschlos-sen, ist dem unbemittelten Beteiligten für den
rechtshängigen Verfahrensge-genstand Verfahrenskostenhilfe bereits bewilligt worden. Der Grundsatz, wo-nach Verfahrenskostenhilfe für das Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren an sich nicht gewährt werden kann, entfaltet dann keine Wirkung mehr. Es kommt nicht länger darauf an, ob und inwieweit §
118 Abs.
1 Satz
3 ZPO aus-nahmsweise eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe im [X.]verfahren ermöglicht, sondern es geht um den Umfang
der Beiordnung ei-nes Verfahrensbevollmächtigten in einem bereits rechtshängigen Verfahren, in 32
33
-
16
-
dem zulässigerweise materiell-rechtliche Gegenstände mitgeregelt werden, welche außerhalb des [X.] streitig oder ungewiss sind ([X.], 1416, 1417 mwN).
3. Gemessen hieran kann die angefochtene Entscheidung keinen [X.] haben. Sie ist gemäß §
577
Abs.
4 Satz
1
ZPO
aufzuheben. Der [X.] kann gemäß §
577
Abs.
5
Satz
1 ZPO
selbst entscheiden, da die Sache zur Entscheidung reif ist.
Da
das Amtsgericht die dem Antragsteller für die erste Instanz bewilligte Verfahrenskostenhilfe lediglich auf die Einigungsgebühr für den [X.], nicht aber auf die Verfahrensgebühr für die nicht anhängigen

34
35
-
17
-

[X.] Umgang und Kindesunterhalt erweitert hat, ist der Be-schluss des Amtsgerichts unter Aufhebung der Beschwerdeentscheidung da-hingehend abzuändern, dass die dem Antragsteller gewährte [X.] unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten auf sämtliche Gebühren im Zusammenhang mit dem Abschluss des [X.] erweitert wird.

Dose
Schilling
Günter

Botur
Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.01.2016 -
2 F 39/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 10.05.2016 -
1 [X.]/16 -

Meta

XII ZB 248/16

17.01.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2018, Az. XII ZB 248/16 (REWIS RS 2018, 15508)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15508

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 248/16 (Bundesgerichtshof)

Verfahrenskostenhilfe in einer Familiensache: Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts bei Abschluss eines Mehrvergleichs


5 Ta 253/19 (Landesarbeitsgericht Hamm)


6 Ta 8/22 (LArbG München)

Prozesskostenhilfe, Beschwerde, Beiordnung, Bewilligung, Vergleichsmehrwert, Vergleich, Erinnerung, Verfahren, Beteiligung, Mehrvergleich, Partei, Rechtsweg, Verfahrenskostenhilfe, Sachgrund, sofortige …


6 Ta 249/21 (LArbG München)

Prozesskostenhilfe, Bewilligung, Beiordnung, Beschwerde, Abfindung, Vergleichsmehrwert, Arbeitsleistung, Erinnerung, Feststellung, Auslegung, Mehrvergleich, Vergleich, Verfahrenskostenhilfe, Festsetzung, Kosten …


12 WF 130/14 (Oberlandesgericht Köln)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 248/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.