Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.07.2012, Az. 2 B 16/12

2. Senat | REWIS RS 2012, 4668

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Gegenstand

Versetzung eines Beamten wegen politischer Betätigung mit dienstlichem Bezug; dienstliches Bedürfnis; Ermessen des Dienstherrn


Gründe

1

[X.]ie Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] kann keinen Erfolg haben. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass ein Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gegeben ist.

2

[X.]er Kläger, der als Regierungsdirektor im [X.]ienst der Beklagten steht, wendet sich gegen seine Versetzung vom [X.] ([X.]) an das ebenfalls in [X.] ansässige ...bundesamt (...[X.]) im Februar 2008. Er war bereits seit [X.]ezember 2007 "mit dem Ziel der Versetzung" an das ...[X.] abgeordnet. [X.]ie Beklagte stützte Abordnung und Versetzung auf den Inhalt einer Petition des [X.] an den [X.], mit der er auf eine Kleine Anfrage der [X.]sfraktion und einzelner [X.] der Partei ... reagiert hatte. [X.]ie Fragesteller hatten die Bundesregierung aufgefordert, Stellung zu im Einzelnen aufgeführten politischen Aktivitäten des [X.] zu beziehen.

3

[X.]as Oberverwaltungsgericht hat die Klage gegen die Versetzung, der das Verwaltungsgericht aus personalvertretungsrechtlichen Gründen stattgegeben hatte, abgewiesen. In dem Berufungsurteil heißt es, die Beklagte habe aufgrund des Inhalts der Petition zu Recht ein dienstliches Bedürfnis an der Versetzung angenommen. In Anbetracht der beamtenrechtlichen Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung sei die Schärfe und Polemik, die die Petition kennzeichne, auch bei Berücksichtigung der Angriffe auf den Kläger eindeutig überzogen gewesen. [X.]adurch habe er bestehende Spannungen erheblich verschärft. [X.]ie Petition sei geeignet gewesen, die Kontakte und Arbeitsbeziehungen des [X.] zu den Abgeordneten des [X.]s erheblich zu belasten und das Ansehen des [X.] zu beschädigen. Aufgrund der Uneinsichtigkeit des [X.] sei zu befürchten, dass diese Beeinträchtigungen bei seinem Verbleib im [X.] anhielten. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nur versetzt worden sei, um ihn zu bestrafen und zu disziplinieren. [X.]ie Beteiligung des Hauptpersonalrats anstelle des zuständigen Personalrats des [X.] habe sich offensichtlich nicht ausgewirkt. [X.]er örtliche Personalrat habe der Versetzung gegenüber dem Hauptpersonalrat zugestimmt. Er habe die Angelegenheit nicht anders behandelt, als wenn er von der Leitung des [X.] eingeschaltet worden wäre.

4

1. [X.]ie nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderliche [X.]arlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Frage des revisiblen Rechts bezeichnet und aufzeigt, dass die Frage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Klärungsbedarf besteht, wenn eine von der Beschwerde aufgeworfene Frage von Bundesverfassungs- oder [X.] weder beantwortet worden ist noch auf der Grundlage ihrer Rechtsprechung eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329, Rn. 4). [X.]ie Fragen, die der Kläger mit der Beschwerde ausdrücklich oder sinngemäß aufwirft, erfüllen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht.

5

a) Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der hier noch anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 1999 - [X.] a.F. - ([X.]) setzt die Versetzung eines Beamten innerhalb des [X.]ienstbereichs seines [X.]ienstherrn voraus, dass hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht. [X.]ie vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sich ein dienstliches Bedürfnis für eine Versetzung aus

- außerdienstlichen Spannungen zwischen dem Beamten und Außenstehenden,

- einseitigen Angriffen gegen den Beamten,

- der politischen Betätigung, insbesondere politischen Meinungsäußerungen des Beamten,

- aus einer "privaten politischen Auseinandersetzung" zwischen dem Beamten und politischen Gegnern bzw. privaten Meinungsäußerungen,

- dem Ziel einer Bestrafung und [X.]isziplinierung des Beamten

ergeben kann, sind nicht rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sie sind entweder in der Rechtsprechung von Bundesverfassungs- oder [X.] geklärt, nicht entscheidungserheblich, weil sie von einem Sachverhalt ausgehen, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat, oder nicht verallgemeinerungsfähig, weil sie die Rechtsanwendung des [X.] im vorliegenden Einzelfall betreffen.

6

Es ist in der Rechtsprechung des [X.]s seit langem geklärt und allgemein anerkannt, dass das dienstliche Bedürfnis für eine Versetzung angenommen werden kann, wenn ein Beamter auf Grund seines dienstlichen oder außerdienstlichen Verhaltens eine Beeinträchtigung des reibungslosen Ablaufs des [X.]ienstbetriebs herbeigeführt hat oder dies zu erwarten ist (Urteile vom 28. April 1966 - BVerwG 2 [X.] 68.63 - [X.] 232 § 26 [X.] Nr. 6 S. 27 f., vom 26. Mai 1966 - BVerwG 2 [X.] 38.65 - [X.] 232 § 26 [X.] Nr. 7 S. 31 ff. und vom 25. Januar 1967 - BVerwG 6 [X.] 58.65 - BVerwGE 26, 65 <67 f.> = [X.] 232 § 26 [X.] Nr. 28 S. 39 f.; Beschluss vom 27. November 2000 - BVerwG 2 [X.] - [X.] 232 § 26 [X.] Nr. 40 S. 5 f.).

7

[X.]as Oberverwaltungsgericht hat den gesetzlichen Begriff des dienstlichen Bedürfnisses in Einklang mit diesen Rechtsgrundsätzen ausgelegt und auf den nach § 137 Abs. 2 VwGO bindend festgestellten Sachverhalt angewandt. Es liegt auf der Hand und bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung eines in einem [X.] tätigen Beamten des höheren [X.]ienstes zu einer anderen [X.] jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn der Beamte durch ein unangemessenes Verhalten mit dienstlichem Bezug die für die Aufgabenwahrnehmung förderlichen Beziehungen zu den Abgeordneten des [X.]s erheblich belastet und das Ansehen des [X.]s beschädigt. [X.]ies hat das Oberverwaltungsgericht aufgrund der Petition des [X.] angenommen. Bei dieser rechtlichen Würdigung, insbesondere des Inhalts der Petition und ihrer Auswirkungen, handelt es sich um Rechtsanwendung im Einzelfall, nämlich um die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts. [X.]ie hiergegen gerichteten Angriffe des [X.] können einen allgemeinen Klärungsbedarf im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht begründen.

8

[X.]ie Frage, ob ein dienstliches Bedürfnis auch aus einseitigen Angriffen gegen den Beamten hergeleitet werden kann, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. [X.]ie Fragestellung geht von einem Sachverhalt aus, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Nach dessen bindenden Feststellungen wurde der Kläger versetzt, weil er durch die Petition wesentlich zur Eskalation beigetragen hatte. [X.]emzufolge beruhte die Versetzung auf der vom Oberverwaltungsgericht als unnötig scharf und polemisch bewerteten Reaktion des [X.] auf Angriffe. [X.]ie Feststellungen zum Grund für die Versetzung hätte der Senat in einem Revisionsverfahren seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.

9

[X.]ie Frage, ob ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung eines Beamten auf dessen politische Betätigung gestützt werden kann, ist aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des [X.]s geklärt. [X.]anach sind Beamte berechtigt, sich politisch zu betätigen; sie können sich dabei auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen. Erfasst werden mündliche oder schriftliche Äußerungen aller Art, etwa in Vorträgen, bei Interviews, in schriftstellerischer Tätigkeit, in Leserbriefen und Gesprächen.

Allerdings sind der Freiheit der Meinungsäußerung durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Grenzen gesetzt. Hierzu gehört die beamtenrechtliche Pflicht, bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus seiner Stellung gegenüber der Gesamtheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten seines Amtes ergeben (§ 53 [X.] a.F.). [X.]er Beamte muss durch sein Auftreten auch außerhalb des [X.]ienstes jeden Anschein vermeiden, er werde sein Amt nicht unparteiisch und ausschließlich gemeinwohlorientiert wahrnehmen (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] a.F.). [X.]aher darf die politische Betätigung des Beamten nicht Formen annehmen, die aus der Sicht eines unvoreingenommenen Betrachters geeignet sind, Zweifel an einer politisch neutralen, nur dem Allgemeinwohl verpflichteten Amtsführung ohne Ansehen der Person hervorzurufen. Allerdings schränken die beamtenrechtlichen Pflichten die freie Meinungsäußerung nicht einseitig ein. Vielmehr sind sie aus der Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auszulegen. [X.]aher ist bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Beamten Rückschlüsse auf die Amtsführung zulässt, Zurückhaltung geboten.

Grundsätzlich gilt, dass sich der Beamte einer politischen Betätigung im [X.]ienst regelmäßig zu enthalten hat. Im außerdienstlichen Bereich hängt das erforderliche Maß der Mäßigung und Zurückhaltung davon ab, ob und inwieweit die politische Betätigung einen Bezug zur dienstlichen Stellung und zu den dienstlichen Aufgaben aufweist. Jedenfalls muss der Beamte auch außerhalb des [X.]ienstes darauf bedacht sein, eine klare Trennung zwischen dem Amt und der Teilnahme am politischen Meinungskampf einzuhalten. Einschränkungen ergeben sich insbesondere für den Stil der politischen Betätigung und die Wortwahl politischer Meinungsäußerungen (zum Ganzen [X.], Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - [X.]E 39, 334 <366 f.>; Kammerbeschlüsse vom 30. August 1983 - 2 BvR 1334/82 - NJW 1983, 2691 und vom 6. Juni 1988 - 2 BvR 111/88 - NJW 1989, 93; BVerwG, Urteile vom 29. Oktober 1987 - BVerwG 2 [X.] 72.86 - BVerwGE 78, 216 <221> = [X.] 236.2 § 26 [X.]RiG Nr. 4 S. 4 f., vom 25. Januar 1990 - BVerwG 2 [X.] 50.88 - BVerwGE 84, 292 <294 f.> = [X.] 237.4 § 58 [X.] Nr. 1 S. 2 f. und vom 23. Februar 1994 - BVerwG 1 [X.] 65.91 - BVerwGE 103, 70 <79 f.>; Beschlüsse vom 12. April 1978 - BVerwG 2 W[X.]B 24.77 - BVerwGE 63, 37 <38 ff.> und vom 10. Oktober 1989 - BVerwG 2 W[X.]B 4.89 - BVerwGE 86, 188 <190 f.>).

[X.]araus folgt, dass die Rechtsauffassung des [X.], der Beamte unterliege bei der außerdienstlichen politischen Betätigung keinen Beschränkungen durch das Beamtenrecht, mit der Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und [X.] nicht vereinbar ist. [X.]ementsprechend sind die Fragen, ob eine "als privat anzusprechende politische Auseinandersetzung" oder private Meinungsäußerungen ein dienstliches Bedürfnis an einer Versetzung begründen können, entgegen der Rechtsauffassung des [X.] geklärt. Ein dienstliches Bedürfnis kann je nach den Umständen des Einzelfalls gegeben sein, wenn die politische Betätigung nicht mehr vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt ist, sondern sich als Verletzung beamtenrechtlicher Pflichten darstellt.

[X.]as Oberverwaltungsgericht hat die dargestellten Rechtsgrundsätze zu den Grenzen der politischen Betätigung der Beamten dem Berufungsurteil zugrunde gelegt und auf den festgestellten Sachverhalt angewandt. Es hat insbesondere erkannt, dass das [X.] und [X.] seinerseits im Licht des Grundrechts nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auszulegen ist.

[X.]avon ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht einen Verstoß des [X.] gegen die Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung angenommen, weil es den Inhalt der Petition als im Ton unangemessen sowie unangebracht scharf und polemisch bewertet hat. [X.]iese rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts stellt Rechtsanwendung im Einzelfall dar, sodass die hiergegen gerichteten Angriffe des [X.] einen allgemeinen, über den vorliegenden Fall hinausreichenden Klärungsbedarf nicht begründen können. [X.]ie Auffassung des [X.], das Oberverwaltungsgericht hätte dem Interesse an einer reibungslosen Zusammenarbeit des [X.] mit allen Abgeordneten des [X.]s nicht den Vorrang einräumen dürfen, ist im Rahmen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ohne Bedeutung.

[X.]arüber hinaus würden sich die Fragen nach dem Bestehen eines dienstlichen Bedürfnisses für eine Versetzung eines Beamten aufgrund einer privaten, d.h. außerdienstlichen, politischen Betätigung in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Aus den bindenden Feststellungen des [X.] ergibt sich, dass die Petition nicht dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen ist, sondern einen dienstlichen Bezug aufweist. [X.]anach hat der Kläger mit der Petition auf eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung reagiert, in der Fragen nach seinen dienstlichen Aufgaben und nach der Vereinbarkeit seiner vielfältigen politischen Aktivitäten mit seiner dienstlichen Stellung gestellt wurden.

[X.]ie Frage nach der Zulässigkeit einer Versetzung als Mittel der Bestrafung und [X.]isziplinierung ist in der Rechtsprechung des [X.]s geklärt. [X.]anach darf die Versetzung nicht ausschließlich auf einen derartigen Zweck gestützt werden. Auch darf ein Beamter nicht wegen eines behaupteten Fehlverhaltens versetzt werden, obwohl er insoweit von einem [X.]isziplinargericht freigesprochen wurde (Urteile vom 28. April 1966 - BVerwG 2 [X.] 68.63 - [X.] 232 § 26 [X.] Nr. 6 S. 27 f. und vom 26. Mai 1966 - BVerwG 2 [X.] 38.65 - [X.] 232 § 26 [X.] Nr. 7 S. 31 ff.). [X.]avon ausgehend würde sich die Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat bindend festgestellt, dass das [X.] durch die Versetzung des [X.] vorrangig Beeinträchtigungen des [X.]ienstbetriebs und des Ansehens des [X.]ienstherrn verhindern wollte. Eine Versetzung wird nicht schon deshalb zu einer Bestrafungs- oder [X.]isziplinierungsmaßnahme, weil sie an ein bestimmtes Verhalten des Beamten mit dienstlichem Bezug anknüpft.

Auch die Frage, ob eine Abordnung mit dem Ziel der Versetzung ausgesprochen werden kann, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. [X.]ie Rechtmäßigkeit der Abordnung kann nicht überprüft werden, weil nur die Versetzung Streitgegenstand der mit der Nichtzulassungsbeschwerde weiterverfolgten Anfechtungsklage ist.

b) Besteht ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F., hat der [X.]ienstherr nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er von der Versetzungsbefugnis Gebrauch macht. [X.]ie Folgen der Maßnahme für die private Lebensführung des Beamten sind aus [X.] mit dem ihnen objektiv zukommenden Gewicht in die Ermessensabwägung einzustellen. [X.]er [X.]ienstherr ist bei der Ausübung des Versetzungsermessens an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden (Urteile vom 22. Mai 1980 - BVerwG 2 [X.] 30.78 - BVerwGE 60, 144 <146 f.> = [X.] 232 § 26 [X.] Nr. 20 S. 29 f. und vom 28. November 1991 - BVerwG 2 [X.] 41.89 - BVerwGE 89, 199 <200 f.> = [X.] 232 § 26 [X.] Nr. 34 [X.] f.). [X.]avon ausgehend sind die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

- vorrangig eine Umsetzung oder eine längere Abordnung als milderes Mittel fordert,

- eine Berücksichtigung der spezifischen Eignung des Beamten für die bislang wahrgenommenen Aufgaben verlangt,

- einer "erkennbaren Fehlallokation von Personalressourcen" entgegen steht,

nicht rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil kein allgemeiner, über den vorliegenden Fall hinausgehender Klärungsbedarf erkennbar ist.

Es liegt auf der Hand, dass der [X.]ienstherr nicht zum Mittel der Versetzung greifen darf, wenn er dem dienstlichen Bedürfnis durch eine den Beamten weniger belastende Umsetzung innerhalb der Beschäftigungsbehörde oder durch eine Abordnung gleich wirksam Rechnung tragen kann. Ob dies der Fall ist, kann nicht generell, sondern nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat dies zutreffend erkannt und seiner Würdigung der Umstände des vorliegenden Falls zugrunde gelegt. Es hat den festgestellten Sachverhalt nachvollziehbar dahingehend gewürdigt, auch aufgrund der Uneinsichtigkeit des [X.] stelle nur dessen Versetzung an das [X.] ein erfolgversprechendes Mittel dar, um die durch die Petition erheblich verschärften Spannungen und Verstimmungen dauerhaft abzubauen. [X.]ie Angriffe des [X.] richten sich nicht gegen den rechtlichen Ansatz des [X.], sondern gegen dessen Rechtsanwendung im Einzelfall.

[X.]urch die Rechtsprechung des [X.]s ist geklärt, dass der Beamte nicht geltend machen kann, die Versetzung sei ermessensfehlerhaft, weil der [X.]ienstherr seine besondere Eignung für die bislang wahrgenommenen Aufgaben nicht bedacht habe. [X.]er Beamte hat keinen Anspruch auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung der ihm übertragenen Aufgaben. Vielmehr kann der [X.]ienstherr den Aufgabenbereich des Beamten aus jedem sachlichen Grund verändern, solange ihm ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt. Besonderheiten der bisherigen Tätigkeit wie [X.], Beförderungsmöglichkeiten, gesellschaftliches Ansehen oder ein besonderes Interesse des Beamten an der Ausübung der Tätigkeit schränken das Ermessen regelmäßig nicht ein (stRspr; vgl. nur Urteil vom 28. November 1991 a.a.[X.] bzw. [X.] f.). [X.]aher ist es Sache des [X.]ienstherrn zu entscheiden, ob er aus dienstlichen Gründen hinnimmt, dass sich der versetzte Beamte auf dem neuen [X.]ienstposten ebenso zeitaufwändig einarbeiten muss wie sein Nachfolger.

c) [X.]ie vom Kläger aufgeworfene Frage, ob Fehler bei der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung an einer beabsichtigten [X.] unbeachtlich sein können, ist in der Rechtsprechung des [X.]s geklärt. [X.]anach kann sich aus dem in § 46 VwVfG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsatz ergeben, dass auch eine Maßnahme, die aus einem personalvertretungsrechtlichen Grund rechtswidrig ist, nicht der Aufhebung unterliegt. [X.]ies setzt voraus, dass eine Auswirkung des Fehlers auf Erlass und Inhalt der Maßnahme offensichtlich ausgeschlossen ist (Urteil vom 9. [X.]ezember 1999 - BVerwG 2 [X.] 4.99 - BVerwGE 110, 173 <180> = [X.] 232 § 35 [X.] Nr. 4 S. 6). [X.]em entspricht, dass Rechtsfehler bei der Beteiligung des Personalrats keinen Mangel des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens im Sinne des § 55 Abs. 1 B[X.]G begründen, wenn sich mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass sich der Fehler auf das Ergebnis des [X.]isziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann. Es kommt darauf an, ob ein rechtsfehlerfreies Verfahren mit Sicherheit zum gleichen Ergebnis geführt hätte (Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 2 [X.] 15.09 - BVerwGE 137, 192 = [X.] 235.1 § 55 B[X.]G Nr. 6 ).

Von diesem Anwendungsbereich des § 46 VwVfG ist das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Seine Sachverhaltswürdigung, angesichts der Zustimmung des zuständigen Personalrats des [X.] zu der Versetzung habe sich offensichtlich nicht ausgewirkt, dass dieser Personalrat nicht von der Behördenleitung, sondern vom Hauptpersonalrat eingeschaltet wurde, betrifft die Rechtsanwendung im Einzelfall. [X.]ie hiergegen gerichteten Angriffe des [X.] sind nicht geeignet, einen allgemeinen, über den vorliegenden Fall hinausreichenden Klärungsbedarf zu begründen.

2. [X.]er Revisionszulassungsgrund der [X.]ivergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des [X.] auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das [X.] in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26). Nach diesem Maßstab hat der Kläger eine [X.]ivergenz offensichtlich nicht dargelegt. [X.]er Kläger begründet seine [X.]ivergenzrügen, indem er aus den bezeichneten Urteilen rechtliche Folgerungen für den vorliegenden Fall zieht. [X.]amit verkennt er, dass es für eine [X.]ivergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ausschließlich darauf ankommt, ob ein prinzipieller Auffassungsunterschied zwischen [X.] und Oberverwaltungsgericht besteht.

[X.]as [X.] hat in dem vom Kläger bezeichneten Urteil vom 26. Mai 1966 - BVerwG 2 [X.] 38.65 - ([X.] 232 § 26 [X.] Nr. 7) den Rechtssatz aufgestellt, aufgrund der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung disziplinargerichtlicher Entscheidungen könne das dienstliche Bedürfnis für eine Versetzung nicht auf Vorwürfe gestützt werden, von denen der Beamte durch das Gericht freigesprochen worden sei. [X.]avon kann das Oberverwaltungsgericht schon deshalb nicht abgewichen sein, weil im vorliegenden Fall keine disziplinargerichtliche Entscheidung ergangen ist.

Eine Abweichung des [X.] von den Urteilen des [X.]s vom 24. November 1983 - BVerwG 2 [X.] 9.82 - (BVerwGE 68, 189 = [X.] 238.390 § 67 [X.] Nr. 1) und vom 12. März 1987 - BVerwG 2 [X.] 39.85 - ([X.] 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 4) scheidet schon deshalb aus, weil sich diese Urteile mit Bedeutungsgehalt und Anwendungsbereich des § 46 VwVfG nicht befassen. [X.]as [X.] hat sich in diesen Urteilen nicht mit der Frage der Unbeachtlichkeit einer rechtsfehlerhaften personalvertretungsrechtlichen Beteiligung nach § 46 VwVfG, sondern mit den Fragen auseinander gesetzt, ob ein Beteiligungsfehler vor Erlass einer Entlassungsverfügung bis zum Abschluss des Vorverfahrens geheilt werden kann (Urteil vom 24. November 1983 a.a.[X.]) oder zur Rechtswidrigkeit der Verfügung führt (Urteil vom 12. März 1987 a.a.[X.]). [X.]ie Anwendung des § 46 VwVfG lag jeweils fern, weil die Ergebnisrelevanz des Beteiligungsfehlers nicht zweifelhaft sein konnte. [X.]er vorliegende Fall ist ganz anders gelagert: Hier hat der zuständige Personalrat des [X.] der [X.] rechtzeitig zugestimmt, nachdem er nicht wie gesetzlich vorgesehen von der Behördenleitung, sondern vom Hauptpersonalrat eingeschaltet wurde.

Aus dem Urteil des [X.]s vom 9. [X.]ezember 1999 - BVerwG 2 [X.] 4.99 - (BVerwGE 110, 173 = [X.] 232 § 35 [X.] Nr. 4) kann sich keine [X.]ivergenz ergeben, weil das Oberverwaltungsgericht den dort aufgestellten Rechtssatz zum Anwendungsbereich des § 46 VwVfG auf den vorliegenden Fall angewandt hat.

3. [X.]er behauptete Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor. Aus dem Vortrag des [X.] ergibt sich nicht, dass das Oberverwaltungsgericht die gerichtliche Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt hat. Mit dem Vortrag, das Oberverwaltungsgericht hätte feststellen müssen, welche Beschwerden von Abgeordneten dem [X.] Anlass zu der Versetzung gegeben haben, hat der Kläger den [X.] offensichtlich nicht dargetan.

[X.]ie Tatsachengerichte haben auf der Grundlage ihrer materiell-rechtlichen Auffassung zu entscheiden, welche Aufklärungsmaßnahmen sie ergreifen, insbesondere welchen Beweisangeboten sie nachgehen. [X.]ie Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangt nicht, dass ein Tatsachengericht Ermittlungen anstellt, die aus seiner Sicht unnötig sind, weil es nach seinem Rechtsstandpunkt auf das Ermittlungsergebnis für den Ausgang des Rechtsstreits nicht ankommt (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - [X.] 235.1 § 58 B[X.]G Nr. 1 S. 1 f. und vom 30. September 2011 - BVerwG 2 [X.] - [X.] 270 § 5 [X.] Rn. 16).

So liegt der Fall hier: [X.]as Oberverwaltungsgericht hat das erforderliche dienstliche Bedürfnis für die Versetzung des [X.] aufgrund des Inhalts seiner Petition bejaht. Nach seiner rechtlichen Würdigung war die Petition für sich genommen geeignet, die für die Aufgabenerfüllung bedeutsamen Arbeitsbeziehungen des [X.] zu Abgeordneten des [X.]s zu belasten und das Ansehen des [X.] zu mindern. Nach diesem Rechtsstandpunkt kam es nicht darauf an, welche Abgeordneten sich mündlich über den Kläger beschwerten.

Meta

2 B 16/12

16.07.2012

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 21. November 2011, Az: 1 A 2563/09, Urteil

§ 26 Abs 1 S 1 BBG vom 31.03.1999, Art 5 Abs 1 GG, Art 33 Abs 5 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.07.2012, Az. 2 B 16/12 (REWIS RS 2012, 4668)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4668

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Referenzen
Wird zitiert von

35 K 3126/22

AN 1 K 18.01284

35 L 141/21

35 L 2020/21

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