Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2008, Az. XI ZR 81/07

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5067

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 81/07 Verkündet am: 11. März 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 11. März 2008 durch [X.] h.c. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 30. Januar 2007 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten in Höhe von 4.473,80 • zuzüg-lich Zinsen aus einer Bürgschaft in Anspruch. Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. 1 Der Beklagte übernahm gegenüber der Klägerin am 29. Oktober 1998 eine auf 8.750 DM beschränkte selbstschuldnerische Bürgschaft zur Sicherung aller Forderungen der Klägerin gegen die R.

GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin) aus einem Darlehen über 70.000 DM. Die Klägerin kündigte das Darlehen am 15. November 2001 gegenüber der Hauptschuldnerin wegen [X.] - 3 - verzuges fristlos. Sie forderte den Beklagten mit Schreiben vom 25. September 2003 auf, seiner Bürgenverpflichtung nachzukommen. Ein von der Klägerin am 4. April 2005 [X.] ist dem [X.] am 6. April 2005 zugestellt worden. 3 Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebe-gehren weiter. Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision ist nicht begründet. 4 [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: 5 [X.] sei verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist für den [X.] habe mit Kündigung des Darlehens am 15. November 2001 begonnen. Die regelmäßige [X.] beginne unter Berücksichtigung des § 199 BGB mit der Entste-hung des Anspruchs. Dafür sei die Fälligkeit der Bürgschaftsverpflich-tung erforderlich, die mit Fälligkeit der Hauptforderung eintrete. Eine selbstschuldnerische Bürgschaft könne sog. verhaltenen Ansprüchen 6 - 4 - nicht gleichgestellt werden, da es sich dabei um nicht analogiefähige Ausnahmetatbestände handele.
I[X.] Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Forde-rung der Klägerin aus § 765 Abs. 1 BGB ist verjährt. 7 1. Die Frist für die Verjährung der Bürgschaftspflicht des Beklagten beträgt nach der für das Verjährungsrecht geltenden [X.] in Artikel 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB gemäß § 195 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung drei Jahre. Diese Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des [X.], in dem der [X.] der Klägerin entstanden ist. 8 2. Ein Anspruch ist nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, [X.] er erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der Anspruch fällig ist, da erst von diesem Zeitpunkt an der Gläubiger die Leistung mit Erfolg fordern und gegebenenfalls den Ablauf der [X.] durch Klageerhebung unterbinden kann ([X.], 222, 225; 55, 340, 341 f.; 113, 188, 193; [X.], Urteil vom 23. Januar 2001 - [X.], [X.], 687, 689). 9 a) Die Frage, wann der Anspruch aus einer selbstschuldnerischen Bürgschaft entsteht und fällig wird, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der [X.] hat in Entscheidungen, die zur 10 - 5 - Rechtslage vor dem 1. Januar 2002 ergangen sind, als für [X.] noch die 30jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. galt, beiläufig und ohne Begründung teilweise auf die Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger ([X.]Z 92, 295, 300; [X.], Urteile vom 10. November 1988 - [X.], [X.], 129, 131 und vom 25. September 1990 - [X.] ZR 142/89, [X.], 1910, 1911), teilweise auf die Fälligkeit der Hauptschuld ([X.], Urteil vom 18. Dezember 2003 - [X.], [X.], 371) abgestellt. Auch in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur wird die Fälligkeit der Bürgschaftsfor-derung einerseits von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers ab-hängig gemacht ([X.], 772; [X.] BauR 2006, 692; [X.]/[X.], BGB 13. Bearb. 1997 § 765 [X.]. 112; Mansel/ [X.], [X.] 2002 § 3 [X.]. 100; Gay NJW 2005, 2585, 2587; [X.], Festschrift [X.], S. 587, 592 f.; [X.], Recht der Kreditsicherheiten 7. Aufl. [X.]. 855; [X.] NJW 2006, 645, 647; [X.] 2007, 170, 183 ff.; jeweils m.w.Nachw.), [X.] die Fälligkeit der gesicherten Hauptschuld für ausreichend gehalten ([X.] BauR 2007, 1265, 1266; [X.], 1369, 1370; [X.] ZIP 2008, 170, 171; [X.]/ [X.]/[X.], in: [X.]/Bunte/[X.], [X.]. § 91 [X.]. 100; [X.][X.], [X.]. § 199 [X.]. 7; [X.][X.], [X.]. § 765 [X.]. 82; [X.]/[X.], [X.] Aufl. § 199 [X.]. 3; [X.]/[X.], [X.] Aufl. § 765 [X.]. 26; [X.], Kreditsicherungsrecht 8. Aufl. S. 79; Hadding, Festschrift [X.], [X.], 307 f.; [X.]/[X.] 2002, 509, 518 f.; [X.] NZBau 2007, 477, 478; Hohmann [X.], 757, 760; [X.] WuB [X.] a. Bürgschaft 5.06). - 6 - b) Der nunmehr für das Bürgschaftsrecht zuständige erkennende Senat hat sich bereits in seinem Urteil vom 29. Januar 2008 ([X.] ZR 160/07, [X.], [X.] ff.) jedenfalls für den vorliegenden Fall einer selbstschuldnerischen Bürgschaft der Auffassung angeschlos-sen, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung mit der Fälligkeit der Hauptschuld eintritt und nicht von einer Leistungsaufforderung des [X.] abhängig ist. Das Gesetz sieht eine Leistungsaufforderung des Gläubigers als Entstehungs- oder Fälligkeitsvoraussetzung der Bürg-schaftsforderung nicht vor. Die Forderung aus der Bürgschaft gehört nicht zu den so genannten verhaltenen Ansprüchen (vgl. [X.]/ [X.], [X.]. 2004 § 199 [X.]. 9), deren Verjährung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (vgl. § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB) erst mit ihrer Geltendmachung oder unter [X.] Voraussetzungen beginnt. Der Gesetzgeber ist bei der Neufassung des § 771 BGB durch das [X.] vom 26. November 2001 ([X.] I S. 3138) vielmehr ausdrücklich davon ausgegangen, dass "der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen gleichzeitig mit der Hauptforderung" entsteht (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des [X.] vom 9. Oktober 2001, BT-Drucks. 14/7052, [X.]). Auch der Grundsatz der Akzessorietät, d.h. der Abhängigkeit der Forderung aus der Bürgschaft von der Hauptschuld im Hinblick auf Entstehung, Durchsetzbarkeit und Erlöschen, spricht dafür, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung mit der Fälligkeit der Hauptschuld eintritt. Außerdem dient das [X.] und der Herstellung des Rechtsfriedens nach Ablauf der Verjährungsfrist. Mit dieser Schutzinten-tion wäre es unvereinbar, die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig zu machen und 11 - 7 - diesem damit die Möglichkeit zu eröffnen, den Verjährungsbeginn und die Notwendigkeit verjährungsunterbrechender Maßnahmen beliebig hin-auszuzögern. 12 Demgegenüber fällt die Gefahr für den Bürgen, frühzeitig in Verzug zu geraten (vgl. [X.] NJW 2006, 645, 648), angesichts des § 286 Abs. 1 und 4 BGB nicht entscheidend ins Gewicht. Dass - hier nicht gegebene - längere Verjährungsfristen des gesicherten Anspruches eine vorzeitige Inanspruchnahme des Bürgen erforderlich machen [X.] ([X.]/[X.], [X.] Aufl. § 765 [X.]. 26), rechtfertigt es [X.] nicht, die Verjährung der Bürgschaftsforderung ohne entsprechende [X.] erst mit einer Leistungsaufforderung des Gläubigers begin-nen zu lassen. Den Parteien steht es in diesen Fällen frei, die Geltend-machung der Forderung als vertragliche Fälligkeitsvoraussetzung zu ver-einbaren. Dies ist im vorliegenden Fall, wie das Berufungsgericht rechts-fehlerfrei angenommen hat, nicht geschehen. Die Bürgschaftsurkunde vom 29. Oktober 1998 enthält für eine solche Fälligkeitsvereinbarung keinen Anhaltspunkt, sondern regelt lediglich Bedingungen und Be-schränkungen der Bürgschaftsforderung. 3. Die Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten ist danach am 15. November 2001 entstanden. Der Beklagte war von diesem Zeitpunkt an nach § 765 Abs. 1 BGB verpflichtet, bis zur Höhe der übernommenen Bürgschaft für die Darlehensforderung der Klägerin gegen die Haupt-schuldnerin, die durch wirksame fristlose Kündigung fällig geworden war, einzustehen. Der Lauf der Verjährungsfrist begann somit gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem 1. Januar 2002 und war nach § 187 Abs. 2 Satz 1, § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB Ende des Jahres 2004 abgeschlossen. 13 - 8 - Die Zustellung des Mahnbescheids am 6. April 2005 konnte die [X.] danach nicht mehr nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB hemmen. II[X.] Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen. 14 [X.] [X.] Ellenberger
Grüneberg [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.04.2006 - 3 C 15/06 - [X.], Entscheidung vom 30.01.2007 - 6 S 90/06 -

Meta

XI ZR 81/07

11.03.2008

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2008, Az. XI ZR 81/07 (REWIS RS 2008, 5067)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5067

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