3. Senat | REWIS RS 2011, 1228
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Kindergeld: Wohnsitz bei Auslandsaufenthalt des Kindes
NV: Die Frage, ob ein Kind seinen inländischen Wohnsitz beibehält, wenn es sich zwecks Schulbesuchs außerhalb des elterlichen Haushalts im Ausland aufhält, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Für die Dauer des Auslandsaufenthalts lässt sich daher keine allgemeingültige maximale zeitliche Grenze festlegen.
I. Der Kläger und [X.]eschwerdeführer (Kläger) und seine Ehefrau stammen aus [X.], besitzen aber mittlerweile die [X.] Staatsangehörigkeit. Sie haben vier --in den Jahren 1998, 2001, 2006 und 2008 geborene-- Kinder. Im [X.] 2010 reiste die Familie nach [X.] im [X.]. Die beiden ältesten Kinder besuchten während ihres Aufenthalts in den [X.]ferien dort die Schule, um die heimische Kultur und die [X.] zu lernen. Der Kläger kehrte nach [X.] zurück und beantragte und erhielt im September 2010 für die beiden älteren Kinder [X.]eurlaubungen für das Schuljahr 2010/2011, nachdem er den Schulbesuch in [X.] nachgewiesen hatte. Die Ehefrau blieb mit den vier Kindern in [X.] und lebte dort zusammen mit diesen bei ihren Eltern.
Nachdem die [X.]eklagte und [X.]eschwerdegegnerin (Familienkasse) hiervon im September 2010 erfahren hatte, hob sie die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab Oktober 2010 auf. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte zur [X.]egründung im Wesentlichen aus, die Kinder des [X.] hätten durch den mindestens einjährigen Auslandsaufenthalt unter [X.]erücksichtigung der besonderen Umstände des [X.] ihren Wohnsitz im Inland aufgegeben. Anders als in den Fällen, in denen ein Kind der Familie einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt mit Schulbesuch zum Erlernen der Sprache mache, sei hier zu berücksichtigen, dass alle Kinder zusammen mit der Mutter nach [X.] gezogen seien und dort mit ihren Großeltern zusammenlebten. Zudem seien die beiden jüngeren Kinder zum Zeitpunkt des [X.]eginns des Auslandsaufenthalts noch nicht schulpflichtig gewesen und hätten die Mutter und die älteren Geschwister begleitet, so dass sich das gesamte Familienleben nun in [X.] "abgespielt" habe. Unter diesen Umständen sei der Senat der Auffassung, dass dem Kläger auch dann kein Kindergeld zustehe, wenn die Ehefrau mit den Kindern tatsächlich nach Ablauf eines Jahres wieder nach [X.] zurückkehre. In diesem Fall würde der Wohnsitz im Inland dann wieder neu begründet.
Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtsfrage, wie lange ein Auslandsaufenthalt eines Kindes maximal dauern dürfe, um den Wohnsitz in [X.] nicht zu verlieren.
II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).
Entgegen der Auffassung des [X.] hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O.
Die Rechtsgrundsätze, nach denen zu entscheiden ist, ob ein Kind, das sich zum Zweck des Schulbesuchs längerfristig im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung --[X.]--) beibehält, hat der [X.] ([X.]) bereits mehrfach dargelegt (z.B. Urteile vom 22. April 1994 [X.], [X.]E 174, 523, [X.] 1994, 887; vom 27. April 1995 [X.]/93, [X.]/NV 1995, 967; vom 23. November 2000 [X.]/99, [X.]E 193, 569, [X.] 2001, 279, und [X.], [X.]E 193, 558, [X.] 2001, 294; Senatsbeschluss vom 29. Dezember 2010 [X.]/09, [X.]/NV 2011, 626). Grundsätzliche Bedeutung erlangt die Rechtssache --anders als der Kläger meint-- auch nicht dadurch, dass die höchstrichterlich entschiedenen Fälle durchweg Sachverhalte zum Gegenstand hatten, bei denen das Kind sich mehrere --in der Entscheidung in [X.]E 174, 523, [X.] 1994, 887 bspw. 2 ½-- Jahre zum Schulbesuch im Ausland aufhielt.
Die Frage, ob ein Kind, das sich zeitweise außerhalb des elterlichen Haushalts im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz (§ 8 [X.]) beibehält oder aber zunächst aufgibt und bei einer späteren Rückkehr wieder neu begründet, hängt indes nicht allein von der Dauer des Auslandsaufenthalts, sondern von einer Vielzahl von Faktoren ab. So sind neben der voraussichtlichen Dauer der auswärtigen Unterbringung insbesondere auch das Alter des Kindes, die Art der Unterbringung am Ausbildungsort auf der einen und im Elternhaus auf der anderen Seite, der Zweck des Auslandsaufenthalts, die Häufigkeit und Dauer der Aufenthalte bei den Eltern sowie die persönlichen Beziehungen des Kindes am Wohnort der Eltern einerseits und am Ausbildungsort andererseits ausschlaggebend (vgl. z.B. [X.] in [X.], § 8 [X.] Rz 49 "Ausbildung"). Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Dauer einer Schulausbildung wegen der Möglichkeit, weiterführende Schulen zu besuchen oder einzelne Abschnitte zu wiederholen, oft nicht hinreichend genau bestimmt werden kann (Senatsurteil vom 27. April 1995 [X.]/93, [X.]/NV 1995, 967). Ob deshalb im Einzelfall von einem (beibehaltenen) Wohnsitz im Inland auszugehen ist, hat das [X.] unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen (z.B. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2010 [X.]/10, [X.]/NV 2011, 576). Demzufolge entzieht sich auch die Umsetzung dieser Grundsätze, insbesondere durch Festlegung einer zeitlichen Grenze i.S. eines "Maximalaufenthalts" einer generellen und abstrakten Bestimmung, die Aufgabe des [X.] sein könnte.
Meta
22.11.2011
Beschluss
vorgehend FG Münster, 16. Juni 2011, Az: 3 K 4816/10 Kg, Urteil
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.11.2011, Az. III B 154/11 (REWIS RS 2011, 1228)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 1228
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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