Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.09.2011, Az. VII B 84/11

7. Senat | REWIS RS 2011, 2983

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Einstellung des Vollzugs einer Zwangsmittelfestsetzung nach Klageerhebung


Leitsatz

1. NV: Wird der Vollzug der Zwangsgeldfestsetzung nach Klageerhebung gegen den Zwangsgeldbescheid eingestellt, entfallen die Beschwer des Klägers und damit eine für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage erforderliche Sachurteilsvoraussetzung .

2. NV: Erscheint der Kläger zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht, kann er anschließend nicht mit Erfolg einen Verfahrensmangel mit der Begründung geltend machen, das Gericht habe es versäumt, ihn auf die Abgabe sachdienlicher Prozesserklärungen hinzuweisen .

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) drohte der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) im August 2009 die Festsetzung eines [X.] an, falls sie die Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen 2007 nicht abgebe, und setzte das angedrohte Zwangsgeld im Oktober 2009 fest. Die gegen beide Bescheide erhobenen Einsprüche der Klägerin wies das [X.] mit Einspruchsentscheidung zurück, woraufhin die Klägerin Klage erhob, mit der sie geltend machte, die Voraussetzungen für die Androhung und Festsetzung eines [X.] seien nicht erfüllt.

2

Nachdem das [X.] dem Finanzgericht ([X.]) mitgeteilt hatte, dass die Steuererklärungen nunmehr vorlägen und deshalb der Vollzug des [X.] gemäß § 335 der Abgabenordnung eingestellt worden sei, bat das [X.] die Klägerin um Mitteilung, ob die Klage zurückgenommen, der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt oder welche sonstigen Anträge gestellt würden. Die Klägerin reagierte hierauf nicht und erschien auch nicht zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.], das daraufhin die Klage mangels Beschwer als unzulässig zurückwies.

3

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf den Zulassungsgrund des [X.] (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) stützt.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor.

5

Das [X.] hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil das [X.] den Vollzug des festgesetzten Zwangsgelds nach Erfüllung der Verpflichtung eingestellt hat, was ein Absehen von jeder weiteren Maßnahme zur Vereinnahmung des Zwangsgelds bedeutet (Klein/ [X.], [X.], 10. Aufl., § 335 Rz 2, m.w.N.). Da das festgesetzte Zwangsgeld bis dahin weder von der Klägerin entrichtet noch vom [X.] beigetrieben worden war, war die Klägerin durch die angefochtenen Bescheide mit der Einstellung ihres Vollzugs nicht mehr beschwert; die Klage mit dem Antrag, diese Bescheide aufzuheben, war damit unzulässig geworden.

6

Entfällt nach Erhebung der Anfechtungsklage eine Sachurteilsvoraussetzung, kann der Kläger, um eine Abweisung seiner Klage als unzulässig zu vermeiden, die Klage zurücknehmen, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären oder seinen Aufhebungsantrag in einen Feststellungsantrag ändern (sog. Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 [X.]O). Im Streitfall hat die Klägerin jedoch trotz entsprechender Aufforderung durch das [X.] keine dieser Erklärungen abgegeben.

7

Zwar besteht für das [X.] --insbesondere bei einem nicht sachkundigen bzw. nicht sachkundig vertretenen [X.] gemäß § 76 Abs. 2 [X.]O die Pflicht, auf die je nach [X.] abzugebenden sachdienlichen Prozesserklärungen hinzuweisen. Einer solchen verfahrensrechtlichen Beratung dient jedoch in erster Linie die mündliche Verhandlung. Wer --wie die [X.] trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint, kann anschließend weder eine Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht noch eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör mit Erfolg geltend machen.

8

Da die Klägerin auf die vom [X.] erklärte Einstellung des Vollzugs trotz Aufforderung durch das [X.] keine Prozesserklärung abgegeben hat, kann --anders als die Beschwerde offenbar meint-- auch nicht angenommen werden, das [X.] hätte gleichwohl von sich aus in Anbetracht früherer Äußerungen der Klägerin davon ausgehen müssen, sie wolle ihre Klage nach Erledigung der angefochtenen Bescheide als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterbetreiben. Im Übrigen hat das [X.] sogar geprüft, ob Umstände ersichtlich waren, die es hätten rechtfertigen können, von einer Fortsetzungsfeststellungsklage auszugehen, hat diese Frage aber verneint. Wenn die Beschwerde diese Würdigung nicht teilt, sondern meint, dem [X.] hätten Hinweise vorgelegen, wonach sich die Klägerin durch die Zwangsgeldfestsetzung nach wie vor beschwert sehe, so wird damit kein Grund für die Zulassung der Revision dargelegt.

Meta

VII B 84/11

27.09.2011

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 21. Januar 2011, Az: 5 K 1865/2009, Urteil

§ 335 AO, § 76 Abs 2 FGO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.09.2011, Az. VII B 84/11 (REWIS RS 2011, 2983)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2983

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II R 7/10 (Bundesfinanzhof)

Auslegung eines Verwaltungsakts - Zurückweisung eines unzulässigen Einspruchs als unbegründet


VII R 35/20 (Bundesfinanzhof)

(Inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 19.08.2021 VII R 34/20 - Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld für …


AN 9 K 18.00807 (VG Ansbach)

Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros - Zwangsgeldfestsetzung nach Verstoß gegen die bestandskräftige Nutzungsuntersagung


VII B 131/13 (Bundesfinanzhof)

Entscheidung über Ablehnungsgesuch durch abgelehnten Spruchkörper - Fortsetzungsfeststellungsklage - Überlange Verfahrensdauer


VIII R 8/16 (Bundesfinanzhof)

Vorrangige Verrechnung von Altverlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.