Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.06.2019, Az. B 12 KR 4/19 B

12. Senat | REWIS RS 2019, 6234

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 3. Dezember 2018 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der zu [X.] vom 1.1.2012 bis 31.1.2016 aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]) und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

2

Der Kläger war im streitigen Zeitraum Geschäftsführer der zu [X.], von deren Stammkapital er 1/3 hielt. Im Rahmen eines von ihm initiierten [X.] stellte die beklagte [X.] fest, dass er in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.2.2016), das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen (Urteil vom 3.12.2018). Der Kläger sei als Beschäftigter anzusehen, weil er nur [X.] ohne maßgebende Sperrminorität gewesen sei. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.].

3

II. Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 3.12.2018 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 [X.] SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

4

Das [X.] darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des [X.] nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht ([X.]) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden ([X.] 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl [X.] vom [X.] - [X.] KR 62/04 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 6 Rd[X.]8 = Juris Rd[X.] 9).

5

Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 6.3.2019 auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) und macht das Vorliegen eines [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] 3 SGG) geltend.

6

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur [X.] vom 17.4.2012 - [X.] R 347/11 B - [X.] 4-2600 § 72 [X.] 5 Rd[X.]7 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl [X.] vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - [X.] 1500 § 160a [X.] 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

7

Der Kläger wirft auf Seite 3 der Beschwerdebegründung die Frage auf,

        

"inwieweit bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer erheblichen, jedoch unter 50% liegenden Kapitalbeteiligung (hier: 33 1/3) im Rahmen der Beurteilung des Gesamtbilds seiner Tätigkeit neben der formalen Rechtsmacht auch noch andere Kriterien, insbesondere das individuelle Unternehmerrisiko, zu berücksichtigen sind."

8

Auf Seite 4 der Beschwerdebegründung formuliert er die Frage,

        

"inwieweit bei der Beurteilung der Selbständigkeit von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH, bei denen eine Kapitalbeteiligung von weniger als 50% vorliegt, neben der rein formalen Rechtsmacht auch noch auf andere Gesichtspunkte, insbesondere das Unternehmerrisiko, abzustellen ist, zumindest dann, wenn der eine Gesellschafter-Geschäftsführer praktisch allein das Unternehmerrisiko trägt, die anderen daneben aber nicht."

9

Es gehe um eine besondere Fallkonstellation, zu der die bislang ergangenen Entscheidungen des [X.] keine abschließenden Ausführungen enthielten. Gerade der vorliegende Fall werfe die klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, inwieweit das Unternehmerrisiko neben der formalen Rechtsmacht noch eine eigenständige Bedeutung bei der Abgrenzung von selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit besitze. Der Kläger habe gleichsam allein das Unternehmerrisiko getragen, während die beiden weiteren Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. ihre Existenz aus Tätigkeiten in anderen Unternehmen bestritten und nur eine Minimalvergütung von jeweils 375 Euro pro Monat erhalten hätten. Demgegenüber habe der Kläger eine Vergütung von 120 000 Euro pro Kalenderjahr bezogen und zusätzlich - anders als die weiteren Gesellschafter und Geschäftsführer - eine gewinnabhängige Tantieme erhalten.

a) Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung die [X.] für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch [X.] vom [X.] - B 7 [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.] 34 S 70 mwN) nicht erfüllt, weil der Kläger keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht ([X.] vom 23.12.2015 - [X.] KR 51/15 B - Juris Rd[X.]1 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ([X.] vom 10.9.2014 - [X.] ÜG 3/14 B - Juris Rd[X.]1 mwN).

b) Jedenfalls legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm formulierten Fragen nicht hinreichend dar. Insbesondere befasst er sich nicht mit der umfangreichen Rechtsprechung des Senats zur Versicherungspflicht von [X.] einer GmbH und unterlässt daher die im Rahmen der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde gebotene Untersuchung der Rechtsprechung dahingehend, ob sich daraus bereits Anhaltspunkte für die Beantwortung ergeben können. Insbesondere unterlässt der Kläger die gebotene Auseinandersetzung mit dem Urteil des Senats vom 14.3.2018 ([X.] KR 13/17 R - [X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.] 35). Danach sind Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig tätig, wenn sie [X.] der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine "echte"/"q[X.]lifizierte" Sperrminorität eingeräumt ist. Eine "echte"/"q[X.]lifizierte" Sperrminorität setzt danach voraus, dass sie nicht auf bestimmte Angelegenheiten der Gesellschaft begrenzt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Mit dieser Entscheidung befasst sich der Kläger nicht. Vielmehr macht er im Wesentlichen Ausführungen zu einem seiner Meinung nach bestehenden Unternehmerrisiko, ohne darzulegen, inwieweit sich sein Verständnis dieses Begriffs mit dem Verständnis des Senats im Zusammenhang mit statusrechtlichen Beurteilungen im Sozialversicherungsrecht deckt (vgl hierzu [X.] [X.] Urteil vom 18.11.2015 - [X.] KR 16/13 R - [X.]E 120, 99 = [X.] 4-2400 § 7 [X.]5, Rd[X.] 36 mwN).

2. Auch einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] 3 SGG bezeichnet der Kläger nicht in einer den Zulässigkeitsvoraussetzungen entsprechenden Weise (zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines solchen [X.] vgl exemplarisch [X.] vom 12.12.2003 - [X.] RJ 179/03 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 3 Rd[X.] 4; [X.] vom 19.11.2007 - [X.]/5 R 382/06 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.]1 Rd[X.] 4 - jeweils mwN; [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.], Rd[X.]02 ff). Er bezeichnet bereits keine bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll. Überdies wird ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des [X.] möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht. Entsprechende Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung aber nicht. Der Kläger trägt hierzu auf Seite 4 der Beschwerdebegründung lediglich vor, das [X.] habe zwar zunächst in den grundsätzlichen Ausführungen ausgeführt, dass auch das eigene Unternehmerrisiko bei der Abgrenzung nichtselbstständiger von selbstständiger Arbeit eine Rolle spiele, bei der Anwendung im konkreten Einzelfall dieses Kriterium dann aber [X.] gelassen. Insoweit sei sein Vorbringen, zuletzt im Schriftsatz vom 7.5.2018, nicht berücksichtigt worden. Nimmt man zugunsten des [X.] an, er wolle mit seinen Ausführungen eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend machen, legt er aber insbesondere nicht dar, warum sich das vorinstanzliche Gericht unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung mit dem Vorbringen hätte auseinandersetzen müssen (vgl [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 697 mwN). Gerade hierzu hätte angesichts der bereits genannten Rechtsprechung des Senats zur Statusbeurteilung von [X.] einer GmbH Anlass bestanden.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

4. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Meta

B 12 KR 4/19 B

19.06.2019

Bundessozialgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Potsdam, 16. Februar 2016, Az: S 15 KR 284/15, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.06.2019, Az. B 12 KR 4/19 B (REWIS RS 2019, 6234)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6234

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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