Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2018, Az. 2 StR 311/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11463

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:280318U2STR311.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 311/17
vom
28. März
2018
in der Strafsache
gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 14.
März
2018 in der Sitzung am 28. März 2018, an der teilgenommen ha-ben:
[X.] am [X.]
Dr. [X.],

[X.] am [X.]
Prof. Dr. [X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],
[X.] am [X.]
Dr. [X.],
[X.],

St[X.]tsanwalt beim [X.]

in der Verhandlung,
St[X.]tsanwalt beim [X.]

bei der Verkündung

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

,

als Verteidiger,

Justizangestellte

in der Verhandlung,
Justizangestellte

bei der Verkündung

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird
a) das Urteil des [X.] vom 28. März 2017
[X.]) im Schuldspruch dahin berichtigt, dass der Angeklagte im Fall II.4 der Urteilsgründe des Besitzes kinderporno-graphischer Schriften schuldig ist;
bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
[X.] soweit der Angeklagte in den Fällen
II.1 und II.6 der Urteilsgründe
verurteilt worden ist,
(2) im Strafausspruch hinsichtlich der Fälle II.3 und II.4 der Urteilsgründe sowie
(3) im [X.],
b) das Verfahren im Fall II.5 der Urteilsgründe gemäß §
154 Abs.
2 [X.] eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der St[X.]tskasse zur Last.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer tä-tige [X.] des [X.] zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen
-
4
-

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger
Personen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen
(Fall II.1
der Urteilsgründe), wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit der Entziehung Minderjähriger (Fall II.3
der Urteils-gründe), des Besitzes kinderpornographischer Schriften in 116 [X.]en Fällen (Fall II.4
der Urteilsgründe), des Unternehmens der Besitzverschaffung kinderpornographischer Schriften in 116 [X.]en Fällen (Fall II.5
der Ur-teilsgründe) und wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (Fall II.6
der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Hinsichtlich des [X.] hat das [X.] das Verfahren
nach §
154 Abs. 2 [X.] eingestellt.

Gegen dieses Urteil wendet
sich der Angeklagte
mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].

I.
Die Verfahrensrügen einer Verletzung des §
229 Abs. 1 [X.] sowie der Verletzung des § 261 [X.] bleiben aus den in der Zuschrift des Generalbun-desanwalts
dargestellten Gründen ohne Erfolg.

1
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5
-
II.
Die Sachrüge führt zur Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen II.1 und II.6
der Urteilsgründe, zur Schuldspruchberichtigung im
Fall
II.4
der Urteils-gründe und
zur Aufhebung der [X.] in den [X.], II.4
der Ur-teilsgründe sowie des [X.]s.
1. Die Beweiswürdigung des [X.] hält

auch unter Berücksich-tigung des beschränkten
revisionsgerichtlichen Prüfungsumfangs

in den [X.] II.1 und II.6 der Urteilsgründe
einer sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) In diesen Fällen hat die [X.] folgende Feststellungen und Wertungen
getroffen:
Am Abend des 19.
Dezember 2009 lagen sowohl der Angeklagte als auch die kurz zuvor 14 Jahre alt gewordene,
sexuell unerfahrene Zeugin L.

W.

unbekleidet auf dem Bett in der Wohnung des Angeklagten. Der Ange-
klagte wollte mit der Zeugin unter Ausnutzung ihrer
Unerfahrenheit und ihres Vertrauens in ihn als väterlichen Freund einvernehmlich den [X.] durchführen. Als die Zeugin die erste Berührung des erigierten Penis an ihrer Scheide wahrnahm, begann sie am ganzen Körper zu zittern und war zu willensgesteuerten Handlungen nicht mehr imstande. Der Angeklagte erkannte den Schockzustand und nutzte ihn zum vaginalen Geschlechtsverkehr
aus (Fall
II.1 der Urteilsgründe).
Der Angeklagte führte mit der am 21.
März 1989 geborenen
Zeugin
S.

W.

noch vor deren 14. Geburtstag den einvernehmlichen Ge-
schlechtsverkehr durch, wobei er das Alter des Mädchens kannte. Die [X.] beruht auf einer zulässig erhobenen Nachtragsanklage, nachdem die Zeu-4
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6
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gin im Zuge einer Beweisaufnahme zum Besitz kinderpornographischer [X.] auch schon vor ihrem 14.
Geburtstag zum einvernehmlichen [X.] gekommen sei. Der Angeklagte hat den vaginalen [X.] mit der Zeugin eingeräumt, jedoch in Abrede gestellt, dass dieser vor dem 14.
Geburtstag der Zeugin stattgefunden habe (Fall II.6
der Ur-teilsgründe).
b) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das
Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen ([X.], Beschluss
vom 10.
Januar 2017

2 StR 235/16, [X.], 367, 368). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie mög-lich sind ([X.], Beschluss
vom 10.
Januar 2017

2
StR 235/16, [X.]O). Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechts-fehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist
oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 6.
November 1998

2
StR 636/97, [X.]R [X.] §
261 Beweiswürdi-gung 16; weitere
Nachweise bei [X.]/[X.], [X.], 61.
Aufl., §
261 Rn.
38).
In Fällen, in denen Aussage gegen Aussage steht, sind zudem besonde-re Darlegungs-
und Begründungsanforderungen an das Urteil zu stellen. Die Urteilsgründe müssen in einem solchen Fall erkennen lassen, dass das Tatge-richt alle Umstände, welche die Entscheidung
zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegung [X.] (vgl. [X.], Beschluss
vom 22.
April 1987

3
StR 141/87, [X.]R [X.], §
261 Beweiswürdigung
1; Beschluss vom 22.
April 1997

4
StR 140/97, [X.]R
[X.], §
261 Beweiswürdigung
13; [X.], Beschluss vom 10.
Januar 9
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2017

2 StR 235/16, [X.]O) und auch in einer Gesamtschau gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 10.
Januar 2017

2 StR 235/16,
[X.]O mwN).
c) Danach ist die Beweiswürdigung des [X.] im Fall II.1
der Ur-teilsgründe im Hinblick auf die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs Wi-derstandsunfähiger rechtsfehlerhaft. Sie weist Lücken auf.
[X.]) Opfer einer Tat nach §
179 Abs.
1 StGB aF kann nur sein, wer auf-grund einzelner, im Tatbestand des Absatzes
1 näher beschriebener Gegeben-heiten unfähig
ist, einen ausreichenden Widerstandswillen gegen das sexuelle Ansinnen des [X.]
zu bilden, zu äußern oder durchzusetzen ([X.], Urteil vom 5.
November 2014

1
StR 394/14, [X.], 44, 45). Dabei genügt es, dass das Opfer nur vorübergehend
widerstandsunfähig ist ([X.], Urteil vom 15.
März 1989

2
StR
662/88, [X.]St 36, 145, 147). Die sexuelle Handlung muss dem Täter gerade erst aufgrund der besonderen Situation des Opfers gelingen ([X.], Beschluss vom 28.
Oktober 2008

3 StR
88/08, [X.], 324). An einem bewussten
Ausnutzen der [X.] fehlt es, wenn in den Fällen des §
179 Abs.
1 Nr.
1 StGB aF das Opfer vor Eintritt des Zustands der [X.] in die
sexuellen Handlungen eingewilligt hat ([X.], Beschluss
vom 17.
Juni 2008

3
StR 198/08, [X.], 90; [X.] vom 19.
Februar 2013

5
StR 613/12, [X.], 316, 317; [X.] vom 8.
Januar 2014

3
StR 416/13, [X.], 414;
[X.]/[X.]/[X.], 29.
Aufl., §
179 Rn.
9, [X.], 12.
Aufl., §
179 Rn.
47; [X.]/[X.], 3. Aufl., §
179 Rn.
13; [X.], 63.
Aufl., §
179 Rn.
16).
bb) Dessen eingedenk hat die [X.] das Ausnutzungsbewusst-sein des Angeklagten nicht tragfähig belegt. Es hätte
der näheren Erörterung bedurft, ob die Zeugin, bevor sie in den Schockzustand geriet, in den
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Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten eingewilligt hatte. Eine solche Einwil-ligung der Zeugin lag nahe, da sie freiwillig unbekleidet auf dem Bett des Ange-klagten lag, der ebenfalls unbekleidet vor ihr kniete. Die [X.] hätte in diesem Zusammenhang auch den nachträglichen Chatverkehr vom 20.
Dezember 2009 (UA
S. 21) zwischen der Zeugin und dem Angeklagten nä-her in den Blick nehmen müssen. Dieser könnte ein Indiz für den Willen der Zeugin zu einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr beinhalten. Die Fest-stellungen erweisen sich darüber hinaus als lückenhaft, weil es für ein bewuss-tes Ausnutzen der [X.] näherer Feststellungen zu dem [X.] des Angeklagten hinsichtlich einer möglichen Einwilligung der Zeugin bedurft hätte.
[X.]) Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Missbrauchs Widerstands-unfähiger bedingt die Aufhebung der [X.]en Verurteilung wegen sexu-ellen Missbrauchs Jugendlicher.
d) Die Beweiswürdigung des [X.] genügt im Fall II.6 der Urteils-gründe ebenfalls nicht den dargelegten Anforderungen.
[X.]) Hinsichtlich des strafbarkeitsbegründenden [X.] liegt ei-ne Aussage-gegen-Aussage-Situation vor, da die Strafbarkeit des Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern allein auf der Erinnerung der zum [X.]punkt der Hauptverhandlung 28-jährigen Zeugin basiert, der ein-vernehmliche Geschlechtsverkehr habe bereits vor ihrem 14.
Geburtstag statt-gefunden.
bb) Vor diesem Hintergrund ist die Beweiswürdigung des [X.] in mehrfacher
Hinsicht lückenhaft. Es fehlt zunächst die Erörterung, ob und [X.] in welcher Weise die Zeugin den einvernehmlichen [X.] vor ihrem 14.
Geburtstag mit dem Angeklagten im Ermittlungsverfahren 14
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geschildert hat. Ferner hat die Kammer nicht erkennbar geprüft, ob die [X.] an den [X.]punkt des einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs vor
ihrem 14. Geburtstag belastbar ist. Einer näheren Erörterung des vom [X.] bestrittenen [X.] hätte es jedoch bedurft, weil die Angaben der Zeugin zum [X.] und einer Inhaltsanalyse (vgl. [X.],
7.
Aufl. §
263 Rn.
29b) kaum zugänglich waren, und das Geschehen bereits 14 Jahre zurückliegt. Dies gilt umso mehr,
als die Zeugin weder einen Anknüp-fungspunkt für ihre Erinnerung schilderte, noch sich an die Örtlichkeit des ein-vernehmlichen Geschlechtsverkehrs erinnerte. Gegebenenfalls wird die Kam-mer auch in den Blick zu nehmen haben, ob die Angaben der Zeugin insoweit durch außerhalb der Aussage liegende Umstände gestützt werden.
Der von der [X.] für den 1.
März 2013 festgestellte Besitz von Bildern, die die Zeugin in sexuellen Posen zeigen und die der Angeklagte zum Teil selbst angefertigt und seitdem behalten hatte, ist nicht ohne Weiteres ge-eignet, einen Rückschluss auf den [X.]punkt des stattgefundenen Geschlechts-verkehrs zwischen dem Angeklagten und der Zeugin zuzulassen. Eine indizielle Bedeutung für den Beginn der Sexualkontakte zwischen der Zeugin und dem Angeklagten könnte den Bildern möglicherweise
dann zukommen, wenn das Datum des Erstellens bzw. Sichverschaffens durch den Angeklagten vor dem 14.
Geburtstag der Zeugin gelegen hätte. Hierzu hat die [X.] jedoch keine Feststellungen getroffen;
sie hat vielmehr
lediglich ausgeführt, dass sich bei dem Angeklagten am 1. März 2013 pornographische Abbildungen der Zeu-gin gefunden hätten, die auch schon vor deren 14. Geburtstag aufgenommen worden seien. Ob der Angeklagte diese Aufnahmen selbst
gefertigt hatte bzw. wann diese in seinen Besitz gelangt waren, bleibt indes offen.
2. Der Schuldspruch im
Fall II.4 der Urteilsgründe bedarf der Berichti-gung.
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a) Das [X.] hat den Angeklagten in diesem Fall wegen
Besitzes kinderpornographischer Schriften in 116 [X.]en Fällen zu einer Einzel-strafe
von 60 Tagessätzen zu 40 Euro verurteilt. Hierzu hat es festgestellt:
Der Angeklagte besaß am 1.
März 2013 auf mehreren Datenträgern ins-gesamt 115 Bilddateien und eine Videodatei, die näher beschriebene sexuelle Handlungen von oder an unter 14 Jahre alten Kindern darstellten. Weit über-wiegend hatte der Angeklagte sich diese Dateien zu nicht ausschließbar ver-jährten [X.]punkten von den Geschädigten verschafft, teilweise die Bilder selbst hergestellt und seitdem besessen. Soweit sich Bilddateien in gelöschten Berei-chen der Datenträger befanden, verfügte der Angeklagte über die Kenntnis und Fähigkeit, diese Dateien wiederherzustellen.
b) Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen des Besitzes von kinderpornographischen Schriften gemäß §
184b Abs.
4 Satz
2 StGB in der Fassung vom 31.
Oktober 2008 ([X.]
I, 2149).
c) Der Schuldspruch bedarf allerdings auf der Konkurrenzebene der [X.], da der Besitz am 1.
März 2013 lediglich eine Tat darstellt
(vgl. [X.], [X.] vom 3.
September 2015

1
StR 255/15, [X.], 198; [X.], Urteil vom 28.
Juni 2016

1
StR 5/16, [X.], 644, 646; Beschluss vom
10.
Juli 2008

3 [X.], [X.], 208), so dass der Zusatz t-zu entfallen hat.
d) Der [X.] hat den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von §
354 Abs. 1 [X.] selbst berichtigt.
3. In den [X.]
und II.4
der Urteilsgründe hat der Ausspruch über die Einzelstrafen keinen Bestand.

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11
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a) Die Strafzumessung ist Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es
in der Hauptverhand-lung von der Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die [X.] entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. In die tatgerichtliche Strafzumessungs-entscheidung kann das Revisionsgericht nur eingreifen, wenn diese Rechtsfeh-ler aufweist, weil die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, das [X.] gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen hat oder sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Nur in diesem Zusammenhang kann eine Verletzung des Gesetzes im Sinne des §
337 Abs.
1 [X.] vorliegen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 10.
April 1987

[X.], [X.]St 34, 345, 349).
b) [X.]) Im Fall [X.] hat das [X.] folgende Fest-stellungen getroffen:
Am 28. Februar
2013 teilte die damals 13-jährige J.

W.

dem bis
dato unbestraften Angeklagten mit, dass sie zu Hause massive Probleme habe. Der Angeklagte, der das Alter der Geschädigten kannte und ein vertrauensvol-les Verhältnis zu ihr hatte, schlug vor, sie nach G.

zu bringen, damit sie bei
ihm unterkomme. Die Geschädigte ließ sich daraufhin vom Angeklagten ohne Wissen und gegen den Willen ihrer Eltern von H.

nach G.

verbringen.
Am Abend lagen beide bekleidet auf dem Bett. Der Angeklagte streichel-te der Geschädigten über der Kleidung den Bauch, dann unter der Kleidung über den Bauch. Er fasste ihr an die Brust und über der Hose an den [X.]. Nachdem der Angeklagte sodann den ersten Knopf der Hose der [X.] geöffnet hatte, forderte diese ihn auf, von weiteren sexuellen Hand-lungen Abstand zu nehmen. Der Angeklagte verlangte nachdrücklich von der 26
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-
12
-

s-versuchen ab, nachdem er erkannte hatte, dass die Geschädigte zu
weiteren einvernehmlichen sexuellen Handlungen nicht bereit war.
Am nächsten Morgen nahm die Geschädigte mit dem Einverständnis des Angeklagten telefonisch Kontakt zu ihren Eltern auf, ohne dass sie preisgab, wo sie sich aufhielt. Auf Bitte der Geschädigten brachte der Angeklagte das Kind anschließend mit seinem Auto zurück nach H.

.
Das [X.] hat in diesem Fall sowohl bei der [X.] als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne bestimmende Zumessungskri-terien nicht berücksichtigt. So hat es nicht in den Blick genommen, dass der Angeklagte unbestraft ist (vgl. [X.], Urteil vom 27.
Oktober 1987

1
StR 492/87, [X.], 70). Es hat zudem im Hinblick auf das Maß der Schuld hin-sichtlich des sexuellen Missbrauchs von Kindern nicht berücksichtigt, dass die festgestellten Handlungen die [X.] gerade überschritten (vgl. [X.], Urteil
vom 21.
September 2016

2
StR 558/15, [X.], 528, 529). Im Hinblick auf die [X.] verwirklichte Entziehung Minderjähriger hat das [X.] sowohl die eher kurze Dauer der Entziehung wie auch den [X.], dass der Angeklagte der Geschädigten den Kontakt zu ihren Eltern er-möglichte, nicht in die Strafzumessung eingestellt.
Es ist
nicht auszuschließen, dass die [X.] unter Berücksichti-gung dieser Erwägungen zu einer niedrigeren Einzelstrafe gelangt wäre.
bb) Im Fall II.4 der Urteilsgründe
kann der [X.] nicht ausschließen, dass die [X.] auf der Basis ihrer bisherigen Feststellungen den Schuldgehalt der Taten zu hoch bemessen hat, da sie dem Angeklagten den Besitz von 115 kinderpornographischen Bildern und einer kinderpornographi-schen Videodatei in Gänze zur Last gelegt hat, obwohl eine nicht näher quanti-30
31
32
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-
13
-
fizierte Anzahl dieser Dateien zuvor zu einem nicht bekannten [X.]punkt ge-löscht worden war. Die Feststellungen belegen insoweit nicht, dass der Ange-klagte an den gelöschten Dateien am 1.
März 2013
bzw. in nicht [X.] davor den von einem entsprechenden Willen getragenen Besitz innehatte.
[X.] Besitz ist das Aufrechterhalten des tatsächlichen Herrschaftsverhält-nisses ([X.], 65.
Aufl., §
184b, Rn.
36) aufgrund [X.]s ([X.], Urteil vom 16.
April 1975

2
StR 60/75, [X.]St 26, 117, 118). Dementsprechend ent-fällt der Besitz bei vollständig gelöschten Dateien ([X.], Beschluss
vom 10.
Oktober 2006

1
StR 430/06, [X.], 95; Eckstein, [X.] 117, 107, 118 (2005)).
(2) Nach diesen Maßstäben vermag allein die Feststellung der Kammer, der Angeklagte habe über die Kenntnis und Fähigkeit verfügt, die in
den ge-löschten Bereichen der Datenträger befindlichen Dateien wiederherzustellen, nicht den Schuldumfang zu erhöhen. Ein Fortbestehen von Dateien an [X.], die dem durchschnittlichen Computerbesitzer nicht mehr ohne [X.] zugänglich sind, begründet keinen Besitz im Sinne der Vorschrift (vgl. MüKoStGB/[X.], 3.
Aufl., §
184b Rn.
41). Zudem mangelt es an der notwen-digen Feststellung zum fortbestehenden [X.] an den gelöschten [X.]. Dieser versteht sich insoweit nicht von selbst.
4. Soweit das [X.] im Fall II.5 der Urteilsgründe den Angeklagten wegen des Unternehmens der Besitzverschaffung kinderpornografischer Schrif-ten in 116 [X.]en Fällen zu einer weiteren Geldstrafe von 60 [X.] zu je 40
Euro verurteilt hat, hat der [X.] auf Antrag des Generalbundes-anwalts das Verfahren aus prozessökonomischen Gründen nach §
154 Abs.
2 [X.] eingestellt. Die bisherigen Feststellungen des [X.] vermögen den Schuldspruch nicht zu tragen. Das [X.] hat eine Strafbarkeit des 34
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14
-
Angeklagten gemäß §
184 Abs.
4 Satz
1 StGB aF in mittelbarer [X.]chaft angenommen, indem er seinen Verteidiger
veranlasste, die Herausgabe der
zuvor beschlagnahmten kinderpornografischen Materialien zu verlangen, um wieder in den Besitz der inkriminierten Dateien zu gelangen. Das [X.] hat indes weder den genauen Inhalt der anwaltlichen Schriftsätze noch die in den Urteilsgründen erwähnte Stellungnahme der St[X.]tsanwaltschaft (UA S.
24)
oder die augenscheinlich hierauf ergangene
gerichtliche Entscheidung in den Urteilsgründen dargestellt, obwohl es der Auslegung der verschiedenen Schrei-ben maßgebliche Bedeutung beigemessen hat. Dem [X.] ist daher die [X.] verwehrt, ob bzw. unter welchen engeren Voraussetzungen die vom [X.] angenommene Strafbarkeit des Angeklagten durch eine Antragsschrift in einem gerichtlichen Verfahren in Betracht kommt.
5. Der Wegfall sämtlicher Einzelstrafen bedingt die Aufhebung des
[X.]s.

III.
Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der [X.] ergänzend:
Sollte das [X.] im Fall II.1 der Urteilsgründe wiederum zu einer Strafbarkeit wegen Missbrauchs widerstandsunfähiger
Personen nach §
179 Abs.
1 Nr.
1 StGB aF kommen, wird es anhand einer konkreten Betrachtungs-weise nach §
2 Abs.
3
StGB zu prüfen haben, ob der zur [X.] der Verurteilung geltende §
177 StGB in der Fassung des 50.
Gesetzes zur Änderung des Straf-gesetzbuches

Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4.
November 2016 ([X.]
I S.
2460)

eine mildere Bestrafung eröffnet (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
April 2017

3
StR 524/16, [X.], 242; 37
38
39
-
15
-
Beschluss vom 16.
Mai 2017

3
StR 43/17, juris Rn.
2 ff.; [X.] bei [X.], [X.], 361, 363
f.).

[X.] [X.]

[X.]

[X.] [X.]

Meta

2 StR 311/17

28.03.2018

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2018, Az. 2 StR 311/17 (REWIS RS 2018, 11463)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11463

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 311/17

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