Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2009, Az. XI ZB 14/09

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 678

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.] vom 10. November 2009 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] am 10. November 2009 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats des [X.] vom 12. März 2009 wird als unzulässig verworfen. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.436,49 •. Gründe: [X.] Die [X.]en streiten um die von den Klägern begehrte Rückabwicklung eines zur Finanzierung einer Fondsbeteiligung gewährten Darlehens. 1 Gegen das Urteil des [X.], mit dem die Klage abgewiesen [X.] ist, haben die Kläger, denen dieses Urteil am 14. August 2007 zugestellt worden ist, am 11. September 2007 Berufung eingelegt. Auf Antrag der Kläger und mit Zustimmung der Beklagten hat das Berufungsgericht am 24. September 2 - 3 - 2007 nach § 251 ZPO das Ruhen des Verfahrens angeordnet. In dem Be-schluss ist ausdrücklich auf "§ 251 Satz 2 ZPO" hingewiesen worden. 3 Mit [X.] vom 4. Dezember 2008 haben die Kläger die Berufung begründet. Die Beklagte hat mit [X.] vom 15. Januar 2009 [X.] erklärt und im Übrigen die Zurückweisung der Berufung beantragt. In Höhe des nicht anerkannten Teils haben die Kläger unter dem 27. Januar 2009 die Klage zurückgenommen. Die Beklagte hat mit [X.] vom 19. Februar 2009 das Teilanerkenntnis widerrufen, die Ansicht vertreten, das Anerkenntnis sei wirkungslos, und die Verwerfung der Berufung wegen Versäumung der [X.] beantragt. Nach entsprechendem Hinweis hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 12. März 2009 die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Berufung sei von den Klägern nicht inner-halb der bis zum 14. Oktober 2007 laufenden Frist begründet worden. Nach § 251 Satz 2, § 233 ZPO habe die Anordnung des Ruhens des Verfahrens den Lauf der Begründungsfrist nicht beeinflusst. Entgegen der Auffassung der Klä-ger enthalte deren Antrag auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens vom 21. September 2007 keinen stillschweigenden Antrag auf Verlängerung der [X.]. Dafür liefere der Wortlaut des Antrags keinen Anhalt. Zudem sei nicht erkennbar, dass der wirkliche Wille der Kläger damals dahin gegangen sei, auch eine Verlängerung der Begründungsfrist zu beantragen. Die Unzulässigkeit der Berufung schließe den Erlass eines [X.] aus. Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass einer Entscheidung im Rechtsmittelverfahren zwingend die Prüfung der [X.] vorauszugehen habe. 4 - 4 - I[X.] 5 Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzu-lässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (vgl. [X.], 42, 43; 151, 221, 223; 155, 21, 22), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des [X.] weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) noch zur Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) erforderlich. 1. Der Beschluss des Berufungsgerichts geht im Einklang mit der höchst-richterlichen Rechtsprechung davon aus, dass die Frist zur Begründung der Berufung nicht eingehalten und deswegen die Berufung der Beklagten unzuläs-sig ist. Das Berufungsgericht hat dabei entgegen der von der [X.] vertretenen Ansicht weder die für die Auslegung von [X.] geltenden Regeln missachtet, noch das Recht der Kläger auf effektiven Rechts-schutz oder auf rechtliches Gehör (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsst[X.]ts-prinzip; vgl. [X.] NJW 2003, 281) verletzt. 6 a) Die Berufung der Kläger ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmten Frist begründet worden ist. Die Anord-nung des Ruhens des Verfahrens hat den Lauf dieser Frist nach § 251 Satz 2, § 233 ZPO nicht beeinflusst. 7 b) Der Verwerfung der Berufung steht nicht entgegen, dass das [X.] nicht über eine Verlängerung der [X.] hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 3. Februar 1988 - [X.], NJW-RR 1988, 581 und vom 5. April 2001 - [X.] 37/00, NJW-RR 2001, 931). Das 8 - 5 - Berufungsgericht ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger keinen solchen Antrag gestellt haben. Insbesondere ist deren Antrag auf [X.] des Verfahrens nicht zugleich als Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung auszulegen. 9 [X.]) Bei Auslegung einer Prozesserklärung darf eine [X.] nicht am buchstäblichen Sinn ihrer Wortwahl festgehalten werden, sondern es ist davon auszugehen, dass sie mit ihrer Prozesshandlung das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. [X.], Urteile vom 24. November 1999 - [X.]I ZR 94/98, [X.], 1446, vom 17. Mai 2000 - [X.], [X.], 1512, 1514 und vom 16. September 2008 - [X.], [X.], 751, [X.]. 11; Beschlüsse vom 30. April 2003 - [X.], NJW 2003, 2388, vom 2. Juli 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 371, 372 und vom 24. März 2009 - [X.], [X.], 760). Dabei bestimmen allerdings, was die Rechts-beschwerde übersieht, nicht allein die tatsächlichen Interessen der erklärenden [X.] das Verständnis der abgegebenen Erklärung. Vielmehr müssen sich [X.] aus den im Zeitpunkt der Erklärung äußerlich in Erscheinung tretenden Um-ständen ersehen lassen. Maßgebend ist unter Beachtung der durch die [X.] Formulierung gezogenen Auslegungsgrenzen der objektiv zum Ausdruck kommende Wille des Erklärenden ([X.], Beschlüsse vom 15. März 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 862, [X.]. 13, vom 30. Mai 2007 - [X.]I ZB 82/06, [X.], 3640, [X.]. 26 und vom 24. März 2009 - [X.], [X.], 760). [X.]) Nach diesen Grundsätzen eröffnet, wie das Berufungsgericht rechts-fehlerfrei festgestellt hat, bereits der Wortlaut des Antrags der Kläger keinen Raum für eine Auslegung als doppelte Prozesserklärung, die sowohl auf die Anordnung des Ruhens des Verfahrens als auch auf die Verlängerung der [X.] - 6 - rufungsbegründungsfrist gerichtet ist. Weder der Antrag noch die Mitteilung der Zustimmung der Klägerseite weisen irgendeinen Bezug auf die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf. 11 Zudem war auch aus den sonstigen Umständen weder für das [X.] noch für die Beklagte erkennbar, dass die Kläger mit ihrem Schrift-satz vom 21. September 2007 nicht nur das Ruhen des Verfahrens, sondern zudem eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begehrten. Zu [X.]m Zeitpunkt konnte nämlich die am 14. Oktober 2007 ablaufende Frist für die Berufungsbegründung, worauf die Beschwerdeerwiderung zutreffend hinweist, ohne Schwierigkeiten noch eingehalten werden. Es mag zwar damals ein Inte-resse der Kläger bestanden haben, aus Kostengründen zunächst von einer Be-gründung der Berufung abzusehen. Dies hat jedoch weder in dem [X.] der Klägervertreter vom 21. September 2007 noch in sonstigen Äußerungen einen Niederschlag gefunden. [X.]) Das Berufungsgericht befindet sich damit - worauf die Rechtsbe-schwerdeerwiderung ebenfalls zutreffend hinweist - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.], so dass auch aus diesem Grund die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.] erfordert. In der Rechtsprechung des [X.] wird ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens für sich genommen nicht zugleich als Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist für eine Berufung aufgefasst (vgl. Beschluss vom 28. September 2000 - [X.]/00, NJW-RR 2001, 572; zustimmend [X.]/[X.], 3. Aufl., § 251 Rn. 16; Musielak/ [X.], ZPO, 6. Aufl., § 251 Rn. 5; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 251 Rn. 9). Diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht, das bei seiner Würdigung auch die Umstände des vorliegenden Falles bedacht hat, seiner Entscheidung zugrunde gelegt. 12 - 7 - 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässig, weil die Entscheidung des [X.]s, trotz eines Teilanerkenntnisses durch die Beklagte die Berufung der Kläger insgesamt als unzulässig zu verwerfen, eine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft. 13 14 Das Berufungsgericht ist vielmehr der Rechtsprechung des [X.] gefolgt, nach der im Rechtsmittelverfahren ein Anerkenntnisurteil nicht ergehen darf, wenn das Rechtsmittel unzulässig ist (vgl. [X.], Urteil vom 25. November 1993 - [X.], [X.], 608, 609). Die von der Rechtsbe-schwerde aufgeworfene Frage ist jedenfalls für den hier entscheidungserhebli-chen Fall eines Anerkenntnisses nach Eintritt der Unzulässigkeit des Rechtsmit-tels geklärt. Mit einem Anerkenntnis kann der Beklagte zwar über den sachlich-rechtlichen Anspruch disponieren, so dass es dem Gericht verwehrt ist, den ihm ursprünglich vorgelegten Streitstoff zu überprüfen (vgl. [X.]Z 10, 333, 335; [X.], Urteil vom 20. März 2001 - [X.], NJW 2001, 3414). Die [X.]en können jedoch grundsätzlich nicht über Prozess- und Rechtsmittelvorausset-zungen verfügen, so dass diese auch im Falle eines Anerkenntnisses vom [X.] zu prüfen sind (vgl. [X.], Urteile vom 25. November 1993 - [X.], [X.], 608, 609 und vom 30. März 2001 - [X.], NJW 2001, 3414). Die Literatur teilt ganz überwiegend diesen Standpunkt der Rechtsprechung ([X.], ZPO, 22. Aufl., § 307 Rn. 48; [X.]/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 307 Rn. 4; [X.] in [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., § 307 Rn. 10; [X.]/Schütze/Rensen, ZPO, 3. Aufl., § 307 Rn. 19; [X.][X.]/[X.], Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 131 Rn. 55). 15 - 8 - Das [X.] äußert sich - anders als die Rechtsbeschwerde meint - in einer älteren Entscheidung ([X.], 85 ff.), die ein Verzichtsurteil betrifft, nicht zu dessen Erlass trotz Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Vielmehr war in dem vom [X.] zu beurteilenden Sachverhalt die Berufung bei Erklärung eines teilweisen Verzichts zulässig, so dass sich das [X.] ([X.], 85, 86 ff.) mit der - für die vorliegende Rechtsbeschwerde bedeu-tungslosen - Frage zu befassen hatte, ob die Berufung nachträglich unzulässig wird, wenn der nach Erklärung eines Teilverzichts verbleibende Streitwert die [X.] nicht mehr erreicht. 16 Das Teilanerkenntnis der Beklagten enthob damit das Berufungsgericht nicht der Notwendigkeit, alle prozessualen Urteilsvoraussetzungen zu prüfen. Die im Zeitpunkt der Erklärung des Anerkenntnisses bereits beistehende Unzu-lässigkeit der Berufung stand dem Erlass eines [X.] entgegen. 17 3. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist ist zum einen im Berufungsverfahren nicht beantragt worden und kommt - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - nach § 233 ZPO zudem sach-lich nicht in Betracht, da die Versäumung der Begründungsfrist auf [X.] - 9 - schuldhaften Versehen der Prozessbevollmächtigten der Kläger beruht (§ 85 Abs. 2 ZPO). Diese haben ersichtlich die Regelung des § 251 Satz 2 ZPO übersehen, obwohl das Berufungsgericht darauf in seinem Beschluss vom 24. September 2007 ausdrücklich hingewiesen hat. [X.] Joeres Ellenberger [X.] Matthias Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 27.07.2007 - 1 O 143/06 - [X.], Entscheidung vom 12.03.2009 - 17 U 155/07 (08) -

Meta

XI ZB 14/09

10.11.2009

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2009, Az. XI ZB 14/09 (REWIS RS 2009, 678)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 678

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI ZB 15/09 (Bundesgerichtshof)


XI ZB 13/09 (Bundesgerichtshof)


XI ZB 16/09 (Bundesgerichtshof)


XI ZB 8/12 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 41/12 (Bundesgerichtshof)

Berufungsentscheidung bei Anerkenntnis des beklagten Berufungsklägers innerhalb der Berufungsbegründungsfrist


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.