Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.11.2017, Az. 5 StR 455/17

5. Strafsenat | REWIS RS 2017, 1481

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Gegenstand

Gerichtssprache: Beachtlichkeit eines fremdsprachigen Rechtsmittels des Beschuldigten im Sicherungsverfahren


Tenor

1. Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des [X.] vom 30. Juni 2017 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Das hiergegen gerichtete Rechtsmittel ist unzulässig, da es nicht fristgemäß eingelegt worden ist.

2

1. Der Beschuldigte fertigte am 4. Juli 2017 ein Schreiben in [X.], das am 7. Juli 2017 beim [X.] einging. Eine richterlich angeordnete Übersetzung des Schreibens ging am 26. Juli 2017 beim [X.] ein. Aus der Übersetzung ergab sich die Forderung des Beschuldigten, die Sache an das „Oberste Gericht“ zu übergeben und die Unterbringung zu widerrufen.

3

[X.], das als die Einlegung eines Rechtsmittels angesehen werden kann, ist erst mit dem Eingang der Übersetzung für das Verfahren beachtlich geworden, da gemäß § 184 [X.] die [X.] ist (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Mai 2000 - 4 StR 110/00, [X.], 553). Die Wochenfrist des § 341 [X.] ist damit nicht eingehalten.

4

2. Eine von Amts wegen zu gewährende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. Der [X.] hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Der Beschuldigte war nicht ohne Verschulden gehindert, die versäumte Frist einzuhalten. Der Beschuldigte wurde - unter Hinzuziehung eines Dolmetschers (vgl. [X.], Urteil vom 16. September 1980 - 1 StR 468/80, [X.] 1981, 262, 263) - über die zulässigen Rechtsmittel und die dafür vorgeschriebenen Formen und Fristen belehrt. Ihm wurde auch eine schriftliche Rechtsmittelbelehrung ausgehändigt.

Ihm stand überdies ein Pflichtverteidiger, den er mit der fristgemäßen Einlegung der Revision hätte beauftragen können, zur Seite (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Dezember 1984 - 4 StR 715/84, [X.], 199).

Letztlich rechtfertigt auch der festgestellte psychische Zustand des Beschuldigten keine andere Entscheidung. Er ist nicht völlig desorientiert, seine ‚Einsichtsfähigkeit‘ ist nicht beeinträchtigt.“

5

Dem folgt der Senat und bemerkt ergänzend: Der [X.] hat den Grundsatz eingeschränkt, dass schriftliche Eingaben in fremder Sprache unbeachtlich sind ([X.], [X.], 303, 304 f. Rn. 43 mit [X.]. [X.]; [X.]/[X.], [X.], 60. Aufl., § 184 [X.] Rn. 2a). Danach kommt es für die Frage, ob ein fremdsprachig abgefasstes Schreiben von Amts wegen zu übersetzen und zu beachten ist, gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2010/64/[X.] des [X.] und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren ([X.]. Nr. L 280, [X.]) darauf an, ob es sich um ein für das Verfahren wesentliches Dokument handelt. Diese Entscheidung betrifft indes nur den nichtverteidigten Beschuldigten ([X.], Beschluss vom 9. Februar 2017 - StB 2/17, [X.], 601, 602; vgl. zur besonderen Stellung nichtverteidigter Beschuldigter auch schon [X.] [Kammer], NVwZ-RR 1996, 120, 121 mwN).

Schneider     

       

Dölp     

       

König 

       

Berger     

       

[X.]     

       

Meta

5 StR 455/17

30.11.2017

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Lübeck, 30. Juni 2017, Az: 1 Ks 12/16

§ 44 StPO, § 341 StPO, § 413 StPO, §§ 413ff StPO, § 184 S 1 GVG, § 187 Abs 1 S 1 GVG, Art 6 Abs 3 Buchst e MRK, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.11.2017, Az. 5 StR 455/17 (REWIS RS 2017, 1481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1481

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 410/20

4 StR 93/22

1 StR 320/17

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