Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.04.2019, Az. 1 StR 81/18

1. Strafsenat | REWIS RS 2019, 7880

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Gegenstand

Abgrenzung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei: Nach Beendigung des Verbringungsvorgangs begründeter Besitz an unversteuerten Tabakwaren


Leitsatz

Nur der vor Beendigung des Verbringungsvorgangs erlangte Besitz an unversteuerten Tabakwaren kann die Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG begründen; der nach Beendigung des Verbringungsvorgangs begründete Besitz an unversteuerten Tabakwaren wird durch den Tatbestand der Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 1 AO) strafrechtlich erfasst (Fortführung von BGH, Urteil vom 2. Februar 2010 - 1 StR 635/09 zu § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG nF, wistra 2010, 226).

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten [X.]wird das Urteil des [X.] vom 11. Juli 2017, soweit es ihn betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zur versuchten [X.] schuldig ist,

b) im Strafausspruch aufgehoben.

2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil vom 11. Juli 2017, soweit es den Angeklagten J.     betrifft, zu dessen Gunsten

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass dieser Angeklagte der Beihilfe zur versuchten [X.] schuldig ist,

b) im Strafausspruch aufgehoben.

3. Die weitergehende Revision des Angeklagten [X.]und die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.

4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten [X.], an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

5. Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]und die nicht revidierenden Mitangeklagten [X.]und [X.]     jeweils der versuchten [X.] schuldig gesprochen. Den Angeklagten [X.]hat es zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und die nicht revidierenden Angeklagten zu Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und neun Monaten. Die Strafen hat das [X.] jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es sichergestellte 4,32 Millionen Zigaretten der Marke [X.] und den PKW [X.] des Angeklagten [X.]eingezogen.

2

Die gegen seine Verurteilung gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten [X.]hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft ist das Urteil zugunsten des nicht revidierenden Mitangeklagten [X.]     entsprechend abzuändern (§ 301 [X.]). Im Übrigen bleiben die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die mit der Sachrüge vornehmlich die jeweils unterbliebene zusätzliche Verurteilung der Angeklagten wegen Steuerhinterziehung ([X.]        ) beziehungsweise Beihilfe hierzu ([X.]     und [X.]     ) rügen, ebenso wie die weitergehende Revision des Angeklagten [X.]ohne Erfolg.

I.

3

Nach den Feststellungen des [X.]s sagte der nicht revidierende Angeklagte [X.]Anfang Oktober 2016 seinem [X.] Bekannten „V.     “ auf dessen Bitte zu, nach einem möglichen Lagerplatz zur kurzfristigen Einlagerung von nicht näher bezeichneten Waren Ausschau zu halten. Auf entsprechende Frage des [X.]erklärte sich der mit ihm befreundete, als selbstständiger Fuhrunternehmer tätige Angeklagte [X.]bereit, zwei Container für 500 € in E.      zur Verfügung zu stellen, was der Angeklagte [X.]mit der Maßgabe an „V.     “ weitergab, dass dieser für die Container 5.000 € (inklusive Kaution) an ihn zu bezahlen habe. Etwas später im Oktober 2016 lagerte „V.     “ Kartons mit 4,32 Millionen unverzollten und unversteuerten Zigaretten [X.] Herkunft der in [X.] nicht legal erhältlichen Marke [X.] in den Containern ein. Erst als „V.    “ dem Angeklagten [X.]anschließend am selben Tag mitteilte, dass in den Containern Zigaretten aufbewahrt würden, wurde diesem klar, dass es sich um unversteuerte [X.] Zigaretten handelte, die „V.    “ gewinnbringend verkaufen wollte. [X.]        , der einen der Schlüssel für die Container erhalten hatte, überprüfte einen der Container im November 2016, da er von einem Leck an dem Container wusste.

4

Kurz vor [X.] 2016 vereinbarten der Angeklagte [X.]und „V.     “, dass [X.]die Zigaretten nach [X.]verbringen sollte. Auf Bitte des [X.]erklärten sich der Angeklagte [X.]und der mit beiden befreundete Angeklagte [X.]     bereit, ihm bei dem Transport der Zigaretten zu helfen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt klärte [X.]die Angeklagten [X.]und [X.]     darüber auf, dass es sich um unversteuerte Zigaretten handelte, die „V.    “ gebracht werden sollten, damit dieser die Zigaretten gewinnbringend verkaufen könne. Der getroffenen Vereinbarung entsprechend fuhren der Angeklagte [X.]als Fahrer und der Angeklagte [X.]     als Beifahrer am 3. Januar 2017 mit einem zuvor von ihnen und einer dritten Person mit den Zigaretten beladenen LKW – vom Zoll observiert – in Richtung [X.]. Zur Tarnung hatte der Angeklagte [X.]falsche [X.] ausgestellt, wonach sich auf dem LKW 600 Kartons „     B.     “ befinden sollten. [X.]begleitete den Transport mit dem PKW des Angeklagten [X.]und stand mit den beiden anderen während der Fahrt in telefonischem Kontakt. Der LKW wurde um 15.30 Uhr vom Zoll einer Kontrolle unterzogen, bei der die geladenen 4,32 Millionen unversteuerten Zigaretten sichergestellt wurden. Nach der Berechnung des [X.]s betrug die [X.] Tabaksteuer für die Zigaretten ausgehend von einem Mindeststeuersatz von 15,61040 Cent pro Zigarette mindestens 674.369,28 €. Hinsichtlich der durch die vorherige Einfuhr der Zigaretten von [X.] in das Gebiet der [X.] entstandenen und hinterzogenen Einfuhrabgaben hat das [X.] mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gemäß § 154a Abs. 2 [X.] von der Strafverfolgung abgesehen.

[X.] Revision des Angeklagten [X.]

5

Der Schuldspruch gegen den Angeklagten [X.]wegen versuchter [X.] hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand; die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen lediglich eine Verurteilung dieses Angeklagten wegen Beihilfe zur versuchten [X.] (§ 374 Abs. 1 Variante 4, Abs. 3 [X.], §§ 22, 23, 27 StGB).

6

1. Das Verhalten des Angeklagten [X.]war nach den Feststellungen des [X.]s nicht – wie nach § 374 Abs. 1 Variante 4 [X.] für eine täterschaftliche (versuchte) Absatzhilfe erforderlich – darauf gerichtet, dem Vortäter der Steuerhinterziehung („V.     “) Absatzhilfe zu leisten; vielmehr unterstützte der Angeklagte [X.]lediglich den Angeklagten [X.]bei dessen Bemühungen um eine Absatzhilfe gegenüber dem Vortäter „V.     “ und hat sich daher nur wegen Beihilfe zur versuchten [X.] (§ 374 Abs. 1 Variante 4, Abs. 3 [X.], §§ 22, 23, 27 StGB) strafbar gemacht.

7

a) Das Merkmal der Absatzhilfe im Sinne des § 374 Abs. 1 Variante 4 [X.] erfasst nur solche Handlungen, mit denen sich der Täter an den Absatzbemühungen des [X.] der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 [X.]) oder eines [X.] in dessen Interesse und auf dessen Weisung unselbständig beteiligt ([X.], Beschluss vom 11. Juni 2008 – 5 [X.] Rn. 5; zu § 259 StGB: [X.], Beschlüsse vom 1. August 2018 – 4 StR 54/18 Rn. 5; vom 4. Dezember 2007 – 3 [X.] Rn. 4 und vom 20. Januar 1999 – 3 [X.] Rn. 3). Der Helfer muss dabei „im Lager“ des [X.] oder des [X.] stehen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Juni 2008 – 5 [X.] Rn. 5 [X.]; [X.], StGB, 66. Aufl., § 259 Rn. 17 [X.]) und diesen unmittelbar beim Absetzen unterstützen, wobei ein einvernehmliches Handeln von [X.] und Vortäter erforderlich ist (vgl. [X.], Urteile vom 17. Juni 1997 – 1 [X.] Rn. 3, [X.]St 43, 110 und vom 21. Juni 1990 – 1 [X.] Rn. 5). Wird dagegen nicht der Vortäter, sondern ein Absatzhehler unterstützt, liegt lediglich eine Beihilfe zu dessen Tat vor (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Juni 2008 – 5 [X.] Rn. 5 [X.]; [X.], aaO).

8

b) So liegt der Fall hier. Den unbekannt gebliebenen Vortäter („V.     “) unterstützte der Angeklagte [X.]weder unmittelbar im gegenseitigen Einvernehmen noch ist er dessen Lager zuzuordnen; vielmehr war der Angeklagte [X.]lediglich dem Angeklagten [X.]bei dessen Bemühungen um eine Absatzhilfe gegenüber dem Vortäter „V.     “ behilflich, weshalb er nicht (täterschaftlicher) [X.] im Sinne des § 374 Abs. 1 Variante 4 [X.] ist, sondern lediglich Gehilfe des – letztlich erfolglosen – [X.]s [X.](§ 27 StGB). Dass der Angeklagte [X.]nach den landgerichtlichen Feststellungen wusste und wollte, dass er mit seiner Förderung der Tat des Angeklagten [X.]gleichzeitig – notwendigerweise – auch den Vortäter „V.     “ beim Absatz der unversteuerten Zigaretten unterstützte, rechtfertigt keine andere Betrachtung, weil sich die vom Vorsatz des Angeklagten [X.]mitumfasste Unterstützung des [X.] „V.     “ lediglich als Reflex der Unterstützungshandlung gegenüber dem Angeklagten [X.]darstellt. Insbesondere begründet dieses Vorstellungsbild des Angeklagten [X.]nicht dessen Zuordnung zum Lager des [X.], zumal auch das für eine Absatzhilfe erforderliche Einvernehmen zwischen dem Angeklagten [X.]und dem ihm völlig unbekannten Vortäter „V.     “ fehlt.

9

c) Da die Zigaretten nicht zu den Abnehmern des „V.     “ gelangten, die Absatzhilfe des Angeklagten [X.]also nicht erfolgreich war, hat das [X.] zutreffend angenommen, dass die vom Angeklagten [X.]unterstützte Haupttat des Angeklagten [X.]lediglich als Versuch der [X.] gemäß § 374 Abs. 3 [X.], §§ 22 f. StGB) strafbar ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 13. Juli 2016 – 1 [X.] Rn. 17 und vom 6. März 2019 – 3 StR 4/19 Rn. 5 [X.]).

2. Der Senat ändert den Schuldspruch selbst in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 [X.] ab. Die Vorschrift des § 265 [X.] steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

3. Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich.

Die getroffenen Feststellungen sind jedoch von dem zur Änderung des Schuldspruchs und der Aufhebung des Strafausspruchs führenden [X.] nicht betroffen und bleiben daher bestehen (§ 353 Abs. 2 [X.]). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

[X.] Die Revisionen der Staatsanwaltschaft

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten [X.]     führt nach § 301 [X.] zu Gunsten des Angeklagten aus den unter [X.] genannten Gründen zur entsprechenden Änderung des Schuldspruchs gegen diesen Angeklagten und zur Aufhebung des hierauf beruhenden Strafausspruchs. Die getroffenen Feststellungen, die von dem [X.] nicht betroffen sind, haben auch insoweit Bestand (§ 353 Abs. 2 [X.]).

2. Im Übrigen bleiben die Revisionen der Staatsanwaltschaft ohne Erfolg. Das Urteil weist keinen Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten auf. Diese haben sich insbesondere jeweils nicht tatmehrheitlich (§ 53 StGB) zur versuchten [X.] (Angeklagter [X.]        ) bzw. zur Beihilfe hierzu (Angeklagte [X.]und [X.]    ) wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] oder § 370 Abs. 1 Nr. 3 [X.] strafbar gemacht. Nach Beendigung des [X.] fehlt es an der Strafbewehrung etwaiger verbrauchsteuerlicher [X.]en.

a) Wegen Hinterziehung der Tabaksteuer macht sich derjenige nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] strafbar, der vorsätzlich seine Verpflichtung, eine Steuererklärung über ins Steuergebiet verbrachte oder versandte Tabakwaren abzugeben, verletzt und hierdurch Steuern verkürzt. Dies ist bei den Angeklagten nicht der Fall, weil sie erst nach der Beendigung des [X.] Besitz an den unversteuerten Tabakwaren erlangt haben, sie damit nicht Steuerschuldner im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] geworden sind und daher auch nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 3 [X.] zur unverzüglichen Abgabe einer Steuererklärung über die Zigaretten verpflichtet waren.

aa) Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 [X.] hat der Steuerschuldner über Tabakwaren, für die Tabaksteuer entstanden ist, unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben. Die Steuer entsteht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.], wenn Tabakwaren in anderen als den in § 22 Abs. 1 [X.] genannten Fällen entgegen § 17 Abs. 1 [X.] aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbracht oder dorthin versandt werden (gewerbliche Zwecke) und sie erstmals für gewerbliche Zwecke in Besitz gehalten werden. Steuerschuldner dieser Steuer ist dabei gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.], wer die Lieferung vornimmt oder die Tabakwaren in Besitz hält und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat.

bb) Als Steuerschuldner – und daher ohne unverzügliche Abgabe einer Steuererklärung über die Tabakwaren als strafbar wegen Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.]) – ist danach neben dem Lieferanten der Tabakwaren nur derjenige anzusehen, der vor Beendigung des [X.] Besitz an den Tabakwaren erlangt hat (vgl. auch [X.], wistra 2014, 433; [X.]/[X.], [X.] 2014, 235, 237 f.; a.[X.], in: [X.]/Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, 3. Aufl., S. 457 f.; [X.] in [X.]/[X.]/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 370 Rn. 400). Der erst nach Beendigung des [X.] erlangte Besitz an unversteuerten Tabakwaren führt dagegen nicht zur Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung, sondern ist allein über den Straftatbestand der [X.] gemäß § 374 Abs. 1 [X.] strafrechtlich sanktioniert.

(1) Bereits zu der bis 31. März 2010 geltenden Vorgängerregelung des § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] in § 19 Satz 2 [X.] aF hat der Senat entschieden ([X.], Urteil vom 2. Februar 2010 – 1 [X.] Rn. 7 ff. [X.]), dass nur derjenige Besitz an Tabakwaren die Steuerschuldnerschaft begründet, der erlangt wurde, bevor der [X.] bzw. [X.] beendet ist, bevor also die Tabakwaren in Sicherheit gebracht und "zur Ruhe gekommen" sind (vgl. auch [X.], Urteile vom 24. Juni 1952 – 1 StR 316/51 Rn. 31, [X.]St 3, 40, 44 und vom 14. März 2007 – 5 [X.] Rn. 40 [X.]; [X.], [X.], 197, 202 f. [X.]; [X.], [X.] 2011, 50; [X.], wistra 2014, 421, 423).

(2) Der Senat geht – auch mit Blick auf den geänderten Wortlaut zur Person des Steuerschuldners in § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] – weiterhin davon aus, dass der Besitzer, der seinen Besitz an Tabakwaren erst nach Beendigung des [X.] von einem anderen Mitgliedstaat in das Steuergebiet erlangt hat, keiner strafbewehrten [X.] unterliegt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Juli 2014 – 1 [X.] Rn. 3 und vom 14. Oktober 2014 – 1 StR 521/14 Rn. 18).

(a) Nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] und der Systematik der gesetzlichen Neuregelung in § 23 Abs. 1 [X.] ist nur derjenige Besitzer Steuerschuldner, der Besitz an den Tabakwaren vor der Beendigung des [X.] oder [X.]s erlangt hat, also bevor die Tabakwaren nach dem [X.] oder [X.] zur Ruhe gekommen sind (vgl. [X.], wistra 2014, 433; zum Wortlaut a.A. [X.], [X.], 197, 202; [X.], [X.] 2011, 50, 51). Deutlich wird dies bereits dadurch, dass die Regelung zur Steuerschuldnerschaft in § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] sowohl inhaltlich als auch systematisch unmittelbar an die Regelung zur Entstehung der Steuerschuld in Satz 1 anschließt, die an die Verbringung oder Versendung der Tabakwaren in das Steuergebiet und den damit verbundenen erstmaligen Besitz im Steuergebiet anknüpft. Dieser systematische und inhaltliche Bezug der Regelung zur Person des Steuerschuldners in Satz 2 auf die in Satz 1 geregelte Entstehung des Steueranspruchs bei Verbringung oder Versendung der Tabakwaren ins Steuergebiet und den erstmaligen Besitz zeigt, dass mit Besitz i.S.d. des § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] nur ein Besitz im Zusammenhang mit dem [X.] nach Satz 1 gemeint sein kann. Auch die in Satz 2 gewählte enge sprachliche Verbindung der beiden erstgenannten Handlungsalternativen (Vornahme der Lieferung einerseits und [X.] der Tabakwaren andererseits) durch dasselbe Subjekt „wer“ lässt erkennen, dass hier ein inhaltlicher Konnex besteht und dem Besitz daher nur insoweit Bedeutung zukommen kann, als er im Zusammenhang mit dem [X.] steht. Die dritte Alternative des § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] („der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat“) wäre überdies überflüssig, wenn jeder Besitz unabhängig von seiner Verbindung zum [X.] bereits von der zweitgenannten Alternative erfasst wäre (vgl. auch [X.]/[X.], [X.] 2014, 232, 237).

Ein Bedürfnis für die Regelung der Steuerschuldnerschaft desjenigen Empfängers der Ware, der Besitz erlangt hat, ist nämlich – zur Klarstellung – nur dann erkennbar, wenn nicht ohnehin jeder Besitzer durch die zweitgenannte Alternative („wer die Tabakwaren in Besitz hält“) erfasst ist. Wäre es der Wille des Gesetzgebers gewesen, jeden Besitzer von Tabakwaren – unabhängig von dessen Einbindung in den [X.] – zum Steuerschuldner zu machen, hätte es im Übrigen nahegelegen, dies sprachlich eindeutig zum Ausdruck zu bringen oder zumindest die verschiedenen Anknüpfungspunkte für die Steuerschuldnerschaft entsprechend der Chronologie der tatsächlichen Abläufe in der Rechtswirklichkeit in anderer Reihenfolge aufzuzählen, nämlich diejenigen Personen, die wegen ihrer Einbindung in den [X.] sein sollen (Lieferant und Empfänger), zuerst zu nennen und diese gegebenenfalls sprachlich durch ein gemeinsames Subjekt zu verknüpfen, und den Besitzer, der nicht in Verbindung mit dem [X.] oder [X.] als Entstehungsgrund für die Steuerschuld stehen muss und über den der Anwendungsbereich der Regelung über den [X.] hinaus deutlich erweitert wird, im [X.] gesondert zu benennen.

Die Nennung des Empfängers der Lieferung, der Besitz erlangt hat, an letzter Stelle der Aufzählung spricht danach ebenfalls dafür, dass nur derjenige Besitz unter § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] fällt, der bis zum Ende des [X.] und dem „Zur-Ruhe-Kommen“ der Tabakwaren erlangt wurde (vgl. auch [X.]/[X.], [X.] 2014, 232, 237; Ransiek in [X.], Steuerstrafrecht, 63. Lieferung, § 370 [X.] Rn. 362).

(b) Die historische und die teleologische Auslegung stehen dem genannten Verständnis im Ergebnis nicht entgegen.

Ausweislich der Begründung des [X.] ([X.]. 169/09 S. 1, 135, 144; BT-Drucks. 16/12257 S. 74, 80) zu § 23 [X.] war die neue Systemrichtlinie (Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der [X.], [X.] L 9 vom 14. Januar 2009, [X.]) Anlass und Grund für die Neufassung der Regelung über die Entstehung der Steuerschuld, die Steuerschuldnerschaft und die [X.] nach dem Tabaksteuergesetz (vgl. auch [X.]/[X.], [X.] 2014, 232, 237).

(aa) Bereits die [X.] des Rates vom 25. Februar 1992, die durch die neue Systemrichtlinie ersetzt wurde (vgl. Erwägungsgrund 1 der neuen Systemrichtlinie), bezweckte, in bestimmtem Umfang den Besitz, den Verkehr und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren zu regeln, um zu gewährleisten, dass der [X.] in allen Mitgliedstaaten unter gleichen Umständen gegeben ist ([X.], Urteil vom 3. Juli 2014 – [X.]/13 Rn. 17). Dabei stand als Zweck der Regelung im Vordergrund, dass auch ohne dem freien Warenverkehr hinderliche systematische Kontrollen durch die nationalen Behörden eine effektive, sichere und einheitliche Durchsetzung der Verbrauchsteuer in allen Mitgliedstaaten ermöglicht werden sollte ([X.] aaO Rn. 26).

Dieser Zweck erforderte es nach der (erst nach Inkrafttreten des § 23 [X.] ergangenen) Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.], den Begriff des Besitzers weit zu verstehen, nämlich in dem Sinne, dass jeder Besitzer der Waren auch Steuerschuldner ist ([X.], Urteil vom 3. Juli 2014 – [X.]/13 Rn. 25 zu § 19 [X.] aF; a.A. [X.], [X.], 197, 202 unter Hinweis auf den Wortlaut des Art. 33 [X.] 2008/118/EG).

Dieser Rechtsprechung hat sich der [X.] angeschlossen, nachdem er zunächst ebenfalls davon ausgegangen war, dass der [X.] mit dem Zur-Ruhe-Kommen der Tabakwaren endet (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Oktober 2005 – [X.]/05 [PKH] Rn. 20 ff.; anders dann allerdings [X.], Urteil vom 7. März 2006 – [X.]/04 Rn. 21 ff., [X.]E 212, 321, 325 f.), und er die Auslegung des Begriffs des Besitzers nach § 19 Satz 2 [X.] aF offengelassen hatte ([X.], Urteile vom 22. Mai 2012 – [X.]/11 Rn. 14, [X.]E 237, 559, 562 und [X.]/11 Rn. 15, [X.]E 237, 554, 558), jedoch nach Inkrafttreten der Neuregelung in § 23 Abs. 1 [X.] ein weiteres Verständnis des Besitzes im Sinne des § 19 Satz 2 [X.] aF zugrunde legen wollte und die Frage daher dem Gerichtshof der [X.] zur Entscheidung vorgelegt hatte (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Dezember 2012 – [X.], [X.]E 240, 458; Urteil vom 11. November 2014 – [X.] Rn. 13 ff., [X.]E 248, 271, 275 ff.). Er hat insoweit ausgeführt, zur effektiven Auslegung des Art. 9 Abs. 1 der [X.] des Rates vom 25. Februar 1992 sei es geboten, denjenigen in Anspruch nehmen zu können, in dessen unmittelbarer Obhut sich eine Ware befinde und der deshalb anhand objektiver Umstände relativ leicht ausgemacht und zur steuerrechtlichen Verantwortung gezogen werden könne ([X.], Urteil vom 11. November 2014 – [X.] Rn. 15, [X.]E 248, 271, 276 [X.]). Gleichzeitig hat er aber selbst wiederholt zutreffend darauf hingewiesen, dass für die strafrechtliche Auslegung im Lichte des Art. 103 Abs. 2 GG ein anderes Verständnis geboten sein kann ([X.], Urteile vom 11. November 2014 – [X.] Rn. 18, [X.]E 248, 271, 277 und vom 27. November 2014 – [X.]/12 Rn. 16).

(bb) [X.] verfolgt den Zweck einer effektiven, sicheren und einheitlichen Durchsetzung des [X.]s in den Mitgliedstaaten weiter, wie sich insbesondere aus deren Erwägungsgründen (1) und (8) ergibt. So ist Erwägungsgrund (1) zu entnehmen, dass die bisherige Verbrauchsteuerrichtlinie lediglich wegen erforderlich gewordener Änderungen aus Gründen der Klarheit durch die neue Systemrichtlinie ersetzt wurde, der Regelungszweck aber derselbe geblieben ist. Zweck der Richtlinie ist dabei ausweislich des [X.] (8) insbesondere die Sicherung des freien Warenverkehrs durch Klarstellung auf Gemeinschaftsebene, zu welchem Zeitpunkt die Überführung der verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr erfolgt und wer der [X.] ist.

Nach Art. 33 Abs. 3 der neuen Systemrichtlinie soll dabei Steuerschuldner diejenige Person sein, die die Lieferung vornimmt oder in deren Besitz sich die zur Lieferung vorgesehenen Waren befinden oder an die die Waren im anderen Mitgliedstaat geliefert werden. Alle Varianten dieser Regelung weisen somit – mehr noch als diejenigen der Vorgängerregelungen in Art. 7 Abs. 3 und Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der [X.] des Rates vom 25. Februar 1992, zu der die Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 3. Juli 2014 – [X.]/13 ergangen ist, einen engen Bezug zum [X.] auf; insbesondere die Variante des Besitzes bezieht sich auf die „zur Lieferung vorgesehenen Waren“, was auch unter Berücksichtigung des Art. 33 Abs. 1 der neuen Systemrichtlinie ein Verständnis nahelegt, wonach – entsprechend der Rechtsprechung des Senats – nur der Besitz bis zur Beendigung des [X.]s erfasst sein kann. Der Gerichtshof der [X.], dem insoweit nach Art. 267 [X.] ein Auslegungsmonopol zukommt (vgl. [X.], Beschluss vom 20. November 2008 – 1 [X.] Rn. 12, [X.]St 53, 45, 50), hat indes in seiner Entscheidung vom 3. Juli 2014 – [X.]/13 (Rn. 27) sein weites, dem Zweck einer möglichst effektiven Durchsetzung des Steueranspruchs geschuldetes Verständnis vom Begriff des Besitzes – ohne nähere Auseinandersetzung mit deren Wortlaut – durch die Regelung in Art. 33 Abs. 3 der neuen Systemrichtlinie bestätigt gesehen.

([X.]) Aus der Begründung des Gesetzentwurfs zur Neuregelung des § 23 [X.] ergibt sich allerdings, dass der nationale Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die Neuregelung im Wesentlichen der bisherigen Regelung entspricht ([X.]. 169/09 S. 144; BT-Drucks. 16/12257 [X.]). Hieraus ist abzuleiten, dass sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers durch die Neuregelung an der bisherigen Rechtslage nichts Wesentliches ändern sollte (vgl. auch [X.], [X.], 197, 202, 205). Mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung des [X.] zur Hinterziehung von Tabaksteuer lässt sich dies nur in dem Sinne verstehen, dass trotz der Aufnahme der zweitgenannten Alternative des „[X.]s“ von Tabakwaren in die Regelung zur Steuerschuldnerschaft (§ 23 Abs. 1 Satz 2 [X.]) keine inhaltliche Erweiterung des [X.] der einer Strafdrohung unterworfenen Steuerschuldner erfolgen sollte.

(c) Der Grundsatz der europafreundlichen Auslegung gebietet strafrechtlich keine Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.], die dem erst nach der Neuregelung der Voraussetzungen für die Steuerschuldnerschaft in § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] entwickelten Verständnis des [X.] vom Begriff des „Besitzes“ i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF und des ihm folgenden [X.]s entspricht.

Nach der Rechtsprechung des [X.] kommt den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit und der Bestimmtheit des anzuwendenden Rechts gerade im Strafrecht besondere Bedeutung zu; sie setzen jeder Auslegung von [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 5. Dezember 2017 – [X.] Rn. 51 f., 59). Diesen Grundsätzen und dem Zweck der Systemrichtlinie, eine effektive und in allen Mitgliedstaaten einheitliche Erhebung der Verbrauchsteuern zu ermöglichen, ist durch eine streng am Wortlaut des Gesetzes orientierte Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] durch die Strafgerichte Rechnung getragen. Denn die nach der Rechtsprechung des [X.]s jeden Besitzer von unversteuerten Tabakwaren treffende Steuerschuldnerschaft ([X.], Urteil vom 11. November 2014 – [X.] Rn. 13 ff., [X.]E 248, 271, 275 ff.) ermöglicht dem Fiskus die Erhebung der Tabaksteuer bei jedem, der die Tabakwaren im Steuergebiet in Besitz hat. Die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] gebotene effektive Durchsetzung dieses nach dem Verständnis des [X.]s bestehenden Steueranspruchs mittels wirkungsvoller abschreckender Maßnahmen (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 5. Dezember 2017 – [X.]/17 Rn. 30; [X.], Gedächtnisschrift für [X.], [X.], 518) ist auch bei der streng am Wortlaut orientierten Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] gewährleistet, weil vorsätzlich [X.] Verhalten eines jeden Besitzers von unversteuerten Tabakwaren strafrechtlich sanktioniert ist, nämlich im Fall des [X.] in das Steuergebiet nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 [X.] (und nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] als mitbestrafte Nachtat), im Fall des Besitzers, der die Tabakwaren nicht selbst ins Steuergebiet verbringt, aber den Besitz vor Beendigung des [X.] erlangt, über den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] und im Falle eines Besitzers, der den Besitz erst nach Beendigung des [X.] erhält, über den Tatbestand der [X.] (§ 374 Abs. 1 Variante 1, 2 [X.]).

Mit den Strafnormen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 und 3 [X.] und des § 374 Abs. 1 Varianten 1, 2 [X.] wird zwar – zum Schutz desselben Steueranspruchs – unterschiedliches Tatunrecht sanktioniert, nämlich die Verletzung einer eigenen steuerrechtlichen Pflicht des [X.] durch die Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 und 3 [X.]) einerseits und die Perpetuierung des durch den Vortäter geschaffenen steuerrechtswidrigen Zustands durch den Tatbestand der [X.] ([X.], Beschluss vom 9. Juni 2011 – 1 StR 21/11 Rn. 9 [X.]; Urteil vom 7. November 2007 – 5 [X.] Rn. 24) andererseits. Allerdings greifen beide Straftatbestände dergestalt ineinander, dass eine lückenlose strafrechtliche Verfolgung von vorsätzlich steuerrechtswidrigem Verhalten und damit eine effektive Durchsetzung des staatlichen Steueranspruchs gewährleistet ist.

(d) Im vorliegenden Zusammenhang ist der Straftatbestand der [X.] (§ 374 [X.]) aber auch insoweit von Bedeutung, als er bei einer Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] und der die hierfür relevanten [X.]en begründenden Regelungen mit in den Blick genommen werden muss. Eine auch strafrechtlich beachtliche Steuerschuldnerschaft und damit verbundene [X.] über die Tabakwaren bei nahezu jedem Besitz würde den gerade zur Sanktionierung einer Aufrechterhaltung steuerrechtswidriger Besitzlagen geschaffenen Tatbestand der [X.] weitgehend entwerten, weil kaum besitzlose [X.] oder Absatzvorgänge vorstellbar sind. Ein solches Auslegungsergebnis entspräche nicht dem Willen des Gesetzgebers, weil durch eine Entgrenzung des Straftatbestands der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit den Regelungen über die an den Besitz anknüpfenden verbrauchsteuerlichen [X.]en für den Straftatbestand der [X.] mit seinem spezifischen Wertungssystem für steuerbare Gegenstände kein nennenswerter Anwendungsbereich verbliebe. Dieses Ergebnis tritt dann nicht ein, wenn – wie es für die Tabaksteuer der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] nahelegt – der erst nach Beendigung des [X.] erlangte Besitz (in strafrechtlicher Hinsicht) keine Steuerschuldnerschaft begründet und damit allein unter dem Gesichtspunkt der [X.] geahndet wird.

Dabei ist auch dem zu beachtenden Grundsatz der gemeinschaftsfreundlichen Auslegung zwecks effektiver Durchsetzung des Unionsrechts Genüge getan, weil strafrechtlich keine Schutzlücken entstehen. Vor dem Hintergrund der Zielsetzungen der Systemrichtlinie ist es ohne Bedeutung, ob die verbrauchsteuerlichen Pflichten über die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] oder über die [X.] gemäß § 374 [X.] geschützt werden.

[X.]) Die Angeklagten erlangten an den unversteuerten Zigaretten erst nach deren Einlagerung in den Containern Besitz. In Anbetracht der erheblichen Zeit der Lagerung der Zigaretten in den Containern steht dabei außer Frage, dass diese mit dem Abladen in den Containern zur Ruhe gekommen waren und der [X.] beendet war. Die Angeklagten waren daher nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] als Steuerschuldner zur unverzüglichen Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet; eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nicht gegeben.

b) Die Angeklagten haben sich auch nicht wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 [X.] strafbar gemacht. Eine Strafbarkeit der Angeklagten nach dieser Regelung scheidet bereits deshalb aus, weil die Norm nur das pflichtwidrige Unterlassen der Verwendung von Steuerzeichen im Rahmen der Überführung der Tabakwaren in den steuerrechtlich freien Verkehr des Steuergebiets unter Strafe stellt (vgl. Ransiek in [X.], Steuerstrafrecht, 63. Lieferung, § 370 [X.] Rn. 360 f. [X.]; [X.], [X.], 197, 204), wie sich aus dem [X.] der § 17 Abs. 1 Satz 3, § 15 Abs. 1, § 21 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] ergibt, wonach die Steuerzeichen verwendet sein müssen, wenn die Steuer entsteht (§ 17 Abs. 1 Satz 3 [X.]), also mit Überführen in den steuerrechtlich freien Verkehr (§ 15 [X.]), der Einfuhr aus einem Drittland ins Steuergebiet (§ 21 Abs. 1 [X.]) oder dem Verbringen oder Versenden der Tabakwaren in das Steuergebiet (§ 23 Abs. 1 Satz 1 [X.], vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 370 Rn. 391). Die Angeklagten waren am [X.], der mit der Einlagerung in den Containern abgeschlossen war, nicht (vorsätzlich) beteiligt, sondern haben ihre Tatbeiträge in Kenntnis der die Strafbarkeit begründenden Umstände erst nach dessen Beendigung erbracht.

c) Nachdem sich die drei Angeklagten nicht wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht haben, kommt auch eine Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB in Höhe der ersparten Aufwendungen, nämlich der zunächst nicht festgesetzten Tabaksteuer, von vornherein nicht in Betracht (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Juli 2018 – 1 [X.] Rn. 8).

3. Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 2 Satz 1 [X.]. Soweit das Urteil auf die Revision der Staatsanwaltschaft gemäß § 301 [X.] teilweise zu Gunsten des Angeklagten [X.]     abzuändern war, fallen die Kosten des Rechtsmittels ebenfalls der Staatskasse zur Last ([X.]/[X.], [X.], 62. Aufl., § 473 Rn. 15 [X.]).

Raum     

      

Bär     

      

Hohoff

      

[X.]     

      

Pernice     

      

Meta

1 StR 81/18

24.04.2019

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Lübeck, 11. Juli 2017, Az: 6 KLs 4/17

§ 23 Abs 1 S 2 TabStG, § 23 Abs 1 S 3 TabStG, § 370 Abs 1 Nr 2 AO, § 374 Abs 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.04.2019, Az. 1 StR 81/18 (REWIS RS 2019, 7880)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 3167 REWIS RS 2019, 7880

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(Inhaftungnahme für Tabaksteuer: Steuerschuldner kann nicht zugleich Haftungsschuldner gemäß § 71 AO sein)


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