Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2017, Az. XII ZB 260/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 13624

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[X.]:[X.]:BGH:2017:220317BXII[X.]260.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 260/16

vom

22. März
2017

in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1896 Abs. 2 BGB
Ein Betreuer darf nur für [X.] bestellt werden, in denen die Betreuung
erforderlich ist. Für welche [X.] ein Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Be-troffenen zu beurteilen. Dabei genügt es, wenn ein Handlungsbedarf in dem betreffenden Aufgabenkreis jederzeit auftreten kann (im [X.] an [X.] vom 15.
Februar 2017

XII
[X.]
510/16

juris und vom 6.
Juli 2016

XII
[X.]
131/16

FamRZ 2016, 1668).
BGH, Beschluss vom 22. März 2017 -
XII [X.] 260/16 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 22.
März
2017
durch [X.], die
Richter Schilling, Dr.
Günter und Dr.
Botur
und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu
1
wird
der Beschluss der 2.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 25.
April
2016
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert:
5.000

Gründe:
I.
Mit ihrer Rechtsbeschwerde wendet sich die ursprünglich bevollmächtig-te Ehefrau des Betroffenen gegen die Bestellung der Tochter des Betroffenen zur Betreuerin.
Der Betroffene leidet an mittelschwerer Demenz bei rascher Progredienz. Zu einer freien Willensbildung ist der Betroffene krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage. Am 14.
Februar 2014 erteilte der Betroffene
seiner damaligen lang-jährigen Lebensgefährtin, der Beteiligten
zu
1, eine umfassende Vorsorgevoll-1
2
-
3
-

macht, während er zugleich in einer Betreuungsverfügung seine Tochter, die Beteiligte
zu
2, als Betreuerin vorschlug. Ob er damals noch geschäftsfähig war, ist nach dem Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens
sehr zweifelhaft. Am 28.
August 2015 heiratete der Betroffene die Beteiligte
zu
1. Zu diesem Zeitpunkt war er geschäftsunfähig. Die Beteiligte
zu
2 widerrief mit Schreiben vom 18.
September 2015 die Vorsorgevollmacht zugunsten der Be-teiligten
zu
1.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 2.
Dezember 2014 die Beteiligte
zu
2
als Betreuerin mit folgenden [X.]n bestellt: Vermögenssorge; Vertretung gegenüber Behörden/Versicherungen/Renten-
und Sozialleistungs-trägern; Gesundheitsfürsorge; Aufenthaltsbestimmung; Entgegennahme, Öff-nen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen [X.]; Woh-nungsangelegenheiten; Abschluss und Änderung und Kontrolle der Einhaltung eines [X.]; Geltendmachung von Rechten des Betreuten ge-genüber seinem Bevollmächtigten; Widerruf von erteilten Vollmachten. Die da-gegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Hiergegen richtet
sich die
Rechtsbeschwerde, mit der die Beteiligte
zu
1 weiterhin gegen die Einrichtung einer Betreuung für den Betroffenen vorgeht.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist
begründet. Sie
führt
zur Aufhebung der [X.] Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landge-richt.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung aus-geführt, bei der Prüfung der Erforderlichkeit einer Betreuung müsse zwischen 3
4
5
-
4
-

Betreuungsbedürftigkeit und Betreuungsbedarf unterschieden werden. Eine Be-treuung gegen den Willen des Betroffenen setze kumulativ voraus: eine psychi-sche Krankheit oder körperliche, geistige oder seelische Behinderung; das [X.] resultierende Unvermögen, seine Angelegenheiten ganz oder teilweise zu besorgen; Erforderlichkeit der Betreuerbestellung wegen [X.] anderer Hilfen. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Der Betroffene leide an einer zumindest mittelschweren Demenz vom [X.]. Er sei nicht mehr in der Lage, seine Angelegenheiten zu besorgen. Die Vorsorgevollmacht vom 14.
Februar 2014 stehe der Einrichtung einer Betreuung nicht entgegen, weil die Beteiligte
zu
2 die Vorsorgevollmacht am 18.
September 2015 wirksam [X.] habe. Ob der Betroffene bei der Errichtung der Vorsorgevollmacht ge-schäftsunfähig gewesen sei, brauche deswegen nicht abschließend entschie-den zu werden. Die Auslegung des der Beteiligten
zu
2 in der angefochtenen Entscheidung übertragenen [X.]s ergebe zweifelsfrei, dass ihr die Befugnis zum Widerruf der Vorsorgevollmacht ausdrücklich als eigenständiger Aufgabenkreis zugewiesen worden sei.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Gemäß §
1896 Abs.
2 Satz
1 BGB darf ein Betreuer nur für [X.] bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Für welche [X.] ein Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der
konkreten, gegen-wärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen. Dabei genügt es, wenn ein Handlungsbedarf in dem betreffenden Aufgabenkreis jederzeit auftreten kann (vgl. [X.]sbeschlüsse vom 15.
Februar 2017

XII
[X.]
510/16

juris Rn.
18 und vom 6.
Juli 2016

XII
[X.]
131/16

FamRZ 2016, 1668 Rn.
14 mwN).
Das Beschwerdegericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die der Beteiligten zu
1 erteilte Vorsorgevollmacht vom 14.
Februar 2014 der 6
7
8
-
5
-

Erforderlichkeit einer Betreuung nicht entgegensteht, nachdem die Beteiligte zu
2 diese Vollmacht wirksam widerrufen hat (vgl. [X.]sbeschluss [X.], 321 =
FamRZ 2015, 1702). Indessen sind die
bislang getroffenen Feststellun-gen hinsichtlich des
[X.]s
"Geltendmachung von Rechten des Be-treuten gegenüber seiner Bevollmächtigten"
nicht ausreichend.
Soweit das vom Amtsgericht erhobene psychiatrische Sachverständigen-gutachten vom 12.
Januar 2016 ([X.] / Psychi-atrie / Leitender Arzt Priv.-Doz. Dr.

M.

) zu dem Ergebnis kommt, dass der Betroffene bei der Heirat am 28.
August 2015 nicht geschäftsfähig war, hat das Amtsgericht durch gesonderten Beschluss vom 29.
Februar 2016 den Aufgabenkreis der Betreuung hinsichtlich der Stellung eines Antrags auf Eheaufhebung erweitert. Dieser Aufgabenkreis ist vorliegend nicht streitgegen-ständlich.
Weitere Feststellungen zu konkreten Rechten des Betroffenen, die gegenüber der Beteiligten
zu
1 geltend gemacht werden sollen, hat das Be-schwerdegericht nicht getroffen.
b) Kommt das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis, dass die Betreuung zu Recht angeordnet ist, muss es auch die Betreuerauswahl auf ihre Richtigkeit
hin überprüfen
(vgl. [X.]sbeschluss vom 11.
Mai 2016

XII
[X.]
579/15

FamRZ
2016, 1258
Rn.
14). Deshalb hätte sich das Beschwerdegericht
mit dem angespannten Verhältnis zwischen der Tochter und der Ehefrau des Be-troffenen auseinandersetzen
müssen, das durch den Widerruf der [X.] nicht beseitigt worden ist.
Auch fehlen jegliche Feststellungen dazu, ob die Beteiligte
zu
2 geeignet erscheint, die Rechte des Betroffenen zu wahren, nachdem der ungeklärte Vorwurf im Raum steht, sie habe im Zusammenwirken mit ihrem Bruder [X.], Konten des Betroffenen über insgesamt rund 200.000

9
10
11
-
6
-

dieses Geld

ebenso wie insgesamt 20.000

jeweils hälftig auf Konten der Geschwister zu transferieren.
3. Der angefochtene Beschluss kann deshalb keinen Bestand haben.
Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil
das [X.] zunächst die erforderlichen Feststellungen zur Frage des [X.] und der Betreuerauswahl zu treffen haben
wird.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeu-tung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).

Dose

Schilling

Günter

Botur

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.12.2014 -
1 [X.] 123/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 25.04.2016 -
2 [X.]/16 -

12
13
14

Meta

XII ZB 260/16

22.03.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2017, Az. XII ZB 260/16 (REWIS RS 2017, 13624)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13624

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 260/16

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