Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2017, Az. X ZB 19/16

X. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 13328

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:280317BXZB19.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X ZB 19/16
vom
28. März 2017
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 199
62
507.7

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat am
28.
März 2017 durch den Vorsit-zenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter [X.], [X.], Dr.
Deichfuß und die Richterin Dr.
Kober-Dehm
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Patentanmelderin zu
2 wird der [X.] des 8.
[X.]s ([X.]) des Bundes-patentgerichts vom 23.
September 2016 aufgehoben, soweit festgestellt worden ist, dass die Beschwerde der Patentanmelderin zu
2 als nicht erhoben gilt.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

-
3
-
Gründe:
A. Die Prüfungsstelle des Deutschen Patent-
und Markenamts hat die unter dem Aktenzeichen 199
62
507.7 geführte Patentanmeldung, die die Rechtsbe-schwerdeführerin zusammen mit der Patentanmelderin zu
1 eingereicht hat, zurück-gewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die beiden [X.], vertreten durch gemeinsame Verfahrensbevollmächtigte, fristgerecht Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdeschrift, in deren Betreffzeile beide [X.] aufgeführt sind, heißt es:
"Gegen den Beschluss der Prüfungsstelle vom 22. April 2016 wird
Beschwerde
eingelegt.
Die Beschwerdegebühr (Gebührencode Nr. 401
100) in Höhe von EUR
200,00 soll zu Lasten unseres Kontos [es folgt die Angabe der Bankverbindung der Verfahrensbevollmächtigten] eingezogen werden. Ein entsprechendes Formu-lar A
9532 liegt bei."
In dem beiliegenden Formular "Angaben zum Verwendungszweck des Man-dats"
ist das Aktenzeichen der Patentanmeldung angegeben. In der Rubrik "Name des Schutzrechtsinhabers"
ist eingetragen: "A.

,
Ltd. et al."
Das Patentgericht hat beschlossen, dass die Beschwerden als nicht eingelegt gelten. Dagegen richtet sich die vom Patentgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Patentanmelderin
zu
2, mit der sie Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht erstrebt.
B. Die [X.] Zulassung statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbe-schwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, 1
2
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4
-
4
-
soweit festgestellt worden ist, dass die Beschwerde der Patentanmelderin zu
2
als nicht eingelegt gilt, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht.
[X.] Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt [X.]:
Bei einer
Mehrheit von Beschwerdeführern werde
nach Absatz
1 der [X.] zu Teil
B des Gebührenverzeichnisses zum Patentkostengesetz die hier einschlägige Gebühr 401
300 von jedem Beschwerdeführer gesondert erhoben. [X.] dafür, dass die beiden [X.] sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen und deshalb die Gebühr nur einmal zu entrichten hätten, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die nur einfach gezahlte Gebühr in Höhe von 200
Euro könne keiner der beiden Beschwerdeführe-rinnen zugeordnet werden. Aus der Beschwerdeschrift, die beide [X.] gleichrangig in der Betreffzeile anführe, ergebe sich, dass beide Beschwerdeführe-rinnen seien. Auch die Angaben im Formular des [X.] keine Zuordnung. Der Sachverhalt unterscheide sich von demjenigen, der der Entscheidung "[X.]"
des [X.] zugrunde lag, dadurch, dass in diesem Formular nicht nur eine der beiden [X.] aufgeführt sei. Vielmehr seien durch die Verwendung des abkürzenden Zusatzes "et
al."
beide genannt.
I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Das Patentgericht hat zutreffend angenommen, dass beide [X.] Beschwerde eingelegt haben und deshalb nach Absatz
1
der Vorbemerkung zu Teil
B des Gebührenverzeichnisses zum Patentkostengesetz für jede von ihnen eine Gebühr nach Nr.
401
300 in Höhe von 200
Euro zu entrichten war.
Für den Fall, dass mehrere Patentinhaber gegen eine Entscheidung des Deutschen Patent-
und Markenamts im Einspruchsverfahren Beschwerde einlegen, hat der [X.] bereits entschieden, dass die Beschwerdegebühr (Gebüh-5
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8
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5
-
renverzeichnis zum Patentkostengesetz Nr.
401
100) für jeden Beschwerdeführer zu entrichten ist ([X.], Beschluss
vom 18. August 2015

[X.], [X.], 1255

[X.]).
Für die Beschwerde mehrerer
Patentanmelder gegen einen Beschluss der Prüfungsstelle des Deutschen Patent-
und Markenamts (Gebührenverzeichnis Nr.
401
300) gilt

entgegen der Auffassung des 23.
[X.]s des [X.] (Beschlüsse vom 7.
Juni 2016

23
W
[pat]
15/14, [X.]. 2016, 525, und 23
W
[pat]
18/14, juris)

nichts anderes. Die Regelung in Absatz
1 der Vorbemer-kung zu Teil
B des Gebührenverzeichnisses lässt klar erkennen, dass die dort aufge-führten Gebühren für Beschwerdeverfahren vor dem [X.] für jeden Antragsteller gesondert erhoben werden. Zweifel hieran ergeben sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien. Soweit in der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des [X.] die Regelung in Absatz
1 der neu eingeführten Vorbemerkung zu Abschnitt
B
dahin erläutert wird, in allen Beschwerdeverfahren
sollten
die Gebühren

ebenso wie im patentamtlichen Verfahren

von jedem Verfahrensbeteiligten erhoben werden
(BT-Drucks. 16/735,
S.
17, rechte Spalte oben),
bezieht sich dies, wie sich aus dem nachfolgenden Verweis auf die Begründung zur Vorbemerkung zu Teil
A des [X.] ergibt, nicht auf alle Gebührentatbestände von Teil
A, sondern nur auf bestimmte,
in Absatz
2 dieser Vorbemerkung aufgeführte Gebühren, etwa für das Einspruchsverfahren nach §
59 Abs.
1 und 2 [X.] oder das [X.] nach §
16 GebrMG.
Die vom 23. [X.] des [X.]s
für seinen Standpunkt angeführ-ten verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer, öffentlicher Leis-tungen dem Gebührenschuldner auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in [X.] an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. Innerhalb seiner jeweiligen Regelungskompetenz verfügt der Gebührengesetzgeber aus der Sicht des Grundgesetzes über einen weiten Entscheidungs-
und Gestaltungsspiel-10
11
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-
raum. Materiell-verfassungsrechtliche Grenzen einer Gebührenregelung können sich aus den Grundrechten ergeben, insbesondere aus dem Gleichheitsgrundsatz sowie aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei sind alle mit
einer Gebührenrege-lung verfolgten, verfassungsrechtlich zulässigen Zwecke als Abwägungsfaktoren in die Verhältnismäßigkeitsbetrachtung einzubeziehen. Aus Art.
3

Abs.
1
GG folgt, dass Gebühren nicht völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen
Staatsleistung festgesetzt werden dürfen und die Verknüpfung zwischen den Kosten der staatlichen Leistung und den dafür auferlegten Gebühren sich nicht in einer [X.] gestalten darf, die sich, bezogen auf den Zweck der gänzlichen oder teilweisen Kostendeckung, unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt als sachgemäß erweist. Darüber hinaus gebietet der Gleichheitsgrundsatz, bei gleichartig beschaffenen Leis-tungen die [X.] und -sätze in den Grenzen der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit so zu wählen und zu staffeln, dass sie unterschiedlichen Ausmaßen in der erbrachten Leistung Rechnung tragen ([X.] 50, 217, 226
f.).
Diese Grundsätze gelten auch für die Bemessung von Gebühren zur Abdeckung von [X.]. Danach muss der Gesetzgeber die Auswahl der gleich oder ungleich zu behandelnden Sachverhalte sachgerecht treffen ([X.]
115, 389; [X.], [X.] vom 6.
Mai 2014

X
ZB
11/13, [X.], 710 Rn.
21

Prüfungsgebühr). Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die [X.] vergleichs-weise niedrig sind und die Beteiligung mehrerer Personen auf einer Seite einen ge-wissen Mehraufwand
des Gerichts
verursachen kann, ist die Regelung in Absatz
1 der Vorbemerkung zu Teil
B des Gebührenverzeichnisses verfassungsrechtlich un-bedenklich.
2. Zu Recht beanstandet die Rechtsbeschwerde jedoch die Annahme des Pa-tentgerichts, die durch Erteilung eines [X.] innerhalb der Beschwerdefrist fristgerecht (§
2 Nr.
4 PatKostZV) gezahlte einfache Beschwerdege-bühr könne nicht der Patentanmelderin zu
2 zugeordnet werden.
a) In den Fällen, in denen bei einer Beschwerde mehrerer Beteiligter die [X.] nur einer Gebühr unzureichend ist, weil das Gesetz vorsieht, dass die Gebühr 12
13
-
7
-
für jeden Antragsteller gesondert erhoben wird, ist zu
prüfen, ob die entrichtete [X.] zumindest einem der Beschwerdeführer zugeordnet werden kann ([X.],
[X.], 1255 Rn.
17

[X.]). Hängt die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht nur von der Einzahlung einer Gebühr ab, sondern wird

wie hier aufgrund der Regelung in §
6 Abs.
2 PatKostG

ohne Weiteres gesetzlich die Nichtvornahme des entsprechenden Rechtsbehelfs fingiert, wenn die Gebühr nicht innerhalb der vorgesehenen Frist entrichtet wird, ist es zur Vermeidung unzumutba-rer Härten geboten, den Versuch zu unternehmen, die geleistete einfache Gebühr einem der Beschwerdeführer zuzuordnen, um zumindest diesem den Zugang zu [X.] sachlichen Prüfung seines Anliegens zu eröffnen. Um eine mit dem Rechtsstaat-lichkeitsgebot
unvereinbare Erschwerung des Zugangs zu einer gerichtlichen Instanz zu vermeiden, darf hierbei kein strenger Maßstab angelegt werden.
b) Dies hat das Patentgericht im Ansatz zutreffend erkannt. Jedoch trifft seine Auffassung nicht zu, nach dieser Maßgabe könne die entrichtete einfache Gebühr der Patentanmelderin
zu
2
nicht zugeordnet werden.
Nicht anders als in dem der Entscheidung "[X.]"
zugrundeliegenden Fall weist das Formular über das SEPA-Lastschriftmandat auch hier in der Rubrik "Name des Schutzrechtsinhabers"
die Unternehmensbezeichnung der Patentanmelderin zu
2 auf. Der Umstand, dass ihr der Zusatz "et al."
nachgestellt worden ist, steht der Schlussfolgerung, dass die Beschwerdegebühr zu ihren Gunsten entrichtet worden ist, nicht entgegen. Bei der gebotenen wohlwollenden, am erkennbaren [X.] orientierten Aus-legung der in dem SEPA-Lastschriftmandat liegenden Erklärung kann diese als Hin-weis darauf verstanden werden, dass die mit der Beschwerde weiter verfolgte [X.] nicht nur von der Anmelderin zu
2, sondern auch von weiteren Per-sonen eingereicht wurde.
3. Damit kann die Entscheidung des Patentgerichts insoweit keinen Bestand haben, als es festgestellt hat, dass die Beschwerde der Patentanmelderin zu
2 als nicht eingelegt gilt. Da dem [X.] eine eigene Sachentscheidung verwehrt ist (§
108 Abs.
1 [X.]), ist die Sache im Umfang der Aufhebung an das Patentgericht zurück-14
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8
-
zuverweisen. Eine mündliche Verhandlung hat der [X.] nicht für erforderlich gehal-ten.
Meier-Beck
[X.]
Bacher

Deichfuß
Kober-Dehm
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 23.09.2016 -
8 W(pat) 14/16 -

Meta

X ZB 19/16

28.03.2017

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2017, Az. X ZB 19/16 (REWIS RS 2017, 13328)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13328

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