Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2018, Az. 5 StR 595/17

5. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11001

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:110418U5STR595.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VO[X.]ES

URTEIL
5 StR 595/17

vom
11. April 2018
in der Strafsache
gegen

wegen versuchten Betruges

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Der 5.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 11. Ap-ril
2018, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer

als Vorsitzender,

Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. König,
Dr. Berger,
Prof. Dr. Mosbacher

als beisitzende Richter,

[X.]

als Vertreter des
[X.]s,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten ge-gen das Urteil des [X.] vom 11. Au-gust
2017 werden verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Ausla-gen fallen der Staatskasse zur Last.

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Von Rechts wegen
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Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Betruges zu [X.] Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Hiergegen richten sich die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrem Rechtsmittel, das insoweit vom [X.] vertreten wird, insbesondere die Beweiswürdigung im Hinblick auf den mit der Anklage erho-benen Vorwurf des Versuchs der Beteiligung am Mord.
Die Revisionen haben keinen Erfolg.
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I.
Nach den Feststellungen des [X.]s reiste der 39 Jahre alte An-geklagte, dessen Familie in [X.] lebt und

ebenso wie die Führungsspit-ze des [X.]

der ismailitischen Religionsgemeinschaft angehört, als [X.] Flüchtling 2014 nach [X.] ein. Während seines Aufent-halts in einer Flüchtlingsunterkunft fiel er wiederholt dadurch auf, dass er sich ndig zurück-zahlte, um seinen Lebensunterhalt aufzubessern. Auch zahlten Mitglieder der Familie seiner damaligen Verlobten an den Angeklagten und an einen seiner Bekannten Geldbeträge, ohne dass die hierfür von ihm versprochenen [X.] erbracht wurden. Weil ihre Familie deshalb den Glauben an seine Ehrlichkeit verloren hatte, löste seine Verlobte etwa Anfang Oktober 2016 die Verlobung mit dem Angeklagten auf. Sie blieben jedoch weiterhin in Kontakt, wobei er sich bemühte, ihre Gunst zurückzugewinnen. So stellte er ihr Ende Dezember 2016 in Aussicht, dass er nach [X.] 2017 zu Geld kommen und ihr Geschenke machen werde.
Zuvor hatte der Angeklagte am 18. Dezember 2016 zunächst in seinen frei zugänglichen Facebook-Account eine Grafik eingestellt, auf der in [X.]-
-Chatplattform Kontakt mit mehreren Adressaten auf, bei denen er davon aus-ging, dass sie islamistischen Terrororganisationen angehörten. Um den typi-schen Sprachgebrauch salafistischer Islamisten kennenzulernen und sich an-zueignen, hatte er vorher islamistische Webseiten frequentiert. Eine seiner in-haltsgleichen Nachrichten sandte er an einen

Al.

, dessen 3
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Angeklagten war nicht bekannt, dass Al.

einige Wochen zuvor getötet worden war und die Zugangsdaten von dessen Chat-Account in die Hände des [X.] Oppositionellen Al-N.

geraten waren. Dieser gab sich online als Al.

aus und verfolgte die Absicht, möglichst viele [X.] ausfindig zu machen und an zuständige Behörden zu melden. Der Angeklagte stellte sich in seiner Nachricht als in [X.] wohnender Chemieingenieur und An-

Unter dem Namen Al.

s bekundete Al-N.

grundsätzliches In-teresse und erkundigte sich unter dem Vorwand, der [X.] müsse die Ernsthaf-tigkeit des Anliegens des Angeklagten überprüfen, nach dessen Identität. Am nächsten Tag erläuterte ihm der Angeklagte seinen angeblichen [X.]: Er werde Autos derselben Marke wie Polizeifahrzeuge kaufen und sie entspre-chend lackieren lassen. Sodann werde er sie mit 400 bis 500 kg (einer nicht näher bezeichneten Substanz) beladen und mit Gefolgsleuten auf Orte in [X.], [X.], [X.] und [X.] verteilen. Jedes Auto koste 22.500 Euro, die acht Autos würden 180.000 Euro kosten. Als Mujaheddin könnten sie dieses Projekt nicht alleine durchführen und suchten nach einem Unterstützer. Er müsse als Chemiker an verschiedenen Orten einkaufen und sich deshalb sehr beeilen, da der Plan in zehn Tagen durchgeführt werden müsse.
Zum Zeitpunkt dieser Mitteilung

und auch später

hatte der [X.] keine der von ihm behaupteten konkreten Tatvorbereitungen getroffen oder in Auftrag gegeben. Er hatte auch keine Absicht, den von ihm übermittelten [X.] auszuführen. Stattdessen wollte er das Geld zumindest größtenteils für 5
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eigene Belange verbrauchen. Da seine Familie sich im Machtbereich des [X.] in [X.] aufhielt, wähnte er sie sicher vor möglichen [X.] des [X.].
Während der folgenden zwölf Tage stand der Angeklagte mehrmals mit dem als Al.

auftretenden Al-N.

in Kontakt und unterbreitete ihm weitere Einzelheiten des angeblichen [X.]s. So bat er im Namen einer an-geblichen Mittäterin um Erlaubnis, dass sie zum Erwerb des Sprengstoffs ihre Verschleierung ablegen dürfe. In einer Vielzahl von Nachrichten an den
Account Al.

s drängte er mit zunehmendem Zeitablauf
immer nach-drücklicher auf die Zahlung des ihm in Aussicht gestellten Geldes für seine an-b-nis er über 1.000 Opfer in Aussicht stellte. Auf Verlangen Al-N.

s [X.] er ihm unter anderem seine Mobiltelefonnummer sowie Fotos seiner Kran-kenkassenkarte und seines Aufenthaltstitels zur Verfügung, um zu beweisen, dass er eine reale Person sei und sich in [X.] aufhalte.
Al-N.

kündigte dem Angeklagten an, ihn an einen für finanzielle Fra-gen zuständigen Funktionär des [X.] weiterzuleiten, dessen [X.] er ebenfalls betrieb. In dieser Rolle sagte er ihm bei einem Videotelefonat grundsätzlich die Zahlung des erbetenen Geldes zu. Um ihn weiter hinzuhalten, schlug er dem Angeklagten ein persönliches Treffen in [X.] zur [X.] vor, bei dessen Organisation er in der Folgezeit wiederholt [X.] und Schwierigkeiten vortäuschte. Währenddessen wendete sich
Al-N.

en [X.] Oppositionspolitiker mit Kontakten zu [X.]. Ihm stellte er seine Kenntnisse über den [X.] zwecks Übergabe an [X.] Behörden zur Verfügung. Am 31. [X.] wurde der Angeklagte daraufhin festgenommen.
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II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
1. Die Beweiswürdigung des [X.]s hält

eingedenk des [X.] revisionsrechtlichen [X.] (vgl. [X.], Urteile vom 2.
Dezember 2005

5 [X.], [X.], 925, 928; vom 18. Septem-ber
2008

5 [X.], [X.], 401, 402; vom 24. März 2015

5 StR 521/14, [X.], 178, 179, und vom 2. November 2017

3 [X.]/17 mwN)

rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Angesichts des Geständnisses des

im Übrigen in der Hauptverhand-lung schweigenden

ü-r-ten Beweismittel auch zur inneren Tatseite begegnet es keinen durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken, dass das [X.] die insoweit ebenfalls geständige Einlassung des Angeklagten im Ermittlungsverfahren lediglich zu-sammengefasst und an mehreren Stellen des Urteils wiedergegeben hat (vgl. [X.], Beschluss vom 30. Juli 1999

3 [X.], [X.]R StPO § 267 Abs. 1 Satz 2 Einlassung 1; für den Fall eines Freispruchs Urteile vom 1. April 1992

2 [X.], [X.]R StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 8, und vom 20. Febru-ar
2013

1 StR 320/12, [X.] 2013, 230, 231). Soweit der [X.] die Mitteilung des genauen Wortlauts der Einlassung des Angeklagten im Ermittlungsverfahren vermisst, wird dies von der Rechtsprechung des [X.] für die sachlich-rechtliche Überprüfung eines Urteils nicht [X.]. Hiervon abzuweichen besteht kein Anlass.

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b) [X.] ist der Einlassung des Angeklagten auch nicht [X.] gefolgt. Vielmehr hat sie ausführlich dargelegt, dass die Ermittlungen keine Hinweise auf tatsächlich geplante Anschläge ergeben haben. Auch hat sie die anfängliche Behauptung des Angeklagten, er habe das Geld zur Finanzierung einer Operation seines kranken Vaters
in [X.] benötigt, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise unter anderem aufgrund der Aussage seiner früheren Verlobten
als widerlegt angesehen, er habe ihr Geschenke versprochen und angekündigt, nach [X.] zu Geld zu kommen.
c) Im Zusammenhang mit der Feststellung des [X.]s, es sei kein Ereignis im Leben des Angeklagten zu verzeichnen, das eine radikale Abwen-dung insbesondere von der eigenen Familie erklärbar machen würde, lässt die Beweiswürdigung entgegen dem [X.] auch eine Auseinander-setzung mit der am 18. Dezember 2016 eingestellten Grafik nicht vermissen. [X.] hat sich darüber hinaus mit einem möglichen Hintergrund von Nachrichten e.

e-setzt, die auf dem Mobiltelefon des Angeklagten nach seiner Festnahme ein-gingen und in denen ihm unter anderem angekündigt wurde, er werde es be-reuen, wenn das Geld nicht da sei. Hierzu hat sie

rechtsfehlerfrei

ausge-führt, dass es angesichts der zahlreichen Personen, die von ihm in der Vergan-genheit betrogen oder übervorteilt worden seien, ein naheliegendes Motiv für .

e-schuldet hätte ([X.]).
d) Auch gegen die vom [X.] vorgenommene Gesamtschau der maßgeblichen Umstände insbesondere zur inneren Tatseite ist nichts zu erin-nern. Seine daraus gezogenen Schlüsse sind als jedenfalls möglich revisions-rechtlich hinzunehmen.
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2. Nach den [X.] Feststellungen hat sich der Angeklagte nicht nach § 30 i.V.m. § 211 StGB strafbar gemacht.
a) Eine versuchte Anstiftung des vermeintlichen [X.]-Kontaktmanns im Sinne von § 30 Abs. 1 StGB

etwa hinsichtlich einer
mittäterschaftlichen Bege-hung von Terroranschlägen

würde voraussetzen, dass der Angeklagte auch hinsichtlich einer Vollendung dieser Taten zumindest mit Eventualvorsatz ge-handelt hat (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juni 1998

3 [X.], [X.]St 44, 99, 101). Vorliegend wollte der Angeklagte, von dessen eigenem Verhalten die Verwirklichung des angeblichen Terrorplans abhing (vgl. zu diesem Aspekt [X.] in [X.], 12. Aufl., § 30 Rn. 21 f. und 63 mwN), dessen [X.] hingegen gerade nicht.
b) Es liegt
auch kein Fall des § 30 Abs. 2 StGB vor.
aa) Die bloße Kundgabe, ein Verbrechen begehen zu wollen, erfüllt den Tatbestand des § 30 Abs. 2 [X.]. 1 StGB nicht. Vielmehr muss die Erklärung darauf gerichtet sein, sich gegenüber dem Adressaten zu binden, sei es in Form der Annahme einer von diesem stammenden Aufforderung, sei es in Form eines aktiven Sicherbietens diesem gegenüber in der Erwartung, dass er dem [X.] zustimmen werde. Diese beabsichtigte Selbstbindung macht es erforderlich, dass die Erklärung ernsthaft ist (vgl. [X.], Beschluss vom 17.
Dezember 2014

StB 10/14, [X.], 455 mwN). Daran fehlt es hier.
[X.]) [X.] nach § 30 Abs. 2 [X.]. 3 StGB setzt voraus, dass mindestens zwei Beteiligte tatsächlich zur Tatbegehung
ent-schlossen sind (vgl. [X.], Beschluss vom 23. März 2017

3 [X.], NJW
2017, 2134). Auch dies war nach den Feststellungen nicht der Fall.
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III.
Da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund des Rechtsmit-tels des Angeklagten auch keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat, ist seiner Revision ebenfalls der Erfolg zu versagen. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
Das [X.] hat die Tat zu Recht als versuchten Betrug zum Nach-teil des [X.] gemäß § 263 Abs. 1 und 2, §§ 22, 23 StGB
gewertet. Es hat dabei den vom Vorsatz des Angeklagten erfassten Eintritt einer Schädigung des [X.] der Terrororganisation als Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB angesehen und insoweit eine normative Einschränkung des Rechtsgüterschutzes
abgelehnt. Diese Wertung steht im Einklang mit der stän-digen Rechtsprechung zum wirtschaftlichen Vermögensbegriff (vgl. zuletzt [X.], Urteile vom 22. September 2016

2 StR 27/16, [X.]St 61, 263, 264, und vom 16. August 2017

2 [X.] mwN). Allein der Gesetzeszweck des §
89c StGB, [X.] an Terrororganisationen zu verhindern, gibt keinen Anlass, den Vermögensbegriff bei § 263 StGB einzuschränken. Abgesehen da-von, dass § 89c StGB hier schon tatbestandlich nicht in Betracht kommt, hat sich der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Strafvorschrift entgegen dem [X.] der Staatsanwaltschaft mit der Frage der Reichweite des [X.] nach § 263 StGB
nicht befasst (vgl.
BT-Drucks.
18/4087, [X.]). Die Rechtsordnung
kennt
im Bereich der
Vermögensdelikte
allgemein kein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder

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Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen (vgl. [X.], Urteile vom 17. November 1955

3 [X.], [X.]St 8, 254, 256 und vom 26. Okto-ber
1998

5 [X.], [X.]R StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 42). Hieran hält der Senat fest.
Mutzbauer [X.] König

Berger

Mosbacher

Meta

5 StR 595/17

11.04.2018

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2018, Az. 5 StR 595/17 (REWIS RS 2018, 11001)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11001

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

5 StR 595/17

5 StR 521/14

1 StR 320/12

3 StR 260/16

2 StR 27/16

2 StR 335/15

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