Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2006, Az. VI ZR 337/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2957

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[X.]IM NAMEN DES VOL[X.]ES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 27. Juni 2006 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 68; [X.] § 843 Zur [X.]ongruenz von Leistungen des Sozialhilfeträgers gemäß § 68 [X.] zu Ersatz-ansprüchen des Geschädigten wegen vermehrter Bedürfnisse nach § 843 [X.].
[X.], Urteil vom 27. Juni 2006 - [X.]/04 - OLG Frankfurt a.M.

LG Frankfurt a.M.
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], Pauge und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 3. November 2004 wird auf seine [X.]osten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der [X.]läger erlitt am 20. März 1987 als Radfahrer einen Verkehrsunfall, bei dem er schwer verletzt wurde. Er ist seitdem von der Schulter abwärts [X.]. Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin des [X.] des unfallbeteiligten [X.]. Sie hat sich durch Vergleich verpflichtet, die materiellen Schäden des [X.] mit einer Haftungsquote von 50 % im Rahmen der vereinbarten Deckungssumme zu ersetzen. Im Streit sind noch Ansprüche des [X.] auf Ersatz unfallbedingter Mehraufwendungen. Sein Pflegebedarf beträgt täglich 17 Stunden und besteht aus sechs Stunden pflegerischer Hilfe, vier Stunden Hauswirtschaftshilfe und sieben Stunden Betreuungs- und Beglei-tungstätigkeit. Der [X.]läger bezieht Pflegegeld und Sozialhilfeleistungen (Hilfe zur Pflege und Hilfe in besonderen Lebenslagen) in Höhe von 21.096,46 • pro Vier-teljahr. Damit wird ein Pflegebedarf von täglich elf Stunden abgedeckt. Die verbleibenden sechs Stunden macht der [X.]läger als nächtlichen Pflegebedarf geltend, wobei er einen Stundensatz von 17,90 • zugrunde legt. 1 - 3 - Das [X.] hat der [X.]lage in vollem Umfang stattgegeben. Die Beru-fung der Beklagten hatte teilweise Erfolg. Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstrebt der [X.]läger die Wiederherstellung des landge-richtlichen Urteils. 2 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die 17 Stunden unfallbedingten Mehrbedarfs bildeten eine einheitliche Schadensposition "Pflegebedarf". Das Pflegegeld und die Sozialhilfeleistungen seien mit den Ersatzansprüchen des [X.] wegen vermehrter Bedürfnisse kongruent. Diese seien deshalb gemäß § 116 [X.] auf den Sozialversicherungsträger und den Sozialhilfeträger übergegangen. Deren Leistungen seien im Wege einer Gesamtbetrachtung un-ter Berücksichtigung der Mithaftungsquote von 50 % zur Hälfte anzurechnen. Die vom [X.]läger vorgenommene Aufspaltung des Pflegebedarfs in nächtlichen, von der Pflegeversicherung und dem Sozialamt nicht ersetzten Pflegebedarf von sechs Stunden einerseits und ersetzten Pflegebedarf von elf Stunden tags-über andererseits verbiete sich. § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.] stehe dem [X.] auch nicht hinsichtlich der erst mit Wirkung ab 1. Januar 1989 geschaffe-nen Ansprüche auf häusliche Pflegehilfe gemäß §§ 53 ff. [X.] entgegen, denn für die Beurteilung der Sozialhilfebedürftigkeit sei auf den Zeitpunkt des Schadensereignisses abzustellen, der hier deutlich vor Einführung dieser [X.] liege. 3 - 4 - I[X.] 4 Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revi-sion im Ergebnis stand. 5 1. Das Berufungsgericht nimmt mit Recht an, dass auf die Ansprüche des [X.] auf Ersatz seines hälftigen behinderungsbedingten Mehrbedarfs gemäß § 843 Abs. 1 [X.], § 3 [X.] die Leistungen des Sozialhilfeträgers und des [X.] zu 50 % anzurechnen sind, soweit diese Leis-tungen sachlich und zeitlich damit kongruent sind. Insoweit sind die Ansprüche des [X.] nämlich gemäß § 116 Abs. 1 und 3 Satz 1 [X.] auf den [X.] und den Sozialversicherungsträger übergegangen ("relative Theorie", vgl. Senatsurteil [X.] 146, 84, 89; [X.], [X.], § 116, Rn. 24; BT-Drucks. 9/1753, 44). a) Dabei begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das [X.] den gesamten behinderungsbedingten Mehrbedarf des [X.] als eine einheitliche Schadensposition ("Pflegebedarf") im Sinne von § 843 [X.] bewertet. Entgegen der Auffassung der Revision ist auch nicht erkennbar, dass der Sozialhilfeträger und der Sozialversicherungsträger (Pflegeversicherung) dem [X.]läger Leistungen gewähren, die zu seinem behinderungsbedingten Mehrbedarf nicht kongruent sind. 6 [X.]) Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, dass die Leistungen zur Pflegehilfe aus §§ 53 ff. [X.] (nunmehr §§ 14 ff. [X.]I) kongruent sind mit den Ansprüchen des Geschädigten auf Erstattung seiner vermehrten Be-dürfnisse (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile [X.] 146, 108, 110 f.; 134, 381, 384; vom 3. Dezember 2002 - [X.] ZR 142/02 - VersR 2003, 267 und vom 8. Oktober 1996 - [X.] ZR 247/95 - [X.], 1565). Das gilt in gleicher Weise für die vom Sozialhilfeträger erbrachten Leistungen der [X.] nach dem 7 - 5 - Bundessozialhilfegesetz (vgl. Senatsurteile [X.] 150, 94, 99; 133, 192, 197; siehe auch [X.] 131, 274, 281; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., [X.]. 74, Rn. 33, 34) und die als "Hilfe in besonderen Lebenslagen" gewährten Sozialhilfeleistungen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2002, Vorb. zu §§ 27 ff., Rn. 1). 8 [X.]) Zwar ist der Revision zuzugeben, dass im Wege einer Gesamtbe-trachtung nicht unterschiedslos alle aufgrund des Versicherungsfalls ausgelös-ten, vom Gesetzgeber angeordneten und vom Leistungsträger erbrachten Sozi-alleistungen ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer [X.]ongruenz angerechnet werden können. Da nur solche Ersatzansprüche des Geschädigten auf den [X.] und den Sozialversicherungsträger übergehen, die zum Ausgleich desselben Schadens bestimmt sind wie deren Leistungen, ist eine Anrechnung auch nur in diesem Umfang möglich (vgl. Senatsurteile [X.] 151, 210, 213 f.; 116, 260, 263 f.; 89, 14, 20 f.; vom 4. Mai 1982 - [X.] ZR 175/80 - [X.], 767, 768 und vom 24. Februar 1981 - [X.] ZR 154/79 - VersR 1981, 477, 478; [X.], [X.], 293, 296 f.; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 249, Rn. 477). Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vorliegend alle in Rede stehenden Leistungen kongruent sind mit denjenigen der Schadensgruppe vermehrter Bedürfnisse gemäß § 843 [X.], begegnet die hälftige Anrechnung aller Leistungen auf diesen Ersatzanspruch des [X.] keinen Bedenken. Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Revision, der [X.]läger [X.] einen Anspruch auf sechs Stunden nächtliche Pflegeleistung geltend, für die er gerade keine Sozialhilfe erhalte, so dass insoweit auch keine Anrechnung erfolgen könne. Es mag sein, dass der [X.]läger die Geldbeträge, die er an [X.] und Sozialhilfeleistungen für einen Pflegebedarf von elf Stunden täglich erhält, vollständig dazu verwendet, seinen tagsüber anfallenden [X.] - 6 - darf sicherzustellen, so dass ihm davon keine Mittel mehr verbleiben, mit denen er auch seinen nächtlichen Betreuungsbedarf finanzieren könnte. Entgegen der Auffassung des [X.] handelt es sich bei der nächtlichen Betreuung indessen nicht nur um Pflegeleistungen, denn nach den Feststellungen des Berufungsge-richts verteilt sich sein Anspruch auf sechs Stunden Pflegeleistung über den gesamten Tag. Mit den Leistungen des Sozialhilfeträgers (Pflegegeld und Hilfe zur Pflege in besonderen Lebenslagen) sollen sowohl Pflege- als auch [X.] abgegolten werden. Die Hilfe zur Pflege nach § 68 [X.] erfasst nach § 68 Abs. 5 [X.] nämlich nicht nur [X.]örperhygiene, Nahrungsauf-nahme und Mobilität (personenbezogene Verrichtungen), sondern auch haus-wirtschaftliche Verrichtungen ([X.]/[X.], [X.], § 68 Rn. 8; Oestreicher/Schelter/[X.]/Decker, [X.], Stand 1. Juni 2003, § 68 Rn. 10 ff.; [X.], [X.], 272, 274) und Verrichtungen zur Sicherung des [X.] Le-bens (Oestreicher/Schelter/[X.]/Decker, [X.]O, § 68 Rn. 13; [X.], [X.] 2003, 153, 155; [X.], [X.]O). Sie differenziert bei der Zahlung nicht zwischen Pflegebedarf, Haushaltshilfe und Betreuungsbedarf und entgegen der [X.] des [X.] auch nicht zwischen nächtlicher Pflege und solcher am Tag. Daher sind in den abgedeckten elf Stunden anteilig Pflege-, Betreuungs- und Haushaltsstunden enthalten, so dass auch die nicht abgedeckten [X.] eine [X.]ombination dieser unterschiedlichen Arten des Bedarfs enthalten müssen. Bei dieser Sachlage begegnet die vom Berufungsgericht vorgenom-mene Gesamtbetrachtung (Ermittlung des Gesamtbetrages einer Schadens-gruppe - hier der vermehrten Bedürfnisse - sowie anteilige Anrechnung der ge-samten kongruenten Sozialleistungen zur Ermittlung des Differenzbetrages) keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. [X.]/[X.], [X.]/3, [X.]. [X.], [X.] § 116 Rn. 34). b) Mit Recht - und von den [X.]en auch nicht in Zweifel gezogen - nimmt das Berufungsgericht an, dass der Anspruch des [X.] gegen die [X.] - 7 - klagte auf Ersatz seines hälftigen unfallbedingten Mehrbedarfs im Umfang von 50 % der kongruenten Leistungen auch des Sozialhilfeträgers bereits im Zeit-punkt des Unfalls am 20. März 1987 auf diesen übergegangen ist. 11 [X.]) Soweit es um einen Träger der Sozialversicherung geht, findet der in § 116 Abs. 1 [X.] normierte [X.] in aller Regel bereits im Zeitpunkt des Schaden stiftenden Ereignisses statt, da aufgrund des zwischen dem Geschädigten und dem Sozialversicherungsträger bestehenden Sozialver-sicherungsverhältnisses von vornherein eine Leistungspflicht in Betracht kommt (vgl. dazu Senatsurteile [X.] 19, 177, 178 und vom 17. April 1990 - [X.] ZR 276/89 - [X.], 1028, 1029; [X.] [X.] 48, 181, 186 f.). [X.]nüpfen hingegen Sozialleistungen, wie dies beim Sozialhilfeträger (oder auch bei der [X.], etwa bei Rehabilitationsleistungen) der Fall ist, nicht an das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses an, sondern an gänz-lich andere Voraussetzungen, so muss das besondere Band des [X.], dessen Vorliegen beim Sozialversicherungsträger [X.] schon im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses die Grundlage für den Forderungsübergang bietet, durch andere Umstände ersetzt werden, die auf die Pflicht zur Erbringung von Sozialleistungen schließen lassen. Erforderlich ist daher für den Rechtsübergang auf diese Leistungsträger, dass nach den [X.] Umständen des jeweiligen Einzelfalls Sozialleistungen durch sie [X.] in Betracht zu ziehen sind (vgl. im einzelnen Senatsurteile [X.] 133, 129, 134; 132, 39, 44; 131, 274, 278; 127, 120, 126). Je nach der gegebenen tat-sächlichen Sachlage kann sich daher der [X.] auf den [X.] bereits im Unfallzeitpunkt, möglicherweise aber auch erst erheblich später vollziehen. [X.]) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen [X.] kann nicht zweifelhaft sein, dass im vorliegenden Fall mit der [X.] - 8 - pflicht des Sozialhilfeträgers im dargestellten Sinne bereits im Unfallzeitpunkt ernsthaft zu rechnen war. Aufgrund der Schwere der Verletzungen des [X.], insbesondere der Tatsache, dass er seit dem Unfall von der Schulter abwärts querschnittgelähmt ist, bestand von vornherein die nahe liegende Gefahr, dass er zum Pflegefall werden könnte. Im Hinblick auf sein jugendliches Alter zum Unfallzeitpunkt und seine damals nicht abgeschlossene Ausbildung war abzu-sehen, dass, sollte auf Dauer eine pflegerische Versorgung nötig werden, [X.] letztlich nur die Finanzierung durch einen Sozialhilfeträger in Betracht [X.] würde. Regelungen zur gesetzlichen Pflegeversicherung bestanden zum Unfallzeitpunkt noch nicht. 2. Im Ergebnis ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsge-richt habe das Bestehen einer Einzugsermächtigung des [X.] unberücksich-tigt gelassen, aus der sie eine [X.]lageerweiterung ableiten will. 13 a) Richtig ist, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats der Geschädigte trotz des Übergangs seines Anspruchs auf den Sozialhilfeträ-ger gegenüber dem Schädiger auch weiterhin zur Einforderung der Schadens-ersatzleistung befugt bleibt (Senatsurteile [X.] 133, 129, 135; 131, 274, 283 f. und vom 2. Dezember 2003 - [X.] ZR 243/02 - NJW-RR 2004, 595, 596 f.; vgl. auch [X.], Urteil vom 10. Oktober 2002 - [X.]/01 - NJW 2002, 3769, 3770). Das Zusammenspiel der Vorschriften des § 116 [X.] und des § 2 [X.] begründet für ihn eine dahingehende Einziehungsermächtigung. Der Normzweck des § 116 Abs. 1 [X.], durch den Regress beim Schädiger eine Entlastung der öffentlichen [X.]assen zu erzielen, und das an den Geschädigten gerichtete Anliegen des § 2 [X.], durch eigene Realisierung von Ansprüchen gegen Dritte eine Inanspruchnahme der öffentlichen Haushalte möglichst zu vermeiden, münden nach ihrer insoweit übereinstimmenden Zielsetzung in die Ermächtigung des Geschädigten, die Schadensersatzleistung vom Schädiger 14 - 9 - selbst einzufordern. Zu dem Zweck, Leistungen des Sozialhilfeträgers von [X.] unnötig zu machen, kommt dem Geschädigten somit ähnlich einem als Inkassoberechtigter des Neugläubigers handelnden Altgläubiger bei der [X.] die Befugnis zu, den Schädiger in eigenem Namen auf die Ersatzleistung in Anspruch zu nehmen (zur fiduziarischen Einziehungsermäch-tigung siehe [X.] 32, 67, 71; Senatsurteil vom 11. Juli 1995 - [X.] ZR 409/94 - [X.]; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 398, Rn. 40 ff., [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl. § 185, Rn. 34 ff.). b) Der Zweck, Leistungen des Sozialhilfeträgers unnötig zu machen, trägt jedoch keine Einzugsermächtigung, soweit dieser bereits Leistungen [X.] hat. Entgegen der Ansicht der Revision kann der [X.]läger daher nicht un-ter Berufung auf die Einzugsermächtigung zusätzlich zu den empfangenen So-zialleistungen auch den Regressanspruch des Sozialhilfeträgers zur Zahlung an sich selbst einziehen. Einen ihm grundsätzlich möglichen Antrag auf Zahlung an den Sozialhilfeträger ([X.], Urteil vom 10. Oktober 2002 - [X.]/01 - NJW 2002, 3769; [X.]/[X.], [X.], 24. Aufl., [X.]. 30, Rn. 38) hat der [X.]läger nicht gestellt. 15 c) Im Ergebnis hat das Berufungsgericht zu Recht eine Einzugsermächti-gung des [X.] auch für die zukünftigen Schadensersatzleistungen nicht [X.]. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass das landgerichtliche Urteil von einer solchen Einzugsermächtigung ausgegangen ist und sich eine [X.] durch den Antrag auf Zurückweisung der Berufung unter Heilung eines etwai-gen Verstoßes des erstinstanzlichen Gerichts gegen § 308 ZPO dessen [X.] zu eigen machen kann ([X.] 111, 158, 161; [X.], Urteil vom 6. Oktober 1998 - [X.] - NJW 1999, 61; Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 308, Rn. 20). Jedoch fehlt es hier angesichts des ausdrücklichen Vortrags in der Be-rufungserwiderung an der von der Revision insoweit angenommenen [X.] [X.]lageerweiterung. Der [X.]läger hat in seiner Berufungserwiderung viel-mehr ausdrücklich erklärt, auf die Ausführungen des [X.]s zur Einzugs-ermächtigung komme es nicht an, da er nur seinen zusätzlichen Pflegebedarf, d.h. die nicht durch Leistungen des Sozialamts abgedeckten sechs Stunden geltend mache, also gerade keine übergegangenen Ansprüche im Wege der Einzugsermächtigung. Angesichts dieser klaren Äußerung kommt die Annahme einer (stillschweigenden) [X.]lageerweiterung auf diese Ansprüche nicht in [X.]. 3. Dem [X.] auf den Sozialhilfeträger steht auch § 116 Abs. 3 [X.] nicht entgegen. 17 a) Zwar nimmt das Berufungsgericht zu Unrecht an, § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.] sei im vorliegenden Fall schon aus zeitlichen Gründen nicht anwendbar, doch erweist sich das angefochtene Urteil im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig. Bei seiner Auffassung, entscheidend für den [X.] sei der Zeitpunkt des Eintritts der Sozialhilfebedürftigkeit (hier mit dem Unfall am 20. März 1987), während die Ansprüche des [X.] aus §§ 53 ff. [X.] auf häusliche Pflegehilfe erst mit dem Gesundheitsreformgesetz zum 1. Januar 1989 eingeführt worden seien, hat das Berufungsgericht die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Systemänderung übersehen ([X.] 134, 381 ff.). 18 [X.]) Zwar vollzieht sich der Übergang der Schadensersatzansprüche nach § 116 Abs. 1 [X.] nach der oben näher dargelegten ständigen Recht-sprechung des erkennenden Senats grundsätzlich im Zeitpunkt des Unfalls, soweit der Sozialversicherungsträger dem Geschädigten nach den Umständen des Schadensfalles möglicherweise in Zukunft Leistungen zu erbringen hat, welche sachlich und zeitlich mit den Erstattungsansprüchen des Geschädigten kongruent sind. Wird die Leistungspflicht des [X.] jedoch 19 - 11 - erst später durch eine Änderung des bisherigen [X.] neu begrün-det, vollzieht sich der Forderungsübergang erst bei Inkrafttreten der neuen [X.] (vgl. Senatsurteile [X.] 134, 381, 384 f.; vom 3. Dezember 2002 - [X.] ZR 142/02 - VersR 2003, 267, 268 und vom 13. April 1999 - [X.] ZR 88/98 - [X.], 1126 m.w.N.). Von einer solchen Systemänderung sind Gesetzes-änderungen zu unterscheiden, die eine Erhöhung oder Modifizierung bereits gegebener Ansprüche regeln (vgl. Senatsurteile [X.] 134, [X.]O und vom 12. Juli 1960 - [X.] ZR 122/59 - [X.], 830 f.). [X.]) [X.] in diesem Sinne liegt vor, wenn eine Leis-tungspflicht des [X.] begründet wird, für die es bisher an einer gesetzlichen Grundlage gefehlt hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 1966 - [X.] ZR 173/64 - [X.], 233, 234), wenn also eine gesetzliche Neurege-lung eine Anspruchsberechtigung schafft, die im bisherigen Leistungssystem noch nicht enthalten war (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 1983 - [X.] ZR 44/82 - [X.], 35, 36). Entscheidend ist mithin, ob aufgrund einer Änderung der Sozialversicherungsgesetzgebung neue Ansprüche gegen den [X.] gewährt werden (st. Rspr. seit Senatsurteil vom 24. März 1954 - [X.] ZR 24/53 - [X.], 537). [X.]eine Systemänderung ist dagegen die [X.] bereits früher vorgesehener Leistungen (vgl. Senatsurteile [X.] 134, 381, 384; vom 3. Dezember 2002 - [X.] ZR 142/02 - VersR 2003, 267, 268 und vom 12. Juli 1960 - [X.] ZR 122/59 - [X.], 830). 20 Für den mit dem Gesundheitsreformgesetz vom 20. Dezember 1988 ([X.]l. I 1988, 2477 ff.) eingeführten Anspruch auf häusliche Pflegehilfe nach §§ 53 ff. [X.] hat der erkennende Senat eine Systemänderung bejaht (Senatsurteil [X.] 134, 381, 385 f.). Ein Übergang solcher Ansprüche auf den Sozialhilfeträger kann daher auf der Grundlage von § 116 [X.] erst mit dem Inkrafttreten der §§ 53 ff. [X.] am 1. Januar 1989 erfolgt sein, so dass 21 - 12 - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Anwendung von § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.] nicht schon aus zeitlichen Gründen ausgeschlossen wäre. 22 b) Im Streitfall fehlt es jedoch an den Voraussetzungen von § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]. Diese gesetzliche Bestimmung schließt - bei nur quotenmäßiger Haftung des Schädigers - den [X.] aus, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes werden. Dies setzt ein [X.]ausalitätsverhältnis zwi-schen [X.] und Sozialhilfebedürftigkeit voraus. Ein Anspruchs-übergang soll nur dann ausscheiden, wenn durch ihn die Notwendigkeit der In-anspruchnahme von Sozialhilfe beim Verletzten herbeigeführt (oder jedenfalls verstärkt) wird, nicht jedoch, wenn Sozialhilfebedürftigkeit aus anderen Gründen eintritt (vgl. z.B. [X.]/[X.], [X.]O, § 30, Rn. 70; [X.]/[X.], [X.]O, Rn. 84). Der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe soll gewahrt bleiben; der Verletzte soll nicht deshalb auf Sozialhilfe verwiesen werden, weil die [X.] seines Schadensersatzanspruchs zu Gunsten eines [X.] greift (vgl. z.B. Wannagat, [X.], Rn. 48 zu § 116 [X.]/3). Eine derartige [X.]ausalität zwischen [X.] und Sozialhilfe-bedürftigkeit ist vorliegend nicht gegeben, weil der [X.]läger nach den Feststellun-gen des Berufungsgerichts bereits durch den Unfall hilfebedürftig geworden ist und sich der [X.] hierauf nicht mehr auswirken konnte (vgl. Se-natsurteil [X.] 133, 129, 136 f.). 23 - 13 - II[X.] 24 Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. [X.] [X.] [X.]

Pauge [X.]

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.06.2003 - 2/26 O 7/99 - [X.], Entscheidung vom 03.11.2004 - 23 U 176/03 -

Meta

VI ZR 337/04

27.06.2006

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2006, Az. VI ZR 337/04 (REWIS RS 2006, 2957)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2957

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