Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.02.2021, Az. IV R 38/19

4. Senat | REWIS RS 2021, 8822

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Gegenstand

Kraftfahrzeugsteuervergünstigungen für Schwerbehinderte - Antragsrecht der Erben; Feststellungsbescheid über Eigenschaft als Behinderter als Grundlagenbescheid für Kraftfahrzeugsteuerbescheid


Leitsatz

1. Das Antragsrecht für die Gewährung kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Vergünstigungen für Schwerbehinderte steht nach dem Tod des Berechtigten seinen Erben zu (entgegen Ziff. 8.7 DV-KraftSt).

2. Der Feststellungsbescheid über das Vorliegen einer Behinderung, den GdB und über das Vorliegen weiterer gesundheitlicher Merkmale ist hinsichtlich dieser Feststellungen Grundlagenbescheid für den Kraftfahrzeugsteuerbescheid über Vergünstigungen für Schwerbehinderte.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom [X.] - 13 K 1012/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob für ein bereits abgemeldetes Kfz noch nach dem Tod des [X.]erechtigten auf Antrag von dessen Rechtsnachfolgern die Steuerbefreiung für Schwerbehinderte (§ 3a Abs. 1 des [X.]) zu gewähren ist.

2

Die Kläger und [X.] (Kläger) sind Miterben in ungeteilter Erbengemeinschaft des im Juli 2017 verstorbenen [X.] war bis zur Abmeldung des Fahrzeugs am 07.05.2017 [X.]alter eines PKW gewesen. Aufgrund der Abmeldung hatte der [X.]eklagte und Revisionskläger (das [X.]auptzollamt --[X.]--) die bisherige Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung mit [X.]escheid vom 18.05.2017 nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG geändert und von bisher jährlich 100 € für den nunmehr verkürzten [X.]raum von nur noch 278 Tagen auf 75 € reduziert. Der [X.]escheid war bestandskräftig geworden.

3

Im Januar 2018 beantragten die Kläger als Rechtsnachfolger des [X.] beim [X.], den PKW nach § 3a Abs. 1 KraftStG rückwirkend für die [X.] ab dem 24.02.2017 vollständig von der Kraftfahrzeugsteuer zu befreien. Dem Schreiben war ein [X.]escheid des [X.] vom 22.06.2017 beigefügt, mit dem festgestellt worden war, dass bei [X.] seit dem 24.02.2017 ein Grad der [X.]ehinderung (Gd[X.]) von 100 vorgelegen hatte. Ferner waren für [X.] seit diesem [X.]punkt die [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] festgestellt worden. Zwischen den [X.]eteiligten ist unstreitig, dass der PKW seit dem 24.02.2017 bis zu seiner Abmeldung nicht zweckfremd verwendet wurde.

4

Mit [X.]escheid vom 26.01.2018 lehnte das [X.] die Gewährung der Steuervergünstigung ab. [X.]ei dieser handele es sich um ein höchstpersönliches Recht, welches nicht auf die Erben übergehen könne. Die Steuerbefreiung diene der Förderung der Mobilität behinderter Menschen. Dieser Zweck könne nach dem Tod des [X.]alters nicht mehr erreicht werden.

5

Das Finanzgericht ([X.]) gab der nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren erhobenen Klage mit Urteil vom 18.10.2019 - 13 K 1012/18 statt. Es verpflichtete das [X.], den Steuerbescheid vom 18.05.2017 dahin zu ändern, dass die Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 KraftStG rückwirkend ab dem 24.02.2017 bis zum 07.05.2017 gewährt und die Kraftfahrzeugsteuer demgemäß für die [X.] vom 03.08.2016 bis zum 23.02.2017 auf 55 € und vom 24.02.2017 bis zum 07.05.2017 auf 0 € festgesetzt wird. Dies begründete das [X.] im Wesentlichen wie folgt:

6

Die Kläger hätten nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung ([X.]) einen Anspruch auf die beantragte Änderung des [X.] vom 18.05.2017. Als Gesamtrechtsnachfolger des [X.] seien sie insbesondere auch berechtigt gewesen, den für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 3a KraftStG erforderlichen Antrag zu stellen. [X.]ei diesem Antrag handele es sich [X.] als bei der Steuerbefreiung selbst-- nicht um ein höchstpersönliches Recht.

7

Mit seiner Revision rügt das [X.] die Verletzung von § 3a Abs. 1 und Abs. 3 KraftStG.

8

Entgegen der Auffassung des [X.] handele es sich bei dem in § 3a Abs. 3 KraftStG vorgesehenen Antragsrecht um ein höchstpersönliches Recht des [X.]alters, das nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Kläger übergegangen sei. Nach dem Zweck des § 3a Abs. 1 KraftStG sei ein Übergang des Antragsrechts des § 3a Abs. 3 Satz 1 KraftStG auf die Erben der schwerbehinderten Person ausgeschlossen. § 3a Abs. 1 KraftStG bezwecke die Förderung der Mobilität schwerbehinderter Personen. Die Steuererleichterung sei als persönliche Vergünstigung zugunsten schwerbehinderter Personen konzipiert und könne deshalb nicht auf andere Personen übertragen werden. Aus diesem Normzweck folge die Rechtsnatur des Antragsrechts nach § 3a Abs. 3 Satz 1 KraftStG als höchstpersönliches Recht. Sei der schwerbehinderte [X.]alter bereits verstorben, könne durch eine rückwirkende Gewährung der Steuerbefreiung dessen [X.]eförderung/Fortbewegung nicht mehr unmittelbar zugunsten seiner Person gefördert werden. Ginge das Antragsrecht auf die Erben über, erhielten diese einen steuerlichen Vorteil, der nach dem Normzweck des § 3a Abs. 1 KraftStG dem Erblasser zustehe. Zudem würde das [X.] des Erblassers nachträglich so modifiziert, dass die Erben günstiger behandelt würden als der Erblasser. Auch könnten dann Dritte über ein höchstpersönliches Recht der schwerbehinderten Person disponieren.

9

Entgegen der Auffassung des [X.] sei § 3a KraftStG mit den Fällen der §§ 33, 33b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht vergleichbar, denn bei den dort geregelten Abzugsbeträgen handele es sich nicht um höchstpersönliche Rechte.

Das [X.] beantragt,
das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Zu Recht hat das [X.] entschieden, dass die Kläger nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] einen Anspruch auf die begehrte Änderung des [X.] vom 18.05.2017 haben.

1. Rechtsgrundlage für die begehrte rückwirkende Änderung des bereits bestandskräftigen [X.] ist § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]. Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. [X.]), dem [X.]indungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird.

a) Die Kläger begehren die (rückwirkende) Änderung des bereits bestandskräftigen [X.] für das Fahrzeug des [X.] mit der [X.]egründung, das [X.]alten des Fahrzeugs sei für die [X.] vom 24.02.2017 bis zu seiner Abmeldung am 07.05.2017 nach § 3a KraftStG von der Steuer befreit. Nach dieser Vorschrift ist das [X.]alten von Kraftfahrzeugen von der Steuer befreit, solange die Fahrzeuge für schwerbehinderte Personen zugelassen sind, die durch einen Ausweis i.S. des Neunten [X.]uchs Sozialgesetzbuch (SG[X.] IX) oder des Art. 3 des Gesetzes über die unentgeltliche [X.]eförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr vom [X.] ([X.]G[X.]l I 1979, 989) mit dem Merkzeichen "[X.]", "[X.]I" oder "[X.]" nachweisen, dass sie hilflos, blind oder außergewöhnlich gehbehindert sind. Die Steuervergünstigung steht den behinderten Personen gemäß § 3a Abs. 3 KraftStG nur für ein Fahrzeug und nur auf schriftlichen Antrag zu. Sie entfällt, wenn das Fahrzeug nach Maßgabe des § 3a Abs. 3 Satz 2 KraftStG zweckfremd verwendet wird.

b) Nach § 69 Abs. 1 und Abs. 4 SG[X.] IX in der im Streitfall noch geltenden Fassung (SG[X.] IX a.F.; heute: § 152 Abs. 1 und Abs. 4 SG[X.] IX) stellen die für die Durchführung des [X.]undesversorgungsgesetzes zuständigen [X.]ehörden (heute: die nach Landesrecht zuständigen [X.]ehörden) auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer [X.]ehinderung und den Gd[X.] sowie das Vorliegen weiterer gesundheitlicher Merkmale zum [X.]punkt der Antragstellung oder auch zu einem früheren [X.]punkt fest. Auf Antrag stellen sie über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Gd[X.] sowie über weitere gesundheitliche Merkmale einen Ausweis aus, der dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen [X.]ilfen für schwerbehinderte Menschen dient (§ 69 Abs. 5 SG[X.] IX a.F.; heute § 152 Abs. 5 SG[X.] IX).

c) [X.]ei dem Feststellungsbescheid nach § 69 Abs. 1 SG[X.] IX a.F. (heute: § 152 Abs. 1 SG[X.] IX) handelt es sich hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Gd[X.] sowie über weitere gesundheitliche Merkmale um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. [X.], der (u.a.) für den Kraftfahrzeugsteuerbescheid hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen [X.]indungswirkung entfaltet.

aa) Diese für einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. [X.] erforderliche gesetzlich vorgesehene [X.]indungswirkung ergibt sich aus der Gesetzgebungshistorie dieser Regelung bzw. den mit ihr inhaltlich insoweit identischen Vorgängerregelungen. Durch diese Regelungen soll zum einen sichergestellt werden, dass ausschließlich die darin jeweils bestimmten [X.]ehörden (nach § 152 Abs. 1 SG[X.] IX z.[X.]. "die nach Landesrecht zuständigen [X.]ehörden") zur Feststellung aller gesundheitlichen Merkmale zuständig sind, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer Vergünstigung durch [X.]ehinderte sind. Zudem sollte durch Regelungen wie (heute) § 152 Abs. 5 SG[X.] IX erreicht werden, dass mit dem danach auszustellenden Ausweis auch die Voraussetzungen nachgewiesen werden können, von denen andere Gesetze und Vorschriften die Inanspruchnahme von Vergünstigungen für [X.]ehinderte abhängig machen (vgl. [X.]TDrucks 7/4960, S. 5 f., 15 f.). Die Regelungen, wie sie heute in § 152 Abs. 1, Abs. 4 und Abs. 5 SG[X.] IX enthalten sind, sollen also letztlich sicherstellen, dass ausschließlich die darin genannten [X.]ehörden mit [X.]indungswirkung für alle anderen [X.]ehörden die Feststellungen einer Schwerbehinderung, eines Gd[X.] und besonderer Merkzeichen treffen und dass derjenige, für den entsprechende Feststellungen getroffen wurden, als Nachweis hierfür einen Ausweis erhält (vgl. zu dieser [X.]indungswirkung auch Urteil des [X.]undessozialgerichts vom 06.10.1981 - 9 RVs 3/81, [X.]SGE 52, 168, [X.] 33, 37, zur damaligen Regelung in § 3 des Schwerbehindertengesetzes; ferner Urteil des [X.]undesfinanzhofs --[X.]F[X.]-- vom 05.02.1988 - III R 244/83, [X.]F[X.]E 152, 488, [X.]St[X.]l II 1988, 436, unter II.2. [[X.] 13]).

bb) Dass dem Feststellungsbescheid nach (heute) § 152 Abs. 1 SG[X.] IX hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen auch [X.]indungswirkung gegenüber der vom [X.] zu treffenden Entscheidung über die Steuerbefreiung nach § 3a KraftStG zukommt, ergibt sich auch mit der erforderlichen Deutlichkeit aus § 3a Abs. 1 KraftStG (vgl. hierzu [X.]eschluss des [X.]undesverfassungsgerichts vom 31.05.2011 - 1 [X.]vR 857/07, [X.]VerfGE 129, 1, [X.] 102). Denn danach kann der Nachweis, dass für den [X.]alter näher bezeichnete Merkmale festgestellt werden, nur durch einen entsprechenden Ausweis geführt werden. Dieser Ausweis wird, wie dargelegt, nur ausgestellt, wenn die durch ihn nachzuweisenden Voraussetzungen zuvor in einem entsprechenden Feststellungsbescheid nach (heute) § 152 Abs. 1 SG[X.] IX von der dafür zuständigen [X.]ehörde festgestellt wurden.

d) Ausgehend von den dargestellten Rechtsgrundsätzen ist ein Kraftfahrzeugsteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] zu ändern, wenn für den [X.]alter des Kfz ein entsprechender Feststellungsbescheid nach (heute) § 152 Abs. 1 SG[X.] IX vorgelegt wird, sofern auch die übrigen Voraussetzungen des § 3a KraftStG für eine [X.]efreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gegeben sind. Ist dies der Fall, so ist der Kraftfahrzeugsteuerbescheid --ggf. auch rückwirkend-- ab dem [X.]punkt zu ändern, ab dem der [X.]alter nach dem Feststellungsbescheid schwerbehindert und hilflos, blind oder außergewöhnlich gehbehindert ist.

2. Danach hat das [X.] das [X.] zu Recht zur antragsgemäßen Änderung des [X.] vom 18.05.2017 verpflichtet.

a) Mit [X.]escheid nach § 69 SG[X.] IX a.F. vom 22.06.2017 hat das Landratsamt X als zuständige [X.]ehörde für [X.] für die [X.] seit dem 24.02.2017 einen Gd[X.] von 100 sowie die gesundheitlichen Merkmale "G", "[X.]", "[X.]", "[X.]" und "[X.]" festgestellt. Damit steht für das für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer des [X.] zuständige [X.] bindend fest, dass [X.] in der [X.] ab 24.02.2017 schwerbehindert war und für ihn (u.a.) die gesundheitlichen Merkmale "hilflos" und "außergewöhnlich gehbehindert" festgestellt waren.

b) [X.] erfüllte in der [X.] ab dem 24.02.2017 auch alle übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 3a KraftStG.

aa) Zwischen den [X.]eteiligten ist nicht streitig, dass das Kfz des [X.] in der [X.] seit dem 24.02.2017 bis zu seiner Abmeldung nicht i.S. des § 3a Abs. 3 Satz 2 KraftStG zweckfremd verwendet wurde.

bb) Dem Wortlaut nach setzt § 3a KraftStG zwar die Vorlage eines Ausweises nach dem SG[X.] IX als Nachweis der geforderten Merkzeichen und der Schwerbehinderteneigenschaft voraus. Angesichts des Umstandes, dass es sich bei dem Ausweis lediglich um den Nachweis der im Feststellungsbescheid nach § 69 Abs. 1 SG[X.] IX a.F. getroffenen Feststellungen zum Gd[X.] und den gesundheitlichen Merkzeichen handelt, kann der geforderte Nachweis der Merkzeichen --wie im [X.] aber auch durch Vorlage des [X.] selbst geführt werden (vgl. auch Ziff. 8.2 Nr. 2 der Dienstvorschrift des [X.]undesministeriums der Finanzen --[X.]MF-- vom 06.12.2018 - III [X.] 5-S 6010/16/10002:004 zur Anwendung des Kraftfahrzeugsteuerrechts --DV-KraftSt--).

cc) Da weder in § 3a KraftStG noch in anderen kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Rechtsvorschriften eine Frist für die [X.]eantragung der Steuerbefreiung vorgesehen ist, stehen der begehrten Änderung des [X.] auch weder dessen [X.]estandskraft noch der Umstand entgegen, dass das Fahrzeug, für dessen [X.]alten die [X.]efreiung beantragt wird, abgemeldet, der [X.]raum, für den die [X.]efreiung begehrt wird, also bereits abgelaufen ist.

dd) Zu Recht hat das [X.] entschieden, dass auch die Kläger als Rechtsnachfolger des [X.] den für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 3 Satz 1 KraftStG erforderlichen Antrag stellen können (entgegen Nr. 5 der Dienstvorschrift des [X.]MF zur Anwendung des Kraftfahrzeugsteuerrechts in der 2017 geltenden Fassung; heute Ziff. 8.7 DV-KraftSt).

(1) Mit dem Tod einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über (§ 1922 Abs. 1 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs). Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 [X.] gehen bei der Gesamtrechtsnachfolge die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger über. Nach ständiger Rechtsprechung tritt danach der Erbe als [X.] in einem umfassenden Sinne sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher [X.]insicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein (z.[X.]. [X.]eschluss des Großen Senats des [X.]F[X.] vom 17.12.2007 - GrS 2/04, [X.]F[X.]E 220, 129, [X.]St[X.]l II 2008, 608, unter D.I.1.; [X.]F[X.]-Urteil vom 20.03.2002 - II R 53/99, [X.]F[X.]E 199, 19, [X.]St[X.]l II 2002, 441, unter [X.], jeweils m.w.N.). Ausgenommen davon sind lediglich höchstpersönliche Verhältnisse und unlösbar mit der Person des [X.] verknüpfte Umstände (z.[X.]. [X.]eschluss des Großen Senats des [X.]F[X.] in [X.]F[X.]E 220, 129, [X.]St[X.]l II 2008, 608, unter [X.], m.w.N.). Ob und in welchem Umfang der Erbe in steuerrechtliche Positionen eintritt oder ob diese wegen ihres höchstpersönlichen Charakters und ihrer unlösbaren Verknüpfung mit der Person ihres Inhabers nicht auf den [X.] übergehen können, ist unter [X.]eranziehung der für die betreffende Rechtsbeziehung einschlägigen materiell-rechtlichen Normen und Prinzipien des jeweiligen Einzelsteuergesetzes zu entscheiden (z.[X.]. [X.]eschluss des Großen Senats des [X.]F[X.] in [X.]F[X.]E 220, 129, [X.]St[X.]l II 2008, 608, unter D.I.1.; [X.]F[X.]-Urteile in [X.]F[X.]E 199, 19, [X.]St[X.]l II 2002, 441, unter [X.], und vom 13.01.2010 - V R 24/07, [X.]F[X.]E 229, 378, [X.]St[X.]l II 2011, 241, [X.] 23), im Streitfall also nach den Regelungen des Kraftfahrzeugsteuerrechts.

(2) § 3a Abs. 3 Satz 1 KraftStG macht die Gewährung der Steuerbefreiung für Schwerbehinderte von der Stellung eines schriftlichen Antrags abhängig. [X.]ei diesem handelt es sich um eine Steuererklärung i.S. des § 150 [X.] (vgl. § 7 Abs. 1 und Abs. 4 der Kraftfahrzeugsteuer-Durchführungsverordnung; ebenso Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3a [X.] 4). [X.]ei der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung und dem Recht zur Geltendmachung von [X.]egünstigungen im Rahmen einer solchen Erklärung handelt es sich um verfahrensrechtliche Positionen, die mit dem Tod des Erblassers auf seine Erben als [X.] übergehen, und nicht um die Ausübung höchstpersönlicher Rechte. Davon zu unterscheiden ist, ob dem Erblasser die [X.]egünstigungen, die mit bzw. in der Steuererklärung geltend gemacht werden, auch materiell-rechtlich zustanden. Dies hängt davon ab, ob er --und nicht seine Erben-- in dem [X.]raum, für den die Steuererklärung abzugeben ist, die Voraussetzungen erfüllt hat, die das materielle Recht an die Gewährung der beantragten [X.]egünstigungen stellt. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall, anders als das [X.] meint, nicht von dem Fall, in dem die Erben als [X.] des Erblassers ihrer Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für den Erblasser nachkommen und darin den [X.]ehinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG geltend machen. Als [X.] sind die Erben zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet und zur Geltendmachung von Wahlrechten und Anträgen berechtigt. Ob die beantragten [X.]egünstigungen zu gewähren sind, hängt hingegen davon ab, ob der Erblasser zu seinen Lebzeiten die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten [X.]egünstigungen erfüllt hat. Diese können von Umständen abhängen, die in der Person des Erblassers selbst begründet sind. Daraus folgt aber nicht, dass auch der Antrag auf Gewährung der [X.]egünstigung nur vom materiell [X.]erechtigten gestellt werden kann.

(3) Dem Antragsrecht der Kläger als den Erben des [X.] steht auch weder entgegen, dass nach dem Tod des [X.] die mit der Steuerbefreiung bezweckte Förderung der Mobilität Schwerbehinderter nicht mehr erreicht werden kann, noch, dass sich die Steuerbefreiung vermögensrechtlich nicht mehr zugunsten des [X.] auswirken kann. Eine entsprechende Einschränkung lässt sich dem KraftStG nicht entnehmen. Abgesehen davon geht auch das [X.] davon aus, dass die Steuerbefreiung nach § 3a KraftStG noch zu gewähren ist, wenn der Schwerbehinderte den Antrag erst nach Abmeldung seines Fahrzeugs stellt oder noch vor Gewährung der beantragten [X.]efreiung verstirbt. Insoweit kann es aber keinen Unterschied machen, ob der Schwerbehinderte den Antrag noch selbst gestellt hat, aber vor der Gewährung der Steuerbefreiung verstorben ist, oder ob erst die Erben den Antrag gestellt haben.

3. Die Entscheidung ergeht nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 [X.]O im Einverständnis der [X.]eteiligten ohne mündliche Verhandlung. Sie erfolgt im allseitigen Einverständnis der mitwirkenden [X.] aufgrund einer [X.]eratung und Abstimmung im Rahmen einer Videokonferenz (zur Zulässigkeit einer Entscheidung aufgrund einer solchen [X.]eratung s. [X.]F[X.]-Urteil vom heutigen [X.], [X.]F[X.]E 272, 152).

4. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 38/19

10.02.2021

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 18. Oktober 2019, Az: 13 K 1012/18, Urteil

§ 171 Abs 10 AO, § 69 Abs 1 SGB 9, § 69 Abs 4 SGB 9, § 69 Abs 5 SGB 9, § 152 Abs 1 SGB 9 2018, § 152 Abs 2 SGB 9 2018, § 152 Abs 5 SGB 9 2018, § 3a KraftStG 2002, § 45 AO, § 7 Abs 1 KraftStDV 2017, § 7 Abs 4 KraftStDV 2017, § 150 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.02.2021, Az. IV R 38/19 (REWIS RS 2021, 8822)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8822

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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