Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.05.2014, Az. V ZB 123/13

5. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5703

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Gegenstand

Zwangsversteigerungsverfahren einer Wohnungseigentümergemeinschaft: Behandlung einer Auflassungsvormerkung; Rangfolge im Verhältnis zu Ansprüchen der Gemeinschaft


Leitsatz

1. Eine (Auflassungs-)Vormerkung ist im Zwangsversteigerungsverfahren wie ein Recht der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG zu behandeln.

2. Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betreibt, sind gegenüber einer Auflassungsvormerkung stets vorrangig. Diese ist nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen und erlischt mit dem Zuschlag; erwirbt der Vormerkungsberechtigte nach der Beschlagnahme das Eigentum, ist das Verfahren fortzusetzen und nicht gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG einzustellen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des [X.] vom 9. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert beträgt 3.000 € für die Gerichtskosten, 4.563,38 € für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 1 und 6.000 € für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 3 und 4.

Gründe

A.

1

Im Grundbuch der eingangs genannten Teileigentumseinheit der Beteiligten zu 2 ist seit dem 20. Januar 1999 eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 3 und 4 eingetragen. Die Beteiligte zu 1 - die Wohnungseigentümergemeinschaft, zu deren Anlage das Teileigentum gehört - betreibt wegen titulierter [X.] aus dem [X.] die Zwangsversteigerung. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 wegen der Ansprüche der Beteiligten zu 1 die Zwangsversteigerung aus der [X.] des § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] angeordnet. Vor dem Versteigerungstermin haben die Beteiligten zu 3 und 4 mitgeteilt, dass die Teileigentumseinheit am 15. Februar 2013 an sie aufgelassen worden sei und sie ihre Eintragung als Eigentümer beantragt hätten. Die Umschreibung des Eigentums ist nicht erfolgt. In dem Versteigerungstermin am 21. Februar 2013 hat das Vollstreckungsgericht die Auflassungsvormerkung nicht in das geringste Gebot aufgenommen. Mit Beschluss vom gleichen Tag ist der Beteiligten zu 5 als Meistbietender der Zuschlag erteilt worden; die Vormerkung ist in dem Zuschlagsbeschluss nicht als bestehenbleibendes Recht aufgeführt.

2

Die gegen den Zuschlagsbeschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wollen sie die Aufnahme der zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung in das geringste Gebot erreichen.

B.

3

Das Beschwerdegericht meint, das Verfahren sei nicht gemäß § 28 Abs. 1 [X.] aufzuheben. Dies setze voraus, dass die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch aufgrund der Auflassungsvormerkung erfolgt sei; dazu sei es aber nicht gekommen. Die Auflassungsvormerkung sei zu Recht nicht in das geringste Gebot aufgenommen worden, weil sie gegenüber den Ansprüchen der betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft aus der [X.] 2 des § 10 Abs. 1 [X.] nachrangig sei. Zwar werde die Vormerkung in § 10 [X.] nicht ausdrücklich erwähnt. Nach zutreffender Ansicht falle sie aber in die [X.] 4 des § 10 Abs. 1 [X.]; hieraus ergebe sich ihre Nachrangigkeit gegenüber Ansprüchen, die der [X.] 2 zuzuordnen seien.

C.

4

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

5

Weil eine Partei mit ihrer Prozesshandlung im Zweifel das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. nur Senat, Urteil vom 19. Oktober 2012 - [X.], [X.] 2013, 23 Rn. 11 mwN), ist der Antrag der Beteiligten zu 3 und 4 dahingehend auszulegen, dass sie die Versagung des Zuschlags begehren; nur diese, nicht aber die beantragte Änderung des geringsten Gebots kann mit der Rechtsbeschwerde erreicht werden. Ein [X.] liegt jedoch nicht vor.

6

I. Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet verneint das Beschwerdegericht der Sache nach einen [X.] gemäß § 83 Nr. 5 [X.]. Nach dieser Bestimmung ist der Zuschlag zu versagen, wenn das Recht eines Beteiligten der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht. Ist ein solches Recht aus dem Grundbuch ersichtlich, hat das Vollstreckungsgericht das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] aufzuheben oder einstweilen einzustellen bzw. gemäß § 33 [X.] den Zuschlag zu versagen. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] lagen aber schon deshalb nicht vor, weil eine Umschreibung des Eigentums aufgrund des vorgemerkten Anspruchs auf die Beteiligten zu 3 und 4 nicht erfolgt ist. Die Auflassungsvormerkung als solche stellt kein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] dar (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - [X.], [X.], 124, 126 f.; [X.], Urteil vom 11. Juli 1996 - [X.], NJW 1996, 3147 f. jeweils mwN).

7

II. Ebenso wenig ist der Zuschlag wegen einer Verletzung der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots im Sinne von § 83 Nr. 1 [X.] zu versagen. Das Vollstreckungsgericht hat die für die Beteiligten zu 3 und 4 im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung zu Recht nicht in das geringste Gebot aufgenommen.

8

1. Im Ausgangspunkt ist eine Auflassungsvormerkung wie ein eingetragenes Recht zu behandeln (§ 9 Nr. 1, § 48 [X.]).

9

a) In das geringste Gebot ist sie aufzunehmen, wenn sie dem Anspruch des (bestrangig betreibenden) Gläubigers vorgeht (§ 44 Abs. 1 [X.]); dies gilt auch dann, wenn sie einen bedingten Anspruch sichert (Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - [X.], [X.], 124 ff.). Fällt die Auflassungsvormerkung in das geringste Gebot, bleibt sie bei dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung bestehen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Weil der Eigentumserwerb des [X.] dem [X.] gegenüber unwirksam ist (§ 883 Abs. 2 [X.]), kann dieser den gesicherten Anspruch auf Übertragung des Eigentums trotz des erfolgten Zuschlags gegenüber dem Ersteher durchsetzen (§ 888 Abs. 1 [X.]; vgl. Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - [X.], [X.], 124, 127; [X.], Urteil vom 11. Juli 1996 - [X.], NJW 1996, 3147, 3148; [X.]/[X.], [X.] [2013], § 883 Rn. 298 ff.).

b) Dagegen ist die Vormerkung nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn sie dem Recht des (bestrangig betreibenden) Gläubigers im Rang nachgeht. Der [X.] muss den Eigentumserwerb des [X.] gegen sich gelten lassen, weil die Vormerkung mangels Aufnahme in das geringste Gebot mit dem Zuschlag erlischt (§ 91 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Satz 2 [X.]). An die Stelle des zuvor durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs tritt der Anspruch auf Wertersatz aus dem [X.] (§ 92 Abs. 1 [X.]; vgl. [X.]/[X.], [X.] [2013], § 883 Rn. 304 f.).

2. Ob eine vor der Beschlagnahme eingetragene Auflassungsvormerkung dem Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 44 Abs. 1 [X.] vorgeht, wenn diese die Zwangsversteigerung aus Ansprüchen betreibt, die der [X.] 2 des § 10 Abs. 1 [X.] zuzuordnen sind, ist umstritten.

a) Nach überwiegender Ansicht gehen die bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Auflassungsvormerkung vor. Teils wird dies vornehmlich aus deren vermeintlich dinglichem Charakter hergeleitet ([X.], [X.] 2010, 105, 112; [X.]., Rpfleger 2013, 15, 18 f.; [X.], [X.] 2013, 113 ff.; [X.], [X.], 165, 169 f.; [X.], 305 f.; [X.] 2013, 246, 249; Suilmann, [X.] 2010, 365, 368). Andere sehen Ansprüche der [X.] 2 des § 10 Abs. 1 [X.] unabhängig von ihrer Rechtsnatur als vorrangig an; die Auflassungsvormerkung müsse wie jedes andere aus dem Grundbuch ersichtliche Recht in das [X.]nsystem des § 10 [X.] eingeordnet werden und falle in die (nachrangige) [X.] 4 ([X.] in Dierck/[X.]/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; [X.], [X.], 20. Aufl. § 10 Rn. 16.8; [X.], [X.] 2011, 429, 439; wohl auch [X.] in [X.], WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., [X.] Rn. 49; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 44 Rn. 11; [X.], [X.] 2012, 345, 349; [X.], [X.] 2010, 345, 347).

b) Nach der [X.] bietet eine Auflassungsvormerkung Schutz vor einer Zwangsversteigerung, die aus Rechten der [X.] 2 betrieben wird. Zur Begründung wird teilweise darauf verwiesen, dass die bevorrechtigten Hausgeldansprüche keine dingliche Wirkung hätten. Könne das Vorrecht einem Erwerber nicht entgegengehalten werden, sei die Beschlagnahme als vormerkungswidrig anzusehen; der [X.] müsse sie nicht gegen sich gelten lassen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft stehe im Verhältnis zu dem [X.] gewöhnlichen persönlichen Gläubigern gleich ([X.], [X.] 2013, 446, 449; [X.], NJW 2013, 3518; Fabis, [X.] 2010, 354, 357 f.). Vereinzelt wird auch die Einordnung der Auflassungsvormerkung in die [X.] 4 bestritten, weil die Vormerkung ebenso wie das Eigentum selbst außerhalb des [X.]nsystems des § 10 Abs. 1 [X.] stehe; ihre Schutzwirkung bestimme sich ausschließlich nach § 883 Abs. 2 [X.] (Kesseler, NJW 2009, 121, 123 f.; zustimmend [X.]/[X.], 6. Aufl., § 883 Rn. 62 [X.]. 428; offen gelassen von [X.], [X.] 2013, 446, 448).

c) Der Senat entscheidet die Frage mit der zuerst genannten Auffassung dahingehend, dass Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus der [X.] 2 des § 10 Abs. 1 [X.] betreibt, stets Vorrang gegenüber einer Auflassungsvormerkung zukommt; diese ist auch dann nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen, wenn sie - wie hier - bereits vor dem Entstehen der bevorrechtigten Hausgeldansprüche in das Grundbuch eingetragen worden ist.

aa) Dies ergibt sich allerdings nicht aus einer vermeintlich dinglichen Wirkung des [X.] der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach der Rechtsprechung des Senats enthält § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] lediglich eine Privilegierung schuldrechtlicher Ansprüche im Zwangsversteigerungsverfahren und verleiht diesen keine dingliche Wirkung (Senat, Urteil vom 13. September 2013 - [X.], [X.]Z 198, 216 Rn. 8 ff.). Aus dem schuldrechtlichen Charakter der bevorrechtigten Ansprüche folgt aber nicht, dass eine Auflassungsvormerkung Schutz vor der aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] betriebenen Zwangsversteigerung bietet (zutreffend [X.] in Dierck/[X.]/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; [X.], [X.] 2014, 61, 70 f.).

bb) Der Vorrang der § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] unterfallenden Hausgeldansprüche ergibt sich vielmehr daraus, dass die Auflassungsvormerkung der [X.] 4 des § 10 Abs. 1 [X.] zuzuordnen ist.

(1) Welches Recht dem Anspruch des betreibenden Gläubigers im Sinne von § 44 Abs. 1 [X.] vorgeht und folglich im geringsten Gebot Berücksichtigung finden muss, richtet sich nach §§ 10 bis 12 [X.] ([X.], [X.], 20. Aufl. § 44 Rn. 4.2; [X.]/Siwonia, [X.], § 44 Rn. 2 f.). Aus diesem Grund muss auch die Vormerkung zwingend in das [X.]nsystem des § 10 Abs. 1 [X.] - also in eine der in dieser Norm unter Nr. 1 bis 8 aufgeführten [X.]n - eingeordnet werden (zutreffend [X.] in Dierck/[X.]/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a). Nach der Rechtsprechung des [X.] steht eine Auflassungsvormerkung im Zwangsversteigerungsverfahren in einem Rangverhältnis zu den Rechten der [X.] 4 (Senat, Urteil vom 28. Oktober 1966 - [X.], [X.], 124, 127; [X.], Urteil vom 11. Juli 1996 - [X.], NJW 1996, 3147, 3148); nichts anderes gilt für ihr Verhältnis zu Rechten der [X.]n 1 bis 3. Zwar trifft es zu, dass die Vormerkung wie das vorgemerkte Eigentum zu behandeln ist (§ 48 [X.]) und dass das Eigentum als solches nicht rangfähig ist (Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 378 Rn. 16; [X.], [X.] (1998) [X.], 194). Daraus ergibt sich aber nicht, dass eine Auflassungsvormerkung außerhalb des [X.]nsystems des § 10 Abs. 1 [X.] steht; sie sichert zwar den Anspruch auf Verschaffung des Eigentums, ist aber ein Sicherungsrecht eigener Art und kein gegenüber dem Eigentum wesensgleiches Minus.

(2) Dass [X.] in die [X.] 4 des § 10 Abs. 1 [X.] einzuordnen sind, entspricht der nahezu einhelligen Auffassung (vgl. [X.]/Güthe, [X.], 7. Aufl., § 10 Rn. 15; [X.]/[X.], [X.] [2013], § 883 Rn. 294; Soergel/Stürner, [X.], 13. Aufl., § 883 Rn. 40; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 883 Rn. 60; [X.], [X.], 15. Aufl., § 883 Rn. 20; [X.] in [X.], WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., [X.] Rn. 49; [X.] in Dierck/[X.]/Vollkommer, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 344 Rn. 296a; Schöner/[X.], Grundbuchrecht, 15. Aufl. Rn. 1532; [X.], [X.] 2011, 429, 439; [X.], [X.] 2010, 345, 347, jeweils mwN). So sieht es auch der Senat. Weil die in § 10 Abs. 1 [X.] nicht ausdrücklich geregelte Vormerkung - wie ausgeführt - zwingend einer der in der Norm enthaltenen [X.]n zugeordnet werden muss, kommt nur die [X.] 4 in Betracht. Denn sie ist am ehesten mit den darin aufgeführten dinglichen Rechten vergleichbar, während sie mit den in den anderen [X.]n geregelten Rechten keine Ähnlichkeiten aufweist.

(3) Aus der Einordnung der Auflassungsvormerkung in die [X.] 4 des § 10 Abs. 1 [X.] ergibt sich ohne weiteres, dass sie gegenüber Rechten der [X.] 2 nachrangig ist. Denn die Rechte der [X.] 2 gehen insgesamt den Rechten aus den nachfolgenden [X.]n 3 bis 8 vor. Auf die zeitliche Entstehung der Rechte kommt es insoweit nicht an; diese ist von Bedeutung, wenn mehrere Rechte innerhalb der [X.] 4 konkurrieren (vgl. § 11 Abs. 1 [X.], §§ 879 ff. [X.]). Auch hängt die bevorzugte Stellung der Ansprüche von Wohnungseigentümergemeinschaften im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht von deren Rechtsnatur ab. Sie ergibt sich vielmehr aus der Einordnung der Hausgeldansprüche in dem [X.]nsystem des § 10 Abs. 1 [X.]. Mit diesem wäre es unvereinbar, wenn die der [X.] 2 unterfallenden Ansprüche im Verhältnis zu [X.] den nicht bevorrechtigten Ansprüchen aus der [X.] 5 der betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft gleichgesetzt würden (zutreffend [X.], [X.] 2014, 61, 70 f.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 17. April 2008 - [X.], [X.], 1956 Rn. 17).

cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht § 883 Abs. 2 [X.] diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Aufstellung des geringsten Gebots richtet sich nicht nach dieser Norm, sondern allein nach dem [X.]nsystem des [X.]. Die Wirkungen des § 883 Abs. 2 [X.] kann die Vormerkung gegenüber dem Ersteher nur dann entfalten, wenn sie gegenüber dem Recht des betreibenden Gläubigers (nach § 10 Abs. 1 [X.]) vorrangig ist, infolgedessen in das geringste Gebot fällt und trotz des Zuschlags bestehen bleibt. Nicht das [X.]nsystem wird durch § 883 Abs. 2 [X.] durchbrochen, sondern im Gegenteil wird die Schutzwirkung der Vormerkung durch die Spezialregelungen des [X.] erheblich modifiziert und eingeschränkt (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2013], § 883 Rn. 293 [X.]; [X.], Sachenrecht [1919], § 883 [X.] IV 3 c); [X.], [X.], 769 f.; unzutreffend daher [X.], [X.] 2013, 446, 448; Kesseler, NJW 2009, 121, 123; [X.], NJW 2013, 3518). Durch die Geltendmachung eines (nach dem [X.]nsystem) vorrangigen Anspruchs des betreibenden Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung wird der vorgemerkte [X.] nämlich in gesetzlich zulässiger Weise beeinträchtigt ([X.], [X.], 769, 770).

dd) Gegen den Vorrang der Ansprüche der Beteiligten zu 1 lässt sich auch nicht einwenden, dass hierdurch ein „Wettlauf“ zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem [X.] entstehe, weil ein Eigentumserwerb des [X.] während des [X.] dessen Fortsetzung entgegenstehe (vgl. [X.], [X.] in der Praxis, 6. Aufl., Rn. 1133; [X.]., Notar 2013, 331, 334).

(1) Richtig ist allerdings, dass es wi[X.]prüchlich wäre, wenn - wie es das Beschwerdegericht annimmt - einerseits die Vormerkung nicht in das geringste Gebot fiele, andererseits aber ein nach der Beschlagnahme erfolgter vollendeter Eigentumserwerb des [X.] gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu der Einstellung des [X.] führte. Zu einem solchen Wertungswi[X.]pruch kommt es aber nicht, weil eine nach der Beschlagnahme erfolgte Umschreibung des Eigentums auf den [X.] keinen Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens hat, wenn die Zwangsversteigerung aus einem gegenüber der Vormerkung (nach dem [X.]nsystem) vorrangigen Recht betrieben wird (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 378 ff.).

(2) So liegt es, wenn die Zwangsversteigerung aus Ansprüchen der [X.] 2 des § 10 Abs. 1 [X.] betrieben wird (ebenso im Ergebnis [X.], [X.] 2013, 230 f.; [X.] in [X.], WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 200; aA [X.], Notar 2013, 331, 334; [X.], [X.] 2013, 446, 448, jeweils mwN). Der auf dem vorgemerkten Anspruch beruhende Eigentumserwerb ist aufgrund der Beschlagnahme gegenüber der aus einem besseren Recht betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft relativ unwirksam (§ 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. §§ 135, 136 [X.]) und hindert die Fortsetzung des [X.] deshalb nicht (vgl. [X.], [X.]Report 2007, 580 f.). Soweit sich aus dem Senatsbeschluss vom 25. Januar 2007 insoweit etwas anderes ergibt ([X.], [X.]Z 170, 378 Rn. 12 ff.), hält der Senat hieran nicht fest.

ee) Im Ergebnis setzt sich danach das Vorrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus Rechten der [X.] 2 des § 10 Abs. 1 [X.] betreibt, gegenüber einer Auflassungsvormerkung stets durch. Diese ist nicht in das geringste Gebot aufzunehmen und erlischt mit dem Zuschlag; erwirbt der [X.] nach der Beschlagnahme das Eigentum, ist das Verfahren fortzusetzen und nicht gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] einzustellen. Dieses Ergebnis ist eine Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft die Zwangsversteigerung aus der [X.] 2 des § 10 Abs. 1 [X.] selbst betreiben darf (vgl. § 10 Abs. 3, § 52 Abs. 2 Satz 2 [X.]; BT-Drucks. 16/887, S. 44; Senat, Beschluss vom 17. April 2008 - [X.], [X.], 1956 Rn. 17); der Gesetzgeber hat - in den Grenzen von § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] - eine umfassende Privilegierung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Zwangsversteigerungsverfahren geschaffen (vgl. Senat, Urteil vom 13. September 2009 - [X.], [X.]Z 198, 216 Rn. 13, 16).

ff) Verfassungsrechtliche Bedenken stehen nicht entgegen. Allerdings droht Berechtigten, zu deren Gunsten - wie hier - am 1. Juli 2007 eine Auflassungsvormerkung eingetragen war, ein [X.] infolge der an diesem Tag in [X.] getretenen Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Es handelt sich insoweit um eine unechte Rückwirkung. Eine solche liegt vor, wenn eine Norm - wie hier - auf einen gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt und auf Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet. Sie ist grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Das ist dann der Fall, wenn die angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (st. Rspr. des [X.], vgl. nur [X.]E 132, 302 Rn. 43 mwN).

(1) § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] verfolgt das legitime Ziel, die Zwangsversteigerung von Eigentumswohnungen bei [X.] zu erleichtern. Nach der zuvor bestehenden Rechtslage waren Hausgeldrückstände im Zwangsversteigerungsverfahren nur in der [X.] 5 des § 10 Abs. 1 [X.] zu berücksichtigen und damit nachrangig gegenüber den Rechten der [X.] 4. Deshalb verlief die Zwangsversteigerung von Eigentumswohnungen wegen [X.] meist erfolglos. Die Rückstände mussten von den anderen Wohnungseigentümern getragen werden, wodurch notwendige Instandhaltungsmaßnahmen unterblieben (siehe insgesamt BT-Drucks. 16/887, [X.], 43 f.). Dieses Ziel würde verfehlt, wenn eine Auflassungsvormerkung vor einer aus Rechten der [X.] 2 betriebenen Zwangsversteigerung schützte. Kann nämlich der [X.] seinen Anspruch auf Eigentumsübertragung gegen den Ersteher durchsetzen, finden sich in aller Regel keine Bietinteressenten mit der Folge, dass eine Zwangsversteigerung faktisch unmöglich wird (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 1996 - [X.], NJW 1996, 3147 f.; [X.]/[X.], [X.] [2013], § 883 Rn. 302; [X.], [X.], 20. Aufl., § 28 Rn. 5.1 unter b); [X.] in Dierck/[X.]/Vollkommer, Handbuch des [X.] Rn. 296a).

(2) Die Bestandsinteressen der Betroffenen überwiegen die genannten Veränderungsgründe des Gesetzgebers nicht.

(a) Der mit der Neubelegung der [X.] 2 des § 10 Abs. 1 [X.] verbundene Eingriff in die Rechte der Realkreditgläubiger ist diesen insbesondere deshalb zuzumuten, weil der Gesetzgeber das Vorrecht sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch der Höhe nach begrenzt hat (vgl. BT-Drucks. 16/887, [X.] f.). [X.] droht allerdings - an[X.] als den dinglich berechtigten Gläubigern - mit dem Erlöschen der Auflassungsvormerkung durch den Zuschlag ein vollständiger [X.]. Gleichwohl kommt die zeitliche und summenmäßige Begrenzung des [X.] mittelbar auch den [X.] zugute, weil diese ihr Interesse an einem Fortbestehen der Auflassungsvormerkung durch Ablösung der vorrangigen Ansprüche wahren können.

(b) Zudem bot selbst eine erstrangige Auflassungsvormerkung auch vor der Gesetzesänderung keinen vollständigen Schutz. Sie war - unbestritten - stets durch eine Zwangsversteigerung gefährdet, die aus Ansprüchen der vorangehenden [X.]n betrieben wurde, etwa aufgrund öffentlicher Lasten der [X.] 3 des § 10 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.], Rpfleger 2013, 15, 19; Kesseler, NJW 2009, 121 f.; [X.], NJW 2000, 3600 ff. zu der Versteigerung aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a iVm § 174a [X.]). Die Inhaber einer Auflassungsvormerkung konnten nicht darauf vertrauen, dass die Regelung des § 10 Abs. 1 [X.] dauerhaft unverändert bleiben und keine weiteren Ansprüche in eine der vorangehenden [X.]n aufgenommen werden würden.

D.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde grundsätzlich nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 378 Rn. 7).

Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem Wert des Zuschlags, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG. Der Wert der anwaltlichen Vertretung der Beteiligten zu 1, 3 und 4 richtet sich nach § 26 Nr. 1 RVG.

Stresemann                     [X.]                        [X.]

                   Brückner                   Weinland

Meta

V ZB 123/13

09.05.2014

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Ravensburg, 9. Juli 2013, Az: 6 T 17/13

§ 10 Abs 1 Nr 2 ZVG, § 10 Abs 1 Nr 4 ZVG, § 28 Abs 1 S 1 ZVG, § 83 Nr 1 ZVG, § 83 Nr 5 ZVG, § 883 Abs 2 BGB, § 16 Abs 2 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.05.2014, Az. V ZB 123/13 (REWIS RS 2014, 5703)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5703

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