Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.12.2010, Az. B 9 SB 35/10 B

9. Senat | REWIS RS 2010, 552

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Gegenstand

Schwerbehindertenrecht - Bemessung des GdB


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 21. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Durch Urteil vom [X.] hat das [X.] ([X.]) die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) des [X.] von 50 auf 30 wegen Ablaufs einer [X.] bestätigt. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim [X.] (BSG) Beschwerde eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.]).

2

Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist unzulässig, weil er den behaupteten [X.] nicht so dargelegt hat, wie es § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt.

3

Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 [X.] hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl [X.] § 160 [X.] 17; [X.], 158 = [X.] 1500 § 160a [X.] 11; [X.] § 160a [X.] 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

4

Der Kläger hält die Frage für eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Anlage "[X.] Grundsätze" zur [X.] in ihrem Wortlaut und ihrer Rechtsanwendungspraxis bei karzinogenen Erkrankungen im Einklang mit dem Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nach wie vor eine Herabstufung unter einen [X.] von 50 vorsehen darf. Bei dieser Frage handelt es sich nicht zweifelsfrei um eine reine Rechtsfrage, also eine Frage, die allein unter Anwendung juristischer Methodik beantwortet werden kann.

5

Die Bemessung des GdB ist nach der ständigen Rechtsprechung de[X.] in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe ([X.] 4, 147, 149 f; [X.] 62, 209, 212 ff = [X.] 3870 § 3 [X.] 26 S 83 f; BSG [X.] 4-3250 § 69 [X.] 10), wobei das Gericht nur bei der Feststellung der einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen (erster Schritt) ausschließlich ärztliches Fachwissen heranziehen muss. Bei der Bemessung der Einzel-GdB und des [X.] kommt es indessen nach § 69 [X.] maßgebend auf die Auswirkungen der Gesundheitsstörungen auf die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft an. Bei diesem zweiten und dritten Verfahrensschritt hat das [X.] über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen. Diese Umstände sind in die als sog antizipierte Sachverständigengutachten anzusehenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im [X.] Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht ([X.]) einbezogen worden. Dementsprechend sind die [X.] nach der ständigen Rechtsprechung de[X.] im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu beachten ([X.] [X.] 4-3250 § 69 [X.] 9 Rd[X.] 25 mwN). Für die seit dem 1.1.2009 geltende Anlage "[X.] Grundsätze" ([X.]) zur [X.] gilt das Gleiche.

6

Die Feststellung des GdB ist dabei in einen rechtlichen Rahmen eingebettet, den das [X.] zwingend zu beachten hat. Rechtlicher Ausgangspunkt ist stets § 69 Abs 1, 3 und 4 [X.] (s zuletzt BSG [X.] 4-3250 § 69 [X.] 10 Rd[X.] 16 bis 21 mwN). [X.] und [X.] setzen die gesetzlichen Vorgaben um, wobei insbesondere auch medizinische Sachkunde zum Tragen kommt. Es kann hier offenbleiben, inwieweit in diesem Rahmen grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 [X.] auftreten können. Jedenfalls hat der Kläger die höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dargetan.

7

Es wird schon nicht deutlich, auf welche Bestimmung der [X.] sich die Frage des [X.] bezieht. Sollte er insoweit auf Teil B [X.] 1 Buchst c [X.] Bezug nehmen, so hätte er darlegen müssen, inwieweit sich daraus ergebe, dass eine Herabsetzung des GdB auf unter 50 zwingend vorgesehen sei. Besonderer Ausführungen hätte es schon deshalb bedurft, weil die betreffende Vorschrift an sich nur die pauschal bemessene Höhe des GdB während der [X.] regelt. Für die [X.] danach ist der GdB nach den konkreten Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bemessen (vgl dazu Teil A [X.] 2 [X.]). Dabei sind selbstverständlich auch seelische Begleiterscheinungen und erst recht psychische Störungen, auf die der Kläger hinweist, zu berücksichtigen (vgl Teil A [X.] 2 Buchst i [X.]). Insoweit ist nicht klar, inwiefern die [X.] nach Ansicht des [X.] in diesem Zusammenhang rechtliche Zweifelsfragen aufwerfen.

8

Letztlich zielt die Frage des [X.] offenbar auf eine (möglichst unbeschränkte) Verlängerung der [X.]szeit und der damit verbundenen pauschalen [X.]. Sicher würde die Regelung in Teil B [X.] 1 Buchst c [X.] gegen § 69 [X.] verstoßen, wenn sie nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entspräche (vgl § 69 Abs 1 Satz 5 [X.] iVm § 30 Abs 17 B[X.]; dazu auch § 2 [X.]). Da es zu den Aufgaben des beim [X.] gehört, die Fortentwicklung der [X.] entsprechend dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft vorzubereiten, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Bestimmungen der [X.] diesem Qualitätsmaßstab entsprechen. Insoweit hätte es näherer Darlegungen des [X.] dazu bedurft, inwiefern aufgrund neuerer medizinischer Erkenntnisse eine längere [X.]szeit geboten sein könnte. Der Kläger beschränkt sich hingegen auf allgemeine Behauptungen, ohne auf wissenschaftliche Quellen Bezug zu nehmen. Das reicht nicht aus.

9

Soweit der Kläger schließlich die in seinem Fall erfolgte [X.] angreift, rügt er im wesentlichen die berufungsgerichtliche Sachverhaltsaufklärung und Beweiswürdigung, ohne die Beschränkungen zu berücksichtigen, die sich bei behaupteten Verletzungen von § 103 und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG für die Revisionszulassung aus § 160 Abs 2 [X.] 3 Halbs 2 SGG ergeben.

Die Beschwerde ist daher ohne Hinzuziehung [X.] als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Meta

B 9 SB 35/10 B

09.12.2010

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SB

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 21. Februar 2008, Az: S 6 SB 675/07, Urteil

§ 69 SGB 9, VersMedV

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.12.2010, Az. B 9 SB 35/10 B (REWIS RS 2010, 552)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 552

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