Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2003, Az. IX ZR 243/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3771

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[X.] ZR 243/02vom24. März 2003in dem [X.] 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]. [X.] und [X.], [X.], Dr. Bergmann und am 24. März 2003beschlossen:Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung der Klägeraus dem Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 14. Oktober 2002 einstweilen einzustellen, wirdzurückgewiesen.Gründe:[X.] Beklagte ist durch Urteil des [X.] verurteilt worden,an die Kläger einen Betrag in Höhe von [X.] Die hiergegen gerichtete Berufung ist zurückgewiesen und das Urteil ist [X.], § 713 ZPO für vorläufig vollstreckbar erklärt worden.Nach fristgerechter Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbe-schwerde beantragt die Beklagte, die Zwangsvollstreckung aus dem Beru-fungsurteil gegen Sicherheitsleistung einzustellen. Sie macht geltend: [X.] aus dem angefochtenen Urteil würde ihr einen nicht zuersetzenden Nachteil bringen, da die Kläger in beengten finanziellen [X.] lebten und daher zu erwarten sei, daß die Beklagte beim Erfolg in der- 3 -Revisionsinstanz die von den Klägern im Rahmen der vorläufigen [X.] beigetriebene Klagesumme nicht mehr zurückerhalten würde. So hättendie Kläger nach Erlaß des landgerichtlichen Urteils [X.] § 845 ZPO ausgebracht, aber - auch nach ausdrücklicher [X.] zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten - nicht die imerstinstanzlichen Urteil angeordnete Sicherheitsleistung in Höhe von 29.000 erbracht.II.Der Antrag der Beklagten ist nicht begründet.Wird Revision gegen ein vorläufig vollstreckbares Urteil eingelegt, soordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, daß die [X.] eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nichtzu ersetzenden Nachteil bringen würde und ein überwiegendes Interesse [X.] nicht entgegensteht (§ 719 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Auf die Einlegungeiner Nichtzulassungsbeschwerde ist diese Norm entsprechend anwendbar(§ 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO). Die Einstellung der Zwangsvollstreckung kommthiernach nur in eng begrenzten Ausnahmefällen als letztes Hilfsmittel des Voll-streckungsschuldners in Betracht.Im Streitfall scheitert der Antrag schon daran, daß die Beklagte nichthinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat, die angekündigte [X.] würde ihr i.S.d. § 719 Abs. 2 ZPO einen nicht zu ersetzenden [X.] 4 -1. Nicht unersetzlich sind Nachteile, die der Schuldner selbst vermeidenkann. Kann er die Vollstreckung mittels ausreichend begründbarer und zumut-barer Anträge gemäß § 712 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 ZPO, gegebenenfallsüber eine Ergänzung nach § 716 ZPO abwenden, ist der Einstellungsantragzurückzuweisen (vgl. [X.], ZPO 22. Aufl. § 719 Rn. 13).a) Zwar hat die Beklagte keinen Schutzantrag nach § 712 ZPO gestellt.Dies steht hier jedoch einem Einstellungsantrag ausnahmsweise nicht entge-gen, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft keine Abwendungsbefugnisnach § 711 ZPO in den [X.] aufgenommen hat. Gemäß § 711 ZPO hatdas Gericht in den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 ZPO von Amts wegen anzu-ordnen, daß der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwen-den darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, falls- wie hier gemäß § 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 [X.] die Voraussetzungenfür ein Rechtsmittel nicht ausgeschlossen sind.Dies hat das Berufungsgericht verkannt, indem es [X.] die Vor-aussetzung des § 713 ZPO angenommen hat. Auf diese fehlerhafte Rechtsan-wendung mußte sich die Beklagte nicht einstellen, so daß ihr das [X.] gemäß § 712 ZPO nicht vorgeworfen werden kann.b) Die Beklagte war auch nicht gehalten, einen Ergänzungsantrag ge-mäß §§ 716, 321 ZPO zu stellen. In der Rechtsprechung des [X.] ist es anerkannt, daß in den Fällen, in denen das Gericht die Schutzan-ordnung gemäß § 711 ZPO unterläßt, ein Unterbleiben des Antrages auf Er-gänzung des Urteils gemäß §§ 716, 321 ZPO die Zurückweisung eines Antra-- 5 -ges nach § 719 Abs. 2 ZPO zur Folge hat (vgl. [X.], Urt. v. 25. August 1977- [X.], [X.] § 711 ZPO Nr. 1; v. 16. Februar 1984 - [X.]/83,NJW 1984, 1240). Diese Rechtsprechung findet im Streitfall jedoch keine An-wendung.Ein im Sinne von § 321 Abs. 1 ZPO "von einer Partei geltend gemachterHaupt- oder Nebenanspruch" ist übergangen, wenn das von einer Partei in [X.] eingeführte, in einen bestimmten Antrag gekleidete Begehren, also [X.] im prozessualen Sinne, über den es von Amts wegen oder wegendes gestellten Antrages einer Entscheidung bedurfte, versehentlich nicht [X.] worden ist (vgl. [X.], Urt. v. 25. Juni 1996 - [X.], [X.] § 321ZPO Haftungsbegrenzung 1). Die Vorschrift des § 321 ZPO setzt also eineEntscheidungslücke voraus; sie dient nicht der Richtigstellung eines [X.] (vgl. [X.], Urt. v. 27. November 1979 - [X.], [X.], 263 f).Eine Entscheidungslücke ist im Streitfall nicht gegeben. Das Berufungs-gericht hat nicht die Anordnung gemäß § 711 ZPO versehentlich unterlassenund damit eine lückenhafte Entscheidung im Sinne des § 321 ZPO getroffen,sondern seine Entscheidung ausdrücklich auf § 713 ZPO gestützt, so daß eineEntscheidung gemäß § 711 ZPO bewußt (wenn auch fehlerhaft) unterblieb.Damit entfiel für die Beklagte die Möglichkeit, einen erfolgversprechen-den Ergänzungsantrag gemäß §§ 716, 321 ZPO zu stellen.2. Ob ein nicht zu ersetzender Nachteil gegeben ist, wenn der [X.] ohne Sicherheitsleistung erhaltenen Urteilsbetrag wegen [X.] zurückzahlen kann, ist umstritten (vgl. [X.], aaO § 707- 6 -Rn. 17 [X.]. 112 m.w.N.). Der Streit braucht nicht entschieden zu werden, da [X.] der Beklagten nicht ausreicht, Mittellosigkeit der Kläger anzunehmen.Die Beklagte hat hierzu lediglich vorgetragen, daß die Kläger in "[X.] finanziellen Verhältnissen" lebten und als Beleg für diese Wertung die- unstreitige - Tatsache angeführt, daß die Kläger - selbst nach entsprechenderAufforderung - nicht die im erstinstanzlichen Urteil festgelegte Sicherheitslei-stung in Höhe von 29.000 ˜Sicherheitsleistung rechtfertigt nicht den Schluß auf eine Vermögenslosigkeitzum damaligen Zeitpunkt und schon gar nicht zu einem späteren. Es kann fürdieses Verhalten vielfältige Gründe geben. Ohne nähere konkrete Darlegungder Vermögensverhältnisse der Kläger kann deren Mittellosigkeit nicht als aus-reichend dargelegt angesehen werden.[X.]Kirchhof[X.]Bergmann

Meta

IX ZR 243/02

24.03.2003

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2003, Az. IX ZR 243/02 (REWIS RS 2003, 3771)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3771

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