Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2021, Az. B 11 AL 6/20 R

11. Senat | REWIS RS 2021, 5925

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Gegenstand

Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bei Arbeitsentgelt - Unterhaltsbeihilfe eines Rechtsreferendars - öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis - Arbeitsentgelt - Weitergewährung für den laufenden Monat der zweiten juristischen Staatsprüfung - Beendigung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses mit Bestehen der zweiten Staatsprüfung


Leitsatz

Der Bezug von Unterhaltsbeihilfe über das Ende des Rechtsreferendariats hinaus bis zum Ende des Examensmonats führt nicht zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Das Revisionsverfahren betrifft die Frage, ob der Anspruch des [X.] auf Arbeitslosengeld [X.]) zwischen dem 8. und [X.] wegen der Fortzahlung von [X.] nach Ablegung des zweiten juristischen Staatsexamens ruhte.

2

Der Kläger absolvierte ab dem [X.] ein Rechtsreferendariat in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zum [X.]. Er bestand das zweite juristische Staatsexamen am 7.9.2015. Am [X.] meldete sich der Kläger bei der Beklagten persönlich arbeitslos und beantragte die Bewilligung von [X.]. Die [X.] [X.] bescheinigte die letztmalige Auszahlung eines "beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelts" für den [X.]raum vom 1. bis zum 7.9.2015 in Höhe von 260,73 Euro sowie ein "Arbeitsentgelt über das Beschäftigungsverhältnis hinaus" für die [X.] "bis einschließlich: 30.09.2015 (856,70 €)" (Arbeitsbescheinigung vom 23.9.2015).

3

Die Beklagte lehnte den Antrag auf [X.] wegen des Ruhens des [X.]-Anspruchs des [X.] für den [X.]raum vom 8. bis zum [X.] gemäß § 157 [X.] ab (Bescheid vom 1.10.2015). Der Kläger habe vom Arbeitgeber noch bis einschließlich [X.] Arbeitsentgelt erhalten. Solange ruhe der Anspruch. Mit gesondertem Bescheid bewilligte die Beklagte dem Kläger [X.] für den [X.]raum vom 1.10.2015 bis zum [X.] (Bescheid vom 2.10.2015).

4

Die Beklagte wies den Widerspruch des [X.] gegen den Bescheid vom 1.10.2015 zurück (Widerspruchsbescheid vom 14.10.2015). Es sei zusätzlich zum bescheinigten Arbeitsentgelt in Höhe von 260,73 Euro für den [X.]raum vom 1. bis zum 7.9.2015 Arbeitsentgelt auch für die [X.] bis einschließlich [X.] in Höhe von 856,70 Euro gezahlt worden. Die Gesamtsumme in Höhe von 1117,43 Euro entspreche dem seit Juni 2015 erhaltenen monatlichen Arbeitsentgelt.

5

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Der Anspruch auf [X.] ruhe gemäß § 157 Abs 1 [X.]. Die Ausbildung des [X.] habe mit dem Tag der Bekanntgabe des Bestehens der zweiten Staatsprüfung geendet, dem Kläger habe aber auch für die [X.] nach Beendigung der Ausbildung bis zum Monatsende die den Referendaren gewährte [X.] zugestanden. An der somit für den gesamten Monat vom Land [X.] geschuldeten [X.], die einem Arbeitsentgelt iS des § 157 Abs 1 [X.] entspreche, ändere sich auch nichts dadurch, dass der Kläger aufgrund der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ab dem [X.] nicht mehr zur Erbringung einer Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei.

6

Das L[X.] hat auf die vom [X.] zugelassene Berufung das Urteil des [X.] aufgehoben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide der Beklagten vom 1. und 2.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 verpflichtet, dem Kläger [X.] für die [X.] vom [X.] bis zum [X.] in Höhe von kalendertäglich 25,49 Euro zu bewilligen (Urteil vom 14.7.2020). Der [X.]-Anspruch habe zwischen dem 8.9. und [X.] nicht geruht. § 157 Abs 1 [X.] erfasse nur Ansprüche, die sich auf [X.]räume beziehen, in denen faktisch keine Beschäftigung ausgeübt werde, jedoch rechtlich ein Arbeitsverhältnis bestehe. Für den Streitzeitraum habe der Kläger aber aufgrund der mit dem Bestehen des zweiten juristischen Staatsexamens eingetretenen Beendigung nicht in einem Ausbildungs- bzw Arbeitsverhältnis gestanden. Für den streitigen [X.]raum seien auch nicht die Ruhensvoraussetzungen des § 158 [X.] erfüllt.

7

Hiergegen richtet sich die vom L[X.] zugelassene Revision der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung des § 157 Abs 1 [X.] iVm § 14 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV. Das L[X.] sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass von § 157 [X.] nur Ansprüche umfasst sein könnten, die sich auf [X.]räume bezögen, in denen faktisch keine Beschäftigung ausgeübt werde, jedoch rechtlich ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. § 157 [X.] bezwecke, den Bezug von Doppelleistungen auszuschließen. Zweck der [X.] sei aber die Sicherung der finanziellen Lebensgrundlage für einen besonderen Personenkreis für einen jeweils von vorneherein begrenzten [X.]raum ab Ausscheiden aus dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis bis zum Ende des laufenden Monats.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts [X.]-Bremen vom 14. Juli 2020 aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 20. Juni 2017 zurückzuweisen.

9

Der Kläger hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das [X.] hat zu Recht unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung einen Anspruch des [X.] auf Gewährung von [X.] für die [X.] vom 8. bis [X.] bejaht.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den vorinstanzlichen Entscheidungen die Bescheide vom 1.10.2015 und [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 (§ 95 SGG). Der "[X.]" vom 1.10.2015 und der Bewilligungsbescheid vom [X.] bilden eine Einheit (vgl zum Sperrzeitrecht [X.] vom 13.3.2018 - B 11 [X.] 12/17 R - [X.], 170 = [X.] 4-4300 § 159 [X.], Rd[X.]0; [X.] vom [X.] - B 11 [X.] 17/18 R - [X.], 262 = [X.] 4-4300 § 159 [X.], Rd[X.]3). Daher ist es unschädlich, dass der Kläger Widerspruch (und später Klage) nur gegen den [X.] vom 1.10.2015 erhoben hat.

2. Der Entscheidung des [X.]s steht nicht entgegen, dass die dem Kläger gewährte [X.] ihren Rechtsgrund im nicht revisiblen Landesrecht hat. Dies gilt schon deshalb, weil das hier einschlägige Landesrecht auf § 60 [X.] und damit auf [X.] (§ 162 SGG) verweist. In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass Landesrecht revisibel ist, wenn es bewusst und gewollt Begriffe verwendet, die auch in Regelungen in Bezirken anderer [X.] verwendet werden ([X.] vom 11.8.2015 - B 9 [X.] 1/14 R - [X.]E 119, 224 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], Rd[X.]2; [X.] vom [X.] - B 9 [X.] 1/17 R - [X.]E 126, 63 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], Rd[X.]0). Auch wenn das Landesrecht im Übrigen unterschiedlich ausgestaltet ist, ist es danach für die [X.] ausreichend, wenn verschiedene - nicht alle - Länder inhaltsgleiche Vorschriften haben ([X.] vom [X.] - B 9 [X.] 1/17 R - [X.]E 126, 63 = [X.] 4-5921 Art 1 [X.], Rd[X.]0; vgl auch [X.] vom [X.] - B 3 KR 21/04 R - juris Rd[X.]7). Dies gilt erst Recht dann, wenn das Landesrecht auf eine bundesrechtliche Norm (§ 60 [X.]) verweist, weil es dann gerade um die Auslegung von Bundesrecht geht. Im Übrigen ist streitentscheidend die Auslegung des § 157 Abs 1 [X.] und damit von ohnehin revisiblem Bundesrecht.

3. Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG), gerichtet auf Aufhebung des Bescheides vom 1.10.2015 und Änderung des Bescheides vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 und Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von [X.] für den [X.]raum vom 8.9. bis [X.] und damit auf ein nach § 130 Abs 1 SGG zulässiges Grundurteil.

4. Der vom [X.] aufgrund seiner Feststellungen zutreffend bejahte Anspruch des [X.] auf [X.] dem Grunde nach ruhte im [X.]raum vom 8.9. bis [X.] nicht.

a) Allerdings handelt es sich bei der dem Kläger vom [X.] aufgrund seines Rechtsreferendariats gewährten [X.] um Arbeitsentgelt iS des § 14 [X.].

Arbeitsentgelt sind nach § 14 [X.], der gemäß § 1 Abs 1 Satz 2 [X.] auch für die Arbeitsförderung gilt und daher hier zugrunde zu legen ist (ebenso etwa [X.] in [X.], [X.] nF, § 157 Rd[X.]1, Stand Juni 2016; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl 2019, § 157 Rd[X.]; [X.] in Heinz/Schmidt-De Caluwe/[X.], [X.], 7. Aufl 2021, § 157 Rd[X.]4; für eine Begriffsdefinition nach arbeitsrechtlichen Regeln hingegen [X.] in [X.] Kommentar zum Arbeitsrecht, 21. Aufl 2021, § 157 [X.] Rd[X.]), alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dieser Beschäftigungsbegriff umfasst auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse ([X.] vom 2.11.2015 - B 13 R 17/14 R - [X.] 4-2600 § 181 [X.] Rd[X.]8 mwN), wie es hier in Form eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses vorliegt (vgl [X.] vom 31.3.2015 - B 12 R 1/13 R - [X.] 4-2400 § 14 [X.] Rd[X.]6; vgl zum Rechtsreferendariat im Beamtenverhältnis auf Widerruf etwa [X.] vom 12.12.1995 - 5/4 RA 52/94 - [X.] 3-2200 § 1232 [X.] f - juris Rd[X.]4). Die [X.] ist daher - ebenso wie die Besoldung eines Beamten ([X.] vom 4.6.1991 - 12 RK 43/90 - [X.] 3-2200 § 180 [X.] - juris Rd[X.]2) und die Anwärterbezüge während eines Vorbereitungsdienstes im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf ([X.] vom 2.11.2015 - B 13 R 17/14 R - [X.] 4-2600 § 181 [X.] Rd[X.]3) - Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 Satz 1 [X.] (vgl auch [X.] vom 31.3.2015 - B 12 R 1/13 R - [X.] 4-2400 § 14 [X.] Rd[X.]4).

Dies gilt auch für solche Zahlungen, die - wie im vorliegenden ([X.]) Fall - auf Grundlage einer entsprechenden landesrechtlichen Anordnung der entsprechenden Anwendung (§ 5 Abs 3 [X.] [[X.]] iVm § 1 Abs 2 [X.] [NBesG], jeweils in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung; vgl zur Rechtslage in den anderen Ländern die Nachweise bei [X.], [X.], 244) des § 60 Satz 1 [X.] - für die [X.] zwischen Beendigung des Vorbereitungsdienstes und dem Ende des Monats geleistet werden ([X.] vom 2.11.2015 - B 13 R 17/14 R - [X.] 4-2600 § 181 [X.] Rd[X.]7), weil § 14 [X.] es für die Qualifizierung als Arbeitsentgelt ausreichen lässt, wenn eine Einnahme im Zusammenhang mit einer Beschäftigung erzielt wird. Insofern besteht von dem Grundsatz, dass Arbeitsentgelt typischerweise nur Leistungen für die [X.] bis zur wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein können (vgl [X.] vom 14.2.1978 - 7 [X.]/76 - [X.]E 46, 20, [29] = [X.] 4100 § 117 [X.] S 18 f - juris RdNr 67; [X.] vom 21.9.1995 - 11 [X.] - [X.]E 76, 294 [297] = [X.] 3-4100 § 117 [X.] - juris Rd[X.]3), aufgrund der genannten [X.] Regelungen eine Ausnahme.

b) Der [X.] kann offenlassen, ob die im September 2015 erfolgte Zahlung der [X.] vollständig dem [X.]raum zuzuordnen ist, in dem der Kläger noch im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stand, also bis zum Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung. In diesem Fall ist der hier streitige [X.]raum gar nicht betroffen, so dass ein Ruhen des [X.]-Anspruchs schon deswegen ausscheidet. Ordnet man die Zahlung der [X.] im September 2015 anteilig dem "[X.]" nach der Staatsprüfung zu, ist zwar der streitige [X.]raum betroffen, ein Ruhenstatbestand aber nicht erfüllt.

Insbesondere liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen nach § 157 Abs 1 [X.] nicht vor, weil diese Norm nicht eingreift für [X.]räume, die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegen. Das Arbeitsverhältnis - hier das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis - war im vorliegenden Fall vor Beginn des streitigen [X.]raums durch Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung beendet. Das [X.] hat bereits zu § 117 Abs 1 [X.] in der vom [X.] bis 31.12.1997 geltenden Fassung und zu § 143 Abs 1 [X.] in der vom [X.] bis zum [X.] geltenden Fassung, den Vorgängernormen zu § 157 Abs 1 [X.] in der seit dem 1.4.2012 geltenden Fassung, die Auffassung vertreten, dass diese Normen nur den Fall der Zahlung von oder des Anspruchs auf Arbeitsentgelt trotz Arbeitslosigkeit, dh bei faktischer Beschäftigungslosigkeit, regeln, aber das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzen ([X.] vom 14.2.1978 - 7 [X.]/76 - [X.]E 46, 20 [29] = [X.] 4100 § 117 [X.] S 18 f - juris RdNr 67 zu § 117 Abs 1 [X.]; [X.] vom [X.] [X.] 108/01 R - [X.] 3-4300 § 143 [X.] S 9 - juris Rd[X.]6 zu § 143 Abs 1 [X.] aF; ebenso etwa Voelzke in [X.]/Eicher, [X.] Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 Rd[X.]56). Hieran hält der [X.] für § 157 Abs 1 [X.] fest.

Der dergestalt eingeschränkte Anwendungsbereich des § 157 Abs 1 [X.] folgt allerdings nicht bereits aus dem - insoweit offenen - Wortlaut der Norm oder ihrer Entstehungsgeschichte. Dessen ursprüngliche Vorgängernorm - § 113 Abs 1 [X.] [X.] vom 16.7.1927 ([X.]), wonach der [X.] keine [X.]nunterstützung für die [X.] erhielt, für die er noch Arbeitsentgelt bezieht - war vielmehr von dem Ziel des Gesetzgebers geleitet, keine [X.]nunterstützung zu gewähren, "wenn das Arbeitsverhältnis gelöst ist, solange der Arbeitnehmer Lohn oder Gehalt weiterbezieht" (Begründung des Entwurfes eines [X.] vom 16.12.1926, [X.]/2885, [X.] zu § 74 der Entwurfsfassung; ebenso Bericht des [X.], [X.]/3622, [X.]). Hieran knüpfte der Gesetzgeber mit den Nachfolgeregelungen an, ohne andere Motive zu äußern (Begründung des Gesetzentwurfes zu § 113 [X.]-Entwurfsfassung vom 17.3.1955, [X.]/1274 S 133) bzw mit dem bloßen Hinweis, dass die neue Regelung inhaltlich dem bislang geltenden Recht entspreche (Begründung des Gesetzentwurfes zu § 106 [X.]-Entwurfsfassung vom 16.11.1967, [X.]/2291 [X.]; Begründung des Gesetzentwurfes zu § 143 [X.] aF vom 18.6.1996, BT-Drucks 13/4941 S 180).

Aus dem Umstand, dass Arbeitsentgelt in der Regel nur für [X.]räume gezahlt wird, in denen noch ein Arbeitsverhältnis bestand, hat das [X.] jedoch gefolgert, dass § 117 Abs 1 [X.] und § 143 Abs 1 [X.] aF nur [X.]räume erfassen könnten, in denen noch ([X.] vom 14.2.1978 - 7 [X.]/76 - [X.]E 46, 20 [29] = [X.] 4100 § 117 [X.] S 18 f - juris RdNr 67; [X.] vom 21.9.1995 - 11 [X.] - [X.]E 76, 294 [297] = [X.] 3-4100 § 117 [X.] - juris Rd[X.]3) oder schon ein Arbeitsverhältnis besteht ([X.] vom [X.] [X.] 108/01 R - [X.] 3-4300 § 143 [X.] S 7 f, 9 - juris Rd[X.]1 f, 26; vgl auch Voelzke in [X.]/Eicher, [X.] Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 Rd[X.]56). An dieser Begrenzung des Anwendungsbereiches hält der [X.] auch für die hier vorliegende Konstellation fest, in der noch Arbeitsentgelt für die [X.] nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird. Dies beruht auf der systematischen Erwägung, dass Sachverhalte, die [X.]räume nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses betreffen, spezieller und daher abschließend von § 157 Abs 2 [X.] (für Urlaubsabgeltungen) und § 158 Abs 1 und 2 [X.] (für Entlassungsentschädigungen) geregelt sind (vgl aber auch § 158 Abs 3 [X.]). Das Abstellen allein auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in rechtlicher Hinsicht dient der verlässlichen Abgrenzung der möglichen Fallgruppen.

Dahinter haben Überlegungen zum Zweck des § 157 Abs 1 [X.] zurückzustehen. Diese Regelung hat den Zweck, den Bezug der Lohnersatzleistung [X.] neben dem gleichzeitigen Bezug von Lohn ([X.]) zu verhindern ([X.] vom 14.2.1978 - 7 [X.]/76 - [X.]E 46, 20 [29] = [X.] 4100 § 117 [X.] S 18 - juris RdNr 67; [X.] vom 4.9.1979 - 7 [X.]/78 - juris Rd[X.]4, jeweils zu § 117 Abs 1 [X.]). Der [X.] soll nicht Leistungen der Versichertengemeinschaft erhalten, solange er keinen Lohnausfall hat ([X.] vom 12.12.1984 - 7 [X.]/83 - [X.] 4100 § 117 [X.]3 S 59 - juris Rd[X.]2 zu § 117 [X.]; [X.] vom 21.9.1995 - 11 [X.] - [X.]E 76, 294 [296] = [X.] 3-4100 § 117 [X.]2 [X.] f - juris Rd[X.]3 zu § 117 [X.]; [X.] vom [X.] [X.] 108/01 R - [X.] 3-4300 § 143 [X.] S 8 - juris Rd[X.]4 zu § 143 Abs 1 [X.] aF). Diesen Zweck verfolgen § 157 Abs 2 und § 158 Abs 1 und 2 [X.] aber in ähnlicher Weise (vgl [X.] vom [X.] - [X.]E 52, 47 [49] = [X.] 4100 § 117 [X.] - juris Rd[X.]7; [X.] vom 3.3.1993 - 11 [X.]/92 - [X.] 3-4100 § 117 [X.]0 S 65 - juris Rd[X.]8; jeweils zu § 117 Abs 2 [X.]). Er verwirklicht sich nur im Rahmen der Systematik der Ruhensregelungen und steht dem [X.] nicht entgegen.

c) Auch die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs nach § 158 Abs 1 Satz 1 [X.] liegen nicht vor. Nach dieser Norm ruht der Anspruch auf [X.] von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte, wenn die oder der [X.] wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Diese Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem [X.] (§ 158 Abs 1 Satz 2 [X.]). Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einer Beendigung des Ausbildungsverhältnisses durch eine Kündigung des Arbeitgebers oder durch eine Vereinbarung über die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses. Das Ausbildungsverhältnis des [X.] endete vielmehr kraft Gesetzes.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.

Meta

B 11 AL 6/20 R

12.05.2021

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Lüneburg, 20. Juni 2017, Az: S 39 AL 162/15, Urteil

§ 157 Abs 1 SGB 3, § 14 Abs 1 S 1 SGB 4, § 60 S 1 BBesG, § 5 Abs 3 JAG ND

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2021, Az. B 11 AL 6/20 R (REWIS RS 2021, 5925)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 5925

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