Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.08.2022, Az. 1 WB 46/22, 1 W-VR 15/22, 1 WB 46/22, 1 W-VR 15/22

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2022, 4705

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Gegenstand

Ablehnungsgesuch im Hinblick auf die Entscheidung des 1. Wehrdienstsenats 1 WB 2/22, 1 WB 5/22


Tenor

Das gegen die Richterin am [X.], [X.] am [X.] und [X.] am [X.] gerichtete Ablehnungsgesuch des Soldaten wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

1. Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2022 hat der Soldat geltend gemacht, die an den Entscheidungen in den Verfahren BVerwG 1 [X.] 5.22 sowie BVerwG 1 [X.] 2.22 beteiligten berufsrichterlichen Mitglieder des [X.] seien in den von ihm anhängig gemachten und bislang ruhenden wehrbeschwerderechtlichen Antragsverfahren befangen. In den Verfahren beantragt er, die Anweisung der Bundesverteidigungsministerin zur Aufnahme der COVID-19-Impfung in das [X.] der [X.] und die damit einhergehenden Tagesbefehle der Bundesverteidigungsministerin und des Generalinspekteurs der [X.] aufzuheben und einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren.

2

Die Besorgnis der Befangenheit [X.] ergebe sich daraus, dass die Entscheidungen in den Verfahren BVerwG 1 [X.] 5.22 und BVerwG 1 [X.] 2.22 unter Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs ergangen seien, eine willkürliche Befassung mit dem Vortrag der dortigen Beschwerdeführer und den Ergebnissen der Beweisaufnahme offenbart hätten und ein solches Verhalten auch in dem von ihm betriebenen Verfahren zu erwarten stehe. Insbesondere bei dem Vorsitzenden [X.] sei allgemein aufgefallen, dass er darum bemüht gewesen sei, die Befragung der Vertreter des [X.] und des [X.] zu behindern. Ein Prozessbeobachter wolle sogar beobachtet haben, dass der Vorsitzende während der Befragung des Vertreters des [X.]Instituts von diesem mit Handzeichen darum gebeten worden sei, einzugreifen und ihm beizustehen. Dies sei auch geschehen, weil der Vorsitzende das Wort ergriffen und erklärt habe, die Fragen seien nun beantwortet. Zur Begründung werde im Übrigen auf die schriftsätzlichen Darlegungen in den Verfahren BVerwG 1 [X.] 5.22 sowie BVerwG 1 [X.] 2.22 verweisen, in denen die dortigen Beschwerdeführer auf ca. 1 000 Seiten (nebst Anlagen) die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahmen nachgewiesen hätten.

3

2. Zu dem Ablehnungsgesuch haben sich die Richterin am [X.], [X.] am [X.] und [X.] am [X.] dienstlich geäußert und ihre Befangenheit verneint. Von den Verfahrensbeteiligten hat der Soldat dazu Stellung bezogen.

4

3. Die Entscheidungsgründe in den Verfahren BVerwG 1 [X.] 2.22 sowie BVerwG 1 [X.] 5.22 liegen noch nicht schriftlich vor.

Entscheidungsgründe

5

1. Der Senat entscheidet über das Ablehnungsgesuch gegen alle abgelehnten regulären [X.] des [X.], ohne dass diese daran mitwirken (§ 23a Abs. 2 [X.] i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO, § 45 Abs. 1 ZPO). Denn das Ablehnungsgesuch stellt sich weder als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts dar ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 29. Januar 2014 - 7 C 13.13 - [X.] 310 § 54 VwGO Nr. 76 Rn. 5 und vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 Rn. 8; Thür[X.], [X.]eschluss vom 2. November 2016 - [X.] 8/14 - juris Rn. 30 ff.; [X.], in: [X.], ZPO, Kommentar, 34. Aufl. 2022, § 44 Rn. 12; vgl. auch § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO), noch ist es etwa deshalb offensichtlich unzulässig, weil es sich gegen einen nicht zur Mitwirkung im Verfahren berufenen [X.] richtet ([X.], [X.] vom 20. Januar 2022 - 1 [X.]vR 2604/21 - juris Rn. 2).

6

2. Da der [X.] dadurch in Gänze nicht mehr beschlussfähig ist, haben über das Ablehnungsgesuch gemäß [X.] Satz 2 des Geschäftsverteilungsplanes des [X.] für das Geschäftsjahr 2022 (Geschäftsverteilungsplan) die [X.] des [X.] - [X.], [X.] sowie Prof. Dr. [X.]urmeister - zu befinden, wobei [X.] als Vorsitzender auch des [X.] wegen des Ablehnungsgesuchs von der Mitwirkung erneut ausgeschlossen ist. An seine Stelle tritt gemäß [X.] 4 des Geschäftsverteilungsplans [X.] am [X.]undesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden. Der Mitwirkung ehrenamtlicher [X.] bedarf es nicht, weil im [X.] keine abschließende Entscheidung zur Sache getroffen wird ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 17. Januar 2006 - 1 W[X.] 3.05 - juris Rn. 33 und vom 26. April 2011 - 2 WD[X.] 2.11 - [X.] 450.2 § 42 [X.] 2002 Nr. 4 Rn. 5).

7

3. Über die Ausschließung und Ablehnung von [X.] ist im vorliegend vom Soldaten nach § 21 Abs. 1 [X.] betriebenen Antragsverfahren vor den [X.] nach den gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.] entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 54 VwGO i. V. m. §§ 41 bis 49 ZPO zu entscheiden ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 11. März 2021 - 1 W[X.] 27.20 - juris Rn. 3).

8

4. [X.]ei den für befangen erachteten [X.]n sind weder gesetzliche Ausschließungsgründe nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 41 ZPO, § 54 Abs. 2 VwGO oder § 77 [X.] ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 30. Januar 2018 - 1 W[X.] 12.17 - juris Rn. 5 und vom 11. März 2021 - 1 W[X.] 27. 20 - juris Rn. 5) geltend gemacht worden noch ersichtlich; ebenso wenig ist deren Ablehnung wegen [X.]esorgnis der [X.]efangenheit gerechtfertigt. Einen Ausschluss aus sonstigen Gründen verbietet der Grundsatz des gesetzlichen [X.]s (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 11. März 2021 - 1 W[X.] 27.20 - juris Rn. 4).

9

a) Nach dem gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.] entsprechend anwendbaren § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 25. März 2010 - 1 W[X.] 28.09 - [X.] 310 § 54 VwGO Nr. 73 Rn. 4; Dau/Scheuren, [X.], 7. Aufl., § 23a Rn. 5) setzt die Ablehnung wegen [X.]esorgnis der [X.]efangenheit einen Grund voraus, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des [X.]s zu rechtfertigen, nicht hingegen, dass dieser tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt eines [X.]eteiligten aus gesehen hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unparteilichkeit eines [X.]s zu zweifeln, mithin bereits der "böse Schein" besteht ([X.], [X.]eschluss vom 12. Dezember 2012 - 2 [X.]vR 1750/12 - [X.], 294 <295>; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 11. März 2021 - 1 W[X.] 27.20 - juris Rn. 6). Eine ausschließlich subjektive [X.]esorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht indes nicht aus.

b) Dabei dient das [X.] nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen ([X.], [X.] vom 23. Februar 2022 - 1 [X.]vR 124/22 - juris Rn. 8) oder einem Verfahrensbeteiligten eine Handhabe zu geben, einen seinem Anliegen gewogenen [X.] auszuwählen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 15. März 2017 - 2 WD 13.16 - [X.] 2017, 128 <129>; [X.], [X.]eschluss vom 4. Mai 2021 - 3 C 43/21 - juris Rn. 12). Es soll Verfahrensbeteiligte ausschließlich vor einer persönlichen Voreingenommenheit des [X.]s, nicht aber vor einer richterlichen Rechtsanwendung schützen. [X.]liche Äußerungen zu Ablehnungsgesuchen, wie sie vorliegend eingeholt wurden, brauchen sich deshalb auch nicht zu vermeintlichen Verstößen gegen materielles Recht bei der richterlichen Entscheidungsfindung und vermeintliches Fehlverhalten bei der Sachverhaltsbeurteilung zu verhalten ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 23. Oktober 2007 - 9 A 50.07, 9 VR 19.07, 9 VR 21.07 - [X.] 303 § 43 ZPO Nr. 1 Rn. 2). Dem entspricht des Weiteren, dass allein aus der richterlichen Vorbefassung mit einer auch im anhängigen Verfahren entscheidungserheblichen Rechtsfrage keine [X.]esorgnis der [X.]efangenheit abgeleitet werden kann ([X.], [X.] vom 23. Februar 2022 - 1 [X.]vR 124/22 - juris Rn. 8; zu § 41 Abs. 1 Nr. 6 ZPO: [X.]GH, [X.]eschluss vom 18. Dezember 2014 - IX Z[X.] 65/13 - NJW-RR 2015, 444 Rn. 8).

Tatsächliche oder vermeintliche Verfahrens- oder [X.] sind für sich genommen nicht geeignet, einen Ablehnungsgrund darzutun, sofern die von den abgelehnten [X.]n getroffene Entscheidung bzw. die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung sich nicht als rechtlich willkürlich erweist, mithin offensichtlich unhaltbar ist. Ist Letzteres nicht gegeben, müssen vielmehr konkrete Umstände vorgetragen werden, die darauf hindeuten, dass die gerügten Mängel nicht nur auf einer fehlerhaften Rechtsauffassung, sondern auf einer persönlichen Voreingenommenheit des [X.]s oder auf Willkür beruhen ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 14. November 2012 - 2 KSt 1.11 - NVwZ 2013, 225 Rn. 4, vom 12. August 2020 - 8 [X.] 40.20, 8 PKH 5.20 - juris Rn. 2 f. m. w. N. und vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 Rn. 35).

c) Gemäß § 23a Abs. 2 [X.] i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 44 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO ist der Ablehnungsgrund individuell bezogen auf den oder die an der zu treffenden Entscheidung beteiligten [X.] glaubhaft darzulegen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 Rn. 20). Glaubhaft zu machen sind nach § 294 ZPO dabei tatsächliche Angaben, aus denen sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die [X.]esorgnis der [X.]efangenheit ableitet ([X.]GH, [X.]eschluss vom 21. Dezember 2006 - IX Z[X.] 60/06 ([X.]) - NJW-RR 2007, 776 Rn. 11; [X.] Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 44 Rn. 8 f.; zum non liquet: [X.]GH, [X.]eschluss vom 21. Oktober 2010 - V Z[X.] 210/09 - NJW-RR 2011, 136 Rn. 10).

5. Nach Maßgabe dessen liegen bei keinem der abgelehnten [X.] Gründe vor, die die [X.]esorgnis ihrer [X.]efangenheit begründen.

a) [X.] stützt seine [X.]esorgnis in der Sache auf die nach seiner Einschätzung materiell-rechtlich unrichtige Entscheidung, an der die [X.] unter Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs und auf der Grundlage einer unzutreffenden [X.]eweiswürdigung in nicht von ihm betriebenen Verfahren mitgewirkt haben sollen. Damit leitet er deren [X.]efangenheit aus Umständen ab, die nach der dargelegten Rechtsprechung für sich allein keinen anerkannten Ablehnungsgrund bilden.

Ungeachtet dessen und die Entscheidung selbständig tragend tritt hinzu, dass die aus einem Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs abgeleitete Sorge der [X.]efangenheit schon deshalb nicht glaubhaft dargelegt werden konnte, weil die schriftlichen Entscheidungsgründe noch nicht vorliegen, so dass er allein aus dem Ergebnis der Verfahren [X.]VerwG 1 W[X.] 2.22 sowie [X.]VerwG 1 W[X.] 5.22 zum einen mutmaßt, die [X.] hätten den - dortigen - Vortrag unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ([X.], [X.] vom 20. Mai 2022 - 2 [X.]vR 1982/20 - juris Rn. 41) nicht gewürdigt und würden zum anderen dazu auch in seinem Verfahren nicht bereit sein. Damit verkennt er, dass Art. 103 Abs. 1 GG nicht das Recht eines Verfahrensbeteiligten gegenüber [X.]n enthält, sich mit seinem Vorbringen in einer Weise auseinandersetzen, die er selbst für richtig hält ([X.], [X.]eschluss vom 4. Juli 1989 - 1 [X.]vR 1460/85, 1239/87 - [X.]E 80, 269 <286>). Die Norm garantiert keinen "Erfolg in der Sache" ([X.], in: [X.]/[X.]/[X.], Stand November 2021, Art. 103 Abs. 1 Rn. 95) und verlangt für die Entscheidungsbegründung auch nur, dass ausschließlich die für die richterliche Überzeugung leitenden Gründe angegeben werden (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und auf den Vortrag eines Verfahrensbeteiligten nur dann vertieft eingegangen wird, wenn dies [X.] des [X.] darstellt, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert ist (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 19. Mai 1992 - 1 [X.]vR 986/91 - [X.]E 86, 133 <146> m. w. N. sowie [X.] vom 20. Mai 2022 - 2 [X.]vR 1982/20 - juris Rn. 41).

b) Die unter Mitwirkung der abgelehnten [X.] im Rahmen einer nach den gesetzlichen Vorgaben ausdrücklich freien [X.]eweiswürdigung (§ 23a Abs. 1 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 261 StPO) getroffene Entscheidung und die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung erweisen sich auch nicht als rechtlich willkürlich. Dies belegen sowohl rechtswissenschaftliche Positionierungen zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht (vgl. [X.], NVwZ 2022, 204 <204 ff.>; [X.], [X.] 2021, 149) als auch einer sektoralen Impfobliegenheit. Namentlich das [X.]undesverfassungsgericht hat anerkannt, dass sich der Staat trotz der Unwägbarkeiten der wissenschaftlichen Erkenntnislage an einer sachgerechten und vertretbaren [X.]eurteilung der ihm verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten orientieren und er Konflikte zwischen hoch- und höchstrangigen Interessen auch bei ungewisser Lage entscheiden darf ([X.], [X.]eschluss vom 27. April 2022 - 1 [X.]vR 2649/21 - NVwZ 2022, 950 Rn. 152; vgl. auch [X.], [X.]eschluss vom 21. Juli 2022 - 1 [X.]vR 469/20 u. a. - juris Rn. 117 ff. sowie [X.], Urteil vom 8. April 2021 - 47621/13 u. a. - NJW 2021, 1657 Rn. 274 ff.).

Dass die vom [X.] vorgenommene [X.]eweiswürdigung und die darauf gestützte rechtliche Würdigung umstritten ist und insbesondere vom Soldaten nicht geteilt wird, führt nicht zu ihrer Unvertretbarkeit. Charakteristikum rechtsprechender Tätigkeit ist typischerweise die letztverbindliche Klärung der Rechtslage in einem Streitfall im Rahmen besonders geregelter Verfahren ([X.], [X.]eschluss vom 2. Dezember 2014 - 1 [X.]vR 3106/09 - [X.]E 138, 33 Rn. 18). Dabei ist ohne [X.]elang, ob die Entscheidung jenseits der Verfahrensbeteiligten - etwa bei den Zuhörern einer gerichtlichen Verhandlung - allgemeine Akzeptanz gefunden hat. Die aus der ausschließlichen Gesetzesgebundenheit des [X.]s folgende richterliche Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) beansprucht nicht nur dem Staat, sondern auch der Zivilgesellschaft gegenüber Geltung.

c) Es wurden auch keine konkreten Umstände substantiiert und glaubhaft dargelegt, welche darauf hindeuteten, dass die Rechtsauffassung der [X.] auf einer persönlichen Voreingenommenheit beruht, die darüber hinaus auch in den von ihm betriebenen Verfahren durchschlüge.

(1) [X.]ezogen auf den [X.] [X.] ist mit der [X.]ehauptung, insbesondere bei ihm sei allgemein aufgefallen, dass er darum bemüht gewesen sei, die [X.]efragung der Vertreter des [X.] und des [X.] zu behindern, kein [X.]efangenheitsgrund glaubhaft dargelegt worden. Die [X.]ehauptung ist abstrakt ("allgemein aufgefallen") und bewegt sich auf der [X.]ewertungsebene ("behindern"), ohne konkrete Tatsachen zu beschreiben, die die Verfahrensführung als rechtswidrig ausweisen könnten. Ungeachtet dessen haben selbst die Verfahrensbeteiligten in den dortigen Verfahren keinen Anlass gesehen, die Prozessführung des Vorsitzenden zu beanstanden (§ 104 Abs. 2 Satz 2 VwGO) oder ein Ablehnungsgesuch gegen ihn anzubringen. Auch dies spricht dagegen, dass ein objektiver [X.]etrachter den Eindruck hätte erlangen müssen, der [X.] werde nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden oder habe sich in der Sache bereits festgelegt ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 11. März 2021 - 1 W[X.] 27.20 - juris Rn. 6).

(2) Der Vortrag, ein Prozessbeobachter wolle sogar beobachtet haben, dass der Vorsitzende in der Verhandlung während der [X.]efragung des Vertreters des [X.]Instituts von diesem mit Handzeichen darum gebeten worden sei, einzugreifen und ihm beizustehen, was auch geschehen sei, legt ebenso wenig einen Ablehnungsgrund glaubhaft dar. Die [X.]ehauptung bezieht sich zum einen auf die Wahrnehmung einer anderen, nicht benannten Person; zum anderen finden sich keine Darlegungen dazu, warum die Intervention des Vorsitzenden und dessen (angeblich unzutreffende) Einschätzung, die Fragen seien ausreichend beantwortet, nicht mehr von der [X.]efugnis des Vorsitzenden zur Verhandlungsführung erfasst gewesen sein sollten. Auch insoweit haben bereits die [X.]eteiligten in den dortigen Verfahren keinen Anlass gesehen, ein Ablehnungsgesuch anzubringen.

(3) Der [X.]esorgnis des Soldaten, die [X.]eweiswürdigung durch die [X.] und deren Rechtsauffassung in den entschiedenen Verfahren [X.]VerwG 1 W[X.] 2.22 sowie [X.]VerwG 1 W[X.] 5.22 würden auch in den von ihm betriebenen Verfahren durchschlagen, steht vernünftigerweise zudem die dortige mündliche Urteilsbegründung entgegen, wie sie in der Pressemitteilung des [X.] Nr. 44/2022 vom 7. Juli 2022 dokumentiert ist. Zwar wurden die Verfahren des Soldaten (mit [X.]eschluss vom 1. Juni 2022 zu [X.]VerwG 1 W[X.] 14.22 und [X.]VerwG 1 W-VR 9.22) ruhend gestellt, weil die unter dem Aktenzeichen [X.]VerwG 1 W[X.] 2.22 sowie [X.]VerwG 1 W[X.] 5.22 entschiedenen Verfahren als Musterverfahren angesehen wurden. In dem Ruhensbeschluss heißt es jedoch ausdrücklich, durch die Entscheidung der Musterverfahren würden thematisch gleich gelagerte Verfahren nur strukturiert. Dem entspricht, dass sich der [X.] - ausweislich der Pressemitteilung - an seiner Einschätzung, der positive Effekt der Impfung überwiege das mit ihr verbundene Risiko deutlich, nicht im Sinne einer auch zukünftige Verfahren präjudizierenden Grundsatzentscheidung gebunden sieht. Denn er betont zugleich, eine Daueranordnung wie sie in Gestalt der Verpflichtung zur COVID-19-Impfung vorliege, könne bei veränderten Umständen unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft werden. Da die Entscheidung in den vom Soldaten betriebenen Verfahren noch ansteht, kann in ihnen folglich auf der Grundlage des dann aktuellen [X.] eine erneute Würdigung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen erfolgen.

6. Der [X.]eschluss ist unanfechtbar.

Meta

1 WB 46/22, 1 W-VR 15/22, 1 WB 46/22, 1 W-VR 15/22

18.08.2022

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

Art 103 Abs 1 S 1 GG, § 23a Abs 2 WBO, § 91 Abs 1 S 1 WDO 2002, § 54 Abs 1 VwGO, § 54 Abs 2 VwGO, § 104 Abs 2 S 1 VwGO, § 108 Abs 1 S 2 VwGO, § 41 ZPO, § 42 Abs 2 ZPO, § 44 Abs 2 S 1 Halbs 1 ZPO, § 45 Abs 1 ZPO, § 294 ZPO, § 261 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.08.2022, Az. 1 WB 46/22, 1 W-VR 15/22, 1 WB 46/22, 1 W-VR 15/22 (REWIS RS 2022, 4705)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4705

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