Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2004, Az. VI ZR 95/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4745

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/03Verkündet am:3. Februar 2004Böhringer-Mangold,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: jaBGB § 823 [X.] Umfang der Verkehrssicherungspflicht bei einer Wasserrutsche (Röhrenrutsche)in einem Schwimmbad.[X.], Urteil vom 3. Februar 2004 - [X.]/03 - [X.] [X.]Görlitz- 2 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin Dr. [X.] und die [X.]. [X.], Wellner, Pauge und Stöhrfür Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 25. Februar 2003 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Der damals 9-jährige Kläger besuchte am 20. Oktober 1999 gemeinsammit seiner Mutter und Bekannten das Hallenbad der Beklagten in [X.] Im [X.] dieses Bades befindet sich eine 46 m lange Wasserrutsche in [X.] komplett geschlossenen Röhre. Der Zugang erfolgt über eine in einem[X.] gelegene Treppe. Der Auslauf mündet im Innenbereich des [X.]. Am unteren Eingang zum [X.] und oben etwa 4 m vor dem [X.] zur Rutsche befinden sich Tafeln mit Benutzungshinweisen. Für im [X.] stehende Badegäste ist der weitere Rutschenbereichnicht einsehbar. Die Rutsche ist mit einer sensorgesteuerten Ampelanlage aus-gestattet. Der Benutzer passiert unmittelbar nach dem Start eine Lichtschrankeund schaltet damit die am [X.] installierte Ampel von Grün auf- 3 -Rot. Kurz vor dem Ende der Rutsche befindet sich eine zweite Lichtschranke,bei deren Passieren die Ampel wieder auf Grün geschaltet wird. Der [X.] der Auslauf der Rutsche können von der Schwimmeisterzentrale aus übereine Video-Überwachungsanlage eingesehen werden, die wahlweise Bilder [X.], des Ausstiegs oder anderer Überwachungskameras zeigt.Die Schwimmeister können den Bereich der Rutsche persönlich aufsuchen odermit Lautsprecherdurchsagen erreichen.Der Kläger, der die Rutsche nach seiner Behauptung bei Grün betretenund ordnungsgemäß benutzt hat, kollidierte innerhalb der Röhre mit einem an-deren Badegast, einer älteren Dame. Er schlug nach dem Aufprall mit dem Ge-sicht auf der Rutsche auf. Dabei wurden zwei seiner bleibenden Schneidezähnemit den Wurzeln herausgerissen. Ein weiterer Schneidezahn brach ab.Die auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes von minde-stens 15.000 DM und Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich materieller undweiterer immaterieller Schäden gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg.Die Berufung der Beklagten führte zur Klageabweisung. Mit der vom Oberlan-desgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagte habe die ihr oblie-gende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Die Anlage der [X.] der maßgeblichen [X.]-Norm. Bei ordnungsgemäßer Benutzung durchalle Badegäste gewährleiste die sensorgesteuerte Ampel, daß sich immer [X.] in der Rutsche befinde, eine Kollisionsgefahr also ausgeschlossen- 4 -sei. Die Einhaltung der Regeln könne von den Bademeistern überwacht wer-den. Weitergehende Maßnahmen zur Vermeidung von Kollisionen seien [X.] nicht zuzumuten. Zum einen resultiere nach allgemeiner Lebenser-fahrung bei weitem nicht aus jeder Kollision eine ernstzunehmende Verletzung.Zum anderen würden mechanisch wirkende Einrichtungen, die so [X.] müßten, daß sie von Badegästen, insbesondere von Kindern, nicht über-wunden werden könnten, ihrerseits Unfallgefahren bergen (zum Beispiel durchQuetschungen). Zudem seien sie - ebenso wie eine weitergehende Beaufsichti-gung der Badegäste - mit dem Charakter des Schwimmbades als Freizeitein-richtung und dem Badebetrieb als Freizeitvergnügen nicht zu vereinbaren.I[X.] angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Beklagte [X.] des Schwimmbades verpflichtet ist, ihre Badegäste vor Gefahren zuschützen, denen diese beim Besuch des [X.] und bei der [X.] Einrichtungen des Bades ausgesetzt sein können. Dies entspricht dem all-gemeinen Grundsatz, wonach derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, ver-pflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eineSchädigung anderer möglichst zu verhindern (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom19. Dezember 1989 - [X.] - [X.], 498, 499 und vom4. Dezember 2001 - [X.]/00 - [X.], 247, 248; jeweils m.w.[X.]; vgl.auch [X.]Z 121, 367, 375 und [X.], Urteile vom 17. Dezember 1992- III [X.] - [X.], 586, 587 m.w.[X.] und vom 13. Juni 1996- III ZR 40/95 - [X.], 109, 111). Die rechtlich gebotene Verkehrssiche-- 5 -rung umfaßt danach diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständi-ger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausrei-chend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Voraussetzung ist daher,daß sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahrergibt, daß Rechtsgüter anderer verletzt werden können (Senatsurteil vom15. Juli 2003 - [X.]/02 - [X.], 1319 m.w.[X.]).Auf der Grundlage dieser allgemeinen Maßstäbe bestimmt sich auch dasMaß der Verkehrssicherungspflicht für Schwimmbäder. Die Anlagen einer Ba-deanstalt müssen so beschaffen sein, daß die Benutzer vor vermeidbaren [X.] bewahrt bleiben. Das bedeutet, daß die Badegäste vor den Gefahren zuschützen sind, die über das übliche Risiko bei der [X.], von ihnen nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind(vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 1980 - [X.] - [X.], 863, 864).Dem Betreiber eines Freibades obliegt neben seiner Verpflichtung zur Erfüllungder von den Besuchern abgeschlossenen Benutzungsverträge auch die delikti-sche (Garanten-)Pflicht, dafür zu sorgen, daß keiner der Besucher beim Bade-betrieb durch solche Risiken zu Schaden kommt (Senatsurteil vom [X.] - [X.] - [X.], 984). Wird das Schwimmbad - wie [X.] - nicht nur von Erwachsenen besucht, ist für den Umfang der [X.] Sicherheitsvorkehrungen zudem in Betracht zu ziehen, daß insbesondereKinder und Jugendliche dazu neigen, Vorschriften und Anordnungen nicht zubeachten und sich unbesonnen zu verhalten; daher kann die Verkehrssiche-rungspflicht auch die Vorbeugung gegenüber solchem mißbräuchlichen [X.] umfassen (Senatsurteile vom 21. Februar 1978 - [X.]/76 - VersR1978, 561 f. und vom 29. Januar 1980 - [X.] - aaO; [X.], Urteil vom28. Juni 1962 - [X.] - [X.], 825, 826 f.).- 6 -2. Der Betrieb einer Wasserrutsche bringt vielfältige Gefahren mit sich.Neben Stürzen aus nach oben offenen Röhrenrutschen (vgl. [X.],[X.], 200) kommt es im Bereich der Wasserrutschen immer wieder [X.] zu Unfällen, daß Badegäste die Rutsche in falscher Körperlage benutzen(vgl. [X.], [X.], 943; [X.], [X.], 709; OLGSaarbrücken mit [X.] des Senats vom 24. September 1996- VI ZR 15/96 - [X.], 377; vgl. auch Fritzweiler/[X.], [X.] 1998,148, 150 f.) oder aber in der Rutsche selbst oder am Rutschenauslauf mit ande-ren Benutzern zusammenstoßen (vgl. [X.], [X.], 159; KG, [X.], 168; [X.], aaO; [X.], [X.], 50; [X.] mit [X.] des Senats vom 26. Juni 2001 - [X.]/00 - [X.], 859;OLG [X.], NJW-RR 2003, 1531; [X.], NJW-RR 2004, 20; [X.],[X.], 998; [X.], [X.], 323; [X.], NJW-RR 1989,738). Ursächlich hierfür können unterschiedliche Rutschtechniken und die damiteinhergehenden voneinander abweichenden Rutschgeschwindigkeiten sein.Begünstigt werden Kollisionen häufig aber auch durch einen zu geringen [X.] zum [X.] zu Beginn des Rutschvorgangs (vgl. [X.], [X.], 422, 423).3. Es begegnet keinen Bedenken, daß das Berufungsgericht zur Fest-stellung von Inhalt und Umfang der die Beklagte bezüglich der Wasserrutschetreffenden Verkehrssicherungspflichten die [X.] EN 1069-2 mit [X.]. Auch wenn es sich bei [X.]-Normen nicht um mit Drittwirkung verseheneNormen im Sinne hoheitlicher Rechtssetzung, sondern um auf freiwillige An-wendung ausgerichtete Empfehlungen des "[X.] Deutschen Instituts für Nor-mung e.V." handelt (vgl. Senatsurteil vom 10. März 1987 - [X.] -VersR 1987, 783, 784), so spiegeln sie doch den Stand der für die betroffenenKreise geltenden anerkannten Regeln der Technik wider und sind somit zur Be-- 7 -stimmung des nach der Verkehrsauffassung zur Sicherheit Gebotenen in [X.] Weise geeignet (vgl. Senatsurteile [X.]Z 103, 338, 341 f. und vom11. Dezember 1979 - [X.]/78 - [X.], 380, 382). Wie das [X.] von der Revision unbeanstandet festgestellt hat, entspricht [X.] der Rutsche den Anforderungen der hier maßgeblichen [X.]-Norm. [X.] ist allerdings die Frage noch nicht geklärt, ob die Beklagte alle erforderli-chen Maßnahmen zum Schutz der Badegäste getroffen hat. Anerkannt ist näm-lich, daß Bestimmungen wie Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossen-schaften oder [X.]-Normen im allgemeinen keine abschließenden Verhaltens-anforderungen gegenüber den Schutzgütern enthalten (vgl. Senatsurteile vom15. April 1975 - [X.] - [X.], 812 f. und vom 13. März 2001- VI ZR 142/00 - VersR 2001, 1040, 1041, jeweils m.w.[X.]).4. Welche Maßnahmen zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht er-forderlich sind, hängt stets von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ab.Das gilt auch für den Schutz der Besucher von Schwimmbädern (vgl. Senats-urteil vom 21. März 2000 - [X.] - aaO, S. 984 f.). So richten sich [X.] Umfang der gebotenen Sicherungsvorkehrungen u.a. nach der Größe undder Lage des Bades, der Überschaubarkeit der Anlage, dem Einsatz [X.] Hilfsmittel (z.B. Videokameras), der Anzahl der Besucher und der hier-durch bedingten "Spitzenbelastungen" (vgl. Senatsurteil vom 2. Oktober 1979- [X.]/78 - [X.], 67) und auch nach den Gefahren, die von einerbesonderen Einrichtung wie hier der Röhrenrutsche deswegen ausgehen, weilihre Benutzer beim Betreten den weiteren Rutschenverlauf nicht einsehen [X.]. Mit Recht weist die Revision darauf hin, daß für den in die Rutsche ein-steigenden Badegast die Gefahr eines Zusammenstoßes mit einem noch in [X.] befindlichen anderen Badegast nicht vorhersehbar und auch nicht be-herrschbar ist, weil er den [X.] gegebenenfalls erst unmittelbar vor der- 8 -Kollision bemerkt; zu diesem [X.]punkt ist ihm im allgemeinen ein Abbremsennicht oder kaum mehr möglich, weil er in der Rutsche keinen Halt findet. [X.] zuerst eingestiegenen Badegast ist die Gefahr eines Aufpralls des [X.] erst recht nicht vorhersehbar und kontrollierbar. Dieses [X.] erfordert besondere [X.]) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte [X.] von Maßnahmen ergriffen, um ihrer besonderen Verkehrssicherungs-pflicht im Bereich der Wasserrutsche zu genügen. Die sowohl am unteren Ein-gang zum [X.] als auch oben etwa 4 m vor dem Einstieg ausge-hängte Rutschanleitung enthält eine Reihe von Verhaltensaufforderungen. Sosignalisiert eines der auf den Tafeln zu sehenden Piktogramme das - auch [X.] wiedergegebene - Gebot, beim Rutschen Abstand zu halten. Kindern [X.] bis zu sechs Jahren ist die Benutzung untersagt. Ein weiteres Piktogrammfordert zusammen mit einem entsprechenden Text dazu auf, den Bereich [X.] nach dem Rutschen unverzüglich zu verlassen. Neben [X.] von Verhaltensmaßregeln hat die Beklagte technische Vorkehrun-gen getroffen, die es den Schwimmeistern ermöglichen, von ihrer Zentrale ausden [X.] mittels einer Video-Kamera zu beobachten und die [X.] aufhaltenden Badegäste über Lautsprecher anzusprechen. Alle dieseMaßnahmen zielen auf eine ordnungsgemäße und damit möglichst gefahrloseBenutzung der Wasserrutsche ab. Um deren Verkehrssicherheit noch weiter zuerhöhen und einen zeitlichen und räumlichen Abstand zwischen den [X.] zu gewährleisten, hat die Beklagte diese mit einer sensorgesteu-erten Ampelanlage ausgestattet, die so angelegt ist, daß die Freigabe (bei ord-nungsgemäßer Benutzung) jeweils dann erfolgt, wenn der jeweilige [X.] Rutschenauslauf erreicht. Damit wird zum einen dem Umstand [X.], daß die am [X.] wartenden Benutzer den weiteren Ver-- 9 -lauf der Röhre nicht einsehen können und deshalb für die Einhaltung eines aus-reichenden Rutschabstandes ohne Ampel auf eine bloße Schätzung der seitdem Einstieg des [X.]es verstrichenen [X.] angewiesen wären (vgl.[X.], [X.], aaO). Zum anderen werden mit dieser Technik - [X.] zu zeitgesteuerten Signalanlagen (vgl. dazu KG, aaO und [X.], aaO) - die für den [X.]punkt der Freigabe der Rutsche bedeutsamenunterschiedlichen Rutschgeschwindigkeiten der Badegäste berücksichtigt.b) Die vorhandenen Sicherungsvorkehrungen gewährleisten im Zusam-menwirken ein relativ hohes Maß an Verkehrssicherheit. Sie können - wie [X.] zeigt - Unfälle durch Zusammenstöße in der Rutsche allerdings nichtgänzlich verhindern. Wenn ein Badegast bei Rot in die Rutsche einsteigt, [X.] nur der erforderliche Sicherheitsabstand zu dessen [X.] unter-schritten, sondern gleichzeitig auch die Funktion der Signalgebung aufgehoben,denn die Ampel schaltet in diesem Fall schon in dem Moment auf Grün, in demder [X.] den Rutschenauslauf erreicht. Tatsächlich ist die Rutsche zudiesem [X.]punkt aber noch nicht frei, weil sich der "Rotlichtsünder" noch in [X.] befindet. Der nächste Badegast läuft deshalb Gefahr, in der Rutsche mitdem "Rotlichtsünder" zu kollidieren. Betritt er die Rutsche zudem sehr schnellnach Aufleuchten des [X.], und zwar bevor der "Rotlichtsünder" den [X.]nauslauf erreicht, kommt es [X.] zu einer irreführenden Wir-kung der Ampel, weil diese schon in dem Moment wieder auf Grün umschaltet,in dem der "Rotlichtsünder" die Lichtschranke am Rutschenauslauf passiert,während der nachfolgende Badegast sich noch in der Röhre befindet. Auf dieseWeise kann bei einer entsprechend raschen Folge der Rutschenden das sinn-volle Funktionieren der Signalanlage infolge eines einzigen Rotlichtverstoßestheoretisch auf Dauer beeinträchtigt sein. Dazu bedarf es allerdings einer Ver-kettung unglücklicher Umstände. Ob der Verkehrssicherungspflichtige Vorkeh-- 10 -rungen zur Abwehr einer solchen doch eher fernliegenden Gefahr zu treffenhat, erscheint zweifelhaft. Anerkannt ist nämlich, daß nicht jeder abstraktenGefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden kann. Ein allgemei-nes Verbot, andere zu gefährden, wäre unrealistisch (vgl. Senatsurteil vom15. April 1975 - [X.] - aaO). [X.] wird eine Gefahr erstdann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit er-gibt, daß Rechtsgüter anderer verletzt werden können (Senatsurteile vom15. April 1975 - [X.] - aaO, vom 10. Oktober 1978 - [X.] -VersR 1978, 1163, 1164 und vom 5. Mai 1987 - [X.] - [X.], 1015).Im Streitfall ist indessen nicht eine mehrfache, sondern nur eine einmali-ge Fehlfunktion festgestellt. Die Gefahr, daß es dazu kommt, ist weniger fern-liegend, denn hierzu bedarf es lediglich eines einzigen Rotlichtverstoßes. [X.] Möglichkeit, daß irgendwann einmal ein Badegast das Signal der Ampelmißachtet und zu früh in die Rutsche einsteigt, kann und muß der Verkehrssi-cherungspflichtige rechnen. Das gilt erst recht, wenn die Wasserrutsche - wiehier - nicht allein von Erwachsenen, sondern auch - oder sogar vorwiegend -von Kindern und Jugendlichen benutzt wird, die erfahrungsgemäß dazu neigen,Vorschriften und Anordnungen nicht zu beachten und sich unbesonnen zu [X.], eine Erscheinung, die gerade in Schwimmbädern häufig zu [X.]. Deshalb gebietet die Verkehrssicherungspflicht, im Rahmen des Möglichenund Zumutbaren Vorkehrungen dagegen zu treffen, daß ein Badegast bei [X.] in die Rutsche einsteigt und auf diese Weise sich und andere gefährdet.c) Indessen gab es nach den vom Berufungsgericht verfahrensfehlerfreigetroffenen Feststellungen für die Beklagte jedenfalls im [X.]punkt des [X.] geeignete und zumutbare Möglichkeit, dieser Gefahr zu [X.] 11 -aa) Die Installation einer mechanisch wirkenden Sperre hat das [X.] mit Recht als nicht sachdienlich erachtet. Eine solche Einrichtungkönnte nur dann verlangt werden, wenn sie die Sicherheit der Badegäste tat-sächlich erhöhen würde. Das aber ist nicht gewährleistet, da eine solche Ein-richtung, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, ihrerseits neue [X.] mit sich bringen würde. Es liegt zum Beispiel nicht fern, daß Kinderversuchen könnten, die Sperre zu überwinden, um - vorschriftswidrig - zu meh-reren gemeinsam zu rutschen. Dabei könnten sie sich an der Sperre klemmenoder auf andere Weise (z.B. durch Quetschungen) verletzen, womit die [X.] im Ergebnis lediglich verlagert würde.bb) Eine geeignete Maßnahme, mit der sich Unfälle im Bereich der [X.] weitgehend verhindern ließen, könnte eine lückenlose Beaufsichtigung [X.] am [X.] durch einen dort präsenten Bademeister sein.Die Gewährleistung einer solchen ununterbrochenen direkten Aufsicht —vor [X.] der Beklagten aber nicht zumutbar. Eine lückenlose Aufsicht in Schwimm-bädern ist nicht üblich und nach ständiger Rechtsprechung auch nicht [X.] (vgl. Senatsurteil vom 2. Oktober 1979 - [X.]/78 - aaO; [X.],[X.], 943; [X.], [X.], 159; KG, aaO, S. 168 f.; [X.], aaO,[X.]). Dieser für die allgemeine Badeaufsicht entwickelte Grundsatz gilt [X.] die Aufsicht an besonderen Einrichtungen des Bades, wie Sprungbrettern,Sprungtürmen und Wasserrutschen. In Schwimmbädern drohen an vielen Stel-len Gefahren. Ihnen durch eine allgegenwärtige Aufsicht zu begegnen, ist we-der geboten noch möglich. Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 Abs. 1S. 2 BGB), deren Verletzung zur deliktischen Haftung führen kann (§ 823 Abs. 1BGB), umfaßt nicht jede denkmögliche Sicherheitsmaßnahme. Ihr ist vielmehrgenügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dementsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich er-- 12 -achtet (Senatsurteile vom 16. Februar 1972 - [X.] - [X.], 559,560 und vom 15. Juli 2003 - [X.]/02 - aaO). Der Besucher einesSchwimmbades kann eine Badeaufsicht, aber keine lückenlose "[X.] erwarten. Sie wird deshalb auch nicht geschuldet.cc) Ein Unterlassen anderer denkbarer Sicherungsvorkehrungen [X.] Beklagten im Streitfall nicht zum Vorwurf gereichen. Ohne Erfolg macht [X.] geltend, die Beklagte hätte die Ampelanlage mit einem "Gedächtnis"ausstatten müssen, um sicherzustellen, daß sie nur auf Grün schaltet, [X.] viele Personen, wie oben eingestiegen, unten aus der Röhre [X.] sind. Ob dies technisch möglich und mit zumutbarem Aufwand zu be-werkstelligen wäre, kann hier dahinstehen. Die Revision vermag nämlich wederVortrag in den Tatsacheninstanzen dazu aufzuzeigen, daß eine solche Ampel-schaltung oder anderweitige technische Sicherheitsvorkehrungen für [X.] dem Unfall des [X.], also im Jahre 1999, überhaupt zur Verfügung ge-standen hätte, noch, daß der Beklagten ein Nachrüsten der Signalanlage miteiner solchen "intelligenten" Technik seinerzeit finanziell zumutbar gewesenwäre. Das Maß der im Streitfall erforderlichen Verkehrssicherheit bestimmt [X.] nach dem heute Möglichen und eventuell Zumutbaren, sondern richtetsich nach den Verhältnissen zum [X.]punkt der Schädigung. Ob eine sensorge-steuerte Ampelschaltung, wie sie hier installiert war, heute noch den Sicher-heitserfordernissen genügt, ist deshalb nicht zu [X.] 13 -III.Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.[X.][X.]WellnerPaugeStöhr

Meta

VI ZR 95/03

03.02.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2004, Az. VI ZR 95/03 (REWIS RS 2004, 4745)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4745

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