Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.06.2021, Az. II R 40/18

2. Senat | REWIS RS 2021, 4603

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Schenkungsteuerrechtlicher Erwerb bei Auflösung eines anglo-amerikanischen Trusts


Leitsatz

1. NV: Der Erwerb bei Auflösung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts ist in dem Moment ausgeführt, in dem das gebundene Vermögen zivilrechtlich wirksam auf den Anfallsberechtigten übergeht.

2. NV: Zu welchem Zeitpunkt die einzelnen Vermögensgegenstände der Vermögensmasse auf den Erwerber übergehen, ist auf der Grundlage der dafür maßgebenden und nach den Regeln des Internationalen Privatrechts zu ermittelnden Rechtsordnung zu entscheiden.

3. NV: Die Ermittlung ausländischen Rechts ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz. In welchem Umfang das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen und ist von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig; der Vortrag der Beteiligten ist zu berücksichtigen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 19.09.2018 - 1 K 1905/15 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist [X.] Staatsbürger. Er hatte bis November 2008 seinen Wohnsitz in der [X.]. Er ist [X.]egünstigter ("beneficiary") eines im Jahr 1961 nach dem Recht des [X.] errichteten Trusts. Das Vermögen des Trusts bestand aus Anteilen an einer nach [X.] Recht gegründeten [X.] ([X.]), und aus [X.]argeld. Der Trust wurde von Treuhändern ("[X.]") mit Sitz in der [X.] verwaltet. Am ...12.2006 beschlossen die Treuhänder die Auflösung und Abwicklung des Trusts und die Ausschüttung des [X.] an die [X.]egünstigten. Ausweislich verschiedener Dokumente scheinen dem Kläger am ...01.2009 Anteile an der [X.] sowie [X.]argeld übergeben worden zu sein, während die Anteilsübertragung an der [X.] möglicherweise am ...01.2009 wirksam wurde.

2

Mit [X.]escheid vom 02.12.2013 setzte der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) für einen Erwerb vom ...12.2006 aus der Zuwendung von [X.] Schenkungsteuer gegen den Kläger fest. Der Erwerb erfülle die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 1 des [X.] ([X.]). Die Steuer sei mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung am ...12.2006 entstanden. An diesem Tag habe der Kläger ein Forderungsrecht hinsichtlich der [X.]-Anteile erhalten und im Verhältnis zum [X.] frei über die Anteile verfügen können.

3

Mit seinem Einspruch machte der Kläger geltend, er sei erst im Jahr 2009 Eigentümer des [X.] geworden. Während der Liquidation habe er nicht frei über das [X.] verfügen können. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.09.2015 wies das [X.] den Einspruch als unbegründet zurück.

4

Im Verfahren vor dem Finanzgericht ([X.]) legte der Kläger verschiedene Unterlagen in [X.] vor, u.a. die [X.] vom ...1961 sowie den [X.]eschluss über die Auflösung des Trusts vom ...12.2006. [X.]. Das [X.] entschied, nach den vorgelegten Dokumenten seien die Verwalter des nicht jederzeit durch den Gründer widerrufbaren Trusts auch hinsichtlich der Auflösung und der Auskehrung des Vermögens in ihren Entscheidungen völlig frei und keinen Weisungen unterworfen gewesen. Der Kläger habe das Vermögen des Trusts im Zusammenhang mit seiner Auflösung nicht bereits mit der [X.]eschlussfassung der [X.] über die Auflösung im Dezember 2006 erworben, sondern erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Übertragung des auf ihn entfallenden Anteils am [X.] im Januar 2009. Zu diesem Zeitpunkt habe er nicht mehr über einen inländischen Wohnsitz verfügt. Die Situation gleiche der bei Auflösung eines auf die [X.]indung von Vermögen gerichteten rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen Vereins durch Mitgliederbeschluss nach [X.] Recht. Auch dort führe nicht der Auflösungsbeschluss, sondern erst die Auskehrung des Überschusses nach § 49 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]G[X.]) zur Erfüllung des Erwerbstatbestands des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 [X.]. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2018, 2063 veröffentlicht.

5

Mit der Revision macht das [X.] Verfahrensfehler sowie eine Verletzung von § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] und § 39 der Abgabenordnung ([X.]) geltend. Die Schenkungsteuer sei am ...12.2006 --als der Kläger noch Inländer war-- entstanden. Der Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung sei der Moment, ab dem die Vermögensgegenstände dem Kläger zugerechnet würden. Der für § 39 Abs. 1 [X.] maßgebende Eigentumserwerb richte sich nach ausländischem Recht; dazu habe das [X.] keine Feststellungen getroffen. Jedenfalls habe der Kläger mit dem Auflösungsbeschluss wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 [X.] erworben. Die Stellung der [X.] während der Trustabwicklung sei mit der eines Testamentsvollstreckers und eines "executors" oder "administrators" nach dem Recht des Staates New York vergleichbar. Dieser halte die Nachlassgegenstände treuhänderisch als "legal owner" (vgl. Urteil des [X.]undesfinanzhofs --[X.]FH-- vom 08.06.1988 - II R 243/82, [X.]FHE 153, 422, [X.]St[X.]l II 1988, 808). Dennoch seien die Vermögenswerte jeweils dem Erben zuzurechnen. Der Trust habe nach dem Auflösungsbeschluss keine steuerliche Rechtspersönlichkeit mehr besessen.

6

Das [X.] beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die [X.]eteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

II.

9

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der [X.] nicht abschließend beurteilen, wann die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] erfüllt waren.

1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 [X.] gilt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.]), was bei Aufhebung einer Stiftung oder bei Auflösung eines Vereins, dessen Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, erworben wird. Dem steht gleich der Erwerb bei Auflösung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 1 [X.]).

a) Die Regelungen über Vermögensmassen ausländischen Rechts in §§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 [X.] wurden durch das [X.] ([X.]) vom 24.03.1999 ([X.], 402) in das bisherige [X.] eingefügt. Sie sollten vor allem typische und in den [X.] gebräuchliche Formen des sog. common law trust erfassen ([X.]-Urteil vom 03.07.2019 - II R 6/16, [X.]E 265, 421, [X.] 2020, 61, Rz 40, m.w.[X.]). Es handelte sich um eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung des [X.], der zufolge die bloße Errichtung sog. Testamentstrusts, die nicht auf alsbaldige Verteilung des [X.] gerichtet waren, grundsätzlich weder beim [X.] noch beim Begünstigten zu einem steuerbaren Erwerb führte, während die grundsätzlich mögliche Besteuerung der (kapitalisierten) zukünftigen Erträge unter Vollzugsdefiziten litt (vgl. [X.]-Urteil vom 27.09.2012 - II R 45/10, [X.]E 238, 540, [X.], 84, Rz 13, 24, m.w.[X.] zur früheren Rechtsprechung; s.a. [X.]-Urteil vom 15.07.2014 - X R 41/12, [X.]E 246, 442, Rz 42). Nach der Begründung zum Gesetzentwurf des [X.] vom 09.11.1998 sollte der [X.] auf den Trust bei seiner Errichtung und auf die [X.] bei seiner Auflösung als zusätzlicher Erwerbstatbestand in die §§ 3 und 7 [X.] aufgenommen werden, da bisher die entsprechenden Gestaltungen eine Steuerpflicht entweder vermieden oder verzögert hätten (BTDrucks 14/23, S. 200).

b) Die nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 [X.] erforderliche Vermögensbindung ist bei einem Trust dann anzunehmen, wenn der Errichter bestimmt hat, dass die [X.] das Vermögen im Interesse der später Begünstigten verwalten und auf diese im Rahmen einer sich über einen längeren [X.]raum erstreckenden Vermögensnachfolge übertragen sollen ([X.]-Urteil in [X.]E 238, 540, [X.], 84, Rz 13).

2. Bei Schenkungen unter Lebenden tritt die Steuerpflicht für den gesamten Vermögensanfall gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.] u.a. dann ein, wenn der Erwerber zur [X.] der Entstehung der Steuer Inländer ist. Die Steuer entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] mit dem [X.]punkt der Ausführung der Zuwendung. Für Erwerbe bei Auflösung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts [X.] des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] ist [X.]punkt der Ausführung der Zuwendung der Moment, in dem das gebundene Vermögen zivilrechtlich wirksam auf den [X.] übergeht (gl.A. [X.] in von [X.], Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl., § 9 Rz 174; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 9 Rz 126; [X.] in Troll/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 9 Rz 111; [X.]/[X.], Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 17. Aufl., § 9 Rz 58; Söffing in [X.]/[X.], [X.] ab 25.06.2017, § 9 [X.] Rz 45, Aktualisierung vom 21.09.2021; [X.] [X.]/[X.], [X.] § 7 Rz 382).

a) Kennzeichnend für eine Schenkung ist die Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten. Ausgeführt ist die Schenkung, wenn die Vermögensverschiebung endgültig ist. Das ist der Fall, wenn der Empfänger im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei über das [X.] verfügen kann; denn die Schenkung setzt eine endgültige materielle Bereicherung des Bedachten voraus (vgl. [X.]-Urteile vom 06.03.1985 - II R 19/84, [X.]E 143, 291, [X.] 1985, 382; vom 21.05.2001 - II R 10/99, [X.]/NV 2001, 1404, unter [X.], und vom 06.05.2015 - II R 34/13, [X.]E 250, 197, [X.] 2015, 821, Rz 15). Eine Schenkung [X.] von § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ist grundsätzlich erst dann ausgeführt, wenn der Bedachte das erhalten hat, was ihm nach der Schenkungsabrede verschafft werden soll. Maßgebend ist der Eintritt des [X.] ([X.]-Urteil vom 20.01.2010 - II R 54/07, [X.]E 228, 177, [X.] 2010, 463, Rz 14 f.; [X.]-Beschluss vom 28.07.2015 - II B 145/14, [X.]/NV 2020, 891, Rz 4; mit Modifikationen bei der [X.] [X.]-Urteil vom 23.08.2006 - II R 16/06, [X.]E 213, 399, [X.] 2006, 786, unter [X.]a).

b) Für die Beurteilung, ob der Leistungserfolg eingetreten ist, kommt es auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zuzurechnen ist (ständige Rechtsprechung, [X.]-Urteile vom 25.01.2001 - II R 39/98, [X.]/NV 2001, 908, unter [X.]; vom 28.06.2007 - II R 21/05, [X.]E 217, 254, [X.] 2007, 669, unter [X.]a, und in [X.]E 250, 197, [X.] 2015, 821, Rz 15). Angesichts der bürgerlich-rechtlichen Prägung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts findet § 39 Abs. 2 Nr. 1 [X.] grundsätzlich keine Anwendung ([X.]-Urteile vom 22.09.1982 - II R 61/80, [X.]E 137, 188, [X.] 1983, 179, und in [X.]/NV 2001, 1404, unter [X.]). Ist Gegenstand der Schenkung eine Position des bürgerlichen Rechts (wie bürgerlich-rechtliches Eigentum), genügt für den Eintritt des [X.] daher nicht, dass der Bedachte die wirtschaftliche Herrschaftsmacht über das [X.] erhält. Endgültig ist die Vermögensverschiebung vielmehr erst dann, wenn die zivilrechtliche Rechtsposition übergegangen ist (vgl. [X.]-Beschluss vom 01.02.2001 - II B 15/00, [X.]/NV 2001, 1265; [X.]-Urteil in [X.]/NV 2001, 1404, unter [X.]).

c) Diese für § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] entwickelten Grundsätze gelten auch für Erwerbe nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 1 [X.]. Es besteht kein Anlass, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] insoweit unterschiedlich auszulegen (ähnlich bereits für den Erwerbstatbestand nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 [X.] [X.]-Urteil in [X.]E 217, 254, [X.] 2007, 669, unter [X.]b).

3. Beim Erwerb [X.] des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] ist auf der Grundlage des jeweils für die ausländische Vermögensmasse maßgebenden ausländischen Rechts zu beurteilen, wann die Vermögensmasse aufgelöst worden und der Erwerb durch den Steuerpflichtigen eingetreten ist. Welcher Rechtsordnung die Rechtsverhältnisse der Vermögensmasse einschließlich ihrer Auflösung unterliegen und nach welcher Rechtsordnung sich ggf. der Übergang einzelner Vermögensgegenstände der Vermögensmasse auf den Erwerber vollzieht, richtet sich nach den Regeln des Internationalen Privatrechts. Dabei hat das [X.] das maßgebende ausländische Recht und den zugrundeliegenden Sachverhalt unter Beachtung der erweiterten Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen von Amts wegen zu ermitteln.

a) Das maßgebende ausländische Recht ist nach § 155 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 293 der Zivilprozessordnung (ZPO) von Amts wegen zu ermitteln ([X.]-Urteile vom 07.12.2017 - IV R 23/14, [X.]E 260, 312, [X.] 2018, 444, Rz 37, und vom 22.03.2018 - X R 5/16, [X.]E 261, 132, [X.] 2018, 651, Rz 22).

aa) Das Gericht hat dabei nicht nur die ausländischen Rechtsnormen, sondern auch deren Anwendung in der Rechtspraxis zu ermitteln. Das Recht ist als Ganzes, d.h. in seinem systematischen Kontext, mit Hilfe der im ausländischen Rechtssystem gebräuchlichen Methoden und unter Einbeziehung der ausländischen Rechtsprechung und Rechtslehre zu erfassen ([X.]-Urteil in [X.]E 260, 312, [X.] 2018, 444, Rz 37). [X.]. kann das Gericht amtliche Auskünfte bei Behörden des betreffenden [X.] oder bei [X.] Botschaften, Konsulaten und Ministerien einholen oder ein Sachverständigengutachten z.B. eines wissenschaftlichen Instituts in Auftrag geben (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 260, 312, [X.] 2018, 444, Rz 39).

bb) Wie das [X.] das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Dabei lassen sich die Anforderungen an Umfang und Intensität der Ermittlungspflicht des Tatrichters nur in sehr eingeschränktem Maße generell-abstrakt bestimmen (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 261, 132, [X.] 2018, 651, Rz 23; [X.]-Beschluss vom [X.] - II B 35-37/18, [X.]E 265, 14, [X.] 2020, 394, Rz 18; Beschluss des [X.] --BGH-- vom 30.03.2021 - XI ZB 3/18, Neue Juristische [X.] Zivilrecht 2021, 916, Rz 59 ff., jeweils m.w.[X.]). Geleitet wird die Ermessensausübung des [X.] durch die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen, aber auch den Vortrag der Beteiligten (vgl. [X.]-Urteil vom 17.12.2020 - VI R 22/18, [X.]/NV 2021, 758, Rz 23; BGH-Beschluss vom 17.05.2018 - IX ZB 26/17, Monatsschrift für Deutsches Recht --[X.]-- 2018, 1079, Rz 19, m.w.[X.]). Die Komplexität ausländischen Rechts entbindet das [X.] nicht von seiner Ermittlungspflicht. Auch eine Entscheidung nach den Grundsätzen der Feststellungslast ist in diesem Bereich nicht möglich. Die ausländischen Rechtssätze werden nicht zu Tatsachen (vgl. [X.]-Urteile vom 13.06.2013 - III R 10/11, [X.]E 241, 562, [X.] 2014, 706, Rz 29, und in [X.]E 261, 132, [X.] 2018, 651, Rz 23; BGH-Beschluss in [X.] 2018, 1079, Rz 19, jeweils m.w.[X.]).

cc) Der Anwendungsbereich des § 293 ZPO bezieht sich nur auf Rechtsfragen und nicht auf entscheidungserhebliche Tatsachen. Für diese gelten die allgemeinen Anforderungen an die Darlegungs- und Feststellungslast (vgl. [X.] vom [X.], [X.] 2019, 1303, Rz 25, m.w.[X.]). Das [X.] ist als Tatsacheninstanz gemäß § 76 Abs. 1 [X.]O von Amts wegen verpflichtet, den Sachverhalt unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel zu erforschen. Die Beteiligten haben bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben (§ 76 Abs. 1 Sätze 2, 3 [X.]O). Bei einem Sachverhalt, der sich auf Vorgänge im Ausland bezieht, trifft den Steuerpflichtigen nach § 76 Abs. 1 Satz 4 [X.]O i.V.m. § 90 Abs. [X.] eine erhöhte Aufklärungs- und Beweismittelbeschaffungspflicht. Insbesondere haben die Beteiligten nach § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] den Sachverhalt aufzuklären sowie die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen und dem [X.] oder dem [X.] zur Verfügung zu stellen (vgl. [X.]-Urteil vom 07.11.2001 - I R 14/01, [X.]E 197, 287, [X.] 2002, 861, unter [X.]). Zu beachten bleibt jedoch, dass auch die erweiterte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. [X.] auf Tatsachen beschränkt ist ([X.]-Urteil in [X.]E 241, 562, [X.] 2014, 706, Rz 27, 29 ff.).

b) Unterliegt die Errichtung einer Vermögensmasse nach Maßgabe des [X.] (ausländische Vermögensmasse), richtet sich die Auslegung des betreffenden Vertrags nach diesem ausländischen Recht ([X.]). Das schließt die einschlägigen --ausländischen-- Auslegungsmethoden ein. §§ 133, 157 BGB finden keine Anwendung. Den von den Vertragsparteien im Vertragstext verwendeten Rechtsbegriffen ist allein die Bedeutung beizumessen, die ihnen nach der ausländischen Rechtsordnung zukommt. Letztlich hat das [X.] Gericht das ausländische Recht so anzuwenden, wie es die Gerichte des ausländischen Staates auslegen und anwenden würden (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 260, 312, [X.] 2018, 444, Rz 27 f.; [X.] vom 07.06.2016 - [X.] "Pechstein/International Skating Union", [X.], 292, Rz 70, m.w.[X.]).

c) Eine Revision kann zwar nicht darauf gestützt werden, dass die Vorentscheidung auf der fehlerhaften Anwendung ausländischen Rechts beruhe, da ausländisches Recht nicht zum "Bundesrecht" [X.] des § 118 Abs. 1 Satz 1 [X.]O gehört. Vielmehr sind die Feststellungen über das Bestehen und den Inhalt ausländischen Rechts für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend (§ 155 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 560 ZPO). Sie sind revisionsrechtlich wie Tatsachenfeststellungen zu behandeln. Hat das [X.] aber ausländisches Recht übersehen, tritt keine Bindungswirkung ein. Hat der Tatrichter eine Rechtsfrage, für die nicht revisibles Recht galt, nach revisiblem Recht entschieden oder umgekehrt, oder hat er einen Vertrag, auf den nicht revisibles Recht anzuwenden war, nach revisiblem Recht ausgelegt oder umgekehrt, dann bedeuten Anwendung bzw. Nichtanwendung revisiblen Rechts eine Verletzung revisibler Rechtssätze. Ein solcher Verstoß gegen (materielles) Bundesrecht ist vom [X.] ohne Rüge zu berücksichtigen ([X.]-Urteil in [X.]E 260, 312, [X.] 2018, 444, Rz 33 f.).

d) Von der von Amts wegen durchzuführenden Ermittlung ausländischen Rechts ist die Ermittlungspflicht des [X.] hinsichtlich des zugrundeliegenden Sachverhalts zu unterscheiden. Das [X.] ist als Tatsacheninstanz gemäß § 76 Abs. 1 [X.]O von Amts wegen verpflichtet, den Sachverhalt unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel zu erforschen. Die Beteiligten haben bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben (§ 76 Abs. 1 Satz 2 [X.]O). Bei einem Sachverhalt, der sich auf Vorgänge im Ausland bezieht, trifft den Steuerpflichtigen nach § 76 Abs. 1 Satz 4 [X.]O i.V.m. § 90 Abs. [X.] eine erhöhte Aufklärungs- und Beweismittelbeschaffungspflicht ([X.]-Urteil in [X.]E 241, 562, [X.] 2014, 706, Rz 30 f.).

e) Bei dem Tatbestandsmerkmal des "Erwerbs" [X.] des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] handelt es sich um eine steueranspruchsbegründende Tatsache, für die die Finanzbehörde im finanzgerichtlichen Verfahren die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt. Zu der nach § 90 Abs. [X.] gebotenen erhöhten Mitwirkung des Steuerpflichtigen kann jedoch gehören, dass Beweismittel --ggf. vorsorglich-- beschafft und dem [X.] oder dem [X.] zur Verfügung gestellt werden ([X.]-Urteil in [X.]E 197, 287, [X.] 2002, 861, unter [X.]).

4. Das [X.] ist von anderen Grundsätzen zur Anwendung ausländischen Rechts ausgegangen. Die Sache ist nicht spruchreif. Der [X.] vermag auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend zu entscheiden, ob der Erwerb des Klägers [X.] von § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] zu einem [X.]punkt stattfand, zu dem der Kläger im Inland einen Wohnsitz hatte, und sich die Entscheidung deshalb im Ergebnis als richtig erweist.

Das [X.] hat keine Feststellungen zum anwendbaren ausländischen Recht getroffen, obgleich die Beteiligten dazu umfangreich vorgetragen haben. Das [X.] ist zwar auf der Grundlage der durch den Kläger vorgelegten [X.] und der weiteren beigebrachten Unterlagen in der Gesamtwürdigung des vorliegenden Streitfalls zu der (möglichen) Auffassung gelangt, der Kläger habe zivilrechtliches Eigentum an den Vermögensgegenständen des Trusts erst im [X.] erhalten. Diese Würdigung lässt jedoch ihre Rechtsgrundlage nicht erkennen. Das [X.] hat nicht festgestellt, nach welchem ausländischen Recht die [X.] auszulegen ist und was mit den Vermögensgegenständen des Trusts bei dessen Auflösung auf der Grundlage welcher ggf. ausländischen Rechtsordnung geschah. Diese Feststellungen wird das [X.] im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben und auf dieser Basis erneut über den [X.]punkt des Erwerbs entscheiden.

Nachdem bereits die Rüge des materiellen Rechts Erfolg hat, kommt es auf das Vorliegen etwaiger Verfahrensfehler nicht mehr an.

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 [X.]O. Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergibt sich aus § 90 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 40/18

25.06.2021

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 19. September 2018, Az: 1 K 1905/15, Urteil

§ 39 AO, § 90 Abs 2 AO, § 2 Abs 1 Nr 1 S 1 ErbStG 1997, § 7 Abs 1 Nr 9 S 2 Halbs 1 ErbStG 1997 vom 24.03.1999, § 9 Abs 1 Nr 2 ErbStG 1997, § 76 Abs 1 FGO, § 118 Abs 1 S 1 FGO, § 155 S 1 FGO, § 293 ZPO, § 560 ZPO, § 49 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.06.2021, Az. II R 40/18 (REWIS RS 2021, 4603)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4603

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II R 32/19 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 25.06.2021 - II R 31/19 - Erwerb durch Zwischenberechtigte …


II R 31/19 (Bundesfinanzhof)

Erwerb durch Zwischenberechtigte eines anglo-amerikanischen Trusts


II B 40/14 (Bundesfinanzhof)

Schenkungsteuer bei Zuwendungen ausländischer Stiftungen


II R 13/19 (Bundesfinanzhof)

Vermögen eines anglo-amerikanischen Trusts als Nachlassvermögen des Errichters


II R 45/10 (Bundesfinanzhof)

Schenkungsteuerliche Behandlung von Ausschüttungen eines US-amerikanischen Trusts


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XI ZB 3/18

IX ZB 26/17

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.