Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.07.2020, Az. 28 W (pat) 517/20

28. Senat | REWIS RS 2020, 3207

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Schalker Meile (Wort-Bild-Marke)" – fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2017 219 333.2

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 22. Juli 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Kruppa

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das [X.]

Abbildung

2

ist am 22. Juni 2017 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] geführte Register für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

3

[X.]: Badeanzüge; Badehosen; Bademäntel; Badeschuhe; Bekleidungsstücke; Blusen; Geldgürtel [Bekleidung]; Gürtel; Halstücher; Handschuhe; Hemden; Hosen; Hüte; Kopfbedeckungen; Krawatten; Mützen; Overalls; Pullover; Regenmäntel; Sandalen; Schals; Schuhwaren; Socken; Sportschuhe; Stirnbänder; T-Shirts;

4

Klasse 39: [X.] [X.] Organisation von Busreisen; Organisation von Exkursionen, Tagesausflügen und Sightseeingfahrten; Planung und Organisation von Sightseeing-Touren und Tagesfahrten; Reisebürodienste zur [X.] Vermietung von Autos; Vermietung von Elektroautos; Vermietung von Fahrrädern;

5

Klasse 41: Beratung in Bezug auf die Organisation von Sportveranstaltungen; Organisation und Durchführung von kulturellen Aktivitäten; Organisation und Durchführung von Sportveranstaltungen; Organisation und Durchführung von [X.]; Organisation und Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen; Organisation von Aktivitäten sportlicher und kultureller Art.

6

Das [X.], Markenstelle für Klasse 41, hat die Anmeldung – nach vorangegangener Beanstandung vom 11. September 2017 – mit Beschluss vom 25. Juni 2018 vollumfänglich zurückgewiesen, da es dem Anmeldezeichen an der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle.

7

Das angemeldete [X.] bestehe aus dem weißen Schriftzug „[X.]“, der auf einem blauen Rechteck dargestellt sei und einen weißen schmalen Unterstrich aufweise. Die Wortkombination sei dabei [X.] aus „[X.]“ und „Meile“ gebildet. Dabei weise der Bestandteil „[X.]“ als geografische Angabe auf den [X.]er Stadtteil „[X.]“ hin, der durch den Fußballclub [X.] bekannt geworden sei. Das Zeichenelement „Meile“ stehe für „eine lange, gerade verlaufende Straße in einer Stadt, wo sich etwas Bestimmtes abspiele“ oder eine „frühere Längeneinheit“, wobei der Begriff dem Verkehr aus zahlreichen Bildungen wie „Einkaufsmeile“, „Fanmeile“ etc. bekannt sei.

8

Die Gesamtbezeichnung „[X.]“ verstehe der angesprochene Verkehr damit als Hinweis auf eine lange Straße in [X.], auf der sich „etwas Bestimmtes abspiele“. Eine solche Wortschöpfung sei nicht ungewöhnlich, was Recherchen belegten.

9

Die Ergebnisse einer Internetrecherche sowie die Ausführungen des Anmelders selbst hätten ferner ergeben, dass eine „[X.]“ im Sinne vorgenannter Erläuterungen bereits existiere. Sie erstrecke sich über Abschnitte verschiedener Straßen im Stadtteil [X.] und umfasse insgesamt circa 100 Lokalitäten wie Sport- und Kultstätten sowie ortsansässige Dienstleister, die sich mit dem [X.] identifizierten.

In Verbindung mit den vom Anmeldezeichen beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 weise der Begriff „[X.]“ auf ihren Angebotsort oder deren Art als Sportveranstaltung mit Bezug zu einer Meile hin. Er benenne zudem bei den Dienstleistungen der Klasse 39 die Thematik bzw. das Reiseziel der angebotenen Ausflüge und Reisen sowie den Standort der zu vermietenden Verkehrsmittel wie Elektroautos oder Fahrräder. Da Bekleidungsstücke, wie sie vom Anmeldezeichen in [X.] beansprucht würden, als Merchandisingartikel typische Informationsträger seien, kaufe sie der angesprochene Verkehr wegen des Aufdrucks „[X.]“ und der gewollten Identifizierung mit der [X.] (Fußball)Meile.

Auch könne die konkret gewählte grafische Ausgestaltung des [X.] dessen Schutzfähigkeit nicht begründen, da sie sich im Rahmen des [X.] bewege, was zahlreiche Beispiele belegten.

Schließlich, so das [X.], entfalteten auch die vom Anmelder ins Feld geführten vermeintlich gleichgelagerten Voreintragungen keine Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren.

Ob der Eintragung des [X.] darüber hinaus auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegenstehe, könne auf Grund vorstehender Erwägungen im Ergebnis dahinstehen.

Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde vom 25. Juli 2018, mit der er sinngemäß beantragt,

den Beschluss des [X.]es, Markenstelle für Klasse 41, vom 25. Juni 2018 aufzuheben, sowie

hilfsweise

den Beschluss des [X.]es, Markenstelle für Klasse 41, vom 25. Juni 2018 aufzuheben, soweit die Anmeldung für die Waren der [X.] zurückgewiesen worden ist.

Zur Begründung führt er aus, das [X.] habe zu Unrecht angenommen, dass es dem Anmeldezeichen an der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft fehle. Die Annahme, der angesprochene Verkehr würde die Gesamtbezeichnung „[X.]“ als Hinweis auf eine lange Straße in [X.] verstehen, auf der sich etwas Bestimmtes abspiele, sei unzutreffend. Zum einen würden nicht alle Mitglieder der angesprochenen Verkehrskreise den Stadtteil „[X.]“ kennen bzw. diesen Begriff ausschließlich mit dem [X.] verbinden. Zum anderen werde der weitere [X.] „Meile“ bei lebensnaher Betrachtung weit überwiegend zunächst als Längeneinheit und dann erst – wenn überhaupt – im Sinne einer Einkaufsmeile verstanden.

Die Gesamtbezeichnung „[X.]“ sei im Ergebnis mehrdeutig, was die hinreichende Unterscheidungskraft des [X.] begründe. Der Anmelder verweist in diesem Zusammenhang auf zahlreiche nach seiner Auffassung vermeintlich vergleichbare Voreintragungen, welche die Eintragungsfähigkeit des [X.] zu stützen geeignet seien. Nach richtigem Verständnis, so der Anmelder, sei davon auszugehen, dass jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise das Anmeldezeichen als Hinweis auf ein Unternehmen mit Sitz „auf [X.]“ oder mit besonderer Affinität zum [X.] und damit als Herkunftshinweis verstehe. Soweit das [X.] in seinem angegriffenen Beschluss das Anmeldezeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 39 und 41 gleichwohl als beschreibend angesehen habe, sei dies spekulativ und erscheine konstruiert. Dies gelte insbesondere in Bezug auf die Bekleidungsgegenstände der [X.], auf denen entgegen der Ansicht des [X.]es das angemeldete Zeichen nicht nur als Aufdruck „[X.]“ zu finden sei. Hierbei handele es sich weder um die wahrscheinlichste noch um die einzige Verwendungsform, da das Anmeldezeichen auch als Modelabel, etwa als Kennzeichen auf einem eingenähten Etikett etc. eingesetzt werden könne. Unter Berücksichtigung der jüngsten [X.]-Rechtsprechung in der Sache „#darferdas“ könne ihm bereits aus diesem Grund die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

Aus den oben genannten Gründen, so der Anmelder weiter, stehe der Eintragung des gegenständlichen Zeichens auch kein Freihaltebedürfnis entgegen.

Abschließend führt der Anmelder aus, dass im Falle der Zurückweisung seiner Beschwerde die Rechtsbeschwerde zuzulassen sei, da ihm ansonsten die Markeneintragung völlig willkürlich verwehrt werden würde. Dies habe seine Grundlage in den zahlreichen vergleichbaren Voreintragungen, was der Anmelder näher ausführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

[X.].

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das [X.] dem Anmeldezeichen die Eintragung versagt, da einer solchen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht.

1. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.], 610, Rdnr. 42 – [X.]; [X.], 608, Rdnr. 66 f. – [X.]; [X.], 569, Rdnr. 10 – [X.]; [X.], 731, Rdnr. 11 – [X.]; [X.], 1143, Rdnr. 7 – [X.]; [X.], 1044, Rdnr. 9 – [X.]; [X.], 825, Rdnr. 13 – [X.]; [X.], 935, Rdnr. 8 – [X.]; [X.], 850, Rdnr. 18 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, Rdnr. 45 – Standbeutel; [X.], 229, Rdnr. 27 – BioID; [X.], 608, Rdnr. 66 – [X.]; [X.] [X.], 710, Rdnr. 12 – [X.]; [X.], 949, Rdnr. 10 – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] [X.], 1143, Rdnr. 7 – [X.]; [X.], 1044, Rdnr. 9 – [X.]; [X.], 270, Rdnr. 8 – Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, Rdnr. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, Rdnr. [X.]; [X.] [X.], 935, Rdnr. 8 – [X.]; [X.], 825, Rdnr. 13 – [X.]; [X.], 850, Rdnr. 18 – [X.]).

Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] [X.], 1143, Rdnr. 15 – [X.] werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.], 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; [X.] [X.], 270, Rdnr. 11 – Link economy; [X.], 952, Rdnr. 10 – [X.]; [X.], 850, Rdnr. 19 – [X.]; [X.], 417 – [X.]; [X.], 1151 – marktfrisch; [X.], 1153 – antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.], 850, Rdnr. 19 – [X.]; GRUR 2003, 1050 – [X.]; [X.], 1143 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] [X.], 1100, Rdnr. 23 – [X.]!; [X.], 850, Rdnr. 28 – [X.]).

Ausgehend von vorgenannten Grundsätzen kommt dem Anmeldezeichen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht zu.

a) Der Wortbestandteil des in Rede stehenden Zeichens setzt sich aus den beiden Begriffen „[X.]“ und „Meile“ zusammen.

„[X.]“ ist ein Stadtteil von [X.]. Er hat in seiner heutigen Grenzziehung eine Fläche von 2,968 Quadratkilometern und 21.370 Einwohner (Stand: 31. Dezember 2018). Durch den ortsansässigen Fußballverein [X.] ist der Ortsteil national mindestens genauso bekannt wie die Stadt [X.], in der dieser Stadtteil liegt (vgl. unter „www.wikipedia.org“, Suchbegriff „[X.]-[X.]“). „Meile“ wiederum hat die Bedeutung „lange, gerade verlaufende Straße in einer Stadt, wo sich etwas Bestimmtes abspielt“ bzw. „frühere Längeneinheit unterschiedlicher Größe (als [X.])“ (vgl. unter „www.duden.de“, Suchbegriff: „Meile“).

In seiner Gesamtheit benennt der Wortbestandteil des [X.] somit eine lange Straße in [X.]-[X.], auf der sich etwas Bestimmtes abspielt.

b) Ausgehend von dieser Grundbedeutung werden die angesprochenen breiten Verkehrskreise der Durchschnittsverbraucher die Wortfolge „[X.]“ unschwer und ohne analysierende Betrachtungsweise nur als Hinweis auf den Ort der Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen bzw. ihres Angebots oder ihrer Erbringung ansehen. Dass „[X.]“ ein Stadtteil von [X.] ist, dürfte auf Grund der überaus hohen Bekanntheit des Fußballvereins [X.] breitesten Bevölkerungskreisen bekannt sein. Dies gilt auch für diejenigen Teile des Verkehrs, die keinerlei Affinität zu Fußball aufweisen, handelt es sich doch beim [X.] um den nach der Zahl der Mitglieder viertgrößten [X.] Sportverein und den sechstgrößten weltweit (vgl. unter „www.wikipedia.org“, Suchbegriff: „[X.]“). Da die Namen von Fußballvereinen regelmäßig den Namen des Ortes enthalten, in dem der Verein ansässig ist, liegt es für den Durchschnittsverbraucher mehr als nahe, auch den [X.] „[X.]“ als Ortsbezeichnung anzusehen. Ob der Verbraucher hierbei von einem eigenständigen Ort oder – wie tatsächlich der Fall – von einem Stadtteil ausgeht, spielt für die Einordnung dieses Wortes als Ortsbezeichnung keine Rolle.

Der [X.] „[X.]“ wird daher unschwer als adjektivische Form dieser Ortsbezeichnung erkannt werden. Davon ausgehend liegt es auch angesichts genormter und einheitlicher Maße in [X.] fern, das nachfolgende Zeichenelement „Meile“ als besondere Längeneinheit im Stadtteil [X.] zu verstehen. Vielmehr wird der Durchschnittsverbraucher den [X.] „Meile“ als gebräuchliche Abkürzung der Begriffe „Einkaufsmeile“ oder „Verkehrsmeile“ und damit als die Bezeichnung eines bestimmten Bereichs wie einer Straße oder eines Einkaufszentrums auffassen, dessen Lage durch die vorangestellte Zeichenkomponente „[X.]“ konkretisiert wird. Dies entspricht auch den tatsächlichen Verhältnissen, denn mit „[X.]“ wird in [X.] ein Abschnitt der [X.] benannt, die zur [X.] des [X.], der [X.], führt. Hier finden Anhänger des [X.] „alle Antworten auf den so oft beschworenen ‚Mythos [X.]‘. Von der [X.], [X.] des legendären [X.] Kreisels, bis hin zu den Gräbern seiner Spielführer K… und [X.]. Vom altehrwürdigen und immer noch offiziellen Vereinslokal bis zu den Treffpunkten der Fanszene.“ (vgl. hierzu die Anlage „Mythos [X.] - wie Fans eine Straße zur Pilgerstätte gestalten“ zum Beanstandungsbescheid vom 11. September 2017).

c) Damit fehlt der Wortfolge „[X.]“ in Verbindung mit allen angemeldeten Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft.

(1) Die vom Anmeldezeichen in Klasse 39 beanspruchten Dienstleistungen können entweder in sich „auf der [X.]“ befindlichen Geschäftslokalen angeboten werden (so die „[X.] Vermietung von Autos; Vermietung von Elektroautos; Vermietung von Fahrrädern“) oder aber inhaltlich thematisch die „[X.]“ zum Gegenstand haben (so die „[X.] Organisation von Busreisen; Organisation von Exkursionen, Tagesausflügen und Sightseeingfahrten; Planung und Organisation von Sightseeing-Touren und Tagesfahrten; Reisebürodienste zur [X.]“ zur „[X.]“). Letzteres ist vorliegend umso naheliegender, da speziell die Fans des [X.] ein besonders enges Verhältnis „zu ihrem Verein“ haben und gerade für auswärtige Anhänger der Besuch von „Pilgerstätten“ ihres Vereins, wie sie denn auf der „[X.]“ gelegen sind, regelmäßig von großem Interesse ist.

(2) Entsprechend verhält es sich hinsichtlich der angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 41. In diesem Zusammenhang bringt das Anmeldezeichen sowohl den Ort ihres Angebots (so die „Beratung in Bezug auf die Organisation von Sportveranstaltungen; Organisation und Durchführung von Sportveranstaltungen; Organisation und Durchführung von [X.]; Organisation von Aktivitäten sportlicher und kultureller Art“) als auch ihren Inhalt (so die „Organisation und Durchführung von kulturellen Aktivitäten; Organisation und Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen“) zum Ausdruck. Nicht zuletzt auf Grund der Tatsache, dass es sich bei der „[X.]“ um ein Entwicklungsprojekt der aktiven Fanszene des [X.] handelt, mit welchem das Bild des entsprechenden Stadtteils aufgewertet, dieser belebt und wirtschaftlich gefördert werden soll (vgl. hierzu die Anlage „Mythos [X.] - wie Fans eine Straße zur Pilgerstätte gestalten“ zum Beanstandungsbescheid vom 11. September 2017), erscheint es in besonderem Maße naheliegend, dass dies auch mit Hilfe sich mit der „[X.]“ beschäftigender Dienstleistungen geschieht.

(3) In Verbindung mit den Waren der [X.] ist zu ermitteln, ob der Durchschnittsverbraucher den Wortbestandteil „[X.]“ als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft oder lediglich als dekoratives Element bzw. als Botschaft [X.] Kommunikation wahrnehmen wird. Diese Beurteilung kann von der tatsächlichen Verwendungsform des Zeichens abhängen.

Nach neuester Rechtsprechung des [X.] ([X.], [X.], [X.].: [X.]/18 – #darferdas?) ist die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher [X.] des [X.], zu prüfen. Mangels anderer berücksichtigungsfähiger Anhaltspunkte im Registerverfahren handelt es sich dabei um die [X.], die angesichts dessen, was in der betreffenden Branche üblich ist, praktisch bedeutsam sein können.

Sind in der betreffenden Branche mehrere [X.] praktisch bedeutsam, müssen die Behörden im Einklang mit ihrer Verpflichtung, die Unterscheidungskraft des fraglichen Zeichens anhand aller relevanten Tatsachen und Umstände zu prüfen, diese verschiedenen [X.] berücksichtigen, um zu klären, ob der Durchschnittsverbraucher der erfassten Waren oder Dienstleistungen das Zeichen als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrnehmen kann. Dagegen müssen die Behörden [X.], die in der betreffenden Branche zwar denkbar, aber praktisch nicht bedeutsam sind und somit wenig wahrscheinlich erscheinen, als irrelevant einstufen, es sei denn, der Anmelder hat konkrete Anhaltspunkte geliefert, die eine in der fraglichen Branche unübliche Verwendungsart in seinem Fall wahrscheinlich machen. Es gilt nämlich zu vermeiden, dass das Markenregister, das zweckdienlich und genau sein muss, Zeichen umfasst, die es nur im Fall einer sehr spezifischen Verwendung, auf die der Inhaber wahrscheinlich nicht zurückgreifen wird, ermöglichen, seine Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] WRP 2019, 1444 - 1446, Rdnr. 25 - 27).

Hiervon ausgehend sind zunächst die Kennzeichnungsgewohnheiten auf den hier einschlägigen [X.] zu ermitteln. Wenngleich es beispielsweise in der Bekleidungsbranche üblich ist, Marken sowohl auf der Außenseite der Ware als auch auf dem eingenähten Etikett auf der Innenseite anzubringen (vgl. hierzu [X.] 2018, 932 – #darferdas?; [X.], Beschluss vom 30. Januar 2020, [X.].: [X.]/17 – #darferdas? [X.]), so liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, die die letztgenannte Art der Verwendung im vorliegenden Fall als praktisch nicht bedeutsam erscheinen lassen.

Zutreffend hat das [X.] ausgeführt, dass die beschwerdegegenständlichen Bekleidungsstücke als Merchandisingartikel typische Informationsträger seien und sie der angesprochene Verkehr – ob des Aufdrucks „[X.]“ – als Objekt der Identifikation mit dem besagten Abschnitt der [X.] erwerben würde. Die Wortfolge „[X.]“ wird mit dem Fußballverein [X.] und den mit ihm im Zusammenhang stehenden „Kultstätten“ assoziiert. Sie bringt eine Art Bekenntnis der Treue zu diesem Verein bzw. seiner Vergangenheit zum Ausdruck und vermittelt damit eine Botschaft nach außen. Hieraus folgt die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Verwendung der Bezeichnung als großflächiger Aufdruck an exponierter, deutlich sichtbarer Stelle. Ansonsten würde die Wortfolge „[X.]“ ihren Zweck, die Sympathie für den Fußballverein [X.] und das Gefühl der Zugehörigkeit zu ihm kund zutun, nicht erfüllen. Nach alledem ist demzufolge davon auszugehen, dass die in Rede stehende Wortfolge gut erkennbar in Form eines Motivs auf den Bekleidungsstücken angebracht wird. Es handelt sich damit um die wahrscheinlichste und zugleich allein praktisch bedeutsame Form der Verwendung der Wortfolge, so dass sie – auch nach neuester Rechtsprechung des [X.] – vorliegend allein der markenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist. Die bereits angesprochene Botschaft der Identifikation mit der [X.] und dem Fußballverein [X.] sowie seiner Historie, wie sie mit dem Projekt „[X.]“ wieder belebt bzw. manifestiert werden soll, vermittelt jedoch keinen Herkunftshinweis, so dass dem Anmeldezeichen die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. zu Vorstehendem auch [X.], 29 W (pat) 519/18 – [X.] all sin Kölle).

d) Auch die grafische Ausgestaltung des [X.] vermag ihm nicht, die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft zu verleihen.

Ist das [X.] als solches nicht unterscheidungskräftig, so kann die Schutzunfähigkeit durch die bildliche oder grafische Ausgestaltung des [X.] bzw. durch weitere separate Bildelemente überwunden werden. Hierfür ist erforderlich, dass die bildliche Ausgestaltung aufgrund ihrer charakteristischen Merkmale zu einem Gesamteindruck der kombinierten Wort-/Bildmarke führt, aufgrund dessen der Verkehr in dem [X.] einen Herkunftshinweis erblickt. Um in dieser Weise schutzbegründend wirken zu können, müssen die betreffenden Bildbestandteile ein hinreichendes Gewicht innerhalb des [X.] aufweisen, da sie andernfalls nicht zu einer Wahrnehmung des [X.] durch den Verkehr als Unterscheidungszeichen führen. Die Schutzunfähigkeit des [X.] überwinden können grundsätzlich nur solche grafischen Elemente, die ihrerseits hinreichende charakteristische Merkmale aufweisen, aufgrund derer der Verkehr in ihnen einen Herkunftshinweis sieht. Nicht ausreichend sind daher von vornherein einfache grafische Gestaltungen, gewöhnliche Verzierungen bzw. solche Elemente, an die sich die angesprochenen Verkehrskreise durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt haben und die daher nicht als Unterscheidungsmerkmal geeignet sind (vgl. [X.] Markenrecht, 20. Edition, Stand: 01.01.2020, § 8, Rdnr. 373 f).

Die grafische Gestaltung des [X.] beschränkt sich vorliegend auf eine werbeübliche Darstellung, die dem Verkehr in vielfältiger Weise gegenübertritt, worauf das [X.] in seinem angegriffenen Beschluss unter Verweis auf zahlreiche Recherchebelege zutreffend hingewiesen hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen, welche der Senat teilt und sich zu eigen macht. Weder der blaue Hintergrund noch die Unterstreichung weisen eigenartige Merkmale auf, die den Verkehr darauf schließen lassen, dass es sich um Waren oder Dienstleistungen der Beschwerdeführerin handelt. Auch die Schriftart oder das Gesamtbild kann mangels ausreichender Besonderheiten nicht mit einem bestimmten Unternehmen in Verbindung gebracht werden.

e) Ebenso führen die vom Beschwerdeführer angeführten Voreintragungen zu keinem anderen Ergebnis. Etwaige Entscheidungen über (unterstelltermaßen) ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht. Sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. [X.] [X.], 667 – [X.] u. [X.] [[X.]]). Da das [X.] die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zutreffend bejaht hat, kommt es auf die weiteren Voreintragungen nicht an, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. [X.] [X.], 667 – [X.] u. [X.] [[X.]]; [X.] 2011, 230 – [X.]; [X.], 349 – [X.] Rätsel Woche; [X.], 276 – Institut der Nord[X.] Wirtschaft e.V.).

2. Ob der Eintragung des [X.] darüber hinaus ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann unter Verweis auf die Ausführungen zu Ziffer 1. im Ergebnis dahinstehen.

3. Aus vorstehenden Erwägungen folgt im Ergebnis weiter, dass auch der vom Beschwerdeführer gestellte Hilfsantrag zurückzuweisen ist.

4. Soweit der Beschwerdeführer schließlich noch die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt hat, liegen die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 [X.] nicht vor. Weder handelt es sich vorliegend um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.].

Vorliegende Entscheidung entspricht der Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.]. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf obige Ausführungen verwiesen.

Der Beschwerdeführer begründet seine Anregung auf Zulassung der Rechtsbeschwerde mit der willkürlichen Behandlung vorliegender Anmeldung, mit der die zahlreichen von ihm ins Feld geführten Voreintragungen vermeintlich vergleichbar seien. Dass diese auch unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] für vorliegendes Verfahren keine Bindungswirkung entfalten und die Annahme einer willkürlichen Behandlung somit in keiner Weise zu begründen geeignet sind, hat der Senat bereits ausführlich dargetan. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wiederum auf obige Ausführungen Bezug genommen.

Meta

28 W (pat) 517/20

22.07.2020

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

nachgehend BGH, 15. April 2021, Az: I ZB 67/20, Beschluss

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.07.2020, Az. 28 W (pat) 517/20 (REWIS RS 2020, 3207)

Papier­fundstellen: GRUR 2021, 857 REWIS RS 2020, 3207


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZB 67/20

Bundesgerichtshof, I ZB 67/20, 15.04.2021.


Az. 28 W (pat) 517/20

Bundespatentgericht, 28 W (pat) 517/20, 22.07.2020.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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