Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2016, Az. VIII ZR 209/15

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 11573

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ECLI:DE:BGH:2016:110516UVIIIZR209.15.0

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 209/15
Verkündet am:

11. Mai
2016

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 556 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 5, 6
Der Einwendungsausschluss gemäß § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB gilt grundsätzlich auch für solche Kosten, die gemäß § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit der Be-triebskostenverordnung in der Wohnraummiete generell nicht auf den Mieter umge-legt werden können.

BGH, Urteil vom 11. Mai 2016 -
VIII ZR 209/15 -
LG Düsseldorf

AG Ratingen

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren ge-mäß §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 16.
April 2016 durch die

Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richterinnen Dr.
Hessel und Dr.
Fetzer sowie die Richter Dr.
Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird
das Urteil der 23.
Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 16.
September 2015
-
unter Zu-rückweisung des weitergehenden Rechtsmittels
-
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als in Höhe eines Betrages von 789,35

r-den ist; insoweit wird die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 10. Dezember 2014 zurückgewie-sen.
Die Kosten der ersten Instanz haben die Kläger zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5 zu tragen. Die Kosten der Rechtsmittelinstanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien
streiten über die Rückforderung gezahlter Betriebskosten.
Die Kläger sind seit Juli 2011 Mieter einer Wohnung des Beklagten in R.

. Mit Schreiben vom 12. Juli 2012 rechnete der Beklagte, der als verei-digter Buchprüfer sowie als Fachanwalt für Steuer-
und Strafrecht firmiert,
die 1
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3
-
Betriebskosten für 2011 ab. Dabei verfuhr er in der Weise, dass er den Klägern
in einem Anschreiben die Abrechnung der Hausverwaltung der Wohnungsei-gentümergemeinschaft
für das Jahr 2011
in Kopie übermittelte. Diese Abrech-nung wies die
im Einzelnen berechneten umlagefähigen Kosten für die an die Kläger vermietete Wohnung in der Summe mit einem Betrag
von
2.541,24

aus. Daneben waren in der Abrechnung der Wohnungseigentümer noch weitere Kosten (Instandhaltung, Verwaltung) ausgewiesen, die ausdrücklich als nicht umlagefähige Gemeinschaftskosten bezeichnet
waren und sich zusammen mit den umlagefähigen Kosten und der ebenfalls gesondert ausgewiesenen In-standsetzungsrücklage
auf einen als solchen ausgewiesenen Gesamtbetrag n-ten Anschreiben als "Kosten gemäß Abrechnung"
und setzte die für die Woh-nung entrichtete Grundsteuer (312,81

) stellte er den Klägern anteilig für sieben Monate Mietzeit 7/12 in Rechnung, nämzog er lediglich Vorauszah-
n-gen erbracht hatten.
Wegen der vorgenannten Fehler der Abrechnung endete die Abrechnung statt mit einem Guthaben der Kläger mit einer Nachforderung des Beklagten. Die Kläger beglichen die Nachforderung zunächst und rügten die sich auf einen enden Abrechnungsfehler

e-n-recht nicht berücksichtigter Vorauszahlungen)
erstmals
mit Schreiben vom 10.
Mai 2014.
Der Beklagte verweigert die Rückzahlung des zu Unrecht erho-benen Betrages
unter Berufung auf die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5, 6 BGB.

3
-
4
-

n-sen gerichteten Klage bis auf einen Teil
der Zinsforderung stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg, soweit die Beklagten die Rückzahlung des auf die nicht umlagefähigen Gemeinschaftskosten entfallenden Betrages von

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Rückzahlung der zu
viel geleiste-ten Nebenkosten für das Jahr 2011, da sie mit ihren Einwendungen gegen die Abrechnung gemäß §
556 Abs.
3 Satz
6 BGB ausgeschlossen seien.
Der Mieter habe gemäß § 556 Abs.
3 Satz
5 BGB Einwendungen gegen die Abrechnung des Vermieters spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf der Frist könne der Mie-ter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, er habe die verspä-tete Geltendmachung nicht zu vertreten, wofür hier keine Anhaltspunkte be-ständen. Diese Frist sei -
beginnend mit dem Zugang des Schreibens vom 12.
Juli 2012
-
im Juli 2013
abgelaufen.
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5
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8
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5
-
Die Nebenkostenabrechnung des Beklagten vom 12.
Juli 2012
sei for-mell ordnungsgemäß. Die zu niedrig angesetzten Vorauszahlungen und die Berechnung der nicht umlagefähigen Betriebskosten berührten die formelle Wirksamkeit der Abrechnung nicht, sondern stellten lediglich inhaltliche Fehler dar.
Zwar sei bezüglich der in Ansatz gebrachten nicht umlagefähigen Ge-meinschaftskosten der Eigentumswohnung umstritten und bisher nicht höchst-richterlich geklärt, ob der Einwendungsausschluss auch dann gelte, wenn die Abrechnung Kosten enthalte, die nicht zu den Betriebskosten im Sinne des §
556 Abs.
1 BGB in Verbindung mit der Betriebskostenverordnung zählten. Nur ein vollständiger Einwendungsausschluss könne jedoch die gesetzgeberische Absicht, Rechtsfrieden über die Betriebskostenabrechnung herzustellen, ver-wirklichen. Es sei dem Mieter zuzumuten, eine Abrechnung innerhalb einer an-gemessenen Frist zu prüfen und Beanstandungen zu erheben.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
Das
Berufungsgericht hat allerdings
richtig entschieden, dass die Kläger unvollständigen Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen beruht; in-soweit steht einem Rückforderungsanspruch der Einwendungsausschluss ge-mäß § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB entgegen.

nicht umlagefähigen Kosten der Wohnungseigentümer (Verwaltung, Instandhal-tung, Rücklage) hat das Berufungsgericht zwar richtig gesehen, dass der
Ein-9
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6
-
wendungsausschluss nach § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB grundsätzlich auch
für solche
Kosten gilt, die in der Wohnraummiete generell nicht umgelegt werden können. Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass der Beklagte mit Rücksicht auf
Treu und Glauben
(§ 242 BGB) daran gehindert ist, sich auf die-sen Einwendungsausschluss zu berufen, weil er sich in seinem Abrechnungs-schreiben selbst auf die beigefügte Abrechnung der Wohnungseigentümer be-zogen hat und die genannten Positionen darin ausdrücklich (und in Überein-stimmung mit § 1 Abs. 2 der Betriebskostenverordnung) als nicht umlagefähige Gemeinschaftskosten bezeichnet sind.

1. Allerdings ist das Berufungsurteil entgegen der Auffassung der Revi-sion nicht schon deshalb
aufzuheben, weil es nur den Berufungsantrag des Be-klagten, nicht aber denjenigen der Kläger wiedergibt.
§ 540 Abs.
1 ZPO entbindet das Berufungsgericht zwar nicht von der Aufnahme der Berufungsanträge in das Urteil. Allerdings muss dies nicht durch
wörtliche Wiedergabe geschehen; aus dem Zusammenhang muss aber wenigs-tens sinngemäß deutlich werden, was der Berufungsbeklagte im Berufungsver-fahren erstrebt hat (Senatsurteile vom 26. Februar 2003 -
VIII ZR 262/02, BGHZ 154, 99, 101; vom 14.
April 2010 -
VIII
ZR 120/09, NZM 2010, 436 Rn.
12). Dies ist hier der Fall. Daraus, dass das Berufungsgericht ein streitiges Urteil über die vom Amtsgericht ausgeurteilte Klageforderung, also kein Anerkenntnis-
oder Versäumnisurteil, erlassen und das Amtsgerichtsurteil insgesamt aufgehoben hat, ergibt sich, dass die Kläger die -
vollständige
-
Zurückweisung der Berufung des Beklagten beantragt haben (vgl. BGH, Urteil vom 7.
Oktober 2008 -
X
ZR 37/08, NJW 2009, 287 Rn.
5
f.).
2. Das Berufungsgericht hat
weiter zu Recht angenommen, dass den Klägern im Hinblick auf die in Höhe von 700 h-13
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7
-
nung nicht berücksichtigte
Vorauszahlung kein Anspruch auf Rückzahlung des entsprechenden Betrages aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zusteht.
Zwar ist die Nebenkostenabrechnung des Beklagten für das Jahr 2011 bezüglich der Vorauszahlungen unrichtig und haben die Kläger insoweit einen Betrag in Höhe -
also ohne Rechtsgrund -

gezahlt. Gleichwohl können sie diesen Betrag nicht mehr zurückfordern, weil sie ihre diesbezüglichen Ein-wendungen gegen die Abrechnung nicht innerhalb der Frist des §
566 Abs.
3 Satz 5 BGB vorgebracht haben und mit ihnen deshalb gemäß §
556 Abs.
3 Satz 6 BGB ausgeschlossen sind.
a) Nach § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB obliegt es dem Mieter,
gegenüber
dem Vermieter Einwendungen gegen die Abrechnung bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Gemäß § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB kann der Mieter nach Ablauf dieser Frist Einwendungen nicht mehr gel-tend machen, es sei denn, er hat die verspätete Geltendmachung nicht zu ver-treten.
b) Zutreffend ist
das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass nur eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung die Frist gemäß §
556 Abs. 3 Satz 5,
6 BGB in Gang setzt, nach deren Ablauf der Mieter mit Einwendungen gegen die Abrechnung ausgeschlossen ist (Senatsurteil vom 8.
Dezember 2010 -
VIII ZR 27/10, NJW 2011, 1867 Rn. 15 ff.). Diese Voraus-setzung ist hier indes erfüllt. Die formelle Ordnungsgemäßheit der Abrechnung der Nebenkosten für das Jahr 2011 vom 12. Juli 2012 wird von
der Revision nicht in Zweifel gezogen und begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Ins-besondere stellen die dem Beklagten darin unterlaufenen Fehler, wie die zu niedrig angesetzten Vorauszahlungen sowie die Abrechnung von Betriebskos-ten, die gemäß § 1 Abs. 2 der Betriebskostenverordnung nicht auf den Mieter umgelegt werden können, lediglich inhaltliche Fehler der Abrechnung dar, die 16
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-
8
-
die formelle Ordnungsgemäßheit der Abrechnung nicht in Frage stellen (vgl. Senatsurteile vom 12. Januar 2012 -
VIII ZR 148/10, NZM 2011, 240 Rn.
15; vom 18. Mai 2011 -
VIII ZR 240/10, NJW 2011, 2786 Rn. 12; Senatsbeschlüsse vom 13. Dezember 2011 -
VIII ZR 286/10, WuM 2012, 98
Rn. 3, vom 23.
September 2009 -
VIII
ZA 2/08, NJW 2009, 3575 Rn. 6).
c) Wie der Senat (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2011 -
VIII ZR 286/10, aaO) bereits entschieden hat, gilt der Einwendungsausschluss auch für -
wie hier -
in der Abrechnung zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen.
Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht ersichtlich und wird von der Revision auch nicht geltend gemacht, dass die Kläger die verspätete Geltendmachung ihrer erstmals rund 22
Monate nach Erhalt der Abrechnung und somit nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB erhobenen Einwendungen nicht zu vertreten hätten.
Entgegen der Ansicht der Revision ist es auch nicht treuwidrig, dass sich der Beklagte angesichts der lange nach Ablauf der Einwendungsfrist erstmals erhobenen Beanstandung bezüglich der Vorauszahlungen auf die Ausschluss-frist beruft. Der von der Revision insoweit herangezogenen Senatsentscheidung
(Senatsurteil vom 30. März 2011 -
VIII ZR 133/10, NJW 2011, 1957 Rn. 15)
lag ein völlig anderer, nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde.
3. Im Ergebnis zu
Unrecht hat das Berufungsgericht hingegen einen wegen der den Klägern in die-ser Höhe zu Unrecht berechneten Kosten der Eigentümergemeinschaft ver-neint.
a) Gemäß § 556 Abs. 1 Satz 3 BGB gilt für die Aufstellung der nach §
556 Abs. 3 Satz 1 BGB jährlich abzurechnenden Betriebskosten die Betriebs-kostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, im Folgenden: 18
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9
-
BetrKV). Nach der gesetzlichen Definition in § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB, §
1 Abs.
1 Satz 1 BetrKV sind Betriebskosten diejenigen Kosten, die dem
Eigentü-mer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grund-stück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Ne-bengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Welche Betriebskosten darunter im
Einzelnen zu verstehen sind, ergibt sich aus der Aufstellung in § 2 BetrKV. Nicht zu den Betriebskosten gehören nach der ausdrücklichen Regelung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV dagegen die zur Ver-waltung des Gebäudes erforderlichen Kosten sowie gemäß §
1 Abs.
2 Nr.
2 BetrKV die während der Nutzungsdauer zur Erhaltung des bestimmungsmäßi-gen Gebrauchs aufzuwendenden Instandhaltungs-
und Instandsetzungskosten. Derartige nicht umlagefähige Instandhaltungs-
und Verwaltungskosten nebst Rücklagen sind aber -
in Höh-
in den
von dem Beklagten den Klägern in Rechnung gestellten Kosten enthalten.
b) Die Frage, ob vom Einwendungsausschluss gemäß §
556 Abs.
3 Satz
6 BGB auch die gemäß § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit der Betriebskostenverordnung
generell nicht auf den Mieter umlagefähigen Kosten -
wie hier Instandsetzungs-
und Verwaltungskosten
sowie Rücklagen
für die an die Kläger vermietete Eigentumswohnung
des Beklagten -
umfasst sind, ist um-stritten und vom Senat bisher offengelassen worden (Senatsurteil vom 10.
Oktober 2007 -
VIII
ZR 279/06, NJW 2008, 283 Rn.
24
f.).
aa)
Einige Stimmen (AG Karlsruhe,
ZMR 2012, 787 f.; Langenberg/
Zehelein, Betriebskosten-
und Heizkostenrecht, 8.
Aufl., H
VI Rn.
269;
Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 12.
Aufl., §
556 BGB Rn.
503) sind der Auffas-sung, dass der Einwendungsausschluss nicht für abgerechnete Kosten gelte, die nicht zu den Betriebskosten im Sinne der Betriebskostenverordnung zähl-ten. Andernfalls entstünde ein Wertungswiderspruch, wenn das Gesetz die Um-22
23
-
10
-
lage derartiger Kosten einerseits generell nicht gestatte und dem Mieter ande-rerseits die Berufung darauf durch Fristablauf abschneiden würde.
bb)
Nach anderer Auffassung (Staudinger/Weitemeyer,
BGB, Neubearb. 2014, §
556 Rn.
129a; MünchKommBGB/Schmid,
6. Aufl.,
§
556 Rn. 96; Blank/Börstinghaus, Miete, 4.
Aufl., § 556 BGB, Rn.
224; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 10.
Aufl., Rn.
3262c; Streyl, WuM 2005, 505
f.; Sternel, Mietrecht
aktuell, 4.
Aufl., Rn.
V 464
f.) könne es nach dem Sinn und Zweck der Einwendungsobliegenheit des Mieters keinen Unterschied bedeuten, ob sich der Abrechnungsfehler aus dem Vertrag oder dem Gesetz ergebe. Nur ein voll-ständiger Einwendungsausschluss verwirkliche die gesetzgeberische Absicht, Rechtsfrieden über die Betriebskostenabrechnung herzustellen. Der Einwen-dungsausschluss gelte auch dann, wenn Kosten umgelegt seien, die nach §
556 Abs.
1 BGB in Verbindung mit der Betriebskostenverordnung nicht umge-legt werden dürften. Es könne nämlich durchaus streitig sein, welche Kosten unter den Katalog der Betriebskostenverordnung fielen (Münch-KommBGB/Schmid, aaO).
cc) Der Senat beantwortet die bislang offen
gelassene Frage
nunmehr dahin, dass die Ausschlussfrist gemäß §
556 Abs.
3 Satz
5,
6 BGB auch für die Einwendung des Mieters gilt, die Abrechnung enthalte Positionen, die generell nicht als Betriebskosten umlegbar seien.
Weder aus dem Wortlaut des §
556 Abs. 3 Satz
5, 6 BGB noch aus dem Sinn und Zweck der Vorschriften
(vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Dezember 2010 -
VIII ZR 27/10,
aaO
Rn.
16
ff.)
ergeben sich Hinweise auf eine Beschrän-kung des Einwendungsausschlusses. Die Bestimmung stellt im Interesse der Ausgewogenheit (BT-Drucks. 14/5663,
S.
79) dem Nachforderungsausschluss für den Vermieter (§ 556 Abs. 3 Satz
3 BGB) einen Einwendungsausschluss für 24
25
26
-
11
-
den Mieter gegenüber. Damit soll erreicht werden, dass in absehbarer Zeit nach einer Betriebskostenabrechnung Klarheit über die wechselseitig geltend ge-machten Ansprüche besteht (BT-Drucks. 14/5663,
aaO). Die insoweit beabsich-tigte Befriedungsfunktion wäre hingegen nicht umfassend gewährleistet, wenn die Einwendung des Mieters, bestimmte Kosten seien generell nicht als Be-triebskosten umlagefähig, auch noch nach Fristablauf erhoben werden könnte. Dies gilt umso mehr, als die Zuordnung zu umlegbaren und nicht umlegbaren Betriebskosten nicht immer eindeutig ist (MünchKommBGB/Schmid, §
556,
aaO; vgl. auch Senatsurteil vom
10.
Februar 2016 -
VIII ZR 33/15, WuM 2016, 214 Rn. 15, zur Frage der Umlagefähigkeit von
Kosten der Parkpflege).

Ein Wertungswiderspruch zu §
556 Abs.
1 BGB
besteht nicht. Denn der Einwendungsausschluss setzt gerade voraus, dass auch eine -
an sich unrichti-ge -
Abrechnung Bestand hat, wenn der Mieter inhaltliche Einwendungen nicht rechtzeitig erhebt. Der Grund für die Unrichtigkeit der Abrechnung ist dabei nicht von Bedeutung; ebenso wenig kommt es darauf an, ob im konkreten Fall
-
wie hier nicht -
überhaupt Streit über die Berechtigung der verspätet erhobe-nen Einwendungen besteht.
c)
Gleichwohl greift der Einwendungsausschluss im vorliegenden Fall nicht durch und sind die Beklagten deshalb zur Rückforderung des Betrages

berechtigt. Denn der Beklagte ist
angesichts der besonderen Um-stände des vorliegenden Falles
-
was das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft verkannt hat -
unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, sich auf den Einwendungsausschluss
gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5, 6 BGB zu berufen. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass sich der Beklagte in dem Abrechnungsschreiben vom 12. Juli
2012 auf die ihm als Woh-nungseigentümer erteilte Abrechnung der Eigentümergemeinschaft
bezogen und diese beigefügt hat. In dieser sind aber die von ihm nicht herausgenomme-27
28
-
12
-
nen Positionen
Verwaltung, Instandhaltung und Rücklage ausdrücklich
als nicht umlagefähig bezeichnet. Somit hat der Beklagte
aus Sicht der Kläger
schon bei der Abrechnung zum Ausdruck gebracht, dass ihm diese Positionen nicht zu-stehen; hieran muss er sich auch nach Ablauf der Einwendungsfrist festhalten lassen.

III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit in Höhe eines Betrage von 789,35

st Zinsen zum Nachteil der Kläger ent-schieden worden ist; es ist daher insoweit aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die
weitergehende Revision ist zurückzuweisen. Im Umfang der Aufhebung ent-scheidet der Senat in der Sache selbst, da es keiner weiteren Feststellungen

29
-
13
-
bedarf (§
563 Abs.
3 ZPO). Insoweit ist die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückzuweisen.
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Fetzer

Dr. Bünger
Kosziol
Vorinstanzen:
AG Ratingen, Entscheidung vom 10.12.2014 -
8 C 279/14 -

LG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.09.2015 -
23 S 5/15 -

Meta

VIII ZR 209/15

11.05.2016

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2016, Az. VIII ZR 209/15 (REWIS RS 2016, 11573)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11573

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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