Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2006, Az. I ZB 135/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2249

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 10. August 2006 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

ZPO § 855 Zur Beschränkung der Zwangsvollstreckung auf die Herausgabe der Wohnung bei Geltendmachung des Vermieterpfandrechts (Bestätigung von [X.], [X.]. v. 17.11.2005 - [X.], [X.], 149). [X.], [X.]. v. 10. August 2006 - [X.]/05 - [X.] w - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 10. August 2006 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der [X.]uss der Zivilkammer 81 des [X.] vom 22. Juli 2005 aufge-hoben. Die sofortige Beschwerde der Schuldner gegen den [X.]uss des [X.] vom 15. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren haben die Schuldner zu tra-gen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 6.100 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Schuldner sind aufgrund des Teilurteils des [X.] vom 10. März 2005 verurteilt, die Wohnung [X.]

in [X.]im [X.] zu räumen. 1 - 3 - Mit Schreiben vom 12. April 2005 erteilte die Gläubigerin dem [X.] unter Benennung eines Kostenvorschusses in Höhe von 400 • einen Räumungsauftrag, wobei sie zugleich an sämtlichen in der Wohnung befindli-chen Gegenständen der Schuldner ein Vermieterpfandrecht geltend machte. Die Ausführung dieses Auftrags machte der Gerichtsvollzieher von der Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 6.500 • für die Vollstreckungskosten abhängig. 2 Auf die dagegen von der Gläubigerin eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht den Gerichtsvollzieher angewiesen, die [X.] auftragsgemäß nach Erhalt eines Kostenvorschusses in Höhe von 400 • ohne Hinzuziehung eines Transportunternehmens durchzuführen und dabei alle [X.], an denen die Gläubigerin ein Vermieterpfandrecht geltend gemacht hat, in der Wohnung zu belassen. 3 Das [X.] hat auf die sofortige Beschwerde der Schuldner den Be-schluss des Amtsgerichts aufgehoben, soweit der Gerichtsvollzieher angewie-sen worden ist. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Gläubigerin. 4 I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.]us-ses und zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Schuldner. 5 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung [X.]: 6 Das Amtsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass wegen der Ausübung des Vermieterpfandrechts kein Transportunternehmen bereit zu stellen sei. Eine isolierte Herausgabevollstreckung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Sie liefe 7 - 4 - dem Herausgabeanspruch des Schuldners nach § 885 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu-wider. In § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO sei vorgesehen, dass der Gerichtsvollzieher die Fortschaffung der dort genannten Sachen zu veranlassen und unpfändbare Sachen ohne weiteres an den Schuldner auf dessen Verlangen herauszugeben habe. Der Gerichtsvollzieher habe zu prüfen, auf welche Sachen sich das [X.] erstrecke, und diese Sachen in der Wohnung zu belassen, während er die unpfändbaren Sachen einzulagern und gegebenenfalls an den Schuldner herauszugeben habe. Dieser Herausgabeanspruch des Schuldners werde vereitelt, wenn der Gerichtsvollzieher sämtliche Sachen in der Wohnung belassen müsse. Nach der Lebenserfahrung befänden sich in fast jeder Woh-nung Sachen, die wegen Unpfändbarkeit von dem Vermieterpfandrecht nicht betroffen seien. Deshalb habe der Gerichtsvollzieher zu Recht die durch die Räumung mit Hilfe eines Transportunternehmens entstehenden Kosten bei der Bestimmung der Höhe des Vorschusses in Ansatz gebracht. 2. Der von dem Gerichtsvollzieher verlangte, 400 • übersteigende Kos-tenvorschuss für die Hinzuziehung eines Transportunternehmens ist nicht ge-rechtfertigt. Die Gläubigerin begehrt zulässigerweise nur die Herausgabe der Wohnräume ohne Wegschaffung der beweglichen Sachen. 8 Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen [X.]usses entschieden, dass der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nach § 885 ZPO auf die Heraus-gabe der Wohnung beschränken kann, wenn er an sämtlichen in den Räumen befindlichen Gegenständen ein Vermieterpfandrecht geltend macht ([X.], [X.]. v. 17.11.2005 - [X.], [X.], 149 = [X.], 50 = Grund-eigentum 2006, 110 = Rpfleger 2006, 143 = [X.], 199; zustimmend [X.], Grundeigentum 2006, 95, 96; Körner, [X.], 201; ablehnend [X.], [X.], 1396; [X.], [X.] 2006, 24). 9 - 5 - Zur Begründung hat der Senat darauf abgestellt, dass das [X.] hat gegenüber der in § 885 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 ZPO bestimmten Entfernung der beweglichen Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind. Eine Prüfung, ob die bei Durchführung der Heraus-gabevollstreckung in der Wohnung befindlichen Gegenstände vom [X.] erfasst werden, ist vom Gerichtsvollzieher nicht vorzunehmen. 10 Der Gerichtsvollzieher ist als Vollstreckungsorgan grundsätzlich nicht [X.] zuständig, materiell-rechtliche Ansprüche der Parteien im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu klären. Dies gilt auch für die Frage, ob die in Rede ste-henden Gegenstände wegen Unpfändbarkeit nach § 562 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Vermieterpfandrecht nicht unterliegen. Auch hierüber haben bei Streit der Parteien die Gerichte und nicht die [X.] zu entscheiden ([X.] [X.], 149 [X.]). 11 Schutzwürdige Belange des Vollstreckungsschuldners werden nicht in einem Ausmaß betroffen, dass von einer auf die Herausgabe begrenzten Zwangsvollstreckung abzusehen ist, wenn ein Vermieterpfandrecht geltend gemacht wird ([X.] [X.], 149 [X.]). 12 Die Vollstreckung des [X.]s wird gemäß § 885 Abs. 1 Satz 1 ZPO in der Weise durchgeführt, dass der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz der zu räumenden Wohnung setzt und den Gläubiger in deren Be-sitz einweist. Bewegliche Sachen, die nicht Zubehör (§§ 97, 98 BGB) sind und auf die sich der [X.] somit nicht erstreckt, werden vom [X.] grundsätzlich weggeschafft, weil sie nicht Gegenstand der [X.] sind, § 885 Abs. 2 und 3 ZPO. Dieser Entfernung kann der Gläubiger eines Pfand- oder Zurückbehaltungsrechts an den Sachen widersprechen. Der Vermieter kann sein gesetzliches Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) auch ohne 13 - 6 - Anrufen des Gerichts geltend machen, § 562b Abs. 1 Satz 1 BGB. Er benötigt daher, wenn er sein Vermieterpfandrecht durch Beschränkung des Voll-streckungsauftrags aus dem [X.] ausübt, keinen Vollstreckungstitel hinsichtlich der Gegenstände in der zu räumenden Wohnung (vgl. [X.]/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 885 Rdn. 20; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 885 Rdn. 29; [X.], § 885 Rdn. 16; a.A. [X.], [X.], 1396, 1397). Die Frage, ob sich das geltend gemachte Vermieterpfandrecht auf alle in der Wohnung befindlichen Gegenstände erstreckt, ist materiell-rechtlicher Natur und daher nicht vom Gerichtsvollzieher zu entscheiden. Dies gilt auch für un-pfändbare Sachen (§ 811 ZPO), die nicht dem Vermieterpfandrecht unterfallen, § 562 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. [X.], [X.], 681, 682 m.w.N.). Die Bestimmung des § 811 ZPO betrifft die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen (Pfändung). Sie ist daher bei der [X.] nach § 885 ZPO nicht anwendbar (vgl. [X.] aaO § 885 Rdn. 29; [X.], [X.] 1982, 984, 985). Der Herausgabeanspruch nach § 885 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsteht erst, wenn der Gerichtsvollzieher die Sachen nach § 885 Abs. 3 Satz 1 ZPO weggeschafft hat. Der Schuldner ist dadurch hinreichend geschützt, dass er die unpfändbaren, nicht dem Vermieterpfandrecht unterfal-lenden Gegenstände vor Durchführung der Herausgabevollstreckung aus der Wohnung entfernen kann, solange er noch nicht aus deren Besitz gesetzt ist. Die Beschränkung des Vollstreckungsauftrags des Gläubigers auf die Heraus-gabe der Wohnung hat lediglich zur Folge, dass der Gerichtsvollzieher von der Entfernung der nicht der Zwangsvollstreckung unterliegenden Sachen gemäß § 885 Abs. 2 und 3 ZPO abzusehen hat. Sie berechtigt ihn dagegen nicht, den Schuldner daran zu hindern, Sachen aus der Wohnung zu entfernen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind. - 7 - 3. Das Amtsgericht hat daher richtig entschieden, dass der [X.] zu der Zwangsvollstreckung verpflichtet ist und keinen Vorschuss für Kosten des [X.] der Möbel verlangen kann. 14 15 4. [X.] beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. [X.] Büscher

Schaffert Bergmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.06.2005 - 36 M 8059/05 - [X.], Entscheidung vom 22.07.2005 - 81 T 599/05 -

Meta

I ZB 135/05

10.08.2006

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2006, Az. I ZB 135/05 (REWIS RS 2006, 2249)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2249

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZB 81/05 (Bundesgerichtshof)


I ZB 80/05 (Bundesgerichtshof)


IXa ZB 29/04 (Bundesgerichtshof)


I ZB 78/11 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckungsverfahren: Rechtsschutzbedürfnis bei Herausgabevollstreckung; Berücksichtigung eines nachträglich geschlossenen mietzinsfreien Mietvertrages mit Verwandten


I ZB 78/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.