Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2010, Az. 5 StR 369/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 1492

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5 StR 369/10 [X.]BESCHLUSS vom 10. November 2010 in der [X.] gegen - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 10. November 2010 beschlossen: Das Verfahren ruht bis zur Erledigung des mit Anfragebe-schluss des Senats vom 9. November 2010 [X.] 5 StR 394, 440 und 474/10 [X.] eingeleiteten Verfahrens nach § 132 [X.]. Bis dahin werden die Akten an das [X.] zur Fortführung der nach § 67e Abs. 1 Satz 1, § 67d Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 StGB gebotenen Überprüfungen zu-rückgegeben. G r ü n d e
1 Gegen den Verurteilten wird die Maßregel der Unterbringung in der [X.] aus dem Urteil des [X.] vom 25. August 1989 vollstreckt, in dem gegen ihn u.a. wegen versuchter Vergewal-tigung und sexueller Nötigung eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verhängt worden war. [X.] waren am 9. November 2009 vollzogen. 2 Nach Rechtskraft des Urteils des [X.] für [X.] vom 17. Dezember 2009 ([X.], 25), das die rückwirkende Anwendung des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB in der Fassung des [X.] von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 ohne Beachtung der nach § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB a.F. bei Tatzeit geltenden Höchstfrist von zehn Jahren für die Dauer der ersten Unter-bringung in der Sicherungsverwahrung als Verstoß gegen die [X.] wertet, hat - 3 - das [X.] einen Antrag des Verurteilten, die Maßregel für erledigt zu erklären, am 8. Juli 2010 mit Rücksicht auf eine im Fortdauerbe-schluss vom 9. November 2009 festgesetzte Sperrfrist gemäß § 67e Abs. 3 Satz 2 StGB als unzulässig verworfen. Das [X.] möch-te die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten verwerfen. Im Blick auf entgegenstehende Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte, die im [X.] an das Urteil des [X.] für Menschenrechte für die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung eine abwei-chende Regelung von der grundsätzlich geltenden Rückwirkung im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB angenommen haben, hat es die Sache dem [X.] gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 [X.] vorgelegt. 3 Beim Senat sind bislang 15 gleichartige Vorlegungsverfahren anhängig. Mit zur [X.] in BGHSt bestimmtem [X.] vom 9. November 2010 [X.] 5 StR 394, 440 und 474/10 [X.] hat der Senat, der eine rückwirkende Anwendbarkeit des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB n.F. grundsätzlich bejaht, wegen von seiner Auffassung zur Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB diver-gierender Rechtsprechung des 4. Strafsenats des [X.] zur iden-tischen Rechtsfrage bei Auslegung des § 66b StGB und wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Rechtsfrage das Verfahren nach § 132 [X.] eingeleitet. [X.] hat der Senat § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB n.F. allerdings weiter einschrän-kend dahin ausgelegt, dass in [X.] die erstmalige Unterbringung in der [X.] nach zehnjährigem Vollzug für erledigt zu erklären ist, sofern nicht eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualverbre-chen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des [X.] abzuleiten ist (Leitsatz 2 des genannten Beschlusses). Bei diesem Maßstab kommt nur in Ausnahmefällen auch eine Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung in Betracht (§ 67d Abs. 2 StGB). - 4 - Bis zur Erledigung des Verfahrens nach § 132 [X.] hat der Senat in den drei Verfahren, die Gegenstand der Anfrage sind, die Akten den vorlegenden Oberlandesgerichten zurückgegeben. Die Parallelverfahren, die wegen mögli-cher identischer Entscheidungserheblichkeit des [X.] bis zur Erledigung des Verfahrens nach § 132 [X.] zu ruhen haben, sind in gleicher Weise zu behandeln. 4 5 1. Das Verfahren nach § 132 [X.] [X.] und damit das anzuordnende Ru-hen der [X.] wird voraussichtlich mehrere Monate andauern. [X.] dieser Zeit wird die Unterbringung gegen die Verurteilten weiterhin voll-streckt, der Eingriff in das [X.], dessen Zulässigkeit in den [X.] in Zweifel steht, mithin stetig weiter vertieft. Dies erfordert, dass die Oberlandesgerichte bereits vor Klärung der [X.] aktuell unabhängig von ihr zu überprüfen haben, ob die Freiheitsentziehung gegen den Verurteilten zu beenden oder die Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen ist. Die Prüfung hat den vorstehend bezeichneten, für die Oberlandesgerichte we-gen der ausschließlichen Zuständigkeit des Senats nach § 121 Abs. 2 Nr. 3 [X.] verbindlichen Maßstäben zu folgen. 6 Geboten ist eine neue Sachentscheidung nach § 67e Abs. 1 Satz 1 StGB aus Anlass des Urteils des [X.] für Menschenrechte. Ihr ist ein aktuelles Sachverständigengutachten zugrunde zu legen (§ 463 Abs. 3 Satz 4 StPO), das sich an den engeren Kriterien zu Verhältnismäßigkeit und Gefahrenbegriff zu orientieren hat. 7 2. Im vorliegenden Fall ist zunächst das Gebot einer aktuellen Begutach-tung und Sachentscheidung zu beachten. Die letzte Begutachtung erfolgte vor etwa einem Jahr. Dem Vorlagebeschluss des [X.] liegt keine aktuelle Gefährlichkeitsprognose des Verurteilten zugrunde. Das [X.] wird diese nunmehr anhand der dargelegten Maßstäbe zwingend nach-zuholen haben. - 5 - 3. Für den Fall, dass die aktuelle Sachprüfung auch unter Zugrundele-gung der Grundsätze konkreter höchster Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit eine weitere Vollstreckung der Maßregel unerlässlich erscheinen lässt, weist der Senat auf Folgendes hin: 8 9 a) Auf etwa während des [X.] einschließlich des [X.] nach § 132 [X.] auftretende neue Entwicklungen, die für die Beurtei-lung der Gefährlichkeit des Verurteilten bedeutsam sein können, muss unver-züglich mit einer neuen Sachprüfung der Unerlässlichkeit weiterer Freiheitsent-ziehung reagiert werden. 10 b) Es ist denkbar, dass die Prüfung im Verfahren nach § 132 [X.] ent-gegen dem Votum des erkennenden Senats zum Ergebnis genereller Unzuläs-sigkeit weiterer Maßregelvollstreckung gelangt. Dies zöge die sofortige Entlas-sung aller betroffenen Untergebrachten nach sich. Im Hinblick darauf ist eine vorsorgliche Vorbereitung sofort umsetzbarer, im [X.] angezeigter [X.] insbesondere fürsorglicher [X.] Maßnahmen zwingend geboten, die einer sozia-len Gefährdung entlassener Verurteilter und einer damit einhergehenden Ge-fährdung der Allgemeinheit entgegenzuwirken vermögen. Durch eine unvorbe-reitete Eilentlassung würde diesen Gefahren Vorschub geleistet. Auf geeignete Maßnahmen hinzuwirken, ist auch Aufgabe der im Erledigungsverfahren tätigen Vollstreckungsgerichte sowie der vorlegenden Oberlandesgerichte.
[X.] [X.]

Meta

5 StR 369/10

10.11.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2010, Az. 5 StR 369/10 (REWIS RS 2010, 1492)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1492

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