Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2009, Az. IX ZB 112/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 5096

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[X.][X.]/06 vom 12. Februar 2009 in der Zwangsverwaltungssache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ____________________ [X.] § 89 Abs. 1 Gibt ein Insolvenzverwalter oder Treuhänder einen dem Schuldner gehören-den Gegenstand aus der Insolvenzmasse frei, unterliegt dieser als sonstiges Vermögen des Schuldners dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 [X.]. [X.], Beschluss vom 12. Februar 2009 - [X.] 112/06 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter und [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] am 12. Februar 2009 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des [X.] vom 23. Januar 2006 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 500 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Beteiligte zu 2 ist Miteigentümerin eines Grundstücks in [X.], verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung und einem Tiefgara-genstellplatz. Über ihr Vermögen wurde am 8. März 2005 das (Verbraucher-) Insolvenzverfahren eröffnet. Der im Insolvenzverfahren ernannte Treuhänder erklärte mit Schreiben vom 11. Juli 2005 gegenüber der Beteiligten zu 2 die Freigabe der Wohnungseigentumsrechte aus der Insolvenzmasse. Die [X.] ist Verwalterin der Eigentümergemeinschaft. Sie beantragte am 17. Ok-tober 2005 wegen titulierter [X.] aus dem [X.] die [X.] über das Wohnungseigentum der Beteiligten zu 2. 1 - 3 - Der Antrag blieb beim Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - und beim Be-schwerdegericht ohne Erfolg. Beide Gerichte stellten sich auf den Standpunkt, dass die Zwangsvollstreckung nach § 89 Abs. 1 [X.] unzulässig sei. Ein Recht auf abgesonderte Befriedigung lehnte das Beschwerdegericht, dessen Ent-scheidung in Rpfleger 2006, 430 veröffentlicht ist, ab. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihr Begehren weiter. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. 2 Mit Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass der Antrag auf [X.] nach § 89 Abs. 1 [X.] unzulässig ist. Nach die-ser Norm sind Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig. 3 1. Die von der Antragstellerin vertretene [X.] ist als [X.] (§ 38 [X.]) vom Vollstreckungsverbot des § 89 [X.] betroffen. Mit ihrem Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung betreibt sie die Vollstreckung eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ent-standenen und titulierten persönlichen Anspruchs. Sie wäre nur dann nicht als [X.] zu behandeln, wenn mit dem Antrag ein Absonderungs-recht verwertet werden sollte (MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 89 Rn. 21; [X.], [X.] 12. Aufl. § 89 Rn. 11; HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 89 Rn. 7). So liegt der Fall jedoch nicht. Ein [X.] bestand zur [X.] der [X.] - 4 - öffnung des Insolvenzverfahrens in Bezug auf die vollstreckten Forderungen nicht. a) Die Antragstellerin betreibt die Vollstreckung in unbewegliches Vermö-gen der Schuldnerin. Gemäß § 49 [X.] sind Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus unbeweglichen Gegenständen zusteht, zur abgesonderten Befriedigung nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung berechtigt. Was ein Recht zur Befriedigung aus dem Grundstück gewährt, ist den §§ 10 ff, 155 [X.] zu entnehmen (MünchKomm-[X.]/Ganter, 2. Aufl. § 49 Rn. 3). Danach kommen zunächst dingliche Rechte an einem Grundstück im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.] in Betracht. Hierzu gehören die Grundpfandrechte und Reallasten (§§ 1105, 1113, 1191, 1199 BGB). [X.] ihres gesetzlichen Inhalts verschaffen diese dinglichen Rechte ih-rem Inhaber im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Absonderungs-recht, ohne dass weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Inhaberin eines derartigen dinglichen Rechts ist die Eigentümergemeinschaft nicht. 5 b) Dem Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung liegen vielmehr rückständige, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordene Haus-geldansprüche (§ 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 [X.]) zugrunde. Dies sind per-sönliche Forderungen. Auch solche können zu einem Recht auf Befriedigung aus einem Grundstück führen (§ 155 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 Nr. 5 [X.]), jedoch erst ab dem [X.]punkt, zu dem das Grundstück zugunsten des [X.] im Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren beschlag-nahmt wird. Die Tatsache allein, dass ein persönlicher Gläubiger mit seinem Anspruch in die [X.] 5 des § 10 Abs. 1 [X.] eingeordnet ist, verschafft ihm noch kein Befriedigungsrecht aus dem Grundstück (MünchKomm-[X.]/ Ganter, aaO Rn. 76; [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. § 49 Rn. 17). Ein [X.] - 5 - recht nach § 49 [X.] besteht nur, wenn das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück zum [X.]punkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits ent-standen war. Persönliche Gläubiger müssen daher bis zu diesem [X.]punkt die Beschlagnahme des Grundstücks bewirkt haben, indem sie die Anordnung der Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung selbst erwirkt haben (§§ 20, 146 Abs. 1 [X.]) oder einem laufenden Verfahren beigetreten sind (§§ 27, 151 Abs. 2 [X.]; vgl. MünchKomm-[X.]/Ganter, aaO). Daran fehlt es hier. c) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück kann schließlich auch in den Fällen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 [X.] bestehen (MünchKomm-[X.]/Ganter, aaO Rn. 47 ff; [X.] aaO Rn. 16: [X.] aufgrund besonderer gesetzlicher Anordnung; vgl. auch Prütting in Kübler/Prütting/Bork, [X.] § 49 Rn. 14; FK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 49 Rn. 28-31). Ansprüche der Eigentümergemeinschaft auf Hausgeld fielen nach der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Rechtslage jedoch nicht in diese [X.]n. Erst seit der Neufas-sung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] durch Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 ([X.]) sind Ansprüche auf Hausgeld nach § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 [X.] bei der Vollstreckung in ein Wohneigentum nicht mehr der fünften, sondern der zweiten [X.] zugewiesen. Damit besteht für solche Ansprü-che nunmehr ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück, das im Insol-venzverfahren im Wege der abgesonderten Befriedigung verfolgt werden kann, ohne dass eine Beschlagnahme des Wohnungseigentums vor Insolvenzeröff-nung vorausgesetzt wäre (Hintzen/[X.] Z[X.] 2008, 480, 483 f). Die neue Rechtslage gilt jedoch nur für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungs-verfahren, die ab Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Juli 2007 anhängig wer-den (§ 62 Abs. 1 [X.]). Rückstände von Ansprüchen der zweiten [X.] können nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in gewissem Umfang (aus dem Jahr der 7 - 6 - Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren davor) in einem Zwangsversteige-rungsverfahren, gemäß § 155 Abs. 2 Satz 2 [X.] aber nicht im [X.] geltend gemacht werden. Ein Recht zur Befriedigung aus dem Grundstück im Wege der Zwangsverwaltung besteht daher auch nach neuem Recht für die von der Antragstellerin verfolgten [X.] nicht. 2. Das Wohnungseigentum der Beteiligten zu 2 fällt unter das Vollstre-ckungsverbot des § 89 Abs. 1 [X.]. Das Verbot gilt für Zwangsvollstreckungen in die Insolvenzmasse und in das sonstige Vermögen des Schuldners. Nach-dem der Treuhänder das Wohnungseigentum der Beteiligten zu 2 freigegeben hat, ist es aus der Insolvenzmasse ausgeschieden und in die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Schuldnerin [X.] (vgl. zur Freigabe [X.] 35, 180, 181; 148, 252, 258 f; 163, 32, 34 f; [X.] Z[X.] 2008, 465, 470 f). Es ist damit entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde Teil des sonstigen Vermö-gens der Schuldnerin im Sinne von § 89 Abs. 1 [X.]. 8 a) Der Wortlaut der Norm schränkt den Begriff des sonstigen Vermögens nicht ein. Freigegebene Gegenstände im Eigentum des Schuldners gehören begrifflich zweifelsfrei zu seinem sonstigen Vermögen. 9 b) Die Systematik der §§ 35 bis 37 [X.] rechtfertigt keine andere Beurtei-lung. Diese Bestimmungen regeln, was zur Insolvenzmasse gehört. Sie be-schreiben nicht abschließend, was - da nicht zur Insolvenzmasse gehörend - das sonstige Vermögen des Schuldners bildet. Als auf den [X.]punkt der Eröff-nung des Insolvenzverfahrens bezogene Regelung sagen sie nichts über die Zuordnung von Gegenständen aus, die wie im Falle der Freigabe zu einem spä-teren [X.]punkt aus der Insolvenzmasse ausscheiden. 10 - 7 - c) Auch die Entstehungsgeschichte des § 89 Abs. 1 [X.] spricht nicht gegen eine Zuordnung freigegebener Gegenstände zum sonstigen Vermögen des Schuldners. Vorläufer von § 89 Abs. 1 [X.] war § 14 Abs. 1 KO. Das be-reits in dieser Norm enthaltene Verbot der Zwangsvollstreckung einzelner [X.] auch in das nicht zur Konkursmasse gehörige, sonstige Vermö-gen des Schuldners sollte es dem Schuldner ermöglichen, bereits während des Konkursverfahrens eine neue wirtschaftliche Existenz zu begründen (Motive [X.] f; [X.]/[X.], [X.]. § 14 Rn. 2). Diesem Gesichtspunkt kommt unter der Geltung der Insolvenzordnung, die anders als die Konkursordnung (§ 1 Abs. 1 KO) auch den Neuerwerb der Insolvenzmasse zuordnet (§ 35 Abs. 1 [X.]), nur noch eine geringere Bedeutung zu. In Kenntnis dieses Umstands hat der Gesetzgeber das sonstige Vermögen des Schuldners auch in § 89 Abs. 1 [X.] für die Dauer des Insolvenzverfahrens dem Zugriff der Insolvenzgläubiger entzogen (Begründung zum Regierungsentwurf einer Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, [X.]). Das geringere Gewicht des Zwecks, dem Schuldner durch den Schutz des sonstigen Vermögens einen Neuanfang zu ermöglichen, ist angesichts dieses gesetzgeberischen Willens kein Argument dafür, freigege-bene Gegenstände vom Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 [X.] auszuneh-men. 11 d) Es ist daher in Rechtsprechung und Schrifttum fast einhellige [X.], dass das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 [X.] auch für vom [X.] oder Treuhänder aus der Insolvenzmasse freigegebene Gegen-stände gilt, weil sie zum sonstigen Vermögen des Schuldners gehören ([X.] 166, 74, 83, Rn. 26; [X.] ZMR 2005, 910; [X.] Rpfleger 1971, 109 [zu § 14 KO]; [X.]/[X.], [X.] § 89 Rn. 29 und 7; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO § 89 Rn. 18; HK-[X.]/[X.], aaO § 89 Rn. 16; [X.], aaO § 89 Rn. 15; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.] § 89 Rn. 14; [X.] - 8 - [X.]/Kuleisa 2. Aufl. § 89 Rn. 9; [X.] in [X.], [X.] 3. Aufl. § 33 Rn. 12; BK-[X.]/Blersch/v. Olshausen, § 89 Rn. 12; [X.]/[X.]/ [X.], [X.] § 89 Rn. 4; a.[X.] Rpfleger 2006, 431 f). e) Die Unzulässigkeit des Antrags auf Anordnung der Zwangsverwaltung führt nicht zu einem für die Wohnungseigentümergemeinschaft unzumutbaren Ergebnis. Zum einen fallen etwaige Mieteinkünfte des Schuldners aus der frei-gegebenen Wohnung als Neuerwerb in die Masse. Zum anderen hat die Gläu-bigerin die Möglichkeit, sich einen Vollstreckungstitel bezüglich der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 n.F., § 155 Abs. 2 Satz 2 [X.] aufgeführten Hausgeldansprüche zu verschaffen und gestützt auf diesen Titel die Zwangsverwaltung des [X.] zu beantragen. 13 Ganter Raebel [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 26.10.2005 - L 50/05 - [X.], Entscheidung vom 23.01.2006 - 1 T 529/05 -

Meta

IX ZB 112/06

12.02.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2009, Az. IX ZB 112/06 (REWIS RS 2009, 5096)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 5096

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