Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2004, Az. XII ZR 259/01

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4819

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:28. Januar 2004Küpferle,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:ja[X.]R: ja[X.] §§ 1586 b, 1579 Nr. 7; [X.] § 5a)Der nach § 1586 [X.] auf nachehelichen Ehegattenunterhalt in Anspruch ge-nommene Erbe des Unterhaltspflichtigen kann sich weiterhin oder auch erstmalsauf die Härteklausel des § 1579 Nr. 7 [X.] berufen, wenn nicht der [X.] zuvor darauf verzichtet [X.])Von einem ausdrücklichen oder stillschweigenden Verzicht auf die [X.] § 1579 Nr. 7 [X.] kann nicht ausgegangen werden, wenn der verstorbeneEhegatte in Kenntnis einer langjährigen neuen eheähnlichen Gemeinschaft [X.] weiterhin monatlich Unterhalt bezahlt hatte, um nach § 5[X.] eine - sonst höhere - Kürzung seiner Rente zu verhindern.[X.], Urteil vom 28. Januar 2004 - [X.]/01 - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 28. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats - 2. Senat für Fa-miliensachen - des [X.] vom 19. [X.] 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin ist die Tochter der Beklagten und deren geschiedenen undam 10. Juli 1999 verstorbenen Ehemannes. Sie begehrt Abänderung eines[X.]s, aus dem die Beklagte sie als Erbin auf nachehelichenEhegattenunterhalt in Anspruch nimmt.Mit gerichtlichem Vergleich vom 27. November 1989 verpflichtete [X.] Vater der Klägerin, an die Beklagte künftigen nachehelichen Unterhalt inHöhe von monatlich 500 DM zu zahlen. Weil die Beklagte noch keine Renteerhielt und der Vater der Klägerin an sie Unterhalt leistete, wurde dessen [X.] nicht um die im Versorgungsausgleich übertragenen rund 759 DM gekürzt(§ 5 [X.]).- 3 -Der Unterhaltspflichtige ist von der Klägerin allein beerbt worden, die nunvon der Beklagten gemäß § 1586 [X.] aus dem [X.] in Anspruchgenommen wird. Mit ihrer Abänderungsklage begehrt die Klägerin den Wegfallihrer Unterhaltspflicht, weil die Beklagte seit 1995 mit ihrem neuen Partner indessen Wohnung in eheähnlicher Lebensgemeinschaft zusammenlebt.Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und ausgesprochen, daßdie Unterhaltspflicht ab August 1999 entfällt. Die Berufung gegen dieses [X.] erfolglos geblieben. Mit ihrer - zugelassenen - Revision begehrt die [X.].Entscheidungsgründe:Die Revision bleibt ohne Erfolg.1. Das [X.] (dessen Urteil in [X.], 11veröffentlicht ist) hat ausgeführt, der Beklagten stehe ab August 1999 keinnachehelicher Unterhalt mehr zu. Die Klägerin hafte zwar als Erbin gemäߧ 1586 [X.] für den nachehelichen Unterhalt der Beklagten, sie könne sichaber auf eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 7 [X.] berufen, obwohl der [X.] nicht getan habe. Die Rechtsnatur des Anspruchs auf Unterhalt änderesich durch den Tod des Unterhaltspflichtigen nicht, weshalb die Klägerin dieMöglichkeit habe, alle Einwendungen zu Grund und Höhe des Anspruchs gel-tend zu machen. Durch die fortdauernde Unterhaltszahlung habe der [X.] Unterhalt auch nicht in Kenntnis des Verwirkungsgrundes des § 1579 Nr. 7[X.] anerkannt. Aus den Unterhaltszahlungen des Erblassers könne nicht [X.] werden, daß dieser auch im Falle eines Renteneintritts der Beklagten- 4 -- mit der dadurch verbundenen Rentenkürzung für ihn - weiterhin Unterhalt [X.] und auf den Einwand aus § 1579 Nr. 7 [X.] verzichtet hätte. Der [X.] sei unter Berücksichtigung aller Umstände trotzder fast 30 Jahre andauernden Ehe vollständig verwirkt. Dabei sei [X.] die Erwerbsmöglichkeit der bei Scheidung erst 48 Jahre alten Beklagten unddas mietfreie Wohnen im Haus ihres Lebensgefährten zu berücksichtigen.2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist im Ergebnis nicht zu be-anstanden:a) Die gesetzliche Unterhaltspflicht geht nach § 1586 [X.] unverändertauf den Erben über und bleibt auch weiterhin Einwänden aus § 1579 [X.] aus-gesetzt. Nur die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wird durch die [X.] auf den fiktiven Pflichtteil des Unterhaltsberechtigten (sog. kleinerPflichtteil bei gesetzlichem Erbrecht des Unterhaltsberechtigten zuzüglichPflichtteilsergänzungsanspruch, § 1586 b Abs. 1 Satz 2 und 3 i.V. mit §§ 1931Abs. 1 und 2, 2325 ff. [X.]; [X.]Z 146, 114, 118 ff.) und die Möglichkeit [X.] auf den vorhandenen Nachlaß (§§ 1975, 1990, 1992 [X.]) er-setzt. Der nach § 1586 [X.] haftende Erbe des Unterhaltspflichtigen kannsich deswegen grundsätzlich weiterhin oder auch erstmals auf § 1579 Nr. 7[X.] berufen, wenn der Unterhaltspflichtige nicht zuvor darauf verzichtet hatte(so auch [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 1586 [X.]. 41; [X.]/Dieck-mann, [X.] 10. Aufl. § 1586 [X.]. 3; Soergel/[X.], [X.] 12. Aufl. § 1586 b[X.]. 3; [X.]/Hülsmann, [X.], § 1586 [X.] [X.]. [X.]/[X.]/[X.], Die Rechtsprechung zur Höhe des [X.]. [X.]. 145 a; [X.]/[X.] [X.] 63. Aufl. § 1586 b[X.]. 8). Dabei kann der Erbe sich auch auf neue oder weiter fortgeschritteneUmstände seit dem Tod des Erblassers [X.] 5 -b) Der unterhaltspflichtige Erblasser hat auch nicht zu Lebzeiten mit Wir-kung für die Klägerin als seine Erbin auf den Einwand aus § 1579 Nr. 7 [X.]verzichtet.Allerdings wird in Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich vertreten,daß ein ausdrücklicher oder konkludenter Verzicht auf die Rechtsfolgen [X.] daraus hergeleitet werden kann, daß der [X.] Kenntnis dieser Umstände den Unterhalt weiterbezahlt (so [X.] FamRZ 1997, 1159; [X.] FamRZ 1997, 1485, 1486;[X.] FamRZ 1994, 704, 705; [X.]/[X.], [X.] 4. Aufl. § 1579[X.]. 70; [X.]/[X.]/[X.], Eherecht 4. Aufl. § 1579 [X.] [X.]. 45;[X.]/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. IV [X.]. 398; Gernhu-ber/Coester-Waltjen, Familienrecht 4. Aufl. § [X.] (S. 432); Heiß/Heiß, [X.] [X.]. 382). Unterschiedliche Auffassungen bestehen lediglichim Anwendungsbereich und in den Auswirkungen dieses Verzichts. So ist strei-tig, ob er auch dort eingreift, wo die Tatbestände des § 1579 [X.] nicht an einpersönliches Fehlverhalten des unterhaltsberechtigten Ehegatten anknüpfen,sondern an objektive Umstände wie bei § 1579 Nr. 1 und Nr. 7 [X.] (für gene-relle Anwendbarkeit wohl [X.]/[X.]/[X.] aaO; einschränkend in-soweit [X.]/[X.] aaO; wohl auch [X.]/Bäumel Unterhaltsrecht7. Aufl. [X.]. 1106). Bedenken gegen die Annahme eines Verzichts können sichauch dort ergeben, wo etwa der Unterhaltsschuldner nur mit Rücksicht auf [X.] eines gemeinsamen Kindes den Unterhalt unge-schmälert weitergezahlt hat, ohne von der Möglichkeit Gebrauch zu machen,ihn auf den Mindestbedarf herabzusetzen (vgl. dazu Senatsurteil vom29. Januar 1997 - [X.] - FamRZ 1997, 483, 484). Nicht einheitlich be-antwortet wird schließlich auch die Frage, ob der Verzicht ein selbständiger Ge-geneinwand ist, der bereits den Tatbestand der negativen Härteklausel des§ 1579 [X.] entfallen läßt (so etwa [X.]/[X.]/[X.] aaO m.w.[X.] -oder ob er lediglich im Rahmen der Billigkeitsabwägung des § 1579 [X.] zuberücksichtigen ist (so wohl die überwiegende Meinung vgl. OLG'e Düsseldorfund [X.] jeweils aaO; [X.]/[X.] aaO; Gernhuber/Coester-WaltjenaaO und [X.]/Borth aaO). Darauf kommt es hier indes nicht an, weil schondie Voraussetzungen eines ausdrücklichen oder konkludenten Verzichts nichtvorliegen.Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] hatte der Erblasser weiterhin Unterhalt an die Beklagte gezahlt,weil er sich dadurch gemäß § 5 [X.] bis zum Beginn des [X.] seine ungeschmälerte Rente erhielt und letztlich sogar günstigerstand, als es bei Wegfall der Unterhaltspflicht und Kürzung seiner eigenenRente durch den Versorgungsausgleich der Fall gewesen wäre. Für den [X.] stand die Zahlung des Unterhalts deswegen in Zusammenhang mit sei-nem ungeschmälerten Rentenbezug. [X.] unbedenklich hat dasBerufungsgericht daraus geschlossen, daß auch der Erblasser die [X.] eingestellt hätte, sobald seine eigene Rente durch den sich [X.] der Beklagten auswirkenden Versorgungsausgleich geschmälertworden wäre. Aus der wirtschaftlich nachvollziehbaren Verhaltensweise [X.] konnte die Beklagte daher keinen Vertrauensschutz dafür herleiten,daß er auch künftig auf Dauer Einwendungen aus § 1579 [X.] nicht erhebenwerde. Daß das [X.] andere Umstände, die für eine Anerken-nung des Unterhaltsanspruchs in Kenntnis des [X.] sprechenkönnten, übersehen hat, hat die Revision nicht aufgezeigt.c) Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht weiter davon aus, daßdie Voraussetzungen eines Ausschlusses des Unterhaltsanspruchs der [X.] nach § 1579 Nr. 7 [X.] vorliegen. Nach ständiger Rechtsprechung desSenats ([X.]Z 150, 209, 215 m.w.N.) kann ein länger dauerndes Verhältnis des- 7 [X.] zu einem anderen Partner dann zur Annahme einesHärtegrundes im Rahmen des Auffangtatbestandes des § 1579 Nr. 7 [X.] - mitder Folge der Unzumutbarkeit einer weiteren (uneingeschränkten) Unterhalts-belastung für den Verpflichteten - führen, wenn sich die Beziehung in einemsolchen Maße verfestigt hat, daß sie als eheähnliches Zusammenleben anzu-sehen und gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten ist. Dabei setzt die An-nahme einer derartigen Lebensgemeinschaft nicht einmal zwingend voraus,daß die Partner räumlich zusammenleben und einen gemeinsamen [X.], auch wenn eine solche Form des Zusammenlebens in der Regel eintypisches Anzeichen hierfür sein wird ([X.] Urteil vom 24. Oktober 2001- [X.] - FamRZ 2002, 23, 25). Unter welchen Umständen - nach einergewissen Mindestdauer, die im allgemeinen kaum unter zwei bis drei [X.] dürfte - auf ein eheähnliches Zusammenleben geschlossen werden kann,läßt sich nicht allgemein verbindlich festlegen. Letztlich obliegt es der verant-wortlichen Beurteilung des Tatrichters, ob er den Tatbestand des [X.] aus tatsächlichen Gründen für gegeben erachtet oder nicht.Es begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken und wird auch vonder Revision nicht angegriffen, daß das Berufungsgericht im Rahmen der tat-richterlichen Würdigung der getroffenen Feststellungen zu dem Ergebnis ge-langt ist, die Beziehung der Beklagten zu ihrem Lebensgefährten habe sich [X.] seit August 1999 so sehr verfestigt, dass sie in ihrer persönlichen undwirtschaftlichen Ausprägung und Intensität einem eheähnlichen Verhältnisgleichkommt. Beide leben schon seit 1995 in einer gemeinsamen Wohnung undführen einen gemeinsamen Haushalt. Auch in der Öffentlichkeit und bei [X.] treten sie als Paar auf. Gesichtspunkte, die der Annahme eines [X.] eheähnlichen Verhältnisses entgegenstehen könnten, sind weder vorge-tragen noch sonst [X.] -d) Das [X.] hat der Beklagten einen Unterhaltsanspruchab August 1999 vollständig versagt, weil sie schon nach der Scheidungsverein-barung verpflichtet und auch in der Lage gewesen sei, für ihr wirtschaftlichesAuskommen selbst zu sorgen. Ihr weiterer Lebensbedarf sei durch das Zu-sammenleben in ihrer neuen Lebensgemeinschaft und insbesondere das miet-freie Wohnen gedeckt. Dem stehe nicht entgegen, daß der Erblasser währendder Dauer seiner Unterhaltszahlungen von fast zehn Jahren eine ungekürzteRente erhalten habe, was die Unterhaltszahlungen mehr als ausgleiche.Auch gegen diese Erwägungen wendet sich die Revision ohne Erfolg.Die Beklagte war zwar fast 30 Jahre mit dem Erblasser verheiratet, imZeitpunkt der Scheidung war sie allerdings erst 48 Jahre alt. Nach dem gericht-lichen [X.] war sie seinerzeit als ausgebildete [X.] verpflichtet und in der Lage, eigene Einkünfte aus einer mehr als halb-schichtigen (26 Stunden) Tätigkeit zu erzielen. Die aus der Ehe hervorgegan-genen Kinder waren volljährig und wirtschaftlich unabhängig. Zu Recht hat das[X.] im Rahmen der Zumutbarkeitsabwägung auch berücksich-tigt, daß die Beklagte mietfrei im Haus ihres neuen Lebensgefährten wohnt.Zwar hat der Erblasser während der Unterhaltszahlungen weiterhin seine unge-schmälerte Rente erhalten, was sich zu dessen Gunsten, letztlich aber auch zuGunsten der Beklagten ausgewirkt hat. In dem gerichtlichen Vergleich vom27. November 1989 sind die geschiedenen Ehegatten auf der Grundlage derseinerzeit vom Senat angewandten Anrechnungsmethode von einem alleinprägenden Einkommen des Erblassers in Höhe von 3.500 DM netto ausgegan-gen. Wäre dieses Einkommen durch den scheidungsbedingten Versorgungs-ausgleich geschmälert worden, hätte auch der Beklagten ein entsprechend [X.] Unterhaltsanspruch zugestanden (vgl. dazu [X.] Urteil vom 5. [X.], 848, 849 f.).- 9 -Weil das eheähnliche Zusammenleben der Beklagten außerdem schonfast fünf Jahre andauerte, ist das [X.] im Rahmen seiner tatrich-terlichen Verantwortung davon ausgegangen, dass jede Inanspruchnahme derKlägerin über den Tod des Erblassers hinaus grob unbillig sei. Auch diese [X.] ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.[X.]Sprick[X.]Ri[X.] Prof. Dr. [X.] istDosekrankheitsbedingt an [X.] verhindert.[X.]

Meta

XII ZR 259/01

28.01.2004

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2004, Az. XII ZR 259/01 (REWIS RS 2004, 4819)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4819

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