Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.03.2017, Az. 30 W (pat) 67/16

30. Senat | REWIS RS 2017, 13949

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "MUSIC STORE professional (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 055 665.8

hat der 30. Senat (Marken- und [X.]) des [X.] in der Sitzung vom 16. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das in den Farben rot, weiß und schwarz gestaltete Wort-/Bildzeichen

Abbildung

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ist am 17. Oktober 2013 als Marke für die Waren der

3

„Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; insbesondere Public Address (PA) Anlagen, Synthesizer, [X.] (unter anderem Wandler, Verstärker, Mischpulte, Monitore, Kopfhörer, Prozessoren), Tonstudioeinrichtung, Computer (unter anderem Software, Audio-Interfaces), [X.] (unter anderem Mixingtools, Plattenspieler); Lichtinstallation und Beleuchtungstechnik; Instrumentenzubehör

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Klasse 15: Musikinstrumente“

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bei dem [X.] angemeldet worden.

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Mit Beschluss vom 3. August 2016 hat die Markenstelle für Klasse 9 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) zurückgewiesen.

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[X.] [X.] professional im Zusammenhang mit allen beanspruchten Waren ausschließlich den sachlich beschreibenden Hinweis darauf entnehmen, dass diese Waren in einem Warenhaus angeboten würden, dessen Angebot den Bereich der Musik abdecke und sich insbesondere an professionelle Kunden wende. Hiergegen habe die Anmelderin auch keine Einwendungen erhoben. Entgegen der Auffassung der Anmelderin sei auch die grafische Gestaltung des [X.] nicht geeignet, das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft zu überwinden, da sie im Hinblick auf das in der modernen Werbegrafik Übliche vollkommen unauffällig sei. Insbesondere die Verwendung von „[X.]” gehöre zu den alltäglichsten Gestaltungsmitteln der Werbegrafik überhaupt, wie auch die Verwendung der Signalfarbe Rot jeglichen Phantasiegehaltes entbehre.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

9

Sie trägt vor, die [X.] sei für die beanspruchten Waren unterscheidungskräftig. Insbesondere die phantasievolle grafische Ausgestaltung gehe über den Bereich des [X.] hinaus. Die dreidimensionale perspektivische Wiedergabe sowie die Farbkombination stellten einprägsame Gestaltungselemente dar. Ausgehend hiervon könne auch ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht festgestellt werden, denn aufgrund der Vielzahl der Gestaltungsmöglichkeiten sei der Verkehr nicht auf die mit der [X.] verwirklichte Darstellungsweise angewiesen.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 3. August 2016 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Markenstelle hat mit Recht festgestellt, dass es der angemeldeten Wort-/Bildmarke

Abbildung

in Bezug auf die beanspruchten Waren an jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. [X.] [X.] 2012, 610 (Nr. 42) – [X.]; [X.] 2008, 608, 611 (Nr. 66) - [X.]; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) – [X.]; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) – [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.] 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) – [X.]; [X.] 2008, 608, 611 (Nr. 66) – [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – [X.]; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) – [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 8) – Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) – Matratzen Concord/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] 2013, 1143, Nr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678, Nr. 86 – Postkantoor; [X.] 2014, 1204, 1205, Nr. 12 – [X.]; [X.] 2012, 270, 271, Nr. 11 – Link economy; [X.] 2009, 952, 953, Nr. 10 – [X.]). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2014, 1204, 1205, Nr. 12 – [X.]; [X.] 2012, 1143, 1144, Nr. 9 – [X.]; [X.] 2010, 1100, Nr. 23 – [X.]!; [X.] 2006, 850, 855, Nr. 28 f. – FUSSBALL WM 2006).

Bei einer Wort-/Bildmarke wie der verfahrensgegenständlichen ist wie bei anderen aus mehreren Elementen zusammengesetzten Marken bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen. Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente oder deren Kombination, den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. [X.] 1991, 136, 137 – [X.]; [X.] 2001, 162, 163 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; [X.] 2001, 1153 – anti[X.]). Hinsichtlich der bildlichen Ausgestaltung einer Wort-/Bildmarke gilt ferner, dass der Marke - unbeschadet der gegebenenfalls fehlenden Unterscheidungskraft der Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. [X.] 1991, 136, 137 – [X.]; [X.] 2001, 1153 – anti[X.]), wobei an die Ausgestaltung aber umso größere Anforderungen zu stellen sind, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist (vgl. auch [X.] [X.] 1996, 410, 411 – Color COLLECTION). Erforderlich ist eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke (vgl. auch [X.] [X.] Int. 2005, 1012, 1017 Rn. 73, 74 – [X.]). Dabei vermögen einfache geometrische Formen, bloße Verzierungen oder beschreibende Bildzeichen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, keine Unterscheidungskraft zu begründen ([X.] 2001, 1153 – anti[X.]).

2. Nach diesen Grundsätzen fehlt es dem Anmeldezeichen im vorliegenden [X.] an jeglicher Unterscheidungskraft.

a) Wie bereits die Markenstelle zutreffend dargelegt hat und auch von der Anmelderin letztlich nicht in Abrede gestellt wird, haben die Wortbestandteile [X.] [X.] professional für die angesprochenen Verkehrskreise einen unmittelbar erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt.

aa) Die Wortfolge ist aus einfachen Worten des [X.] Grundwortschatzes zusammengesetzt. „[X.]“ entspricht dem [X.] Wort „Musik“. Die Wortkombination „[X.] [X.]“, eine Verbindung mit dem zweiten, im [X.] inzwischen allgemein verständlichen Wortbestandteil „[X.]“ (englisch u. a. für „Vorrat, Speicher, speichern, Warenlager, Warenhaus, Magazin“, http://dict.leo.org), kann ein (Musik-)Fachgeschäft, einen (Musik-)Internetversandhandel oder ein Lager bezeichnen, das Musikinstrumente, Musikgeräte und entsprechendes Zubehör anbietet (vgl. zum Wortelement „[X.]“ bereits [X.] PROMA, 24 W (pat) 534/11 – om store; 26 W (pat) 508/10 – istore; 30 W (pat) 87/01– INFO[X.]). Das Wort „store“ ist allgemeinen Verkehrskreisen im [X.] aus Zusammensetzungen wie „Flagshipstore“, „[X.]“, „[X.]“ oder „Outlet-Store“ bekannt ([X.], a. a. [X.], 24 W (pat) 534/11 - om store). In dem sprachüblich nach diesen Mustern gebildeten Anmeldezeichen [X.] [X.] wird „store“ ebenfalls nachgestellt hinter einem Bestimmungswort verwendet, das die fachliche Ausrichtung eines bestimmten Geschäfts - hier: eines Musikgeschäfts - bezeichnet.

bb) Das in der zweiten Zeile unterhalb von [X.] [X.] angeordnete weitere Wortelement, das [X.] Wort „professional“, ist eng mit dem [X.] Ausdruck "professionell" verwandt und in seiner Bedeutung "fachmännisch/beruflich" geläufig (vgl. so schon [X.] PROMA, 33 W (pat) 192/04 – professional). Der Ausdruck ist deshalb geeignet, auf eine besondere fachmännische Qualität bzw Fertigung hinzuweisen, die den Ansprüchen von Fachleuten genügt, wobei die Verwendung des Begriffes auch in Alleinstellung auf vielen Waren- und Dienstleistungsgebieten verbreitet ist ([X.], a. a. [X.], 33 W (pat) 192/04 – professional). Es handelt sich somit um einen Qualitätshinweis, der in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 9 und 15 in glatt beschreibender, anpreisender Weise zum Ausdruck bringt, dass sich die so bezeichnete Ware an den Fachmann wendet bzw. dass die betreffenden Produkte ihrer Art und Beschaffenheit nach eine professionelle Verarbeitung aufweisen. Daher wird auch dieser Bestandteil für sich gesehen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden.

cc) Die schutzsuchende Bezeichnung beansprucht in Klasse 15 „

[X.] [X.] professional in ihrer Gesamtheit daher lediglich als Kombination zweier beschreibender Sachhinweise – des Hinweises auf eine Verkaufsstätte sowie einer werblich anpreisenden Qualitätsangabe – erkennen, nicht aber als Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen.

3. Erfolglos beruft sich die Anmelderin auf eine Überwindung des Schutzhindernisses durch eine aus ihrer Sicht anspruchsvolle grafische Gestaltung des Zeichens.

Einfache graphische Gestaltungselemente oder Verzierungen des [X.], an die sich der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, reichen wie dargelegt nicht aus, um in Kombination mit einem nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteil dem [X.] Unterscheidungskraft zu verschaffen ([X.] 2001, 1153 – anti [X.]; [X.] 2008, 710, 711 (Nr. 20) – [X.]; [X.] PROMA, 26 W (pat) 57/09 – Ambiente Trendlife). Zudem sind an den erforderlichen „Überschuss“ umso größere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibende Charakter der fraglichen Anlage selbst hervortritt ([X.] 2001, 1153 – anti [X.]; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 190 m. w. N.). Soweit die Wortelemente – wie vorliegend – rein beschreibende Angaben enthalten, bedürfte es daher eines auffallenden Hervortretens der graphischen Elemente, um sich dem Verkehr als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen einzuprägen. Letztlich müsste die Ausgestaltung für den maßgeblichen Durchschnittsverbraucher unmittelbar erkennbar eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken, die den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile bedeutungslos macht (vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 8 Rn. 190).

Die Gesamtgestaltung des verfahrensgegenständlichen Wort-/Bildzeichens

Abbildung

Bei sämtlichen verwendeten Grafikelementen handelt es sich somit um einfache und grundlegende Stilmittel, an die sich der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, so dass die grafische Ausgestaltung insgesamt nicht ausreicht, um in Kombination mit den nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteilen dem [X.] Unterscheidungskraft zu verschaffen.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Meta

30 W (pat) 67/16

16.03.2017

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.03.2017, Az. 30 W (pat) 67/16 (REWIS RS 2017, 13949)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13949

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