Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.09.2022, Az. V ZB 2/20

5. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 5865

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Gegenstand

Rechtsanwaltsvergütung für die Vertretung des Gläubigers in einem Zwangsversteigerungsverfahren über mehrere Bruchteile eines Grundstücks


Leitsatz

Vertritt der Rechtsanwalt den Gläubiger in einem Zwangsversteigerungsverfahren über mehrere Bruchteile eines Grundstücks wegen einer Forderung, für die die Miteigentümer als Gesamtschuldner haften, dann handelt es sich um eine Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 RVG und erhält der Anwalt für das Verfahren nur eine 0,4-Gebühr nach Nr. 3311 Nr. 1 RVG-VV.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des [X.] - 5. Zivilkammer - vom 4. Dezember 2019 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 311,30 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Auf Antrag der anwaltlich vertretenen Beteiligten zu 1 (im Folgenden: Gläubigerin) hat das Amtsgericht (Vollstreckungsgericht) die Zwangsversteigerung in die hälftigen Miteigentumsanteile der Beteiligten zu 2 und 3 (im Folgenden: Schuldner) an einer Eigentumswohnung angeordnet und zwei Beitritte der Gläubigerin zugelassen. Es hat - soweit hier von Interesse - die von der Gläubigerin doppelt, nämlich bezogen auf jeden der Schuldner gesondert geltend gemachte 0,4 Verfahrensgebühr nach Nr. 3311 Ziff. 1 [X.] [X.] (nebst Auslagen und Umsatzsteuer; insgesamt 311,30 € je Schuldner) bei den mit der Versteigerung [X.] Kosten nur einmal angesetzt. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen die Absetzung der zweiten Verfahrensgebühr hat das [X.] zurückgewiesen. Dagegen richtet sich ihre zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

2

Nach Auffassung des [X.], dessen Entscheidung u.a. in [X.] 2020, 223 veröffentlicht ist, ist für die Tätigkeit des Rechtsanwalts der Gläubigerin nur eine 0,4 Verfahrensgebühr nach Nr. 3311 Ziff. 1 [X.] [X.] anzusetzen, weil es sich um ein einheitliches Zwangsversteigerungsverfahren handele. Die Vorschrift stelle für die Anzahl der Gebühren allein auf die Anzahl der Verfahren ab. Gebühren für weitere Gegner innerhalb eines Verfahrens kenne das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht. Vorliegend handele es sich zweifelsfrei um ein Grundstück, eine Versteigerung und damit ein Verfahren. Dass aufgrund unterschiedlicher Einwendungsmöglichkeiten oder Voraussetzungen für die einstweilige Einstellung das Verfahren für die beiden Schuldner unterschiedlich ablaufen könnte, ändere daran nichts, denn insoweit unterscheide sich das Zwangsversteigerungsverfahren nicht vom Erkenntnisverfahren mit mehreren Beklagten. Von der Mobiliarvollstreckung, etwa der Pfändung jeweils eigener Ansprüche von Kontoinhabern gegenüber einer Bank oder der Vollstreckung in Gegenstände unterschiedlicher Eigentümer in verschiedenen Verfahren, unterscheide sich das [X.] hingegen; denn dessen Gegenstand sei die Versteigerung, die in einem einheitlichen Verfahren erfolge.

III.

3

Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht nimmt im Ergebnis zu Recht an, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 3311 Ziff. 1 [X.] [X.] in Höhe von 0,4 für die Tätigkeit des Rechtsanwalts der Gläubigerin bei den nach § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO mit der Versteigerung zugleich [X.] notwendigen Kosten nur einfach in Ansatz zu bringen ist.

4

1. Dies folgt allerdings entgegen der Auffassung des [X.] nicht daraus, dass es sich bei der Versteigerung von Miteigentumsanteilen zweier [X.]eigentümer - hier: zweier Eheleute -, die für die vollstreckte Forderung gesamtschuldnerisch haften, von vornherein um (nur) ein Verfahren handelt.

5

a) Bei einem im Miteigentum stehenden Grundstück sind gemäß § 864 Abs. 2 ZPO (nur) die Miteigentumsanteile Gegenstand der Zwangsvollstreckung. Insoweit werden sie vollstreckungsrechtlich wie mehrere Grundstücke behandelt (Senat, Beschluss vom 29. Oktober 2020 - [X.], NJW-RR 2021, 467 Rn. 7). Grundsätzlich wird, wie sich aus §§ 18, 63 [X.] ergibt, jedes Grundstück in einem gesonderten Verfahren versteigert (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 16. Aufl., § 18 Rn. 1; [X.], [X.], 7. Aufl., § 18 Rn. 1). Folglich handelt es sich, wenn der Gläubiger die Zwangsversteigerung zweier Miteigentumsanteile an einem Grundstück beantragt, zunächst um zwei Verfahren, auch wenn der Antrag in einem einheitlichen Schriftsatz gestellt wird (insoweit zutreffend [X.], [X.] 2020, 117 in seiner Anmerkung zur Entscheidung des [X.]). Dass das Vollstreckungsgericht in der Regel für einen solchen Antrag nur eine Akte anlegt und nur ein Aktenzeichen vergibt, beruht auf den hierzu getroffenen Regelungen in den Aktenordnungen der Länder. So heißt es etwa in den Erläuterungen zur [X.] zu § 14 [X.] BW (S. 154 der [X.]): „Betrifft ein Antrag auf Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung mehrere Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte, so erfolgt die Erfassung unter einem Aktenzeichen, wenn eine Verbindung gemäß § 18 [X.] möglich ist, sonst erfolgt getrennte Erfassung“. Diese Regelungen betreffen indes nur die Art und Weise der Aktenführung und ändern nichts daran, dass es sich bis zur Verbindung um getrennte Verfahren im Sinne des [X.] handelt; zu einer Änderung des Verfahrensbegriffs des [X.] wäre der Landesverordnungsgeber ohnehin nicht befugt.

6

b) Die Verbindung von Zwangsversteigerungsverfahren lässt das Gesetz zwar in bestimmten Fällen zu. Sie führt aber nicht dazu, dass von Anfang an verfahrens- und gebührenrechtlich nur ein Verfahren vorläge. So kann nach § 18 Alt. 3 [X.] die Zwangsversteigerung mehrerer Grundstücke in demselben Verfahren erfolgen, wenn sie - wie hier - wegen einer Forderung betrieben wird, für welche die Eigentümer gesamtschuldnerisch haften. Die Verbindung erfolgt durch Beschluss des Vollstreckungsgerichts, der auch konkludent gefasst werden kann, etwa indem - wie hier - auf einen einheitlichen Antrag hin ein einheitlicher [X.] ergeht (vgl. [X.], [X.], 7. Aufl., § 18 Rn. 12; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 16. Aufl., § 18 Rn. 8; [X.] in [X.]/[X.], Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 18 Rn. 10; [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl., § 18 Rn. 12; [X.] in [X.], [X.], § 18 Rn. 18). Zu diesem Zeitpunkt ist aber die Verfahrensgebühr nach Nr. 3311 Ziff. 1 [X.] [X.] bereits angefallen, denn diese entsteht, sobald der Rechtsanwalt mit der Ausführung des Vollstreckungsauftrags beginnt, spätestens also mit Einreichung des Antrags bei dem Vollstreckungsgericht (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, Nr. 3311 [X.] [X.] Rn. 9; [X.]/ders., Kostenrecht, 52. Aufl., Nr. 3311 [X.] [X.] Rn. 17). Die Verbindung der Verfahren in dem [X.] könnte also, wenn für die ursprünglich zwei Verfahren zwei Gebühren anfielen - was nicht der Fall ist (hierzu sogleich) -, hieran nach dem in § 15 Abs. 4 [X.] zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken nichts mehr ändern, sondern hätte nur zur Folge, dass ab diesem Zeitpunkt neu entstehende Gebühren nur noch einmal anfallen, nunmehr aus dem Gesamtwert der verbundenen Verfahren (vgl. AnwK-[X.]/Mock, 9. Aufl., Vor [X.] 3311, 3312 Rn. 6; [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl., Einleitung Rn. 517; Wolf in [X.]/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rn. 14.101 f. sowie zu Klage- bzw. Anfechtungsverfahren [X.], Beschluss vom 14. April 2010 - [X.], NJW 2010, 3377 Rn. 14; Beschluss vom 10. Mai 2010 - [X.], [X.], 1413 Rn. 17).

7

2. Im Ergebnis ist die Beschwerdeentscheidung aber gleichwohl richtig. Vertritt der Rechtsanwalt den Gläubiger in einem Zwangsversteigerungsverfahren über mehrere Bruchteile eines Grundstücks wegen einer Forderung, für die die Miteigentümer als Gesamtschuldner haften, dann handelt es sich um eine Angelegenheit i.[X.]. § 15 Abs. 2 [X.] und erhält der Anwalt für das Verfahren nur eine 0,4-Gebühr nach Nr. 3311 Ziff. 1 [X.] [X.].

8

a) Gemäß § 15 Abs. 2 [X.] kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Dieselbe Angelegenheit im Sinne dieser Vorschrift betreffen nach der Rechtsprechung des [X.] weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen in der Regel, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Dieselbe Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen. Das Vorliegen derselben Angelegenheit schließt es ferner nicht aus, wenn der Rechtsanwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Auftragsgebers verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen oder mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Mandanten besorgen soll. Für einen einheitlichen Rahmen reicht es grundsätzlich aus, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinn einheitlich bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst oder in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können (vgl. zum Ganzen [X.], Urteil vom 6. Juni 2019 - [X.], [X.], 242 Rn. 23 f.; Beschluss vom 24. März 2016 - [X.], NJW-RR 2016, 883 Rn. 6 f.; Urteil vom 27. Juli 2010 - [X.], NJW 2010, 3035 Rn. 20 f.).

9

b) Nach diesen Kriterien handelt es sich um eine Angelegenheit i.[X.]. § 15 Abs. 2 [X.], wenn der Rechtsanwalt den Gläubiger in einem Zwangsversteigerungsverfahren über mehrere Bruchteile eines Grundstücks wegen einer Forderung vertritt, für die die Miteigentümer als Gesamtschuldner haften.

aa) Anders als die Rechtsbeschwerde meint und vereinzelt in der Literatur vertreten wird ([X.], [X.] 1999, 73), erlaubt der Vergleich zu der gebührenrechtlichen Behandlung der Tätigkeit des Rechtsanwalts in Verfahren der Mobiliarvollstreckung oder der Vollstreckung nach §§ 887 ff. ZPO keinen mehrfachen Ansatz der Verfahrensgebühr nach Nr. 3311 Ziff. 1 [X.] [X.] für die Tätigkeit in einem Zwangsversteigerungsverfahren.

(1) Zwar begründet bei anderen Vollstreckungsarten als der Zwangsversteigerung die Tätigkeit des Rechtsanwalts bei einer gegen mehrere (Gesamt-)Schuldner gerichteten Vollstreckung trotz einheitlichen Auftrags und Verfahrens grundsätzlich mehrere besondere Angelegenheiten i.[X.]. § 18 [X.] (vgl. etwa [X.], [X.] 2020, 710 Rn. 6; KG, [X.] 2004, 46; [X.], [X.] 2004, 69; [X.], [X.] 1987, 72 f.; Kawell in [X.]/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 788 ZPO Rn. 77; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 18 Rn. 28; Wolf in [X.]/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rn. 14.59). So hat der [X.] etwa entschieden, dass jeder gegen einen von mehreren Schuldnern gerichtete Antrag nach § 887 Abs. 1 und 2 ZPO eine Vollstreckungsmaßnahme darstellt, die eine Vollstreckungsgebühr (Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 [X.] [X.]) anfallen lässt (vgl. [X.], Urteil vom 10. August 2006 - [X.], [X.], 367 zu § 57 Abs. 1, § 58 Abs. 1 [X.] aF).

(2) Dies gilt indes für das Zwangsversteigerungsverfahren nicht gleichermaßen. Denn der Gesetzgeber hat die Gebühren für die Vertretung in der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung im [X.] wie schon zuvor in der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte bewusst gesondert und abweichend von den Gebühren für die Vertretung in anderen Zwangsvollstreckungsverfahren geregelt. § 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.], der - vergleichbar der Vorgängervorschrift des § 58 Abs. 1 [X.] aF - bestimmt, dass jede Vollstreckungsmaßnahme eine besondere Angelegenheit ist, regelt nicht die Entstehung der Gebühren für die Vertretung im Bereich der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung; diese ergeben sich ausschließlich aus Nr. 3311 und Nr. 3312 [X.] [X.] unter Berücksichtigung der allgemeineren Vorschrift des § 15 [X.] (vgl. AnwK-[X.]/[X.], 9. Aufl., § 18 Rn. 25; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 18 Rn. 7; [X.]/von Eicken, [X.], 15. Aufl., § 57 Rn. 1; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 57 Rn. 1; [X.] in [X.]/Jungbauer, [X.], 9. Aufl., Nr. 3311 [X.] Rn. 5). § 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (vormals § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] in der bis zum 31. August 2009 gültigen Fassung) ersetzt ohne Änderung in der Sache § 58 Abs. 1 [X.] aF, während Nr. 3311 Nr. 1 [X.] [X.] der Regelung des § 68 Abs. 1 Nr.1 [X.] aF entspricht (vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 192, 216).

bb) Somit ist im Zwangsversteigerungsverfahren eigenständig nach den allgemeinen zu § 15 Abs. 2 [X.] entwickelten Kriterien zu bestimmen, ob es sich bei einem gegen mehrere Schuldner gerichteten Antrag um mehrere Angelegenheiten oder um eine einheitliche Angelegenheit handelt.

(1) Zwar ist auch im Zwangsversteigerungsverfahren grundsätzlich von verschiedenen Angelegenheiten auszugehen, wenn der Rechtsanwalt in mehreren Verfahren tätig wird. Es entspricht aber nahezu einhelliger Meinung, dass etwas anderes dann gilt, wenn der Rechtsanwalt mehrere Verfahren einleitet, deren Verbindung nach § 18 Alt. 3 [X.] möglich und geboten ist, weil sich der Antrag - wie hier - gegen die Miteigentümer eines Grundstücks richtet und die Vollstreckung wegen einer Forderung betrieben wird, für die diese als Gesamtschuldner haften; dann handelt es sich um eine Angelegenheit und entsteht die 0,4-Gebühr nach Nr. 3311 [X.] [X.] nur einmal (vgl. [X.], [X.] 1980, 1687; [X.], [X.] 2009, 479 m. zust. [X.] [X.]; AnwK-[X.]/Mock, 9. Aufl., Vor [X.] Nr. 3311, 3312 Rn. 5, 13; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 16. Aufl., § 18 Rn. 4; [X.] [X.]/[X.] [1.9.2021], Nr. 3311 [X.] Rn. 12, 23a; [X.]/[X.], [X.], 25. Aufl., Nr. 3311, 3312 [X.] Rn. 6 f.; Göttlich/Mümmler/[X.], [X.], 7. Aufl., „Zwangsversteigerung“ [X.] 7; [X.] in [X.]/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 18 [X.] Rn. 19, 21; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 15 Rn. 90; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., Nr. 3311, 3312 [X.] Rn. 6, 10; [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl., Einleitung Rn. 517; [X.], Kostenrecht, 52. Aufl., [X.] [X.] 3311 Rn. 7; Wolf in [X.]/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rn. 14.101 f.; Mock, VE 2020, 79 f.; Mümmler, [X.] 1980, 1687; i. Erg. auch [X.] in [X.]/Jungbauer, [X.], 9. Aufl., Nr. 3311 [X.] Rn. 5; aA [X.], [X.] 1999, 73).

(2) Diese Auffassung trifft zu.

(a) Der Auftrag, die Zwangsversteigerung zu betreiben, stellt sich in einem solchen Fall aufgrund der zu erwartenden Verfahrensverbindung als ein in einem einheitlichen Rahmen, innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens zu besorgendes Geschäft dar. Steht die Versteigerung von Miteigentumsanteilen an demselben Grundstück (im sachenrechtlichen Sinne) an, liegt eine Verbindung besonders nahe und ist für alle Beteiligten absehbar. Die Verfahrensverbindung nach § 18 [X.] soll nach der Intention des Gesetzgebers zur Verminderung der Kosten beitragen (vgl. Denkschrift in: [X.] über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung nebst dem [X.] vom 24. März 1897, [X.]). Mit der erst nachträglich eingefügten dritten Fallvariante des § 18 [X.] wollte der Gesetzgeber zudem nicht nur eine kostengünstigere Vollstreckung, sondern auch eine wirksamere Gestaltung der Versteigerung von Miteigentumsanteilen ermöglichen. Dabei hatte er zwar insbesondere die Konstellation vor Augen, dass ein Grundstück insgesamt mit einem Grundpfandrecht belastet ist und deshalb bei einer Einzelversteigerung von Bruchteilen die Gefahr besteht, dass diese scheitert, weil das geringste Gebot den Verkehrswert des [X.] übersteigt (vgl. BT-Drucks. 8/693 S. 50). Auch bei der Vollstreckung wegen einer nicht dinglich gesicherten Forderung bietet die gemeinsame Versteigerung aber in aller Regel mehr Aussicht auf Erfolg, weil viele Bietinteressenten kein Interesse daran haben werden, nur einen einzelnen Miteigentumsanteil zu erwerben (vgl. Senat, Urteil vom 14. September 2018 - [X.]/17, [X.] 2019, 147 Rn. 20). Die Versteigerung sämtlicher Miteigentumsanteile eines Grundstücks unterscheidet sich in der Sache zudem nicht wesentlich von der Versteigerung eines im Alleineigentum stehenden Grundstücks (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Oktober 2020 - [X.], [X.], 308 Rn. 7, 12). Daher ist in dieser Konstellation die Verbindung der Verfahren, über die das Vollstreckungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat (Senat, Beschluss vom 22. März 2007 - [X.] 138/06, [X.], 1286 Rn. 16 mwN), möglich (§ 18 Alt. 3 [X.]) und regelmäßig auch geboten. Zum einen eröffnet sie den Beteiligten die Möglichkeit, nach § 63 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu verlangen, dass neben dem Einzelausgebot der Miteigentumsanteile alle Anteile zusammen ausgeboten werden (Gesamtausgebot). Zum anderen stellt sie sich als die günstigere Verfahrensweise im Hinblick auf Kosten und Gebühren dar. Letzteres wird besonders deutlich, wenn das Grundstück im Miteigentum einer großen Anzahl von [X.]eigentümern steht und diese als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden. Indem das Vollstreckungsgericht die Voraussetzungen für eine Verbindung nach den Vorgaben des § 18 Alt. 3 [X.] bejaht, wird zugleich der für eine gebührenrechtliche Angelegenheit notwendige Zusammenhang hergestellt (vgl. [X.], Beschluss vom 24. März 2016 - [X.], NJW-RR 2016, 883 Rn. 7 zum Erkenntnisverfahren). Sieht das Gericht im Einzelfall - anders als hier - von einer Verbindung ab oder hebt es eine solche wieder auf, besteht umgekehrt allerdings keine Veranlassung (mehr), dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit anzunehmen, wenn das Gericht in Kenntnis der Voraussetzungen des § 18 [X.] gleichwohl getrennte Verfahren führt.

(b) Von einer Angelegenheit wäre selbst dann auszugehen, wenn der Rechtsanwalt - anders als hier - ausnahmsweise nicht gleichzeitig mit der Vollstreckung gegen die Miteigentümer beauftragt werden sollte; nur eine Angelegenheit kann auch vorliegen, wenn ein erteilter Auftrag lediglich ergänzt wird ([X.], Urteil vom 6. Juni 2019 - [X.], [X.], 242 Rn. 25; Urteil vom 27. Juli 2010 - [X.], NJW 2010, 3035 Rn. 22). Der Rechtsanwalt ist zudem generell gehalten, anstehende Verfahren seines Auftraggebers in ihrer objektiven Zusammengehörigkeit gebührenrechtlich als eine Angelegenheit zu behandeln und damit zu einer geringeren Kostenbelastung beizutragen (vgl. [X.], Beschluss vom 14. April 2010 - [X.], NJW 2010, 3377 Rn. 15 mwN).

(c) Der Umstand, dass die Schuldner unterschiedliche Einwendungen geltend machen können, rechtfertigt keine andere Bewertung. Dies ist, worauf das Beschwerdegericht zutreffend hinweist, im Erkenntnisverfahren nicht anders, ohne dass deshalb ein mehrfacher Ansatz der Verfahrensgebühr für den Gläubigeranwalt vorgesehen wäre, der eine Klage gegen mehrere Schuldner einreicht. Wie bereits ausgeführt, schließt es das Vorliegen einer Angelegenheit i.[X.]. § 15 Abs. 2 [X.] weder aus, dass mehrere Gegenstände der anwaltlichen Tätigkeit einer getrennten Prüfung bedürfen, noch dass Forderungen gegenüber mehreren Schuldnern ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können (vgl. allgemein [X.], Beschluss vom 24. März 2016 - [X.], NJW-RR 2016, 883 Rn. 6 f.; Urteil vom 27. Juli 2010 - [X.], NJW 2010, 3035 Rn. 20 f.).

3. Das Vollstreckungsgericht hat mithin zu Recht eine 0,4 Verfahrensgebühr angesetzt und zwar aus dem einfachen Wert des zu vollstreckenden Gesamtbetrags (§ 26 Nr. 1 [X.]), weil die Schuldner gesamtschuldnerisch haften und sich insoweit eine Wertaddition nach § 22 Abs. 1 [X.] verbietet (vgl. allgemein [X.], Beschluss vom 10. März 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 933 Rn. 13 f.; [X.], VE 2020, 79 f.).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten nach dieser Vorschrift kommt vorliegend in Betracht, weil sich die betreibende Gläubigerin und die Schuldner in Bezug auf die Frage, in welcher Höhe die Kosten erstattungsfähig und nach § 788 ZPO beizutreiben sind, in einem kontradiktorischen Verhältnis gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - [X.] 77/06, NJW-RR 2007, 955 Rn. 4 f.; Beschluss vom 25. Januar 2007 - [X.] 125/05, [X.]Z 170, 378 Rn. 6 f.).

Brückner     

      

Haberkamp     

      

Hamdorf

      

Malik     

      

Laube     

      

Meta

V ZB 2/20

22.09.2022

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Tübingen, 4. Dezember 2019, Az: 5 T 252/19, Beschluss

Nr 3311 Nr 1 RVG-VV, § 15 Abs 2 RVG, § 18 Abs 1 Nr 1 RVG, § 18 Alt 3 ZVG, § 864 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.09.2022, Az. V ZB 2/20 (REWIS RS 2022, 5865)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5865 MDR 2023, 125-126 REWIS RS 2022, 5865

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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