Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.05.2019, Az. AnwZ (Brfg) 31/17

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2019, 7643

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verwaltungsrechtliche Anwaltssache: Hinreichende Bestimmtheit eines Bescheids zur Zulassung eines Syndikusanwalts; Tätigkeit im öffentlichen Dienst als Zulassungsversagungsgrund


Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 13. März 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin. Die Beigeladene ist im Bezirk der Beklagten als Rechtsanwältin zugelassen. Seit dem 16. Juni 2006 ist sie im Rechtsamt des [X.]             tätig. Mit Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 21. Januar 2016 wurden ihr die Aufgaben einer Syndikusrechtsanwältin zugewiesen. Am 14. März 2016 beantragte sie die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin. Die Klägerin wurde angehört und trat dem Antrag entgegen. Mit Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2016 wurde die Beigeladene für ihre näher bezeichnete Tätigkeit beim Landkreis als Syndikusrechtsanwältin zugelassen.

2

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Zulassungsbescheid sei nicht hinreichend bestimmt. Die Tätigkeit der Beigeladenen entspreche nicht den Anforderungen des § 46 Abs. 3 [X.]. Die Beigeladene arbeite auch nicht fachlich unabhängig. Ihre Tätigkeit im öffentlichen Dienst stehe einer Zulassung als Syndikusrechtsanwältin entgegen. Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2016 aufzuheben.

Die Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben den angefochtenen Bescheid verteidigt.

3

Der [X.] hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verweist zusätzlich auf den Versagungsgrund des § 7 Nr. 8 [X.]. Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des 1. Senats des Hessischen [X.]s vom 13. März 2017 den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

4

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

5

Die [X.]erufung ist nach § 112e Satz 1 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 2, 3 VwGO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg. Der Zulassungsbescheid vom 6. Oktober 2016 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

6

Gegen die formelle Rechtmäßigkeit des [X.] bestehen keine [X.]edenken. Insbesondere ist er inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 32 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 37 Abs. 1 VwVfG).

7

1. Die Anforderungen an die [X.]estimmtheit eines Verwaltungsakts richten sich nach den [X.]esonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 22. Februar 2018 - 9 [X.]/17, juris Rn. 6 [X.]; [X.], Urteil vom 15. Oktober 2018 - [X.] ([X.]) 68/17, NJW 2018, 3712 Rn. 9). Der Zulassungsbescheid hatte die Vorgaben der §§ 46 ff. [X.] für die Zulassung der [X.]eigeladenen als Syndikusrechtsanwältin umzusetzen. Die Zulassung bezieht sich, wie sich aus § 46 Abs. 1 [X.] ergibt, auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis muss den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 [X.] genügen. Entspricht die arbeitsvertragliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses oder die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit diesen Anforderungen nicht oder nicht mehr, ist die Zulassung zu widerrufen (§ 46b Abs. 2 Satz 2 [X.]; vgl. [X.], Urteil vom 29. Januar 2018 - [X.] ([X.]) 12/17, NJW 2018, 791 Rn. 14). Werden nach einer Zulassung weitere Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt aufgenommen oder tritt innerhalb bereits bestehender Arbeitsverhältnisse eine wesentliche Änderung der Tätigkeit ein, ist auf Antrag die Zulassung auf die weiteren Arbeitsverhältnisse oder auf die geänderte Tätigkeit zu erstrecken. Daraus folgt, dass der Zulassungsbescheid das Arbeitsverhältnis und die von ihm umfassten Tätigkeiten, auf welche sich die Zulassung bezieht, so genau bezeichnen muss, dass nachträgliche Veränderungen, die einen Antrag auf Erweiterung der Zulassung oder aber deren Widerruf erfordern, erkennbar sind. Die Zulassung bindet überdies gemäß § 46a Abs. 2 Satz 4 [X.] den Träger der Rentenversicherung bei seiner Entscheidung über die [X.]efreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 [X.]. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 [X.] ist die [X.]efreiung auf die jeweilige [X.]eschäftigung beschränkt. Diese muss sich folglich aus dem Zulassungsbescheid ergeben.

8

2. Der angefochtene [X.]escheid lässt die [X.]eigeladene als Syndikusrechtsanwältin für die Tätigkeit "als Syndikusrechtsanwältin bei dem [X.]                 aufgrund der Arbeitsverträge vom 16.06.2006, [X.], [X.], [X.], 18.06.2007, 06.12.2007 sowie der Ergänzungsvereinbarung vom 21.01.2016, den [X.]escheinigungen des [X.] vom 08.03. und 17.06.2016 und der Tätigkeitsbeschreibung vom 04./08.03.2016" zu. Die in [X.]ezug genommenen Unterlagen lagen allen [X.]eteiligten vor. Insbesondere die Tätigkeitsbeschreibung vom 4. / 8. März 2016 weist die wesentlichen Tätigkeiten aus, welche der [X.]eigeladenen übertragen worden sind. Damit ist die Tätigkeit der [X.]eigeladenen, für welchen sie die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin erhält, hinreichend bestimmt beschrieben.

9

3. Die Klägerin hält die [X.]ezugnahme für unzureichend, weil auf die Anlagen verwiesen werde, ohne dabei klarzustellen, um welche Textpassagen es im Einzelnen gehe. Eine derartige Klarstellung ist jedoch entbehrlich. Die Tätigkeitsbeschreibung konnte nur insgesamt in [X.]ezug genommen werden, ebenso der Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 21. Januar 2016, in welchem die Vertragsparteien vereinbart haben, dass die [X.]eigeladene die ihr übertragene Tätigkeit als Syndikusrechtsanwältin fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausübt. Gleiches gilt für die [X.]escheinigung vom 8. März 2016, welche ebenfalls die fachliche Unabhängigkeit betrifft. Die zweite [X.]escheinigung vom 8. März 2016 gehört ersichtlich nicht zum Verfahren der Zulassung als Syndikusrechtsanwältin, weil sie die Ausübung des Anwaltsberufs betrifft. Die genannten Arbeitsverträge enthalten teils überholte [X.]estimmungen zur [X.]efristung des Arbeitsverhältnisses und zum Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit. Unklarheiten darüber, welche Regelungen im Zeitpunkt der Zulassung galten, folgen daraus jedoch nicht.

II.

Der Zulassungsbescheid ist auch in der Sache rechtmäßig. Gemäß § 46a [X.] ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt auf Antrag zu erteilen, wenn die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zum [X.]eruf des Rechtsanwalts gemäß § 4 [X.] erfüllt sind, kein Zulassungsversagungsgrund nach § 7 [X.] vorliegt und die Tätigkeit den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 [X.] entspricht. Sämtliche Voraussetzungen für eine Zulassung der [X.]eigeladenen lagen im Zeitpunkt der Zulassung vor.

1. Die [X.]eigeladene erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang zur Rechtsanwaltschaft. Sie hat die [X.]efähigung zum Richteramt nach dem [X.] erlangt (§ 4 [X.]).

2. Es gibt kein Zulassungshindernis gemäß § 7 [X.]. Die [X.]eigeladene ist keine [X.]eamtin (vgl. § 7 Nr. 10 [X.]), sondern Angestellte im öffentlichen Dienst. Sie übt auch keine Tätigkeit aus, die mit dem [X.]eruf einer Syndikusrechtsanwältin, insbesondere ihrer Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in ihre Unabhängigkeit gefährden kann (§ 7 Nr. 8 [X.]).

a) Das Zulassungshindernis des § 7 Nr. 8 [X.] kann auch einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entgegenstehen ([X.], Urteil vom 15. Oktober 2018 - [X.] ([X.]) 20/18, NJW 2018, 3701 Rn. 25 ff. [X.]; vom 15. Oktober 2018 - [X.] ([X.]) 68/17, NJW 2018, 3712 Rn. 20).

b) [X.]is zum Inkrafttreten des [X.] und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21. Dezember 2015 ([X.] I S. 2517) hatte der [X.] das Zulassungshindernis des § 7 Nr. 8 [X.] ebenso wie den gleichlautenden [X.] des § 14 Abs. 2 Nr. 8 [X.] ausschließlich im Zusammenhang mit einem Zweitberuf zu prüfen, welchen der [X.]ewerber oder Rechtsanwalt neben der [X.] ausübte. Das Zulassungshindernis und der [X.] des mit der Anwaltstätigkeit unvereinbaren Zweitberufs schützen das Erscheinungsbild einer von staatlichen Einflüssen freien Advokatur, indem die beruflichen Sphären der Anwaltschaft und des öffentlichen Dienstes getrennt bleiben. Der Rechtsanwalt soll als unabhängiger [X.]erater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§§ 1, 3 Abs. 1, § 43a Abs. 1 [X.]) frei sein von Abhängigkeiten jeglicher Art. Hierzu gehört auch die äußere Unabhängigkeit vom Staat. Das Vertrauen der rechtsuchenden [X.]evölkerung in die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts kann ohne konkreten Interessenkonflikt allein wegen der Art der neben dem Anwaltsberuf ausgeübten öffentlichen Aufgaben erschüttert werden. Insbesondere darf bei den Rechtsuchenden nicht die Vorstellung entstehen, dass der Rechtsanwalt wegen seiner Staatsnähe mehr für seine Mandanten bewirken kann als andere Rechtsanwälte. Ob derartige Gefahren bestehen, ist anhand der konkreten Ausgestaltung des [X.]eschäftigungsverhältnisses und der ausgeübten Tätigkeit zu prüfen und kann insbesondere dann zu bejahen sein, wenn der Rechtsanwalt in seinem Zweitberuf hoheitlich tätig wird ([X.], [X.]eschluss vom 25. Februar 2008 - [X.] ([X.]) 23/07, [X.]Z 175, 316 Rn. 4 f.; vom 14. Mai 2009 - [X.] ([X.]) 119/08, NJW-RR 1009, 1359 Rn. 8 ff.; vom 22. September 2017 - [X.] ([X.]) 51/16, [X.]RAK-Mitt. 2018, 41 Rn. 14).

c) Auf die Zulassung und den Widerruf einer Zulassung eines [X.] nach § 46a [X.] lassen sich diese Überlegungen nicht übertragen. Vielmehr sind bei der Auslegung und Anwendung des § 7 Nr. 8 [X.] die [X.]esonderheiten der anwaltlichen Tätigkeit des [X.] nach §§ 46 f. [X.] zu berücksichtigen (vgl. [X.], Urteil vom 15. Oktober 2018 - [X.] ([X.]) 20/18, aaO Rn. 31 ff.; vom 15. Oktober 2018 - [X.] ([X.]) 68/17, aaO Rn. 17 ff.; [X.]eschluss vom 13. November 2018 - [X.] ([X.]) 35/18, NJW-RR 2019, 173 Rn. 9 f.)

aa) Die Tätigkeit eines [X.] lässt sich nicht von seinem Arbeitsverhältnis trennen. Sie betrifft gerade die anwaltliche [X.]eratung des Arbeitgebers im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Die Frage eines zulässigen Zweitberufs kann sich damit nicht stellen, sofern der Syndikusrechtsanwalt sich nicht - was gegebenenfalls gesondert anhand der allgemeinen Zulassungsbestimmungen zu prüfen ist - zusätzlich als selbständiger Rechtsanwalt oder als Angestellter eines Arbeitgebers gemäß § 46 Abs. 1 [X.] niederlässt.

bb) Der im öffentlichen Dienst tätige Syndikusrechtsanwalt ist - auch in den Augen der Öffentlichkeit - nicht von seinem Arbeitgeber unabhängig. Tritt er - etwa bei Vertragsverhandlungen oder im Rahmen einer Prozessvertretung - für seinen Arbeitgeber auf, wird er als Repräsentant der [X.]ehörde wahrgenommen. Die aufgrund des Arbeitsvertrages vorhandene [X.]indung des [X.] an einen Hoheitsträger gefährdet den nach wie vor geltenden Grundsatz der freien Advokatur jedoch deshalb nicht, weil der Syndikusanwalt als solcher ausschließlich für seinen Arbeitgeber tätig wird, nicht für andere Mandanten, deren Mandatsverhältnis unabhängig von staatlicher Einflussnahme zu bleiben hat. Seit der [X.]egriff des [X.] in § 46 Abs. 2 [X.] gesetzlich definiert ist und seit der Syndikusrechtsanwalt gemäß § 46a Abs. 4 Nr. 3 [X.] verpflichtet ist, seine anwaltliche Tätigkeit unter der [X.]erufsbezeichnung "Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)" auszuüben, können auch in der Öffentlichkeit und beim rechtsuchenden Publikum keine Zweifel darüber aufkommen, dass der Syndikusrechtsanwalt ausschließlich seinen Arbeitgeber vertritt. Aus demselben Grund kann der Syndikusanwalt nicht gegenüber potentiellen Mandanten den Eindruck erwecken, er könne wegen seiner Staatsnähe mehr für sie erreichen als andere Anwälte. Andere Mandanten als seinen Arbeitgeber hat der Syndikusrechtsanwalt als solcher nicht.

cc) Wie der [X.] ebenfalls bereits entschieden hat, ist eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst nicht von vornherein mit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt unvereinbar ([X.], Urteil vom 15. Oktober 2018 - [X.] ([X.]) 20/18, aaO Rn. 43 ff.; vom 15. Oktober 2018 - [X.] ([X.]) 68/17, aaO Rn. 22 ff.; [X.]eschluss vom 13. November 2018 - [X.] ([X.]) 35/18, aaO Rn. 6).

(1) Die [X.]undesrechtsanwaltsordnung enthält keine [X.]estimmung, welche die Zulassung eines im öffentlichen Dienst tätigen Angestellten als [X.] allgemein ausschließt. Nach § 46 Abs. 2 [X.] steht die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt den Angestellten von "Personen oder Gesellschaften" offen. Das Gesetz unterscheidet insoweit nicht zwischen natürlichen und juristischen Personen und nicht zwischen juristischen Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts. Die amtliche [X.]egründung des Entwurfs zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte vom 16. Juni 2015 spricht zwar durchgehend von "Unternehmensjuristen" und von der statusrechtlichen Anerkennung der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt in einem Unternehmen (etwa [X.]T-Drucks. 18/5201, [X.]). Im Gesetzestext selbst wird jedoch nicht der [X.]egriff "Unternehmen" verwandt, sondern derjenige der "Personen oder Gesellschaften" (§ 46 Abs. 2 [X.]). Dass juristische Personen des öffentlichen Rechts mit gemeint sind, folgt insbesondere aus der Vorschrift des § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 [X.]. Diese ermöglicht die Zulassung von [X.], die erlaubten Rechtsdienstleistungen ihrer Arbeitgeber (Vereinigungen oder Gewerkschaften) gegenüber deren Mitgliedern erbringen, und verweist hierzu auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. In der amtlichen [X.]egründung heißt es dazu, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisierten [X.]erufskammern sollten hiermit ebenso erfasst werden wie die privatrechtlich organisierten Wohlfahrtsverbände der als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Kirchen ([X.]T-Drucks. 18/5201, [X.] zu § 46 Abs. 5 [X.]-E).

(2) Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt die Unvereinbarkeit der Tätigkeit der [X.]eigeladenen im öffentlichen Dienst nicht aus § 45 Abs. 1 Nr. 1 [X.]. Nach dieser Vorschrift darf ein Rechtsanwalt nicht tätig werden, wenn er in derselben Rechtssache als Angehöriger des öffentlichen Dienstes bereits tätig geworden ist. Sie gilt, wie sich aus § 46c Abs. 1 [X.] ergibt, auch für Syndikusrechtsanwälte. Ihre Voraussetzungen sind jedoch nicht schon dann erfüllt, wenn ein Syndikusrechtsanwalt im öffentlichen Dienst für seinen Arbeitgeber anwaltlich tätig wird. Sämtliche Tatbestände des § 45 [X.] setzen einen Funktionswandel voraus. Der Anwalt soll keine Mandate in einer Angelegenheit übernehmen, mit der er früher in anderer Funktion beruflich befasst war. Ebenso ist ihm untersagt, eine Angelegenheit, die er als Rechtsanwalt bearbeitet hat, später in anderer Funktion zu betreiben ([X.]T-Drucks. 12/4993, S. 29 zu § 45 [X.]). Das Tätigkeitsverbot des § 45 Abs. 1 Nr. 1 [X.] soll verhindern, dass dieselben Personen auf verschiedenen Seiten für unterschiedliche Interessen tätig werden, und so das Vertrauen in die Rechtspflege schützen ([X.]T-Drucks. 12/4993, S. 29; [X.], Urteil vom 21. Oktober 2010 - [X.], [X.], 2374 Rn. 10). Ein Syndikusrechtsanwalt, der für seinen Arbeitgeber nichtanwaltlich und anwaltlich tätig wird, wechselt nicht die Seiten und vertritt keine unterschiedlichen Interessen. Es besteht nicht einmal die abstrakte Gefahr einer Interessenkollision.

dd) Die [X.]eigeladene nimmt im Rahmen ihrer Tätigkeit nicht schwerpunktmäßig hoheitlich geprägte Aufgaben wahr.

(1) Soweit sie den Landkreis vor dem Verwaltungsgericht vertritt, handelt sie nicht hoheitlich. Entgegen der Ansicht der Klägerin gilt dies auch dann, wenn sie einen gerichtlichen Vergleich schließt oder einem Vergleichsvorschlag des Gerichts zustimmt (§ 106 VwGO), welcher den Landkreis unmittelbar zu einem hoheitlichen Handeln verpflichtet. Ihr Handeln unterscheidet sich in einem solchen Fall nicht von demjenigen jedes anderen zugelassenen Prozessbevollmächtigten.

(2) Auch die Aufgabe einer Vorsitzenden des [X.] nach §§ 7 bis 12 des [X.] zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung erfordert - anders als im Falle eines Ausschusses, der anstelle der Widerspruchsbehörde handelt - schwerpunktmäßig kein hoheitliches Handeln. Die [X.]eigeladene vertritt insoweit zwar den nach § 10 Abs. 1 [X.] zuständigen Landrat, trifft aber in der Sache keine Entscheidungen, an welche die Verfahrensbeteiligten gebunden wären. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat der Ausschuss (nur) die Sach- und Rechtslage mit den [X.]eteiligten zu erörtern und auf eine gütliche Erledigung des Widerspruchs hinzuwirken. Dem unentschuldigt nicht erschienenen Widerspruchsführer kann zwar gemäß § 8 [X.] ein Ordnungsgeld auferlegt werden. Zuständig hierfür sind jedoch die in § 8 Abs. 2 [X.] genannten [X.]. Außerdem können die [X.]eteiligten, soweit sie über den Gegenstand und die Kosten verfügen können, zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens einen Vergleich schließen, der in das Sitzungsprotokoll aufgenommen wird (§ 12 Abs. 3 [X.]). Weitere [X.]efugnisse hat der Ausschuss jedoch nicht. Das wesentliche Ergebnis der Anhörung ist gemäß § 12 Abs. 2 [X.] zu protokollieren und mit einem Vorschlag des Ausschusses der [X.]ehörde vorzulegen, die den Verwaltungsakt erlassen oder seine Vornahme abgelehnt hat. Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist das Anhörungsverfahren nach den §§ 7 bis 12 [X.] nicht Teil des Vorverfahrens gemäß § 68 VwGO. Ein Verstoß gegen die genannten [X.]estimmungen führt daher nicht zur Fehlerhaftigkeit des Vorverfahrens ([X.], NJW 1987, 1096, 1097; NVwZ-RR 2002, 318; [X.], Urteil vom 22. September 2016 - 6 K 564/14.WI, juris Rn. 31).

(3) Entgegen der Ansicht der Klägerin erfüllt die Vorbereitung hoheitlicher Maßnahmen durch Stellungnahmen, Rechtsgutachten und mündliche oder schriftliche [X.]eratungen nicht die Voraussetzungen des § 7 Nr. 8 [X.]. Die [X.]eigeladene ist Angehörige des öffentlichen Dienstes, dem Art. 33 Abs. 4 GG die Ausübung hoheitlicher Gewalt überträgt. Gleichwohl ist, wie gezeigt, nicht jeder Angehörige des öffentlichen Dienstes von der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ausgeschlossen. Ob eine Zulassung erfolgen kann, erfordert vielmehr eine Einzelfallprüfung, welche der Vielgestaltigkeit der Tätigkeiten im öffentlichen Dienst gerecht wird. Im Rahmen ihrer [X.]eratungstätigkeit hat die [X.]eigeladene (nur) mit den jeweils zur Entscheidung und zur Umsetzung der Entscheidung berufenen Stellen innerhalb der Verwaltung des [X.] zu tun. Ihre Tätigkeit unterscheidet sich insoweit nicht von derjenigen eines externen [X.]eraters, der aufgrund eines privatrechtlichen Auftrags ein Rechtsgutachten erstattet.

3. Die Tätigkeit der [X.]eigeladenen entspricht schließlich auch den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 [X.].

a) Die [X.]eigeladene ist Angestellte des [X.] D.            , eines nichtanwaltlichen Arbeitgebers, der als Gebietskörperschaft eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist (§ 46 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Zu ihren Aufgaben gehört, wie § 46 Abs. 3 [X.] es verlangt, die Prüfung von Rechtsfragen einschließlich der Aufklärung des Sachverhaltes sowie das Erarbeiten und [X.]ewerten von Lösungsmöglichkeiten, die Erteilung von Rechtsrat sowie die Gestaltung von Rechtsverhältnissen insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen und die Verwirklichung von Rechten. Sie hat auch die [X.]efugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die [X.]eigeladene auch fachlich unabhängig und eigenverantwortlich tätig.

aa) Gemäß § 46 Abs. 3 und 4 [X.] muss der Syndikusanwalt die ihm im Rahmen des Arbeitsverhältnisses obliegenden Tätigkeiten fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausüben. Eine fachlich unabhängige Tätigkeit übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der [X.]erufsausübung des [X.] ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten. Im Rahmen der Rechtsberatung und Rechtsvertretung ist der Syndikusanwalt in erster Linie den Pflichten der [X.]undesrechtsanwaltsordnung unterworfen, hinter denen die arbeitsrechtlichen Weisungsbefugnisse des Arbeitgebers zurückzustehen haben ([X.]T-Drucks. 18/5201, [X.] zu § 46 Abs. 2 [X.]-E).

bb) Die fachliche Unabhängigkeit ist rechtlich gewährleistet. Mit [X.] vom 21. Januar 2016 haben die [X.]eigeladene und ihr Arbeitgeber vereinbart, dass die [X.]eigeladene ihre Tätigkeit fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausübt. Die [X.]eigeladene hat ferner eine [X.]escheinigung ihres Arbeitgebers vom 8. März 2016 nämlichen Inhalts vorgelegt. Der [X.] vermochte keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass der genannte Nachtrag zum Arbeitsvertrag tatsächlich nicht umgesetzt wird. Konkrete Anhaltspunkte dafür gibt es auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht.

cc) Die Klägerin bezweifelt die fachliche Unabhängigkeit der [X.]eigeladenen deshalb, weil der Landkreis als untere staatliche Verwaltungsbehörde Teil der unmittelbaren Landesverwaltung und als kommunale Gebietskörperschaft Teil der mittelbaren Landesverwaltung ist. Als Teil der unmittelbaren Landesverwaltung unterliege die [X.]eigeladene der staatlichen Fach- und Rechtsaufsicht und habe Weisungen zu befolgen. Als Teil der mittelbaren Landesverwaltung unterliege sie jedenfalls der Rechtsaufsicht.

Diese [X.]edenken sind unberechtigt. Wie der [X.] bereits entschieden hat, ist bei der Prüfung der fachlichen Unabhängigkeit eines [X.]ewerbers gemäß § 46 Abs. 3 und 4 [X.] nach der Rechtsnatur der Regelungen zu unterscheiden, welche dieser zu beachten hat. Auf die anwaltliche Tätigkeit bezogene Weisungen des Arbeitgebers im Einzelfall oder in der Form von betriebsinternen Regelungen können einer Zulassung entgegenstehen. [X.] sind demgegenüber Regeln, die nicht als Weisungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erfolgen und an die der Arbeitgeber auch im Verhältnis zu [X.] gebunden ist. Sowohl das Gesetzesrecht als auch vertragliche [X.]estimmungen können die für ein Rechtsverhältnis maßgebliche Rechtslage umfassend und detailreich regeln mit der Folge, dass für den [X.]earbeiter bei der rechtlichen [X.]eurteilung eines Falles nur ein geringer oder gar kein Spielraum mehr verbleibt. Die fachlich unabhängige Tätigkeit und eigenständige Analyse der in diesen Fällen eindeutigen Rechtslage durch den Syndikusrechtsanwalt wird hierdurch, wie der Vergleich mit einem externen, dieselbe Rechtslage beurteilenden Rechtsanwalt zeigt, nicht beeinträchtigt ([X.], Urteil vom 15. Oktober 2018 - [X.] ([X.]) 68/17, NJW 2018, 3712 Rn. 33 [X.]).

Soweit die [X.]eigeladene im Rahmen ihrer anwaltlichen Tätigkeit also Weisungen im Rahmen der Fach- oder Rechtsaufsicht zu berücksichtigen hat, ändert dies nichts an ihrer fachlichen Unabhängigkeit und ihrer Verantwortung gegenüber ihrer Arbeitgeberin. Fachliche und rechtliche Vorgaben, welche der Landkreis als Teil der mittelbaren oder unmittelbaren Landesverwaltung einzuhalten hat, müsste auch ein Rechtsanwalt in seine [X.]eratungstätigkeit einbeziehen, der aufgrund eines Anwaltsvertrages tätig wird.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO.

Kayser     

        

Lohmann     

        

Seiters

        

Wolf     

        

Merk     

        

Meta

AnwZ (Brfg) 31/17

06.05.2019

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend BGH, 29. Mai 2018, Az: AnwZ (Brfg) 31/17, Beschluss

§ 7 Nr 8 BRAO, § 32 Abs 1 S 1 BRAO, § 46 Abs 2 BRAO, § 46 Abs 3 BRAO, § 46 Abs 4 BRAO, § 46a BRAO, § 37 Abs 1 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.05.2019, Az. AnwZ (Brfg) 31/17 (REWIS RS 2019, 7643)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7643

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AnwZ (Brfg) 68/17 (Bundesgerichtshof)

Zulassung als Syndikusrechtsanwalt trotz Tätigkeit im öffentlichen Dienst


AnwZ (Brfg) 23/19 (Bundesgerichtshof)

Syndikusanwalt: Keine Zulassung bei Tätigkeit für Kunden des Arbeitgebers, auch bei geringer Wahrnehmung dieser beratenden …


AnwZ (Brfg) 38/18 (Bundesgerichtshof)

Zulassungsverbot eines Syndikusrechtsanwalts bei Tätigkeit für öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber


AnwZ (Brfg) 3/22 (Bundesgerichtshof)

Verwaltungsrechtliche Anwaltssache: Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei überwiegender Tätigkeit als Schlichter für eine Schlichtungsstelle


AnwZ (Brfg) 38/17 (Bundesgerichtshof)

Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für eine Tätigkeit in einem Jobcenter


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

9 B 26/17

IX ZR 48/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.