Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.02.2015, Az. 1 ABR 41/13

1. Senat | REWIS RS 2015, 15399

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Gegenstand

Antragsbefugnis


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 29. April 2013 - 8 [X.] - aufgehoben.

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 24. Oktober 2012 - 4 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die zutreffende Dotierung eines betrieblichen Fonds.

2

Die tarifgebundene Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen der metall-verarbeitenden Industrie. Sie beschäftigt in ihrem Betrieb in [X.] etwa 480 Arbeitnehmer. In diesem ist der antragstellende Betriebsrat gebildet.

3

Die Arbeitgeberin führte zum 1. April 2011 den Entgelt-Rahmentarifvertrag für die Beschäftigten in der [X.] Metallindustrie ([X.]) ein. Zuvor waren die in den [X.] und 2004 vereinbarten [X.]-Strukturkomponenten in einem Anpassungsfonds angesammelt worden. Nach § 4 Buchst. e des Tarifvertrags „[X.] für die Beschäftigten in der [X.] Metallindustrie“ vom 18. Dezember 2003 ([X.]) sind die im [X.] befindlichen Beträge entweder zur Deckung betrieblicher Mehrkosten aus der [X.] oder - entsprechend einer Regelung in einer Betriebsvereinbarung - zur Auszahlung an die Beschäftigten zu verwenden.

4

Im Januar 2012 verständigten sich die Beteiligten über die Verwendung des im [X.] befindlichen Betrags von 1.567.821,00 [X.]. Die betrieblichen Kosten der [X.] betrugen 241.635,49 [X.]. Am 13. Januar 2012 unterrichtete die Arbeitgeberin die Belegschaft in einem von ihr und zwei Betriebsratsmitgliedern unterzeichneten Aushang über die Auszahlung des verbleibenden Betrags von 1.326.185,51 [X.] mit der Januarabrechnung 2012.

5

Mit einem weiteren Aushang vom 29. Februar 2012 informierte die Arbeitgeberin die Belegschaft über einen aus ihrer Sicht bei der Ermittlung des auszuzahlenden Guthabens aufgetretenen Fehler und kündigte eine entsprechende Rückforderung mit der nächsten Entgeltabrechnung an.

6

Der Betriebsrat hat daraufhin das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet und zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, in den an die Anspruchsberechtigten zur Auszahlung kommenden [X.] gemäß § 4 Buchst. b 2. Absatz TV-[X.] einen Gesamtbetrag in Höhe von 1.326.185,51 [X.] einzustellen,

        

hilfsweise,

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, in den an die Anspruchsberechtigten zur Zahlung kommenden [X.] gemäß § 4 Buchst. b 2. Absatz TV-[X.] einen Gesamtbetrag einzustellen, von dem keine Beträge abgezogen werden dürfen, die den Beschäftigten, die im Rahmen eines Teilbetriebsüberganges der Schmiede auf die Firma [X.] am 1. April 2007 zugerechnet werden.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

8

Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung des an die Belegschaft zu verteilenden Betrags aus dem [X.] sei versehentlich der im Jahr 2007 erfolgte Übergang des Betriebsteils „Schmiede“ unberücksichtigt geblieben.

9

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das [X.]andesarbeitsgericht dem Hauptantrag entsprochen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das [X.]andesarbeitsgericht hat der Beschwerde des Betriebsrats gegen die antragsabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht entsprochen. Die Anträge sind auch nach der gebotenen Auslegung unzulässig.

I. Der Hauptantrag bedarf der Auslegung.

1. Dieser ist nach seinem Wortlaut auf die Feststellung der Verpflichtung der Arbeitgeberin gerichtet, in den [X.] einen Betrag von 1.326.185,51 [X.] einzustellen. Um eine solche Verpflichtung geht es dem Betriebsrat jedoch nicht. Die Arbeitgeberin hat sogar den darüber hinausgehenden Betrag von 1.567.821,00 [X.] in den [X.] eingestellt und abzüglich der betrieblichen Kosten für die Einführung des [X.] nach Abstimmung mit dem Betriebsrat ausgezahlt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

2. Mit der Klärung des in den [X.] einzustellenden Betrags soll nach dem Willen des Betriebsrats auch nicht eine Vorfrage eines gegenwärtigen betriebsverfassungsrechtlichen Konflikts zwischen den Betriebsparteien einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden. Ein Beteiligungsrecht aus dem [X.] macht der Betriebsrat nicht geltend. Anders als vom [X.]andesarbeitsgericht angenommen strebt dieser auch nicht den Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Verteilung und Auszahlung des Guthabens aus dem [X.] an. Nach § 4 Buchst. e [X.] sind die auf dem [X.]-Konto befindlichen Beträge nach Abzug der für die Einführung des [X.] betrieblichen Kosten entsprechend einer Regelung in einer Betriebsvereinbarung an diejenigen Beschäftigten auszuzahlen, die zum Aufbau des [X.] beigetragen haben. Mit dieser Vorschrift haben die Tarifvertragsparteien zwar den Betriebsparteien die Verteilung des [X.] auf die Belegschaftsmitglieder übertragen. Einer Betriebsvereinbarung, die nach dem Tarifinhalt ausschließlich die Festlegung des anspruchsberechtigten Personenkreises und die Auszahlung des Guthabens an die begünstigten Arbeitnehmer zum Gegenstand hat, bedarf es aber nicht mehr. Die Beteiligten haben sich bereits auf die [X.] und die Auszahlung des Guthabens verständigt. Die Arbeitgeberin hat entsprechend dem Aushang vom 13. Januar 2012 die auf die anspruchsberechtigten Arbeitnehmer entfallenden Beträge aus dem [X.] vorbehaltlos an diese ausgezahlt. Dass es danach noch einer normativen Regelung über die Verwendung des Guthabens bedarf, ist nicht ersichtlich. Gegenteiliges hat auch der Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat nicht geltend gemacht.

3. Der Betriebsrat stützt sein Begehren auch nicht auf eine mit der Arbeitgeberin abgeschlossene Vereinbarung. Die Beteiligten haben sich zwar nach ihrem insoweit übereinstimmenden Vortrag über die Verteilung und Auszahlung des Guthabens aus dem [X.] auf die anspruchsberechtigten Belegschaftmitglieder verständigt. Ob dies in Form einer Regelungsabrede oder in anderer Form erfolgt ist, vermag der Senat angesichts der fehlenden Feststellungen der Vorinstanzen nicht zu beurteilen. Ebenso haben die Beteiligten keinen darauf gerichteten Vortrag gehalten. Einer hierauf gestützten Zurückverweisung bedarf es indes nicht. Der Betriebsrat hat in der Anhörung vor dem Senat klargestellt, dass er mit der angestrebten Entscheidung über die Auslegung des [X.] die Rechtslage in Bezug auf die von der Arbeitgeberin angekündigten Rückforderungen klären möchte. Dies entspricht auch seinem schriftsätzlichen Vorbringen in den Vorinstanzen. Für dieses Antragsziel ist eine etwaige zwischen den Beteiligten abgeschlossene Regelungsabrede über die Verteilung und Auszahlung des Guthabens aus dem [X.]-Anpassungs-fonds ohne Bedeutung.

II. Für den so verstandenen Hauptantrag fehlt dem Betriebsrat die Antragsbefugnis (§ 81 Abs. 1 ArbGG).

1. Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein Beteiligter antragsbefugt, wenn er eigene Rechte geltend macht. Ausnahmen gelten nur im Fall einer zulässigen Prozessstandschaft. Die Prozessführungsbefugnis im [X.] und die Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dienen dazu, Popularklagen auszuschließen. Im Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis nur gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner kollektivrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint ([X.] 22. Juli 2014 - 1 [X.] - Rn. 12).

2. Danach fehlt es an der Wahrnehmung einer eigenen Rechtsposition des Betriebsrats. Die von ihm angestrebte gerichtliche Entscheidung über die Frage, ob die Arbeitgeberin berechtigt ist, nach der Auflösung des [X.] Beträge von den Arbeitnehmern teilweise zurückzufordern, betrifft nur das Rechtsverhältnis der Arbeitsvertragsparteien, dessen Inhalt der Betriebsrat nicht zur gerichtlichen Entscheidung stellen kann.

III. Auch der Hilfsantrag ist unzulässig. Er ist trotz der anderslautenden Formulierung letztlich auf das gleiche Antragsziel wie der Hauptantrag gerichtet. Danach fehlt es auch für den Hilfsantrag an der erforderlichen Antragsbefugnis.

        

    Schmidt    

        

    K. Schmidt    

        

    Koch    

        

        

        

    H. Schwitzer    

        

    [X.]    

                 

Meta

1 ABR 41/13

17.02.2015

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Lüneburg, 24. Oktober 2012, Az: 4 BV 5/12, Beschluss

§ 81 Abs 1 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.02.2015, Az. 1 ABR 41/13 (REWIS RS 2015, 15399)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15399

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