Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.08.2014, Az. X ARZ 275/14

10. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3310

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Gegenstand

Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses: Gewährung rechtlichen Gehörs durch die Übersendung einer Hinweisverfügung zur Zuständigkeitsfrage; Gerichtsstand für Klage auf Zahlung einer wettbewerbsrechtlichen Vertragsstrafe


Tenor

[X.] ist das [X.].

Gründe

1

I. Die Klägerin nimmt den [X.]n auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 1.500 [X.] aus einer Unterlassungsverpflichtungserklärung in Anspruch, die der [X.] auf eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung der Klägerin hin abgegeben hatte. Nachdem der [X.] in einem von der Klägerin betriebenen Mahnverfahren Widerspruch eingelegt hat, ist die Sache antragsgemäß an das [X.] abgegeben worden. Dieses hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass für den von ihr geltend gemachten Anspruch seine Zuständigkeit nicht nach §§ 13, 14 UWG begründet sei, und angefragt, ob Verweisung beantragt werde. Der Hinweis ist auch dem Prozessbevollmächtigten des [X.]n in Abschrift übersandt worden. Nach Eingang eines [X.] der Klägerin hat sich das [X.] für örtlich und sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit antragsgemäß an das [X.] verwiesen. Der [X.]nvertreter erklärte in der Klageerwiderung, dass er die [X.] des [X.]s Köln erhalten, darauf keine Stellungnahme abgegeben habe und die aus seiner Sicht fehlende örtliche Zuständigkeit des [X.] nicht rüge. Eine Woche später rügte er gleichwohl die örtliche Zuständigkeit des [X.]. Die Klägerin hat daraufhin Verweisung an das [X.] beantragt. Das [X.] hat sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen. Das [X.] hat sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit dem [X.] zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Das [X.] hat die Sache gemäß § 36 Abs. 3 ZPO dem [X.] zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.

2

II. Die Vorlage ist zulässig. Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO hat ein [X.], das nach § 36 Abs. 2 ZPO mit einer Zuständigkeitsbestimmung befasst ist, die Sache dem [X.] unter anderem dann vorzulegen, wenn es in einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen [X.]s abweichen will. Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Das vorlegende [X.] will seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde legen, dass die Zuständigkeit der [X.]e nach §§ 13, 14 UWG sich nicht auf die Klage aus einem [X.] erstreckt, das auf einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung beruht. Damit würde es von der Rechtsprechung des Thüringer [X.]s (GRUR-RR 2011, 199) abweichen. Dass es - wie die nachfolgenden Ausführungen ergeben - auf diese Frage im Streitfall nicht ankommt, steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen. Sinn des § 36 ZPO ist es, jedem langwierigen Streit der Gerichte untereinander über die Grenzen ihrer Zuständigkeit ein Ende zu machen und eine Ausweitung solcher Streitigkeiten zu vermeiden. Angesichts dessen reicht es für die Zulässigkeit einer Vorlage gemäß § 36 Abs. 3 ZPO aus, wenn die Rechtsfrage, die zur Vorlage an den [X.] führt, nach Auffassung des vorlegenden [X.]s entscheidungserheblich ist und dies in den Gründen des [X.] nachvollziehbar dargelegt wird ([X.], Beschluss vom 19. Februar 2002 - [X.] 334/01, [X.], 1425, 1426; Beschluss vom 10. Juni 2003 - [X.] 92/03, NJW 2003, 3201, 3202).

3

III. Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Das [X.], das [X.] und das [X.] haben sich im Sinne dieser Vorschrift bindend für unzuständig erklärt; das [X.] und das [X.] durch unanfechtbaren Verweisungsbeschluss (§ 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO), das [X.] durch eine seine Zuständigkeit abschließend verneinende Entscheidung vom 15. April 2014. Eine solche [X.] genügt den Anforderungen, die an das Tatbestandsmerkmal "rechtskräftig" des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind ([X.], Beschluss vom 19. Februar 2013 - [X.] 507/12, NJW-RR 2013, 764 mwN).

4

IV. Zuständig ist das [X.], da der Verweisungsbeschluss des [X.]s Köln gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend ist.

5

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s entfällt die Bindungswirkung der Verweisung nicht schon dann, wenn der Beschluss unrichtig oder sonst fehlerhaft ist. Ein Verweisungsbeschluss ist vielmehr nur dann nicht bindend, wenn ihm jede rechtliche Grundlage fehlt, wenn er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder wenn er sonst bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheint ([X.], Beschluss vom 19. Februar 2013 - [X.] 507/12, NJW-RR 2013, 764 mwN). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

6

a) Der Verweisungsbeschluss des [X.]s Köln beruht - entgegen der Ansicht des vorlegenden [X.]s - nicht auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs.

7

Das [X.] hat die Klägerin durch [X.] auf seine Rechtsansicht aufmerksam gemacht, dass auf ein [X.] gestützte Klagen nicht als Streitigkeiten im Sinne der §§ 13, 14 UWG einzuordnen seien, weshalb eine sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht begründet sei. Der Klägerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Diese Verfügung ist dem [X.]n nach eigenem Vortrag in Abschrift zugegangen. Wenngleich ihm in der Verfügung nicht ausdrücklich eine eigene Stellungnahmefrist eingeräumt worden ist, so kam durch die Übersendung der Abschrift für die Gewährung rechtlichen Gehörs in ausreichendem Maß zum Ausdruck, dass er gleichfalls zu der aufgeworfenen [X.] Stellung beziehen konnte. Dies hat der [X.] erkannt und sich dafür entschieden, auf eine Stellungnahme zu verzichten.

8

Dass das [X.] dem [X.]n den Verweisungsantrag der Klägerin nicht zur Stellungnahme zugeleitet und den Rechtsstreit schon vor Ablauf der Stellungnahmefrist verwiesen hat, war [X.], begründet jedoch keinen die Bindungswirkung [X.] Gehörsverstoß. Denn entscheidend ist, dass der [X.] die Möglichkeit hatte, zu der aufgeworfenen [X.] Stellung zu beziehen, und vorzutragen, welches Gericht für die Verhandlung des Rechtsstreits seiner Auffassung nach berufen ist. Zudem hat der [X.] nach der Verweisung gegenüber dem [X.] ausdrücklich erklärt, dessen örtliche Zuständigkeit nicht rügen zu wollen. Damit kann ausgeschlossen werden, dass der [X.] bei Kenntnis des [X.] der Klägerin innerhalb der gesetzten Stellungnahmefrist Umstände vorgetragen hätte, die eine andere Entscheidung des verweisenden Gerichts als möglich erscheinen lassen. Der Umstand, dass er später seine Meinung geändert und die Zuständigkeit des [X.] gerügt hat, ändert hieran nichts.

9

b) Die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des [X.]s Köln entfällt auch nicht deshalb, weil der Beschluss nicht mit einer Begründung versehen ist (offen gelassen für den Fall eines übereinstimmenden [X.] in [X.], Beschluss vom 23. März 1988 - [X.], [X.], 943). Jedenfalls dann, wenn eine Partei zu der Rechtsauffassung des verweisenden Gerichts nicht Stellung nimmt, obwohl sie dazu Gelegenheit hatte, genügt es, dass sich die Begründung für die Verweisung aus dem Akteninhalt erschließt. Ein schwerwiegender Verstoß, der die Bindungswirkung entfallen lässt, liegt unter diesen Umständen nicht vor.

2. Auf die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob §§ 13, 14 UWG auch für eine Klage auf Zahlung der Vertragsstrafe gelten, die auf eine strafbewehrte, nach wettbewerbsrechtlicher Abmahnung abgegebene Unterlassungserklärung gestützt wird (offengelassen in [X.], Urteil vom 15. Dezember 2011 - [X.], [X.], 730 Rn. 23 - Bauheizgerät, mit Nachweisen zum Streitstand), kommt es mithin nicht an.

Meier-Beck                             Gröning                                 Schuster

                        Deichfuß                           Kober-Dehm

Meta

X ARZ 275/14

26.08.2014

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARZ

vorgehend OLG Köln, 5. Juni 2014, Az: I-8 AR 68/14, Vorlagebeschluss

§ 36 Abs 1 Nr 6 ZPO, § 36 Abs 2 ZPO, § 36 Abs 3 ZPO, § 281 Abs 2 S 4 ZPO, § 13 UWG, § 14 UWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.08.2014, Az. X ARZ 275/14 (REWIS RS 2014, 3310)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3310


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ARZ 275/14

Bundesgerichtshof, X ARZ 275/14, 26.08.2014.


Az. 8 AR 68/14

Oberlandesgericht Köln, 8 AR 68/14, 05.06.2014.


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