Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.10.2012, Az. 27 W (pat) 581/11

27. Senat | REWIS RS 2012, 2283

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "KALIMERA (Wort-Bild-Marke)/Guten Morgen" – Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft - keine klangliche und schriftbildliche und begriffliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 064 838

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 16. Oktober 2012 durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin Werner

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag des Inhabers des angegriffenen Zeichens, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 3. November 2009 angemeldete und am 8. Februar 2010 für die Waren und Dienstleistungen

2

„33: Alkoholische Essenzen, alkoholische Extrakte, [X.], destillierte Getränke, Liköre, Spirituosen, [X.], -schnaps, Weine;

3

35: Dienstleistungen des Einzelhandels in den Bereichen Lebensmittel und Getränke, insbesondere [X.] und mediterane Spezialitäten;

4

43: Verpflegung von Gästen in Restaurants, Verpflegung von Gästen in Cafés, Verpflegung von Gästen in [X.], Verpflegung von Gästen in [X.], Verpflegung von Gästen in Snackbars, Betrieb einer Bar, Catering“

5

eingetragene farbige (dunkelblau, hellblau, gelb) Wort-/Bildmarke 30 2009 064 838 (veröffentlicht am 12. März 2010)

Abbildung

6

hat die Widersprechende aus ihrer am 11. September 2002 angemeldeten und am 17. Januar 2003 für die Waren

7

„Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmus; Eier, Milch und Milchprodukte (ausgenommen Butter); Kakao, Zucker, [X.], Tapioka, Sago; Mehl und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Soßen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis; Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“

8

eingetragenen Wortmarke 302 45 119

9

Guten Morgen

Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch wird auf alle Waren der Widerspruchsmarke gestützt und richtet sich gegen alle Waren/Dienstleistungen des angegriffenen Zeichens.

Der Inhaber des angegriffenen Zeichens hat im Amtsverfahren mit Schriftsatz vom 8. September 2010 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Widersprechende hat daraufhin mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2010 Umsatzzahlen für die [X.] von 2003 bis 2007 genannt und eine Abbildung eines Fruchtgetränks eingereicht, das die Verwendung der Widerspruchsmarke belegen soll. In dem Schriftsatz heißt es, soweit das Amt es für erforderlich halte, werde eine eidesstattliche Versicherung nachgereicht.

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 43 des [X.] hat den Widerspruch mit Beschluss vom 26. September 2011 zurückgewiesen, weil die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht habe.

Die vorgelegten Unterlagen ließen nicht erkennen, für welche Waren welche konkreten Umsätze erzielt wurden. Eine entsprechende eidesstattliche Versicherung sei nicht vorgelegt worden. Die seitens der Widersprechenden angegebenen pauschalen jährlichen Absatzzahlen in den Jahren 2003 bis 2007 von zwischen … und [X.] ließen keinen Rückschluss auf die konkreten Umsatz zahlen für die nachzuweisenden Warengebiete zu.

Die bloße Angabe von pauschalen Absatzzahlen an sich reiche jedenfalls nicht aus, um eine ernsthafte Benutzung der Marke glaubhaft zu machen. Wegen der insoweit gebotenen Zurückhaltung des [X.] sei die Widersprechende auf diesen Mangel auch nicht vorab hinzuweisen gewesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hat diverse Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke im Beschwerdeverfahren vorgelegt, nämlich eine eidesstattliche Versicherung ihres [X.] vom 27. Oktober 2011 mit Umsatzzahlen für die [X.] von 2003 bis 2007 bezüglich der Benutzung für [X.], Rechnungskopien von 2004 bis 2006 und eine Preisliste ab dem 1. Januar 2004.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß),

den Beschluss der Markenstelle des [X.] vom 26. September 2011 aufzuheben und das angegriffene Zeichen zu löschen.

Der Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hat mit Schriftsatz vom 23. Januar 2012 die [X.] aufrecht erhalten.

II.

1.

Da die Widersprechende keinen Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat und der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden (§ 69 [X.]).

2.

Die mit Schriftsatz vom 8. September 2010 im Amtsverfahren erhobene [X.] ist zulässig, weil die fünfjährige sog. Benutzungsschonfrist der am 17. Januar 2003 eingetragenen Widerspruchsmarke zum [X.]punkt der Erhebung der Einrede abgelaufen war.

Der Widersprechenden obliegt es daher, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] maßgeblichen [X.]räume (März 2005 bis März 2010 und Oktober 2007 bis Oktober 2012) glaubhaft zu machen.

Dies ist ihr für [X.] aufgrund der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen gelungen. In der eidesstattlichen Versicherung vom 27. Oktober 2011 werden Absatzzahlen in [X.], u. a. für die Jahre 2005 bis 2007 und damit jeweils für einen Teil der beiden hier maßgeblichen [X.]räume genannt. Auch wenn die Angaben für den zweiten [X.]raum sich nur auf 2007 beziehen und die  insoweit angegebene Zahl von [X.] deutlich geringer ist als die Zahlen der  Vorjahre, die zwischen [X.] bis [X.] betrugen, bleibt es dabei, dass  die Widerspruchsmarke 2007 und damit auch während eines Teils der letzten fünf Jahre für [X.] benutzt worden ist. Dass sich die für 2007 genannten Absatzzahlen nur auf die Monate Januar bis September 2007 und damit auf die für den zweiten [X.]raum nicht maßgeblichen Monate beziehen sollen, kann nicht angenommen werden.

Es ist daher von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für [X.] auszugehen. Bezüglich der übrigen Widerspruchswaren hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht.

3.

Die einander gegenüberstehenden Marken unterliegen keiner Verwechslungsgefahr gemäß § 42 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren. Darüber hinaus sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei besteht eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. [X.] GRUR 2006, 237, 238, [X.]. 18 ff. - [X.]; [X.] 2007, 321, 322 - [X.]). Nach diesen Grundsätzen kann eine Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.

a)

Die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] auf Seiten der Widerspruchsmarke hier allein zu berücksichtigenden „[X.]“ sind mit den zugunsten des angegriffenen eingetragenen Waren und Dienstleistungen durchschnittlich ähnlich (vgl. Richter/Stoppel, [X.], 15. Aufl., [X.] zum Verhältnis Fruchtsäfte/alkoholische Getränke; S. 369 zum Verhältnis Verpflegung von Gästen/alkoholfreie Getränke).

b)

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält der Senat in Bezug auf [X.] wegen ihres beschreibenden Anklangs für deutlich geschwächt. Der Verbraucher wird der Bezeichnung „Guten Morgen“ im Zusammenhang mit einem Fruchtgetränk den anpreisenden Hinweis entnehmen, dass dieses Fruchtgetränk zu einem „Guten Morgen“ gehört bzw. es sich um ein Getränk handelt, das zum Frühstück bestimmt ist. Außerdem ist „Guten Morgen“ eine Werbefloskel, um Aufmerksamkeit zu erreichen.

c)

Schriftbildlich unterscheiden sich die Marken bereits durch die graphische Ausgestaltung des als farbige Wort-/Bildmarke eingetragenen jüngeren Zeichens und die unterschiedlichen Wortbestandteile ausreichend voneinander. Dies gilt aufgrund der unterschiedlichen Wortbestandteile auch in klanglicher Hinsicht.

Die Marken unterscheiden sich in Anbetracht der deutlich geschwächten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der nur durchschnittlichen Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit auch begrifflich ausreichend voneinander, wobei der Senat von einer durchschnittlichen begrifflichen Markenähnlichkeit ausgeht. Das [X.] Wort „kalimera“ bedeutet im [X.] zwar auch „Guten Morgen“, wie auch den von der Widersprechenden im Amtsverfahren vorgelegten Internetausdrucken zu entnehmen ist. Zutreffend hat der Inhaber des angegriffenen Zeichens im Amtsverfahren jedoch darauf hingewiesen, dass „kalimera“ auch „Guten Tag“ bedeutet (vgl. [X.], [X.], 2009; Sprachführer [X.] - Wikitravel), so dass es als allgemeine Grußformel mit dem speziellen „Guten Morgen“ inhaltlich nicht identisch ist.

Der Teil des inländischen Publikums, dem „kalimera“ als Grußformel aufgrund von Urlauben in [X.] bekannt ist, verwendet diese Grußformel in [X.] bzw. in [X.]n Restaurants zu jeder Tages- und Nachtzeit, zumal der Unterschied zu

 (= guten Abend) in [X.] Augen eher gering ist. Sollte dem inländischen Verbraucher die Bedeutung von „kalimera“ im Sinn von „Guten Morgen“ und „Guten Tag“ bekannt sein, wird er gleichwohl ohne Weiteres erkennen, dass es sich hier um Begriffe unterschiedlicher Sprachen mit einem lediglich ähnlichen Sinngehalt handelt. Keine begriffliche Ähnlichkeit besteht für jene beachtlichen Teile des inländischen Publikums, denen die Bedeutung des [X.]n Wortes „kalimera“ mangels Sprachkenntnisse nicht bekannt ist.

Meta

27 W (pat) 581/11

16.10.2012

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.10.2012, Az. 27 W (pat) 581/11 (REWIS RS 2012, 2283)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2283

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

26 W (pat) 511/18

26 W (pat) 501/18

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