Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.10.2018, Az. 3 StR 283/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 3173

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Gegenstand

Strafverfahren: Entbindung des Angeklagten und des Verteidigers von der Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. November 2017

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Fälschung beweiserheblicher Daten in Tateinheit mit versuchtem Betrug in neun Fällen schuldig ist,

b) im Strafausspruch zu [X.] 2. der Urteilsgründe aufgehoben; die verhängte [X.] von einem Jahr und sechs Monaten entfällt.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil in der [X.] dahin geändert, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 20.400 € als Gesamtschuldner angeordnet wird.

3. Der Angeklagte hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Fälschung beweiserheblicher Daten in [X.]teinheit mit versuchtem Betrug in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Daneben hat es gegen den Angeklagten "die Einziehung eines Geldbetrages von 15.300 €" angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, bleibt überwiegend erfolglos. Hingegen hat das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, mit dem allein das Unterbleiben einer weitergehenden [X.] angegriffen wird, Erfolg.

I.

2

Das [X.] hat Folgendes festgestellt und gewertet:

3

1. Im Zeitraum von August 2016 bis Februar 2017 wirkte der Angeklagte an einer [X.]tserie zum Erschleichen von Bankkrediten mit:

4

Der gesondert verfolgte [X.]     war Ansprechpartner für kreditunwürdige Personen, die nur mit Hilfe gefälschter [X.] Bankdarlehen erlangen konnten. [X.]      erhielt von den späteren Kreditnehmern die für die Antragstellung erforderlichen Unterlagen über ihre persönlichen Daten (u.a. Personal- und Sozialversicherungsausweis). Diese übergab er in den Fällen [X.] 1. bis [X.] 4. der Urteilsgründe dem Angeklagten, der seinerseits die Dokumente an einen unbekannten [X.] (Fälle [X.] 1. bis [X.] 3.) bzw. an den nichtrevidierenden Mitangeklagten [X.].      (Fall [X.] 4.) weiterreichte. Auch in den Fällen [X.] 5. bis [X.] 10. war der Angeklagte, der eine "schadensgleiche Vermögensgefährdung" bei den Banken für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, als Mittelsmann eingeschaltet. Die unbekannte Person bzw. [X.].      (in den Fällen [X.] 4. bis [X.] 10.) erstellten mittels der Software "[X.]" Lohnbescheinigungen und Kontoauszüge über unzutreffende monatliche Einkünfte und versandten diese gemäß dem gemeinsamen [X.]tplan als elektronische Dateien an die Banken. In den Fällen [X.] 1. bis [X.] 4. ließ der Dritte bzw. [X.].     die vorausgefüllten Kreditanträge über den Angeklagten dem Mittäter [X.]     zukommen, der sie an die Darlehensnehmer weitergab. Die über die [X.] getäuschten Bankangestellten bewilligten in den ersten vier Fällen die Kredite und schrieben die Valuta den jeweiligen Bankkonten gut. Die Antragsteller hoben den Betrag in bar ab und übergaben davon [X.]      jeweils 30 %der Kreditsumme als zwischen den Vermittlern zu verteilenden Provisionsanteil. Dem Angeklagten sollten 20 % des jeweiligen [X.] zustehen. Insgesamt vereinnahmte er über [X.]     20.400 €, von denen er 3.700 € an den unbekannten Einreicher und 1.400 € an [X.].      weitergab.

5

In den letzten sechs Fällen zweifelten die Bankangestellten - teilweise bereits bei der Vorprüfung - an der Authentizität der Kreditanträge und lehnten die Bewilligung ab.

6

2. Das [X.] hat in den Urteilsgründen mit im Schlussantrag erteilter Zustimmung der Staatsanwaltschaft die [X.]tvorwürfe des vollendeten Betrugs von der Strafverfolgung ausgenommen und diese auf versuchten Betrug (§ 263 Abs. 1, 2, §§ 22, 25 Abs. 2 StGB) beschränkt (§ 154a Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]). Es hat in allen Fällen die Einziehung des Wertes von [X.]terträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB nF nur in Höhe des dem Angeklagten verbliebenen Anteils angeordnet.

[X.] Revision des Angeklagten

7

Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall einer Einzelstrafe. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].

8

1. Zu den Verfahrensrügen ergänzt der Senat:

9

Die Rüge, mit welcher der Angeklagte beanstandet, am vierten Hauptverhandlungstag, dem 24. Oktober 2017, sei entgegen § 338 Nr. 5 i.V.m. § 230 Abs. 1 bzw. §§ 140, 145 [X.] in seiner Abwesenheit und der seiner Verteidiger verhandelt worden, dringt nicht durch.

a) Dieser Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

aa) Die Anklage legte dem Angeklagten gewerbsmäßigen [X.] (§ 263 Abs. 5 StGB) sowie gewerbs- und bandenmäßige Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 4 StGB) zur Last. Nachdem sich u.a. der Angeklagte und [X.]     , gegen den zu diesem Zeitpunkt noch in demselben Verfahren verhandelt wurde, geständig zu den geschilderten Betrugsvorwürfen eingelassen hatten, beantragten die beiden Verteidiger, sie und den Angeklagten von der Wahrnehmung des nächsten Verhandlungstermins am 24. Oktober 2017 nach § 231c [X.] zu beurlauben. Diesem Antrag entsprach die Kammer mit Beschluss vom 17. Oktober 2017, in welchem sie ankündigte, am nächsten Termin allein die [X.]tkomplexe "Führerscheine" und "Falschgeld" (vgl. dazu das Urteil vom heutigen [X.]ge in der Sache 3 StR 251/18) verhandeln zu wollen. Bezüglich dieser Fälle war der Beschwerdeführer nicht angeklagt. Am 24. Oktober 2017 ließ sich [X.]      zu den Vorwürfen der Urkundenfälschung in vier Fällen aus dem [X.]tkomplex "Führerscheine" geständig ein; zudem wurde ein Käufer eines [X.] Führerscheins als Zeuge vernommen, der - abweichend von [X.]     s Einlassung - bekundete, er sei nicht von einer "Totalfälschung", sondern von der - wenngleich rechtswidrigen - Mitwirkung eines [X.] Verkehrsbeamten ausgegangen. Nach Abtrennung wurde gegen [X.]     an anderen [X.]gen weiterverhandelt. In der Beweiswürdigung des gegen [X.]      ergangenen Urteils hat das [X.] dessen Einlassung indem - sich freilich weder auf den Schuld- noch Strafausspruch auswirkenden - Nebenpunkt, auch die Käufer seien von [X.] ausgegangen, mit der Aussage des genannten Zeugen als widerlegt angesehen.

bb) Der Beschwerdeführer macht u.a. geltend, der [X.] vom 24. Oktober 2017 habe die Überzeugungsbildung des [X.]s beeinflusst, inwieweit der geständigen Einlassung des Mitangeklagten [X.]     zu folgen sei, und sich damit auf seine Verurteilung ausgewirkt. Denn das [X.] habe die Verurteilung in den zehn Fällen aus dem [X.] auch darauf gestützt, dass das Geständnis des Angeklagten mit [X.]     s Geständnis, welches aber nur als Einheit zu bewerten sei, übereinstimme. [X.] seine Verteidiger die Verhandlung am 24. Oktober 2017 verfolgt, hätten sie [X.]     s Geständnis hinterfragt.

b) Die Verfahrensrüge ist unbegründet. Der Beschluss vom 17. Oktober 2017 über die Beurlaubung ist wirksam (§ 231c [X.]). Das [X.] hat nur den angekündigten [X.] verhandelt und damit seine Zusage eingehalten. Der Angeklagte ist auch nicht von dem am 24. Oktober 2017 verhandelten [X.] betroffen.

aa) Insoweit ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

(1) Zur Verfahrenserleichterung kann das [X.]tgericht in eng begrenzten Ausnahmefällen dem Angeklagten und/oder seinem Verteidiger nach seinem zurückhaltend auszuübenden Ermessen nach äußerst sorgfältiger Abwägung gestatten, einem Verhandlungsteil fernzubleiben. Dabei muss es vorsichtig vorausschauen, ob tatsächlich auszuschließen ist, dass nicht doch [X.] verhandelt wird, der - wenn auch nur mittelbar - sich auf den den beurlaubten Angeklagten betreffenden Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch auswirken kann ([X.][X.], [X.], 26. Aufl., § 231c Rn. 1, 5, 11). Auf den Inbegriff des [X.], welchem der Angeklagte entschuldigt ferngeblieben ist, darf das Urteil gegen diesen nicht gestützt werden (§ 261 [X.]). Ergibt sich während der Verhandlung, dass entgegen der Prognose der Inhalt dieses Verhandlungsteils doch den beurlaubten Angeklagten betreffen kann, ist die Verhandlung gegebenenfalls zu unterbrechen; jedenfalls ist dieser Verhandlungsteil zu wiederholen ([X.][X.], aaO Rn. 21). Ob indes der Angeklagte und sein Verteidiger jenseits des zumindest mittelbaren [X.] sich der Erkenntnis neuer Verteidigungsmöglichkeiten durch den Verhandlungsteil begeben, haben sie zu entscheiden; deswegen sind nach § 231c Satz 1 [X.] entsprechende Anträge zwingende Befreiungsvoraussetzungen ([X.][X.], aaO Rn. 3, 6). Es muss zweifelsfrei feststehen, dass sich die Frage, die in dem betreffenden [X.] verhandelt werden soll, unter Berücksichtigung aller verfahrensbedeutsamen Umstände, namentlich der Beweislage, als deutlich abgrenzbarer, den abwesenden Angeklagten nicht betreffender Verhandlungsgegenstand darstellt, sodass sich das Ergebnis des in Rede stehenden Verhandlungsteils - wie immer es ausfällt - nicht auf ihn auswirkt (vgl. zur vorübergehenden Abtrennung eines Verfahrens [X.], Urteil vom 5. Oktober 1983 - 2 StR 298/83, [X.]St 32, 100, 102).

(2) Nach diesen Grundsätzen wird eine Befreiung in der Regel in Betracht kommen, wenn im betreffenden [X.] eine andere prozessuale [X.]t, welche dem beurlaubten Angeklagten nicht zur Last gelegt wird, verhandelt wird (siehe nur [X.], Urteil vom 5. Oktober 1983 - 2 StR 298/83, aaO S. 101 f.). An[X.] wird es indes liegen, wenn zwischen den verschiedenen [X.]ten ein Zusammenhang besteht und eine für diesen Zusammenhang relevante [X.]tsache aufgeklärt werden soll ([X.], Urteil vom 5. Oktober 1983 - 2 StR 298/83, aaO S. 101 f.). Solches ist etwa bei einem gemeinsamen Grundsachverhalt ([X.][X.], aaO Rn. 5), insbesondere beim Vorwurf von Bandentaten (dazu nur [X.], Beschlüsse vom 30. Juli 2009 - 3 [X.], [X.]R [X.] § 231c [X.] 2; vom 6. August 2008 - 3 [X.], [X.], 289, 290), anzunehmen. [X.] das [X.]tgericht die Überführung des schweigenden oder bestreitenden Angeklagten vornehmlich auf die Belastung durch den Mitangeklagten stützen und vernimmt es zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit von dessen Einlassung und dessen Glaubwürdigkeit Zeugen, ist der abwesende Angeklagte betroffen, auch wenn die Zeugen zu anderen ihm nicht vorgeworfenen [X.]ten aussagen ([X.], Beschluss vom 11. Dezember 1984 - 1 [X.], juris Rn. 26 f.). Allein der Umstand, dass der befreite Angeklagte [X.] ist, schließt nicht aus, dass sein Verteidigungsinteresse durch den betreffenden [X.] berührt sein kann ([X.], Beschluss vom 16. Februar 2012 - 3 StR 462/11, [X.]R [X.] § 231c [X.] 4).

bb) An diesen Grundsätzen gemessen ist der Angeklagte auch nicht "potentiell" betroffen.

(1) Seine Beteiligung an den anderen prozessualen [X.]ten der Geldfälschung (§ 146 StGB) und der Urkundenfälschung durch Verkauf der Führerscheine (§ 267 Abs. 1 Variante 3 StGB) stand nicht in Rede, erst recht nicht als Bandenmitglied. Aber auch soweit der [X.] die Beurteilung von [X.]     s Einlassung betraf, ist nach dem hier gegebenen Verfahrensablauf eine Auswirkung ausgeschlossen. Denn das [X.] hat seine Überzeugungsbildung von der Beteiligung des Angeklagten in den Betrugsfällen nur auf einen Ausschnitt aus [X.]     s Einlassung gestützt, nämlich nur soweit sie den [X.] betraf. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus den Formulierungen des [X.]s in der Beweiswürdigung. Es hat das den Angeklagten betreffende Verfahren für entscheidungsreif gehalten, wenngleich es sich zu einer abschließenden Würdigung von [X.]    s Einlassung bezüglich aller diesem zur Last gelegten [X.]ten nicht imstande gesehen hat. Deswegen hat das [X.]tgericht das Verfahren gegen [X.]     zur Aufklärung des [X.]tkomplexes "Führerscheine" fortgeführt. Indes hat es an der Beteiligung des Angeklagten an den Betrugstaten keine Zweifel gehabt; dies hat es als gesichertes Beweisergebnis erachtet, unabhängig davon wie sich die weitere Beweislage in den anderen beiden [X.]tkomplexen "Führerscheine" und "Falschgeld" darstellen würde (zu einer solchen Konstellation vgl. [X.], Urteil vom 5. Oktober 1983 - 2 StR 298/83, aaO S. 103).

(2) Ob dem Angeklagten und seinen Verteidigern durch ihr Fernbleiben weitere Verteidigungsmöglichkeiten entgangen sind, unterfällt, wie ausgeführt, nicht dem [X.] im Sinne des § 231c [X.]. Ein solch weiter Anwendungsbereich kommt diesem [X.]tbestandsmerkmal nicht zu. Mithin kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang der Angeklagte sein Verteidigungsverhalten erfolgsversprechender hätte einrichten lassen können, wenn seine Verteidiger die Beweisaufnahme zum [X.]tkomplex "Führerscheine“ verfolgt hätten. Der Angeklagte und seine Verteidiger hatten es mit einem entsprechenden Beurlaubungsantrag in der Hand, ob sie an sämtlichen Verhandlungsteilen teilnehmen wollten oder nicht.

2. Die Verurteilung wegen in Mittäterschaft begangenen versuchten Betrugs (§ 263 Abs. 1, 2, §§ 22, 25 Abs. 2 StGB) in [X.]teinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) hält mit Ausnahme der Änderung der Konkurrenzen bezüglich zweier Fälle der rechtlichen Nachprüfung stand:

a) Die - wenngleich noch nicht durchgreifend bedenklich - knappen Feststellungen belegen sämtliche Elemente des subjektiven [X.]tbestandes, insbesondere den Vorsatz bezüglich des Vermögensschadens. Dass das [X.] den Angeklagten nicht wegen vollendeten Betrugs verurteilt, sondern sich der Bezifferung der dem Grunde nach festgestellten ([X.] durch die Verfahrensbeschränkung nach § 154a [X.] entzogen hat, beschwert ihn nicht. Ebenso wenig verhilft es der Sachrüge zum Erfolg, dass das [X.] - was von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen ist - die Beschränkung der Strafverfolgung nicht durch gesonderten Beschluss, sondern im Urteil ausgesprochen (dazu [X.], Urteile vom 27. Juni 1984 - 3 StR 176/84, [X.], 468, 469; vom 5. Dezember 1995 - 1 [X.], [X.]R [X.] § 154a Beschränkung 4) sowie erst in den Urteilsgründen die erforderliche und im Schlussvortrag erteilte Zustimmung der Staatsanwaltschaft dokumentiert hat (§ 154a Abs. 1 Satz 3 [X.]). Im Einzelnen:

aa) Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB ist die Vermögensminderung infolge der Täuschung, also der Unterschied zwischen dem Wert des Vermögens vor und nach der täuschungsbedingten Vermögensverfügung. Durch das Auszahlen des Darlehens hatte die Bank bereits ihre Hauptleistungspflicht (§ 488 Abs. 1 Satz 1 [X.]) erfüllt (Erfüllungsstadium); daher sind die Grundsätze eines Eingehungsbetrugs durch Abschluss eines Vertrags, bei welchem für den [X.] maßgeblich auf den jeweiligen Wert der bei[X.]eitigen Vertragspflichten abzustellen ist, nur bedingt anwendbar. Dem Auszahlungsbetrag zu seinem nominellen Geldwert ist der Wert des dadurch erlangten Rückzahlungsanspruchs (§ 488 Abs. 1 Satz 2 [X.]) gegenüberzustellen. Ein etwaiger Wert dieser Forderung bestimmt sich - wie auch sonst beim [X.] - nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise und ist nach der Rechtsprechung des [X.] (Beschlüsse vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/09 u.a., [X.] 126, 170, 229; vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., [X.] 130, 1, 47 f.) konkret festzustellen und zu beziffern. Es ist grundsätzlich zu ermitteln, was die [X.] am Markt wert ist. Maßgeblich sind in erster Linie die Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Schuldners sowie der Wert gegebenenfalls gestellter Sicherheiten. Bankübliche Bewertungsansätze für die Wertberichtigung können im Ausgangspunkt berücksichtigt werden ([X.], Urteil vom 26. November 2015 - 3 [X.], [X.], 228, 229 mwN). Dabei darf allerdings nicht außer [X.] gelassen werden, dass das [X.] (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) die Vorschriften der § 340e Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 253 Abs. 4 HGB zur Bewertung von Darlehensrückzahlungsforderungen des Umlaufvermögens bestimmt; dies dient dem Grundsatz der [X.] und damit dem Gläubigerschutz. Mithin können die handelsbilanziellen Abschreibungen nicht stets "eins zu eins" für die strafrechtliche Bestimmung des (tatsächlich realisierten) [X.] übernommen werden (vgl. [X.], [X.] 2009, 334, 337 ff.; [X.]., [X.], 82, 83; [X.], [X.], 325, 328 f.; Wessing/[X.], [X.] 2010, 1121, 1124).

Weiter ist in den Blick zu nehmen, dass eine Darlehensrückzahlungsforderung stets mit einem Ausfallrisiko behaftet ist. Das übliche, jeder Darlehenshingabe innewohnende Risiko wird regelmäßig in den Bedingungen des jeweiligen Vertrags berücksichtigt sein: Die Bank wird den Minderwert eines ungesicherten Rückzahlungsanspruchs durch Vereinbarung eines Risikozuschlags bei der Höhe des Zinssatzes auszugleichen versuchen. Im Ergebnis ist damit der Umfang des erhöhten Ausfallrisikos, das die Bank in Unkenntnis der schlechten Einkommensverhältnisse unbewusst eingeht, mit dem Umfang des marktüblichen Ausfallrisikos, das anzunehmen gewesen wäre, wenn die Angaben des [X.] zu den risikobestimmenden Faktoren zutreffend gewesen wären, zu vergleichen. Dadurch, dass das "normale" Ausfallrisiko auf die beschriebene Art und Weise eingepreist ist, begegnet es dabei indes regelmäßig keinen Bedenken, den Rückzahlungsanspruch bei einem nicht durch Täuschung erschlichenen Kreditvertrag mit 100 % des ausgereichten Darlehensbetrages zu bewerten ([X.], Urteil vom 26. November 2015 - 3 [X.], [X.], 228, 229 f. mwN).

bb) An diesen Vorgaben gemessen hat das [X.] noch ausreichende Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten hinsichtlich der Vermögenslagen bei den Banken getroffen. Zwar fehlen konkrete Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der neun Darlehensnehmer, zu den Vertragsbedingungen einschließlich der Zinsen sowie zu etwaigen [X.], obgleich solche zu treffen dem [X.]tgericht unschwer hätte möglich sein müssen. Dass die Solvenz der Antragsteller derart erheblich beeinträchtigt war, dass dies auch nach der Vorstellung des Angeklagten zu deutlichen Minderwerten der [X.] führte, hat das [X.] indes rechtsfehlerfrei aus der Art und Weise der [X.] geschlossen: Bei ausreichender Zahlungsfähigkeit hätte es der Fälschungen nicht bedurft; nur über 70 % der Valuta verfügten die Darlehensnehmer. Auch die beachtliche Höhe der Vermittlungsprovisionen, die die strafrechtlich bedeutsame Unredlichkeit des Geschäftsgebarens indiziert, durfte das [X.] in die Gesamtbetrachtung einstellen. Da der Angeklagte von alldem Kenntnis hatte, waren keine weiteren Feststellungen zur inneren [X.]tseite mehr nötig. Denn aufgrund der genannten Umstände lag es zum jeweiligen Zeitpunkt der [X.] der Valuta auf der Hand, dass die Kreditnehmer die Darlehen nicht vertragsgemäß bedienen konnten. Dass damit auch die Bezifferung eines tatsächlich eingetretenen Schadens möglich gewesen wäre, beschwert den Angeklagten - wie dargelegt - nicht.

cc) Soweit das [X.] in den [X.] zugunsten des Angeklagten ohne nähere Feststellungen davon ausgegangen ist, "dass die beteiligten Banken auf verschiedenen Wegen gegen Verluste aus solchen 'faulen' Krediten abgesichert" waren, steht auch dies dem subjektiven [X.]tbestand nicht entgegen. Von den Darlehensnehmern gestellte Sicherheiten hat das [X.] nicht festgestellt; eine Aufklärungsrüge hat der Angeklagte nicht erhoben. Sollten sich die Banken durch eigene Verträge mit Versicherungsunternehmen gegen den Ausfall ihrer Darlehensrückzahlungsforderungen abgesichert haben, führen solche Versicherungsleistungen nicht zur Schadenskompensation (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 167; [X.], StGB, 65. Aufl., § 263 Rn. 155). Denn bei der Gesamtsaldierung bleiben solche Vermögensmehrungen außer Betracht, die nicht aus der Verfügung resultieren, sondern auf einem anderen rechtlich selbständigen Grund wie etwa einem Versicherungsschutz beruhen ([X.], Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98, [X.]R StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 54). Ohnehin wusste der Angeklagte nichts von solchen Sicherungsinstrumenten.

b) Von den versuchten Betrugstaten ist der Angeklagte nicht strafbefreiend zurückgetreten (§ 24 Abs. 2 StGB). Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist zu entnehmen, dass die Betrugsversuche in den Fällen [X.] 5. bis [X.] 10. fehlschlugen, wenngleich ausdrückliche Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten nach der letzten Ausführungshandlung (zum sogenannten "Rücktrittshorizont") fehlen. Der Angeklagte und seine Mittäter hatten ersichtlich keine Möglichkeit, die Kreditanträge nachzubessern, und mussten daher die ablehnenden Entscheidungen hinnehmen.

c) Die Annahme von [X.]tmehrheit (§ 53 StGB) bezüglich der Fälle [X.] 1.1. und 1.2. hält indes der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Nach den Feststellungen versandte der unbekannte Dritte die Kreditanfragen des gesondert verfolgten [X.]        nebst gefälschten [X.]n am 19. Oktober 2016. [X.] zu Lasten der [X.] und der [X.] sind damit in der Ausführungshandlung identisch. Dann ist aber bereits deswegen für den im Hintergrund handelnden Angeklagten nur von einer [X.]t in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen auszugehen (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 [X.] analog).

bb) Der Senat schließt aus, dass sich der geständige Angeklagte nach Erteilen eines rechtlichen Hinweises auf die Annahme von [X.]teinheit (§ 265 Abs. 1 [X.]) an[X.] als geschehen hätte verteidigen können; außerdem ist er hier durch die entsprechende Änderung des Schuldspruchs nicht beschwert.

cc) Die Änderung des [X.] zieht den Wegfall der im Fall [X.] 1.2. verhängten [X.] nach sich. Dies lässt indes den Gesamtstrafausspruch unberührt. Der Senat schließt aus, dass das [X.] bei einer Einsatzfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie verbleibenden [X.]n von einem Jahr und sechs Monaten, einem Jahr und drei Monaten, fünfmal einem Jahr und von neun Monaten sowie unverändert bleibendem Schuldumfang auf eine niedrigere Gesamtfreiheits-strafe erkannt hätte.

I[X.] Revision der Staatsanwaltschaft

Gegen das Unterbleiben einer weitergehenden Einziehung wendet sich die Staatsanwaltschaft zu Recht.

1. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf die unterbliebene Anordnung einer weitergehenden Einziehung ist wirksam ([X.], Urteil vom 8. Februar 2018 - 3 [X.], NJW 2018, 2141 Rn. 4 mwN).

2. Die Einziehungsentscheidung hält zu Lasten des Angeklagten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Bei Bestimmung des Umfangs des [X.] nach § 73 Abs. 1 StGB ist nicht abzuziehen, was der Angeklagte gemäß den Abreden an gesondert Verfolgte weitergab.

a) Nach § 73 Abs. 1 StGB ist jeder Vermögenswert abzuschöpfen, den der [X.]tbeteiligte "durch" die rechtswidrige [X.]t erlangt hat, also alles, was in irgendeiner Phase des [X.]tablaufs in seine Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der [X.]t unmittelbar messbar zugutegekommen ist. Es ist nicht abzuziehen, was der [X.]tbeteiligte, der zunächst die uneingeschränkte alleinige tatsächliche Verfügungsmacht über die [X.]tbeute hatte, später bei deren Aufteilung an seine Komplizen oder Dritte weitergab ([X.], Urteil vom 12. Juli 2018 - 3 [X.], NStZ-RR 2018, 335, 336 mit weiteren umfangreichen Nachweisen).

b) Nach den Feststellungen erlangte der Angeklagte jeweils zunächst Verfügungsmacht über die [X.] in Höhe von 20 % des jeweils ausgezahlten Kreditbetrages. Damit ist die [X.] auf diesen Provisionsanteil zu erstrecken; dass der Angeklagte jeweils 5 % der Kreditsumme vereinbarungsgemäß an den unbekannten [X.] bzw. [X.].      ausreichte, ist unerheblich. Er kann sich nicht auf Entreicherung (vgl. § 818 Abs. 3 [X.]) berufen. Sollte man den vor der Krediterschleichung zugunsten des jeweiligen Einreichers vereinbarten Provisionsanteil als Aufwendung im Sinne des § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB werten, dann unterfiele er dem Abzugsverbot des § 73d Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 StGB. Etwaige Unbilligkeiten sind nach neuer Rechtslage allein bei der Vollstreckung zu berücksichtigen (§ 459g Abs. 5 Satz 1 [X.]).

c) Da die Bargeldscheine als solche entweder nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr identifizierbar im Vermögen des Angeklagten vorhanden sind, ist nach § 73c Satz 1 StGB der Wert der [X.]terträge einzuziehen.

d) Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist eine nennenswerte Schadenswiedergutmachung, die einer Einziehung des Wertes der Provisionsgelder entgegenstehen würde (§ 73e Abs. 1 StGB), auszuschließen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Darlehensnehmer die Kreditraten regelmäßig in einem solchen Umfang mit der Folge zahlten, dass die Schadensersatzansprüche der Banken (etwa aus § 823 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB/§ 826 [X.]) im Wege der Schadenswiedergutmachung vollständig oder zumindest zu mehr als 70 % erfüllt wurden. Im Außenverhältnis gegenüber den Banken haftet der Angeklagte für sämtliche entstandene Schäden (§ 840 Abs. 1, §§ 421 ff., §§ 249 ff. [X.]), und zwar bis zur vollständigen Schadenswiedergutmachung (§ 421 Satz 2 [X.]). Seine Haftung ist nicht etwa auf die ihm zugeflossenen Provisionsanteile beschränkt.

3. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen lassen die Urteilsergänzung zu (§ 354 Abs. 1 [X.] analog; [X.], Urteil vom 28. August 2018 - 1 StR 103/18, NStZ-RR 2018, 335).

Dabei hat der Senat die gesamtschuldnerische Haftung (§§ 421 ff. [X.]) im Tenor zum Ausdruck gebracht, um das mehrfache Einziehen der rechtswidrig erlangten Beträge zu verhindern. Dass in den Fällen [X.] 1. bis [X.] 3. der Urteilsgründe der Mittäter bislang nicht identifiziert wurde, steht der Kennzeichnung der Gesamtschuldnerschaft nicht entgegen ([X.], Beschluss vom 18. Juli 2018 - 2 StR 245/18, juris Rn. 10 mwN).

Damit haftet der Angeklagte als Gesamtschuldner mit [X.]      in Höhe von 20.400 € (Fälle [X.] 1. bis [X.] 4. der Urteilsgründe), wobei sich die Schuldspruchänderung nicht auf das erlangte Etwas auswirkt, mit dem unbekannten Einreicher in Höhe von 3.700 € (Fälle [X.] 1. bis [X.] 3. der Urteilsgründe), mit [X.].     in Höhe von 1.400 € (Fall [X.] 4. der Urteilsgründe), mit [X.]       in Höhe von 11.600 € (wiederum ungeachtet der Änderung der [X.]), mit dem gesondert verfolgten N.       in Höhe von 3.200 € (Fall [X.] 3. der Urteilsgründe) sowie mit dem gesondert verfolgten M.          in Höhe von 5.600 €(Fall [X.] 4. der Urteilsgründe).

Gericke     

        

Spaniol     

        

Tiemann

        

Berg     

        

Leplow     

        

Meta

3 StR 283/18

04.10.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mönchengladbach, 7. November 2017, Az: 2 Ss 104/18

§ 231c StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.10.2018, Az. 3 StR 283/18 (REWIS RS 2018, 3173)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 1473 REWIS RS 2018, 3173

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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