Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.01.2017, Az. B 13 SF 19/16 S

13. Senat | REWIS RS 2017, 17724

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Gegenstand

(Anwendbarkeit des § 21 Abs 1 S 1 GKG auf die für ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entstandenen Gerichtsgebühren - Beruhen von Kosten auf einer fehlerhaften Sachbehandlung)


Tenor

Die Erinnerung gegen die Festsetzung der Gerichtskosten in der [X.] der Geschäftsstelle des [X.] vom 20. Oktober 2016 - [X.] U 163/16 B - wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

I. Der 2. Senat des [X.] hat mit Beschluss vom [X.] ([X.] U 163/16 B) die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin und Erinnerungsführerin gegen das Urteil des [X.] vom 19.4.2016 als unzulässig verworfen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz mit einem bloßen Verweis auf Blatt 13 des angefochtenen Urteils nicht hinreichend bezeichnet worden sei. Zugleich wurde entschieden, dass die Erinnerungsführerin gemäß § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen habe und als Streitwert der Betrag von 104 708,47 Euro zugrunde zu legen sei. Mit Schlusskostenrechnung vom 20.10.2016 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die von der Erinnerungsführerin zu zahlende Verfahrensgebühr nach [X.] ([X.] - Anlage 1 zu § 3 Abs 2 [X.]) auf 2052 Euro festgesetzt.

2

Die Klägerin macht mit ihrer Erinnerung vom 2.11.2016 gegen den Kostenansatz geltend, die Nichtzulassungsbeschwerde sei von ihr erst eingereicht worden, nachdem der am [X.] entscheidende Einzelrichter telefonisch darauf hingewiesen habe, dass in seinem Urteil ein formaler Fehler enthalten sei und dass man Rechtsmittel einlegen könne, was zu einer Rückgabe des Urteils und zu einer erneuten Prüfung in zweiter Instanz führen werde. Im Übrigen sei sie der Ansicht, dass sie die Nichtzulassungsbeschwerde nicht unzureichend, sondern ausführlich begründet habe. Vor diesem Hintergrund sei ein Kostenansatz für die Nichtzulassungsbeschwerde "nicht sachgerecht".

3

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Kostenprüfungsbeamte ist dieser Entscheidung am 9.11.2016 beigetreten.

4

II. 1. Zur Entscheidung über die Erinnerung ist der 13. Senat des [X.] gemäß § 66 Abs 1 S 1 [X.] iVm Rd[X.] 13 Ziffer 2 des [X.] des [X.] berufen. Er entscheidet durch den nach Ziffer 1.2 der senatsinternen Geschäftsverteilung (idF vom 22.12.2016) ab 1.1.2017 zuständigen Berichterstatter als Einzelrichter (§ 66 Abs 6 S 1 iVm § 1 Abs 5 [X.]).

5

2. Die Erinnerung bleibt ohne Erfolg. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr für das [X.] [X.] 2052 Euro zu Lasten der Erinnerungsführerin ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.

6

a) Rechtsgrundlage für die festgesetzte Verfahrensgebühr ist [X.] 7502 [X.]. Hiernach ist für eine als unzulässig verworfene Nichtzulassungsbeschwerde eine 2,0-fache Wertgebühr nach § 34 [X.] zu entrichten. Bei einem Streitwert von 104 708,47 Euro beträgt die einfache Gebühr 1026,00 Euro (vgl die Tabelle in Anlage 2 zum [X.]); die nach [X.] 7502 [X.] anfallende zweifache Gebühr ist mit (2 x 1026 =) 2052 Euro somit zutreffend berechnet.

7

b) Im Verfahren der Erinnerung über den Kostenansatz ist die Kostengrundentscheidung des 2. Senats, welche die Erinnerungsführerin zur Kostenschuldnerin bestimmt hat (§ 29 [X.] 1 [X.]), ebenso wie die Festsetzung des Streitwerts grundsätzlich verbindlich und nicht nachzuprüfen (vgl [X.] Beschluss vom 7.5.2012 - IX Z[X.]0/12 - Juris Rd[X.] 2 mwN). Eine ausnahmsweise Nichterhebung von Gerichtskosten aufgrund unrichtiger Sachbehandlung kommt hier nicht in Betracht.

8

aa) Nach § 21 Abs 1 S 1 [X.] werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Die "Sache" im Sinne dieser Vorschrift ist dasjenige Verfahren, in dem - genauer: für das - die streitbefangenen Kosten erhoben werden (vgl [X.] Beschluss vom 25.3.2013 - X E 1/13 - [X.]/NV 2013, 1106 Rd[X.] 14; [X.] Beschluss vom 31.1.2014 - X E 8/13 - [X.]/NV 2014, 867 Rd[X.] 36). Das ist hier das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem [X.], für welches die mit der Erinnerung angegriffene Schlusskostenrechnung die Verfahrensgebühr festgesetzt hat.

9

Allerdings hat der [X.] in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung die Ansicht vertreten, in einer solchen Konstellation sei die Regelung in § 21 Abs 1 S 1 [X.] von vornherein nicht anwendbar, weil diese sich nur auf Gebühren beziehe, die "durch das Verfahren des [X.]" entstanden seien (vgl [X.] Beschluss vom 18.8.2015 - [X.]/15 - [X.] 2016, 35 = [X.]/NV 2015, 1598 Rd[X.] 10, 13; zustimmend [X.] in [X.]/[X.]/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl 2016, § 21 Rd[X.] 11 Fn 27 ). Es ist aber nicht ersichtlich, inwiefern durch das Verfahren des [X.] (§ 19 [X.]; s auch §§ 4 ff [X.]) überhaupt eigenständige Gerichtsgebühren bzw Auslagen anfallen könnten. Dementsprechend hat auch der [X.] in nachfolgenden Entscheidungen eine Anwendung des § 21 Abs 1 S 1 [X.] auf die für ein [X.] entstandenen Gerichtsgebühren grundsätzlich für möglich gehalten (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - [X.]/15 - [X.]/NV 2016, 1041 Rd[X.] 14 f; [X.] Beschluss vom 13.4.2016 - X E 5/16 - [X.]/NV 2016, 1057 Rd[X.] 12 ff).

bb) Die Voraussetzungen des somit hier an sich anwendbaren § 21 Abs 1 S 1 [X.] sind jedoch nicht erfüllt. Die Vorschrift erfordert zunächst einen offenkundigen und eindeutigen, einen schweren Mangel begründenden Verstoß des Gerichts gegen gesetzliche Vorschriften ([X.] Beschluss vom 11.3.2016 - [X.] SF 9/16 S - Rd[X.] 7; [X.] Beschluss vom 13.4.2016 - X E 5/16 - [X.]/NV 2016, 1057 Rd[X.] 13 mwN; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] - NJW-RR 2005, 1230; BVerwG Beschluss vom 27.10.2010 - 8 KSt 13/10 - Juris Rd[X.] 2), wobei der Verstoß auch in der Vorinstanz unterlaufen sein kann (vgl [X.] Beschluss vom 1.3.2016 - [X.]/15 - [X.]/NV 2016, 938 Rd[X.] 15: unzutreffende Rechtsmittelbelehrung; [X.] Nordrhein-Westfalen Beschluss vom [X.] - L 5 KR 190/15 B - Juris Rd[X.] 16 ff: sachwidrige Verfahrenstrennung). Außerdem muss eine in diesem Sinn unrichtige Sachbehandlung für das Entstehen von (Mehr-)Kosten ursächlich geworden sein ([X.], [X.]/Fam[X.], 15. Aufl 2015, § 21 [X.] Rd[X.] 2, 7, 9). Jedenfalls an dem zuletzt genannten Erfordernis fehlt es hier.

Die Erinnerungsführerin behauptet, es liege bezüglich des [X.]-Urteils "ein klarer Verstoß gegen entsprechende Vorschriften" vor, ohne allerdings diesen Verstoß oder die angeblich verletzten Vorschriften näher zu erläutern. Legt man als in Frage kommenden [X.] die Nichtzulassung der Revision durch das [X.] trotz offen ausgewiesener Abweichung von Rechtsprechung des [X.] zugrunde, so würden selbst dann, wenn ein Beruhen des [X.]-Urteils auf der Abweichung (vgl § 160 Abs 2 [X.] 2 letzter [X.]) und damit das Vorliegen eines Revisionszulassungsgrundes als offensichtlich angesehen werden müsste, die mit der Schlusskostenrechnung geltend gemachten Gerichtskosten nicht auf einer dergestalt fehlerhaften Sachbehandlung beruhen. Zwar wären bei einer in diesem Sinn "richtigen" Sachbehandlung durch das [X.] (dh Zulassung der Revision) Gerichtskosten für eine Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht entstanden. Bei formgerechter Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde und tatsächlich vorliegender sowie entscheidungserheblicher Divergenz wäre jedoch die Revision vom [X.] zugelassen worden; die fragliche Gebühr wäre dann ebenfalls nicht angefallen (s [X.] 7503 S 2 [X.]: "Die Gebühr entsteht nicht, soweit die Revision zugelassen wird"). Die in der Schlusskostenrechnung festgesetzten Gerichtskosten nach [X.] 7502 [X.] sind somit nicht aufgrund der unterbliebenen Revisionszulassung durch das [X.], sondern in erster Linie deshalb entstanden, weil die Nichtzulassungsbeschwerde im Hinblick auf ihre unzureichende Begründung durch die Klägerin und Erinnerungsführerin als unzulässig verworfen werden musste.

Soweit die Klägerin sinngemäß geltend macht, sie habe die Nichtzulassungsbeschwerde in Wirklichkeit ausreichend begründet und deshalb liege die fehlerhafte Sachbehandlung in deren Verwerfung durch das [X.] als unzulässig, kann das der Erinnerung ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Ein offensichtlicher [X.] ist insoweit nicht erkennbar. Vielmehr entspricht die im Beschluss des 2. Senats vom [X.] zur ordnungsgemäßen Bezeichnung einer Divergenz (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) geforderte Gegenüberstellung zweier sich widersprechender abstrakter Rechtssätze der ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl zB [X.] Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 32 Rd[X.] 21; [X.] Beschluss vom 2.9.2016 - [X.] R 229/16 B - Juris Rd[X.] 4; s auch [X.] in [X.]/ [X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.] Rd[X.] 196).

3. [X.] für das Verfahren der Erinnerung beruht auf § 66 Abs 8 [X.].

Meta

B 13 SF 19/16 S

10.01.2017

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SF

§ 21 Abs 1 S 1 GKG 2004, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 197a Abs 1 SGG, § 154 Abs 2 VwGO, § 19 GKG 2004, § 1 Abs 5 GKG 2004, § 29 Nr 1 GKG 2004, § 34 GKG 2004, § 66 Abs 6 S 1 GKG 2004, § 4 KostVfg, §§ 4ff KostVfg

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.01.2017, Az. B 13 SF 19/16 S (REWIS RS 2017, 17724)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17724

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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Zitiert

X E 8/13

X E 1/13

III E 4/15

VII E 9/15

X E 5/16

8 KSt 13/10

VI B 89/15

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x

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