Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.02.2014, Az. B 4 AS 417/13 B

4. Senat | REWIS RS 2014, 7603

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - unzureichende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung - Arbeitslosengeld II - Sanktion nach Meldeversäumnissen - Minderung des Auszahlungsanspruchs um 10 % für einen begrenzten Zeitraum - Verfassungsmäßigkeit


Tenor

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 28. August 2013 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des [X.], ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin [X.] in B. beizuordnen, wird abgelehnt.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der [X.]eklagte forderte den durchgehend [X.] II-Leistungen beziehenden Kläger mit drei Meldeaufforderungen vom [X.] (Meldetermin am 22.9.2011 um 8:45 Uhr), vom 20.10.2011 (Meldetermin am 31.10.2011 um 8:45 Uhr) und vom 7.11.2011 (Meldetermin am 14.11.2011 um 9:15 Uhr) auf, bei ihm zu erscheinen, um über sein [X.]ewerberangebot bzw seine berufliche Situation zu sprechen. Das [X.] werde um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert, wenn er der Einladung ohne wichtigen Grund nicht folge. Die Widersprüche gegen die Meldeaufforderungen wies der [X.]eklagte zurück (Widerspruchsbescheide vom 28.11.2011).

2

Der [X.]eklagte minderte die [X.] II-Leitungen für den Zeitraum vom 1.1.2012 bis 31.3.2012 um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs, weil der Kläger trotz schriftlicher [X.]elehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 31.10.2012 ohne wichtigen Grund nicht erschienen sei ([X.]escheid vom 13.12.2011; Widerspruchsbescheid vom [X.]), ebenso für den Zeitraum vom 1.2.2012 bis 30.4.2012 ([X.]escheid vom 13.1.2012; Widerspruchsbescheid vom [X.]). Das [X.] hat die [X.]erufung gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid vom 15.1.2013 zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur [X.]egründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, ein Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzungsfeststellungsklage zu der Rechtswidrigkeit der Aufforderung zur persönlichen Meldung am [X.], 20.10.2011 und 7.11.2011 fehle. Die auf Aufhebung der [X.]escheide vom 13.12.2011 und 13.1.2012 gerichtete Klage könne keinen Erfolg haben, weil diese rechtmäßig seien. Verfassungsrechtliche [X.]edenken gegen die Absenkung des [X.] für den hier auf vier Monate begrenzten Zeitraum bestünden nicht. Das [X.] hat die Revision nicht zugelassen.

3

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision und beantragt die [X.]ewilligung von [X.].

4

II. Die [X.]eschwerde ist nicht zulässig, weil die als Zulassungsgründe geltend gemachte grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) und ein Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]). Die [X.]eschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 [X.] iVm § 169 [X.] zu verwerfen.

5

Die grundsätzliche [X.]edeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die [X.]eschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist ([X.] § 160a [X.] und 65; [X.]-1500 § 160a [X.]6 mwN - stRspr; [X.]VerwG NJW 1999, 304; vgl auch: [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]). Der [X.]eschwerdeführer hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter [X.]erücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll ([X.] § 160a [X.]1).

6

Mit seinem Vorbringen wird der Kläger diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er formuliert als Rechtsfrage von grundsätzlicher [X.]edeutung: "Stellt die Sanktionierung von Empfängern von Leistungen nach dem [X.] durch Kürzungen der Regelleistung ohne die ersatzweise Erbringung von Sachleistungen einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG dar?" Nach der Entscheidung des [X.] vom [X.] (1 [X.]vL 1/09 ua - [X.]E 125, 175 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]2) sei das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dem Grunde nach unverfügbar und müsse eingelöst werden. Die Unterschreitung des in § 20 Abs 2 [X.] II festgelegten Regelbedarfs durch den Gesetzgeber sei - jedenfalls sofern die Minderung nicht durch die Gewährung von Sachleistungen ausgeglichen werde - zwangsläufig ein Eingriff in das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Die aufgeworfene Frage sei bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. In der rechtswissenschaftlichen Literatur überwiege die Auffassung, dass Sanktionen grundsätzlich zulässig seien. Auch in der Rechtsprechung sei die Verfassungsmäßigkeit des Sanktionsrechts bisher nicht wesentlich in Frage gestellt worden.

7

Mit diesem Vorbringen hat der Kläger eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache nicht ausreichend dargetan. Zwar weist er zutreffend darauf hin, dass es der Senat in seinem Urteil vom [X.] ([X.] 4 AS 27/10 R - [X.] 4-4200 § 31 [X.]) offen gelassen hat, ob verfassungsrechtliche [X.]edenken gegen die Absenkung des [X.] für einen auf vier Monate begrenzten Zeitraum vom 1.11.2007 bis 29.2.2008 bei einer Absenkung um [X.] [X.] bestehen, weil im konkreten Fall ergänzende Sachleistungen "in angemessenem Umfang" angeboten worden waren. Der Kläger hat sich jedoch nicht in dem erforderlichen Umfang mit der grundsätzlichen [X.]edeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage im Hinblick auf den hier konkret vorliegenden Einzelfall, insbesondere der Minderung wegen eines [X.] um [X.] der Regelleistung für einen auf einige Monate befristeten Zeitraum auseinandergesetzt. Insofern hätte sich der Kläger auch mit den Aussagen des [X.] zu einem Abzug von 10 % des Regelbedarfs über einen gewissen Zeitraum im Rahmen der Darlehensregelung (vgl nunmehr § 42a [X.] II) befassen müssen. Dieses hat die Rückführung eines Darlehens zur Deckung eines unvermutet auftretenden und unabweisbaren einmaligen [X.]edarfs durch Einbehalt der Regelleistung in Höhe von 10 % als "vorübergehende monatliche Kürzung der Regelleistung" im Grundsatz verfassungsrechtlich nicht beanstandet (vgl [X.] vom [X.] - 1 [X.]vL 1/09, 1 [X.]vL 3/09, 1 [X.]vL 4/09 - juris Rd[X.]50).

8

Soweit der Kläger "die Einordnung der unterbliebenen Entscheidung des [X.] über den mit Schriftsatz vom 02. Mai 2012 klageerweiternd gestellten Antrag auf Erstattung von 221,40 € wegen der Sanktionen vom 01. Januar 2012 bis 30. April 2012 als offensichtlich versehentlich" sowie die Übertragung auf den Einzelrichter beanstandet, ist ein Verfahrensfehler nicht ausreichend bezeichnet. Insofern fehlt es bereits an einer substantiierten Darlegung der Tatsachen, aus denen sich der Mangel ergeben soll ([X.] in [X.]/[X.]/ [X.], [X.], 10. Aufl 2012, § 160a Rd[X.]6 mwN). Auch reicht nicht die hier nur aufgestellte [X.]ehauptung, dass das angefochtene Urteil auf diesem Verfahrensmangel beruht.

9

Dem Kläger steht [X.] nicht zu, weil seine Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a [X.]). Aus diesem Grund entfällt auch die [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 4 AS 417/13 B

25.02.2014

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Berlin, 15. Januar 2013, Az: S 82 AS 33442/11, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 32 SGB 2, § 31b Abs 1 S 3 SGB 2, § 42a SGB 2, Art 1 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.02.2014, Az. B 4 AS 417/13 B (REWIS RS 2014, 7603)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7603

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1 BvL 1/09

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