Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2014, Az. 3 StR 210/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 4135

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BUNDESGERICHTSH[X.]F

IM NAMEN DES V[X.]LKES

URTEIL
3 StR
210/14
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen

wegen fahrlässiger [X.]stiftung

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Der 3.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 10.
Juli 2014, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
[X.],

[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.],
[X.],
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol

als beisitzende Richter,

Staatsanwalt

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizobersekretärin

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

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1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 7.
November 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwie-sen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbenannte Urteil wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die
Kosten seines Rechts-mittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen fahrlässiger [X.]stiftung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. [X.] wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer ebenfalls auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision in erster Linie, 1
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dass die [X.] hinsichtlich der Inbrandsetzung des Gebäudes nicht we-nigstens bedingten Vorsatz des Angeklagten angenommen hat. Das vom Ge-neralbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, die Revision des Angeklagten erweist sich hingegen als unbegründet.
[X.] Nach den Feststellungen des [X.] bezogen der Angeklagte, seine Ehefrau und sein [X.] im August 2011 ein im April des Jahres angemie-tetes und in den Folgemonaten mit Hilfe des Schwiegervaters des Angeklagten renoviertes Einfamilienhaus in [X.].

. Der Angeklagte, der ein Haus
mit großem Grundstück und gegebenenfalls Nebengebäuden zum Unterstellen von Firmenfahrzeugen bevorzugt hätte, stimmte der Anmietung seiner Ehefrau zuliebe zu. Als im Dezember 2011 die Heizung in dem Haus ausfiel, zog die Familie vorübergehend zu den Schwiegereltern des Angeklagten. Der Ange-klagte erhielt keinen Schlüssel für die dortige Wohnung und hatte zudem zwi-schenzeitlich seinen Schlüssel für das Haus in [X.].

verlegt, so dass
er häufig darauf angewiesen war, dass seine Frau ihm Einlass gewährte.
Am Abend des 9. Februar 2012 begab sich der Angeklagte, der seinen Schlüssel wiedergefunden hatte, allein in das Haus in [X.].

, weil er
dort Verdünner gelagert hatte, mit dem er eine Teerverschmutzung an seinem Firmenfahrzeug entfernen wollte. Dort angekommen, musste er feststellen, dass seine Ehefrau sämtliche Innentüren des Hauses abgeschlossen und die Schlüssel mitgenommen hatte. Darüber geriet der Angeklagte in Wut, weil er sich kontrolliert fühlte. Dergestalt verärgert brach er die Innentüren auf. Als er sah, was er angerichtet hatte, kam ihm die Idee, einen Einbruch vorzutäuschen, weil er nicht wusste, wie er die zerstörten Türen seiner Ehefrau erklären sollte. Zu diesem Zweck nahm er zwei Flachbildschirmfernseher und
andere Elektro-geräte, lud sie in sein Fahrzeug und entsorgte sie später auf einer Müllkippe.
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In einem Nebenraum zum Heizungskeller fand er den von ihm gesuchten Verdünner; immer noch sehr aufgebracht ging er damit in das neben dem [X.] gelegene Schlafzimmer, wo er noch etwas holen wollte. Er setzte sich indes zunächst auf das Bett und dachte an seine unglückliche Situation; in dieser Lage nahm er den Kanister mit Verdünner, verschüttete die Flüssigkeit neben dem Bett auf dem Fußboden und zündete sie mit einem Feuerzeug an. Es kam zu einer ca. einen Meter hohen Stichflamme, die den Angeklagten sehr erschreckte. Er erkannte, dass der [X.] sich weiter ausbreiten konnte; er [X.] jedoch nicht, dass das Haus abbrannte, in dem sich seine Firmenunterlagen und der gesamte Hausrat befanden. Er nahm deshalb eine Decke und [X.] damit, die Flamme zu ersticken. Als er meinte, dies erreicht zu haben, verließ er das Haus und fuhr zu seiner Familie in die Wohnung im [X.], wo er gegen 22:30 Uhr eintraf.
Tatsächlich waren seine Löschungsbemühungen jedoch nicht erfolg-reich; zunächst geriet das Bett und später das gesamte Schlafzimmer in [X.]. Das Fenster zerbarst, [X.] sprang ab, die Möbel und die Schlafzimmertür verbrannten. Eine Nachbarin bemerkte die aus dem Fenster schlagenden Flammen um 23:50 Uhr und verständigte die Feuerwehr, die fünf Minuten [X.] eintraf. Zu diesem [X.]punkt war das Schlafzimmer vollständig in [X.] ge-setzt, die Flammen schlugen aus dem geborstenen Fenster und die Terrassen-tür des Hauses war ebenfalls durch die Hitzeeinwirkung von innen gebrochen. Das gesamte Haus war innen vollständig verrußt und unbewohnbar; die Reno-

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I[X.] Zur Revision der Staatsanwaltschaft:
Das Rechtsmittel hat Erfolg, weil sich die Sachdarstellung des Landge-richts als unzureichend erwei[X.] Sie ist lücken-
und damit rechtsfehlerhaft, denn sie ermöglicht dem Senat -
auch unter Berücksichtigung des [X.] -
nicht die Prüfung, ob das [X.] ein vor-sätzliches Inbrandsetzen des Hauses durch den Angeklagten ohne [X.] verneint hat (vgl. LR/[X.], StP[X.], 26. Aufl.,
§ 337 Rn.
106 ff. mwN).
Die Urteilsgründe verhalten sich nicht zu dem Vorstellungsbild des [X.] von dem möglichen [X.]verlauf, das er in dem [X.]punkt hatte, in dem er den Verdünner auf den Boden des Schlafzimmers goss und mit einem Feuerzeug anzündete. Der Einlassung des Angeklagten folgend hat die [X.] lediglich für die [X.] unmittelbar danach festgestellt, dass der Ange-klagte über die Stichflamme erschrocken war, ihm nunmehr klar wurde, dass der [X.] sich ausbreiten könnte, er nicht wollte, dass das Haus abbrannte und er deshalb versuchte, die Flammen mit einer Decke zu ersticken.
Dies genügt nicht. In [X.] gesetzt ist ein Gebäude, wenn es so vom Feuer erfasst ist, dass es selbständig ohne Fortwirken des Zündstoffs weiter-brennt, wobei es erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass sich der [X.] auf Teile des Gebäudes ausbreiten kann, die für dessen [X.] Gebrauch von wesentlicher Bedeutung sind ([X.] Rspr.;
s. zuletzt [X.], Urteil vom 14. November 2013 -
3 [X.], [X.], 404
mwN). Zu
den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes können insbesondere auch
die Fußböden zählen (vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 25. September 1990
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1 [X.], [X.]R StP[X.] § 261 Zeuge 8 [Holzfußböden]; vom 14. [X.]ktober 1993 -
1 [X.], [X.]R [X.] § 306 Nr. 2 Inbrandsetzen 7 [fest verklebter Teppichboden]). Maßgeblich dafür, ob der Angeklagte durch das vorsätzliche 6
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(s.
[X.]: "bewusst und gewollt") Anzünden des Verdünners gemäß § 22 [X.] zu einer schweren (§
306a Abs.
1 Nr.
1 [X.])
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sollte die [X.] zu Wohnzwecken durch den zeitweiligen Auszug des Ange-klagten und seiner Familie aufgehoben gewesen sein (s. S/[X.]/[X.], [X.], 29.
Aufl., §
306a Rn.
5 mwN) -
einfachen [X.]stiftung (§
306 Abs.
1 Nr.
1 [X.]) unmittelbar ansetzte, ist daher, ob er in diesem Moment zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass sich die Flammen auf we-sentliche Gebäudeteile im dargestellten Sinne ausbreiten und diese ohne Fort-wirken des Verdünners selbständig weiterbrennen könnten.
Hiermit hätte sich das [X.] auseinandersetzen müssen, denn an-gesichts der besonderen Gefährlichkeit des Anzündens einer hoch brennbaren Flüssigkeit im Inneren eines Gebäudes lagen entsprechende Vorstellungen des Angeklagten nicht so
fern, dass sich nähere Erörterungen dazu erübrigt hätten. Zwar hat die [X.] in der rechtlichen Würdigung ausgeführt, dass der Angeklagte den Verdünner nicht mit dem Vorsatz entzündet habe, das Haus in [X.] zu setzen, weshalb die Annahme eines nicht gelungenen Rücktritts vom Versuch der [X.]stiftung ausscheide. Auch dadurch wird indes die [X.] nicht geschlossen, weil das [X.] zwar seine Wertung mitteilt, der Angeklagte habe nicht mit [X.]stiftungsvorsatz gehandelt, aber gleichwohl keine Feststellungen dazu getroffen hat, welche Einstellung er denn tatsächlich zu seinem Handeln hatte. Die Annahme der [X.], der Angeklagte habe beim Anzünden des Verdünners "nicht mit dem Vorsatz der [X.]legung an dem Haus" gehandelt, wird zudem durch die Beweiswürdigung, die sich zur subjektiven Tatseite im [X.]punkt des [X.] nicht verhält, nicht belegt.
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Die Sache muss deshalb insgesamt neu verhandelt und entschieden werden.
II[X.] Zur Revision des Angeklagten:
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Die umfassende Nach-prüfung des Urteils auf die von ihm in allgemeiner Form erhobene Sachrüge hat
keinen Rechtsfehler zu seinen Ungunsten erbracht.
[X.][X.]

[X.]

[X.] Spaniol
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Meta

3 StR 210/14

10.07.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2014, Az. 3 StR 210/14 (REWIS RS 2014, 4135)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4135

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