Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.07.2010, Az. VII B 227/09

7. Senat | REWIS RS 2010, 4537

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Gegenstand

Unzulässige Klage gegen Abrechnungsbescheid, mit der die Wirksamkeit der Abtretung eines Vergütungsanspruchs vom Zedenten geltend gemacht wird


Leitsatz

1. NV: Wird ein Anspruch auf Steuervergütung abgetreten, die Wirksamkeit der Abtretung jedoch vom FA bestritten und der Vergütungsbetrag dem Zedenten gezahlt, kann dieser die streitige Frage der Wirksamkeit der Abtretung nicht durch eine Klage gegen einen Abrechnungsbescheid, der seinen Anspruch als durch Zahlung erloschen ausweist, einer gerichtlichen Klärung zuführen.

2. NV: Das berechtigte Interesse für eine finanzgerichtliche Feststellungsklage, mit dem Ziel, die Wirksamkeit der Abtretung gerichtlich feststellen zu lassen, lässt sich allein mit der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses nicht begründen, weil das für eine Schadensersatzklage zuständige Zivilgericht über sämtliche den geltend gemachten Anspruch betreffenden Rechtsfragen in eigener Zuständigkeit zu befinden hat.

3. NV: Bei gänzlich fehlenden Angaben zum Abtretungsgrund ist eine Abtretungsanzeige unwirksam.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erwarb Anfang 2007 ein Flugzeug von der [X.] war, dass die auf den Kaufpreis entfallende Umsatzsteuer nicht der [X.] überwiesen, sondern der entsprechende aus dem Vorsteuerabzug resultierende Umsatzsteuervergütungsanspruch der Klägerin an die [X.] abgetreten und gegenüber dem für diese zuständigen Finanzamt L ([X.] L) mit der Umsatzsteuerschuld der [X.] verrechnet werden sollte.

2

Am 11. April 2007 reichte die Klägerin beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) die Umsatzsteuervoranmeldung für das 1. Quartal 2007, die Rechnung der [X.], eine [X.] zu Gunsten der [X.] über das sich aus der Voranmeldung ergebende Guthaben sowie ein Anschreiben ein, mit dem sie beantragte, das [X.] zur Verrechnung mit der Umsatzsteuerschuld der [X.] freizugeben. Auf dem Vordruck der Abtretungserklärung war weder das Feld "Sicherungsabtretung" angekreuzt noch ein [X.] angegeben; auch gab es keinen Hinweis auf das Anschreiben oder die Umsatzsteuervoranmeldung. Das [X.] wies die Klägerin am Folgetag darauf hin, dass die [X.] wegen des nicht angegebenen [X.] unwirksam sei. Demgegenüber blieb die Klägerin im folgenden Schriftverkehr bei ihrer Auffassung, eine wirksame [X.] abgegeben zu haben. Ende April 2007 überwies das [X.] der Klägerin das für das 1. Quartal 2007 bestehende [X.], diese leitete den Betrag an die [X.] weiter, die daraufhin die Umsatzsteuer an das [X.] L abführte. Da diese Zahlung verspätet einging, erhob das [X.] L Säumniszuschläge von der [X.].

3

Nach weiterem Schriftverkehr, mit dem die Klägerin erneut die Wirksamkeit der [X.] und außerdem geltend machte, einem Schadenersatzanspruch der [X.] ausgesetzt zu sein, erließ das [X.] einen Abrechnungsbescheid, mit dem es seine Auffassung, dass die [X.] nicht wirksam sei, erläuterte, und feststellte, dass der Vergütungsanspruch der Klägerin durch Zahlung erloschen sei.

4

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) ab. Es urteilte, die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin nicht befugt sei, im Wege der Anfechtung des Abrechnungsbescheids zu klären, ob die [X.] einen Vergütungsanspruch gegen das [X.] habe. Darüber hinaus sei die Klage aber auch unbegründet, weil das [X.] zu Recht angenommen habe, dass die [X.] unwirksam sei, da sie keine Angaben zum [X.] enthalten habe.

5

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts, der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie des [X.] (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 der [X.]sordnung --[X.]O--) stützt.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O erfordert, jedenfalls aber nicht vorliegen.

7

1. a) Soweit die Beschwerde einen Verfahrensmangel darin sieht, dass das [X.] die Klage als unzulässig angesehen hat, ist es weder dargelegt noch ersichtlich, dass das [X.]-Urteil auf diesem (angeblichen) Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O). Die nach dieser Vorschrift für die Zulassung der Revision erforderliche Erheblichkeit des [X.] ist nur gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass das [X.]-Urteil ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre, wobei auf den vom [X.] vertretenen Rechtsstandpunkt abzustellen ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 96). Hiervon kann im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden, weil das [X.] auch zur Sache entschieden und die Wirksamkeit der [X.] verneint hat.

8

b) Im Übrigen liegt der Verfahrensmangel aber auch nicht vor, weil das [X.] die Klage zu Recht als unzulässig angesehen hat.

9

aa) Mit einem [X.] wird entschieden, inwieweit die in Steuerbescheiden festgestellten Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis noch bestehen oder inzwischen ganz oder teilweise durch Zahlung, Aufrechnung, Erlass oder Verjährung (§ 47 der Abgabenordnung --AO--) erloschen sind. Hierüber hat das [X.] mit dem angefochtenen [X.] entschieden, indem es im letzten Absatz seiner Begründung festgestellt hat, dass der für das 1. Quartal 2007 bestehende [X.] der Klägerin durch Zahlung erloschen sei, ein solcher Anspruch der Klägerin also nicht bestehe.

Als Adressat des Bescheids hätte die Klägerin zwar in zulässiger Weise Klage erheben und geltend machen können, dass ihr Vergütungsanspruch in Wahrheit nicht erloschen sei. In dieser Weise hat das [X.] das Klagebegehren aber zu Recht nicht ausgelegt. Abgesehen davon, dass eine so verstandene Klage offensichtlich unbegründet gewesen wäre, weil die Klägerin nicht bestreitet, dass das [X.] ihr die festgesetzte Vergütung gezahlt hat, ergibt sich aus dem klägerischen Vorbringen eindeutig, dass die Klägerin den für den Voranmeldungszeitraum 1. Quartal 2007 festgesetzten [X.] als der [X.] zustehend und die Zahlung des [X.] an sich deshalb nicht als Erfüllung dieses Anspruchs ansieht. Mit diesem Vorbringen macht die Klägerin aber ein fremdes Recht, nämlich das (angebliche) Recht der [X.] auf Erfüllung des Vergütungsanspruchs, im eigenen Namen geltend. Denn wenn die Klägerin ihren Anspruch wirksam abgetreten hätte, wäre die angegriffene Feststellung des [X.]s, dass ihr ein Vergütungsanspruch nicht zustehe, erst recht richtig.

Anders als die Klägerin in Anbetracht ihres in der Vorinstanz gestellten Klageantrags offenbar meint, lässt sich durch einen [X.] die Wirksamkeit der Abtretung eines Steueranspruchs nicht isoliert klären, sondern allein als Vorfrage zu der durch [X.] zu entscheidenden Frage, ob ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis noch besteht oder durch einen der in § 47 AO genannten Erlöschenstatbestände erloschen ist. [X.] einen solchen [X.] zu erstreiten ist aber nur derjenige, der geltend machen kann, durch die mit dem [X.] beantwortete Frage des Bestehens beziehungsweise Nichtbestehens eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis in eigenen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 [X.]O).

bb) Das [X.] hat die Klage auch zu Recht nicht als Feststellungsklage behandelt, da der Klägerin das für eine solche Klage nach § 41 Abs. 1 [X.]O erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Wenn die Beschwerde insoweit anführt, das [X.] habe im Wege der Amtshaftung die erhobenen Säumniszuschläge zu ersetzen, so verkennt sie, dass die Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses nur im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage als berechtigtes Interesse anerkannt ist, wenn sich nach Klageerhebung der angefochtene Verwaltungsakt erledigt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 4 [X.]O), was vorliegend nicht der Fall ist, da sich der angefochtene [X.] nicht nach (und im Übrigen auch nicht vor) Klageerhebung erledigt hat. Wenn die Klägerin einen Schadenersatzanspruch gegen das [X.] mit der Begründung geltend machen will, dieses habe mit der Überweisung des [X.] an sie und dem Bestreiten einer wirksamen Abtretung des Anspruchs an die [X.] die verspätete Zahlung der Umsatzsteuer und damit das Entstehen der Säumniszuschläge verursacht, so bedarf die Frage, ob das [X.] insoweit --wie die Klägerin meint-- rechtswidrig gehandelt hat, keiner Entscheidung in einem dem Schadenersatzprozess vorangehenden finanzgerichtlichen Verfahren, sondern ist von dem zuständigen Zivilgericht zu entscheiden, das über sämtliche den geltend gemachten Anspruch betreffenden Rechtsfragen in eigener Zuständigkeit zu befinden hat (vgl. Beschluss des [X.] --BVerwG-- vom 8. Mai 2001  1 [X.] 15/01, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2001, 1410; BVerwG-Urteil vom 27. März 1998  4 C 14/96, [X.], 295).

2. Da bereits einer der Gründe, auf den das [X.] seine Entscheidung kumulativ gestützt hat, die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen vermag, bedarf es keiner Entscheidung über die Erwägungen des [X.] zur Begründetheit der Klage. Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass das [X.] in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats davon ausgegangen ist, dass die [X.] zwar ausgelegt werden kann, sie jedoch bei gänzlich fehlenden Angaben zum [X.] unwirksam ist (Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 [X.]/03, [X.], 1, [X.], 238; Senatsbeschluss vom 29. Juli 2005 [X.]/04, [X.] 2005, 1969). Wenn das [X.] im Streitfall geurteilt hat, dass die in der [X.] fehlenden Angaben zum [X.] vom [X.] auch nicht im Wege der Auslegung hätten ermittelt werden können, so wird allein mit der von der Beschwerde vertretenen gegenteiligen Auffassung weder der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts noch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dargelegt.

Meta

VII B 227/09

22.07.2010

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 13. August 2009, Az: 16 K 10237/07, Urteil

§ 46 Abs 3 AO, § 218 Abs 2 AO, § 40 Abs 2 FGO, § 41 Abs 1 FGO, § 100 Abs 1 S 4 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.07.2010, Az. VII B 227/09 (REWIS RS 2010, 4537)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4537

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