Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2014, Az. AK 14/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 4413

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

AK 13-14/14
vom
2. Juli 2014
in dem Strafverfahren
gegen

1.
2.

wegen
mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen [X.]
u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie der Angeschuldigten und ihrer Verteidiger am 2. Juli 2014 gemäß §§ 121, 122, 130 StPO beschlossen:

[X.] Die Untersuchungshaft hat bei beiden Angeschuldigten [X.];

jedoch werden die Haftbefehle des Ermittlungsrichters des [X.] vom 3. April 2014 (Angeschuldigter [X.]

:
2 [X.] 129/14; [X.]

: 2 [X.] 131/14) insoweit abgeändert, als

-
der Angeschuldigte [X.]

der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der [X.][X.] wal-Ansar",

-
der Angeschuldigte A.

der Unterstützung der genannten [X.]

dringend verdächtig sind.

Eine etwa weiter erforderliche Haftprüfung durch den [X.] findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.] übertragen.

I[X.] Die gegen die Angeschuldigten bestehenden Haftbefehle wer-den aufgehoben werden, wenn das Bundesministerium der -
3
-
Justiz und für Verbraucherschutz nicht binnen einer Woche nach Zugang dieses Beschlusses gegenüber dem Bundesge-richtshof -
3. Strafsenat -
die Ermächtigung zur Verfolgung von Straftaten, begangen durch Mitglieder bzw. Unterstützer der ausländischen terroristischen [X.] "[X.] wal-Ansar", erteilt (§ 130 StPO, § 129b Abs. 1 Satz 3, § 77e StGB).

Gründe:
[X.]

Die Angeschuldigten wurden am 13. November 2013 vorläufig festge-nommen. Seit dem 14. November 2013 befinden sie sich aufgrund der [X.] vom selben Tag (27 [X.] 11121 und 11131/13), ersetzt durch die Haftbefehle des Ermittlungsrichters des [X.] vom 3. April 2014 (Angeschuldigter [X.]

: 2 [X.] 129/14; Angeschuldigter
A.

: 2 [X.] 131/14), ununterbrochen in Untersuchungshaft. Die Haftbefehle in der Fassung des Ermittlungsrichters des [X.] haben folgende Tatvorwürfe zum Gegenstand:

Der Angeschuldigte [X.]

, ein [X.] Staatsangehöriger, habe sich in [X.], in [X.] und an anderen Orten in der Bundesrepublik
[X.] von Ende August 2013 bis zu seiner Festnahme als Mitglied an einer im [X.] bestehenden [X.] -
"[X.] [X.] und [X.] 1
2
-
4
-
([X.])"
-
beteiligt, deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord, Totschlag, erpresserischen Menschenraub oder Geiselnahme zu begehen. Nach seiner Ausreise aus [X.] am 22. August 2013 habe er sich in [X.] dieser [X.] angeschlossen, dort eine militärische Ausbildung absol-viert und auch an einem Kampfeinsatz teilgenommen. Am 21. Oktober 2013 sei er vorübergehend nach [X.] zurückgekehrt, um im Auftrag seines "Emirs"
Geld und Ausrüstungsgegenstände für den "[X.]"
zu beschaffen. In Ausführung dieses Auftrags habe er unter anderem zwei Nachtsichtgeräte und Tarnkleidung erworben sowie eine Überweisung von 600 USD für Zwecke der [X.] veranlasst. Dem Angeschuldigten [X.]

sei deshalb vorzuwerfen, er habe sich als Mitglied an einer terroristischen [X.] im Ausland außer-halb der Mitgliedstaaten der [X.]
beteiligt (Verbrechen, strafbar nach § 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB).

Der Angeschuldigte A.

, ein [X.] Staatsangehöriger, habe in [X.] und in [X.] von Anfang Oktober 2013 bis zu seiner Festnahme diese [X.] dadurch unterstützt, dass er dem Angeschuldig-ten [X.]

in Kenntnis der beschriebenen Umstände bei der Erledigung des ihm erteilten Auftrags geholfen habe. Er habe bei der Beschaffung von [X.] mitgewirkt, das für den Transport der Ausrüstungsgegenstände bestimm-te Kraftfahrzeug auf sich zugelassen, einen entsprechenden Versicherungsver-trag abgeschlossen und sich bereiterklärt, den vorgesehenen Transport auf dem Landwege nach [X.] gemeinsam mit dem Angeschuldigten [X.]

durch-zuführen. Er habe damit eine terroristische [X.] im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der [X.] unterstützt (Vergehen nach § 129a Abs. 5 Satz 1, Abs. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB).

3
-
5
-
Unter anderem wegen dieser Tatvorwürfe hat der [X.] am 23. Mai 2014 gegen die Angeschuldigten Anklage zum Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts [X.] erhoben.

Eine Ermächtigung zur Verfolgung von Straftaten u.a. durch Mitglieder oder Unterstützer des "[X.]", die [X.] Staatsangehörige sind, sich in der Bundesrepublik [X.] aufhalten oder hier tätig werden, hat das [X.] am 6. Januar 2014 erteilt (§
129b Abs. 1 Satz 3 StGB).

I[X.]

Die dem [X.] gemäß §§ 121, 122 StPO obliegende Prüfung, ob die gegen die Beschuldigten vollzogene Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus fortdauern darf, führt dazu, dass die Angeschuldigten nach dem gegen-wärtigen
Stand der Ermittlungen -
insoweit abweichend von den Annahmen im Haftbefehl -
dringend verdächtig sind, sich durch die ihnen vorgeworfenen [X.] als Mitglied an der [X.][X.] wal-Ansar" beteiligt bzw. diese [X.] unterstützt zu haben.

1. Der [X.] geht vorläufig von folgendem Sachverhalt aus:

a) "[X.] im [X.] und in [X.]/[X.] fil-Iraq [X.] ([X.]/[X.])"

4
5
6
7
8
-
6
-
Beim "[X.] im [X.] und in [X.]"
handelt es sich um eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, einen das Gebiet des heutigen [X.] und die histo-rische Region "ash-Sham"
-
die heutigen [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] -
umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottes-staat"
zu errichten. Wer sich den Ansprüchen dieser [X.] entgegen-setzt, wird begriffen als "Feind des Islam"; die Tötung solcher "Feinde"
oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte hält sie für ein legitimes Mittel des Kampfes.

Die Organisation geht zurück auf die von [X.] Anfang 2004 als [X.] gegen die [X.] im [X.] gegründete "Ja--Tauhid wal-Dschihad"
("Gemeinschaft der göttlichen Einheit und des Kampfes"). Im Oktober 2004 leistete az-

(den Treueeid) auf [X.] bin Laden und dessen "al-", worauf sich die Gruppierung [X.] in "-[X.] fi Bilad ar-Rafidain"
("Organisation der Basis des [X.] im [X.]") und bekannt wurde als "[X.] im [X.] ([X.])". Im Dezember 2005 ernannte [X.] zu seinem Stellvertreter im [X.]. Die "[X.]"
trat zunächst hervor mit Angriffen auf zivile Angehörige westli-cher [X.] im [X.], die Opfer von Anschlägen, Entführungen und -
auf so-dann verbreiteten Videofilmen festgehaltenen -
Hinrichtungen wurden. Ab [X.] 2005 verlegte sie sich auf medienwirksame Sprengstoffanschläge, vor-nehmlich in [X.] und im [X.], aber am 9. November 2005 auch auf mehrere Hotels in [X.]/[X.].

Anfang 2006 schloss sich die "[X.]"
zunächst unter der Dachorganisation "[X.] der [X.] im [X.]"
mit weiteren Gruppierungen zusam-men. Nach [X.] Tod im Juni 2006 rief dessen Nachfolger [X.] al-9
10
11
-
7
-
Masri im Oktober 2006 einen das Gebiet von [X.] und mehrere Nordwest-provinzen umfassenden [X.] Staat aus und benannte den [X.] um in "[X.] fil-Iraq"
("[X.] im [X.]", "[X.]"). Die von [X.] gegen den "[X.]"
ins Leben gerufene und mit Waffen ausge-rüstete, zeitweise bis zu 100.000 Stammesangehörige umfassende "Er-weckungsbewegung"
führte zu keiner entscheidenden Schwächung. So fielen den Autobomben-
und Selbstmordanschlägen des "[X.]"
im [X.] allein 2007 etwa 1.900 Menschen zum Opfer; 2008 bis 2012 kam es bei Anschlägen vor allem auf schiitische Moscheen und Pilger sowie auf frequentierte Märkte zu insge-samt etwa 3.000 Toten.

Im Frühjahr 2010 wurde [X.] bei einer [X.] und der [X.] Regierungstruppen getötet. Sein Nachfolger wurde [X.]. Unter dessen Führung beteiligte sich der "[X.]"
nach dem am 11.
Februar 2012 veröffentlichten Aufruf des zwischenzeitlichen [X.]-Anführers [X.] an die Muslime des Nahen Ostens, den Kampf gegen das Assad-Regime aufzunehmen, auch am [X.]. [X.] kooperierte er unter anderem mit der 2011 gegründeten, vom [X.] [X.] angeführten Kämpfergruppe "Jabhat [X.] li Ahl ash-Sham"
("Hilfsfront für das syrische Volk"; "[X.]-Front"), deren Aktio-nen sich vornehmlich gegen Einrichtungen und Angehörige der [X.] richteten. Im April 2013 verkündete [X.] die [X.] von "[X.]"
und "[X.]"
zum "[X.] im [X.] und in [X.]/[X.] fil-Iraq [X.] ([X.]/[X.])". Dem widersprach [X.] und -Zawahiri, worauf dieser den [X.] annullierte und beide Parteien zur Beilegung ihrer Streitigkeiten auf der Grundlage einer Gebietsabgrenzung -
"[X.]"
im [X.], "[X.]"
in [X.] -
auf-rief. Dies führte zum Bruch [X.]s sowohl mit "al-"
als auch mit 12
-
8
-
"[X.]". In Veröffentlichungen vom 15. und 28. Juni 2013 warf er [X.] die "Heiligsprechung"
des [X.] vor und erklärte "[X.]"
zum Teil des "[X.]"
sowie [X.] zum "Abtrünnigen".

Dem "[X.]"
gelang es, sich in einigen Regionen [X.] als Ord-nungsmacht festzusetzen. Aus dem Kampf gegen das Assad-Regime zog sich die Organisation in der Folge weitgehend zurück und konzentrierte sich auf die Machterhaltung in den von ihr beherrschten Gebieten. Angehörige anderer [X.] sowie die Teile der Zivilbevölkerung, die den [X.] "[X.]"
in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrich-tung ausgesetzt. Im August 2013 kam es bei Operationen mehrerer Gruppen in der [X.] unter der Führung des "[X.]"
zu Massakern unter der regie-rungstreuen alawitischen Zivilbevölkerung, denen 190 Menschen zum Opfer fielen; weitere ca. 200 wurden entführt. Unter den syrischen Oppositionsgrup-pen ist die Organisation wegen des von ihr eingeschlagenen Weges zwischen-zeitlich isoliert; teils im offenen Kampf gegen den "[X.]"
haben andere Grup-pierungen in einigen Regionen wieder die Oberhand gewonnen. Auch "al-"
distanzierte sich Mitte Mai 2014 ausdrücklich vom Vorgehen des "[X.]".

Wegen der Parteinahme der [X.] "[X.]"
für das Assad-Regime verübte der "[X.]"
ferner am 2. Januar 2014 einen Bombenanschlag in einem schiitischen Wohngebiet in [X.], der vier Menschen tötete und 77 ver-letzte. Daneben kam es zu weiteren Aktionen im [X.], so zu dem Überfall auf die Gefängnisse in [X.] und Tadshi am
22. Juli 2013 sowie einen Selbstmordanschlag in [X.] am 29. September 2013 mit jeweils mehreren [X.]. Anfang Juni 2014 gelang es ihm, die Stadt [X.] unter seine Ge-walt zu bringen.

13
14
-
9
-
Die Führung des "[X.]"
besteht aus [X.]", derzeit [X.], dem "Minister"
als Verantwortliche für einzelne Bereiche unterstellt sind, so ein "[X.]"
und ein "Propagandaminister". Zugeordnet sind der Führungsebene beratende "[X.]"
sowie "Gerichte", die über die Ein-haltung der Regeln der Sharia wachen. Veröffentlichungen werden in der [X.]"
produziert und über die Medienstelle "al-I"
ver-breitet. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der [X.] besteht aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift: "Allah -
Rasul -
Muhammad", auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem islami-schen Glaubensbekenntnis.

Die etwa 10.000 Kämpfer -
im Kern bestehend aus sunnitischen Teilen der ehemaligen [X.] von [X.] -
sind dem "[X.]"
unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.

b) "Armee der Emigranten und der Unterstützer/[X.] wal-Ansar (JAMWA)"

Der aus [X.] stammende ethnische Tschetschene [X.], Kampfname [X.] [X.], der bereits in [X.] und in [X.] an kriegerischen Auseinandersetzungen mit der [X.] teilgenommen hatte, gründete im [X.] 2012 die militant-fundamentalistische
Gruppierung "[X.] al-Muhajirin"
("Brigade der [X.]") mit dem Ziel, in den [X.] einzugreifen, dort gegen die [X.] zu kämpfen und so die Errichtung eines [X.] Staates vo-ranzutreiben. Die Gruppierung war personell verflochten mit der vom tschet-schenischen Separatisten [X.] angeführten, im [X.] ope-15
16
17
-
10
-
rierenden militanten Organisation "[X.]", die für sich auch die Führungsrolle gegenüber der mehrheitlich aus [X.], aber auch an-deren nichtsyrischen Kämpfern bestehenden "Brigade der Emigranten"
in [X.] nahm. Im März 2013 vereinigte sich die "[X.] al-Muhajirin"
mit den militanten syrischen Gruppen "[X.]"
und ""
zur "[X.] wal-Ansar". Kommandeur blieb [X.] [X.]. Ab August 2013 verfocht er die Verschmelzung der "[X.] wal-Ansar"
mit dem "[X.]", deren Führer ihn in der Folge zum "Kommandierenden der nördlichen Region"
ausriefen. Innerhalb der Gruppierung führte dies zu [X.] und Auseinandersetzungen zwischen [X.] und seinem Stellvertreter [X.], der für die weitere Selbständigkeit der Gruppierung ein-trat. In einer am 21. November 2013 verbreiteten Videobotschaft leistete [X.]"
des "[X.]", [X.]. Die Angehörigen der "[X.] wal-Ansar", die sich zu einem großen Teil

g-ten ihm indes nur in geringer Zahl. Etwa 200 der bis zu 1.000 Kämpfer führten die bisherige Organisation fort und ernannten im Dezember 2013 den von Dok-ku [X.]
bereits zuvor zum Repräsentanten des "[X.]"
in [X.] bestimmten [X.] Salahuddin [X.] zum neuen Kom-mandeur. [X.] [X.] selbst erklärte demgegenüber in seiner [X.] als [X.] der [X.] wal-Ansar"
in einer am 11. Dezember etwa 200 (anderen) Kämpfern auf [X.] sei die Organisation aufgelöst.

Die "[X.] wal-Ansar"
war [X.] organi-siert. Der Führung waren ein [X.] sowie ein Komitee für Fragen der [X.] beigeordnet. Die Öffentlichkeitsarbeit oblag einer eigenen Medienstelle. Als 18
-
11
-
Kennzeichen verwendete die Gruppierung die A[X.]ildung eines aufgeschlage-nen [X.], unter dem sich ein Schwert und über dem sich ein erhobener Zei-gefinger befindet. Überschrieben ist diese Darstellung in [X.] mit dem Namen der Organisation sowie den Worten "[X.], das die Rich-tung weist -
ein Schwert, das siegt".

Ihr Kampfgebiet sah die Gruppierung im Wesentlichen im [X.]. Im Zusammenwirken mit anderen Organisationen, deren Kommando sie sich zeitweise unterstellte, war sie mehrfach an Angriffen auf militärische Ein-richtungen der [X.] im Umkreis von [X.] beteiligt, so an der Ein-nahme einer Scud-Raketenbasis im Oktober 2012 und zweier Stützpunkte des [X.] im Dezember 2012 und im Februar 2013. Im August 2013 spielte sie eine Schlüsselrolle bei der Einnahme einer Luftwaffenbasis. Berichte, wonach sich die "[X.] wal-Ansar"
im selben Monat unter dem Kommando des "[X.]"
an den oben geschilderten Massakern und Entführungen im Raum [X.] beteiligt haben soll, lassen sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit bestätigen. Eine Verwechslung mit einer in der [X.] operierenden, von einem libyschen Staatsangehörigen geführten [X.] namens "-Muhajirin"
ist nicht auszuschließen.

c) Die Tathandlungen der Angeschuldigten

aa) Aufgrund seines fundamentalistischen Verständnisses des Islam sah sich der Angeschuldigte [X.]

verpflichtet, am Bürgerkrieg in [X.] teilzuneh-men und gegen die Truppen des [X.] zu kämpfen. Am 22. August 2013 reiste er von [X.] aus in die [X.] und begab sich über die Grenze nach [X.], wo ihn mehrere unbekannte Personen -
nach seinen Angaben Angehörige der "[X.]"
-
in Empfang nahmen und 19
20
21
-
12
-
ihn an eine schließlich zu seiner Aufnahme bereiten Gruppierung -
die "[X.] wal-Ansar"
-
weitervermittelten. In einem Ausbildungslager, das offensichtlich von mehreren im [X.] kämpfenden Gruppen gemeinsam genutzt wird, erhielt er eine etwa einmonatige militärische Ausbil-dung, während der er auch an einem nicht näher ermittelbaren Kampfeinsatz in einem Vorort von [X.] teilnahm.

[X.])
Von seinem ihm unmittelbar vorgesetzten "Emir", dem als Sharia-Beauftragter der "[X.] wal-Ansar"
fungierenden Abu [X.] [X.], erhielt der Angeschuldigte sodann den Auftrag, für die Gruppierung in [X.] militärische Ausrüstung -
Nachtsichtgeräte und Bekleidung -
sowie medizinisches Gerät und Medikamente zu beschaffen. Hierzu reiste der [X.] am 21. Oktober 2013 nach [X.]. Von dort aus veranlasste er zunächst am 23. Oktober 2013 auftragsgemäß eine Überweisung von 600 USD an einen Kontaktmann in [X.], die an Abu [X.] [X.]
weiterge-leitet werden und der Finanzierung der Organisation dienen sollten. Ab dem 24.
Oktober 2013 tätigte er nach und nach die ihm aufgetragenen Einkäufe
-
die medizinischen Artikel über das [X.], die militärische Ausrüstung in [X.] in einem "[X.]"
sowie bei einem [X.] -
und lagerte die erworbenen Gegenstände, die er per Pkw nach [X.] verbringen wollte, [X.] in der Wohnung eines Bekannten ein. Die Abfahrt hatte er für den 13.
November 2013 vorgesehen. Über Mittelsmänner erwarb er hierzu Anfang

cc) Der in [X.] wohnende, mit dem Angeschuldigten [X.]

seit einer gemeinsamen Pilgerfahrt nach [X.] bekannte Angeschuldigte
A.

, der seinerseits vorhatte, nach [X.] zu reisen, um gegen die Truppen des [X.] zu kämpfen, erklärte sich bereit, den Angeschuldigten zu 22
23
-
13
-
begleiten und ihn in Kenntnis des Verwendungszwecks der Gegenstände bei dem Transport zu unterstützen. Auf die Bitte des Angeschuldigten [X.]

versi-cherte der Angeschuldigte A.

am 12. November 2013 den erworbenen Pkw und veranlasste bei der zuständigen Behörde in [X.] dessen Zu-lassung. Mit den ausgegebenen Kennzeichen fuhr er am Folgetag nach [X.]. Beide Angeschuldigte kauften zunächst noch weitere militärische Beklei-dung, holten dann den Pkw ab und beluden ihn.

Am Abend brachen sie in Richtung [X.] auf. Dabei führten der [X.] [X.]

.

[X.] für die [X.] bestimmt waren. An einer Autobahnraststätte zwi-schen [X.] und [X.] wurden sie um 22.43 Uhr festgenommen.

2. Danach ergibt sich:

a) Der Angeschuldigte [X.]

hat sich nach derzeitigem Kenntnistand nicht mit der für die Annahme eines dringenden Tatverdachts erforderlichen Wahr-scheinlichkeit als Mitglied am "[X.]"
beteiligt.

aa) Als Mitglied an einer (kriminellen oder terroristischen) [X.] beteiligt sich, wer auf Dauer oder zumindest für längere Zeit an deren [X.] teilnimmt und unter Eingliederung in die Organisation und Unter-ordnung unter den Organisationswillen von innen her eine Tätigkeit zur Förde-rung der Ziele der Organisation entfaltet ([X.], Urteil vom 14. August 2009
-
3 [X.], [X.]St 54, 69, 111). Eine Beteiligung muss danach gerichtet sein auf die aktive Teilnahme am [X.] und sich ausdrücken in akti-ven Handlungen zur Förderung von Aufbau, Fortbestand oder Tätigkeit der Or-ganisation; eine nur passive, für das Wirken der [X.] bedeutungslose 24
25
26
27
-
14
-
Mitgliedschaft genügt nicht ([X.], Beschluss vom 30. März 2001 -
StB 4/01, StB 5/01, [X.]St 46, 349, 356 f.; Beschluss vom 22. Oktober 1979 -
StB 52/79, [X.]St 29, 114, 120 f.).

[X.]) Die bisherigen Ermittlungen haben keine für die Annahme dringen-den Tatverdachts ausreichenden Hinweise auf Handlungen des Angeschuldig-ten erbracht, die nach diesen Maßstäben auf eine Förderung der Ziele des "[X.]"
von innen her gerichtet waren.

(1) Nach der oben -
auf der Grundlage des Ermittlungsberichts des [X.] vom 6. März 2014 (Ordner "Strukturerkenntnisse [X.]", [X.]. 4 ff.) und einer ergänzenden Auswertung allgemein zugänglicher Veröffentlichun-gen -
beschriebenen historischen Entwicklung der "[X.] wal-Ansar"
hat der [X.] durchgreifende Zweifel an der Annahme des Ermittlungs-richters, bei dieser Gruppierung habe es sich im Tatzeitraum lediglich um eine der kämpfenden Einheiten innerhalb des Verbandes des "[X.]"
gehandelt. Vielmehr sprechen die bisherigen Ermittlungsergebnisse für eine selbstständige [X.], die zwar mit dem "[X.]"
sympathisierte, teilweise mit ihm zusam-menarbeitete und sich an einzelnen seiner Operationen beteiligte, im Übrigen aber über eigene Organisationsstrukturen verfügte und einen vom "[X.]"
unab-hängigen Verbandswillen entwickelte. So führte gerade die von [X.] [X.] betriebene Verschmelzung der "[X.] wal-Ansar"
mit dem "[X.]"
zu internen Auseinandersetzungen und schließlich zur Spaltung. Dass sich die "[X.] wal-Ansar"
nicht als bloße in den "[X.]"
integrierte kämpfende Abteilung begriffen hat, wird auch daran deutlich, dass [X.] [X.] und weitere Kämpfer schließlich erst Ende November 2013 die -Baghdadi leisteten und [X.] [X.] die durch eine eigene Erklärung auflöste. 28
29
-
15
-
Hätte es sich bei der "[X.] wal-Ansar"
um eine bereits in die
Hierarchie des "[X.]"
eingegliederte kämpfende Einheit gehandelt, so wäre ein solches Vorgehen kaum plausibel.

(2) Soweit der Angeschuldigte [X.]

ausgesagt hat, in [X.] von Vertre-tern der "[X.]"
an die "[X.]"
("Aleppiner Emig-ranten") vermittelt worden und für diese tätig geworden zu sein (Ordner "[X.]", [X.]. 42 ff., 127 ff., 133), rechtfertigt dies keine andere Beurtei-lung. Der [X.] konnte aus allgemein zugänglichen Quellen keine Anhalts-punkte für die Beteiligung einer Gruppierung solchen Namens an Kampfhand-lungen im [X.] gewinnen. Insbesondere aus der geschilderten personellen Zusammensetzung ziehen sowohl das [X.] im [X.] vom 3. Dezember 2013 (Ordner "[X.]", [X.]. 110 ff.) als auch der Ermittlungsrichter den Schluss, dass der Angeschuldigte damit höchst-wahrscheinlich die "[X.] wal-Ansar"
bezeichnet hat. Abweichend hiervon hält zwar die Anklageschrift des [X.]s vom 23. Mai 2014 ([X.], 38), gestützt auf die Aussage
des Zeugen F.

(Ordner "[X.]", [X.]. 421 ff.), die "[X.]"
nunmehr für eine weitere -
von der "[X.] wal-Ansar"
zu unterscheidende -
kämpfende Einheit in-nerhalb des [X.][X.]". Dies trägt indes zu keiner weiteren
Erhellung bei, denn der Zeuge hat [X.]"
des Angeschuldigten [X.]

, Abu [X.] [X.], anhand eines Lichtbilds als den "Religions-Kommandeur"
bzw. "[X.]"
der "[X.] wal-Ansar"
identifiziert ([X.]. 444). Einen Bezug dieser
Person zu der von ihm beschriebenen weiteren Gruppe "Muhaji-run Halab"
konnte er nicht herstellen.

Dass es sich bei Abu [X.] [X.] um [X.]"
des [X.]n [X.]

handelte, wird andererseits belegt durch mehrere WhatsApp-30
31
-
16
-
Chats, die
zwischen 21. Oktober und 13. November 2013 vom Mobiltelefon des Angeschuldigten aus zum einen mit einer dort unter "[X.] Schischani"
ab-gespeicherten [X.] Mobilfunk-Nummer, zum anderen mit einem [X.] namens "

U.

"
geführt wurden. "[X.]"
bestätigt dem [X.] (Chatname "[X.]") unter anderem den Empfang von 600 USD und bittet den Angeschuldigten um die Beschaffung einer weiteren Uniform (Vermerk des Polizeipräsidiums [X.] vom 12. Februar 2014; Ordner "[X.]", [X.]. 241 ff.). "

U.

"
bespricht mit "[X.]"
mehrfach [X.] des Auftrags. Am 9. November 2013 unterhalten sich beide über "Ab-dullah", den sie als [X.]"
und als "großen Bruder"
bezeichnen; "

U.

"
sendet in diesem Zusammenhang ein -
das später dem Zeugen
F.

vorgelegte -
Foto des Genannten (Vermerk des Polizeipräsidiums [X.] vom 24. Februar 2014; Ordner "[X.]", [X.]. 249 ff., 274 f.).

(3) Danach ändert es auch nichts, dass der Angeschuldigte [X.]

in WhatsApp-Chats mit seinem Bekannten S.

am 10. Oktober und am 1.
November 2013 jeweils auf Nachfrage bestätigte, er sei weiterhin in der "[X.]"
bzw. der "[X.]"
(Vermerk des Polizeipräsidiums [X.] vom 23.
Januar 2014; Ordner "[X.]", [X.]. 435 ff.). Denn nach dem der-zeitigem Beweisergebnis ist, wie dargelegt, mit Wahrscheinlichkeit davon [X.], dass die Tathandlungen auf den Weisungen eines Repräsentanten der vom "[X.]"
abzugrenzenden
"[X.] wal-Ansar"
beruhten und deren eigenen Zwecken dienten. Auch wenn der [X.] nicht verkennt, dass die Fluktuation von Kämpfern aus unterschiedlichsten Gruppierungen hin zum "[X.]"
schon wegen der dort herrschenden Bedingungen außerordentlich hoch ist, bestehen keine konkreten
Hinweise darauf, dass Abu [X.] [X.]
-
schon vor Ende November 2013 -
zum "[X.]"
oder einer seiner [X.] übergelaufen und für diesen tätig geworden sein könnte. 32
-
17
-
Selbst wenn der Angeschuldigte [X.]

davon ausging, sein Handeln liege auch im Interesse des "[X.]", so hat er damit weder die Ziele des "[X.]"
von innen her gefördert noch sie von außen her unterstützt.

Im Übrigen stößt die Richtigkeit der Behauptung des Angeschuldigten [X.]

gegenüber S.

bereits objektiv auf Zweifel. So hat er bei dem Kontakt am 1. November 2013 auch behauptet, er halte sich in [X.] auf, obwohl er sich seit 22. Oktober 2013 wieder in [X.] befand. Weiter wies er seinen Kontaktmann "

U.

"
bei einem Chat am 6. November 2013 auf einen in das russischsprachige [X.]portal "FiSyria.com" eingestellten Videobericht über Kampfhandlungen in [X.] hin. Dieses Portal wird betrieben vom "[X.]"
und wurde auch benutzt für Verlautbarungen der "[X.] wal-Ansar" (Vermerk des Polizeipräsidiums [X.] vom 24. Februar 2014; Ordner "[X.]", [X.]. 249 ff., 253; Ermittlungsbericht des [X.] vom 6. März 2014; Ordner "Strukturerkenntnisse [X.]", [X.]. 4, 24 f.). Auch dies deutet auf eine engere Beziehung des Angeschuldigten [X.]

zu dieser Gruppierung hin.

b) Ebenso wenig hat demzufolge der Angeschuldigte A.

den "[X.]"
dadurch unterstützt, dass er dem Beschuldigten [X.]

bei der Ausführung des von Abu [X.] [X.]
erteilten Auftrags Hilfe leistete.

3. Bei der "[X.] wal-Ansar"
handelt es sich um eine Verei-nigung, deren Ziele jedenfalls auf die Begehung von Totschlag gerichtet sind (§
129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Zwar beschränkt sie sich, soweit ersichtlich, auf Kampfhandlungen gegen die [X.]. Der [X.] sieht jedoch auch nach den Erklärungen des "[X.] der Gruppe der Freunde des syrischen Volkes"
am 12. Dezember 2012 in [X.] keinen aus dem 33
34
35
-
18
-
Völkerrecht abzuleitenden Rechtfertigungsgrund für Gewalthandlungen gegen die [X.] oder andere Einrichtungen der in der [X.] bestehenden Regierung.

II[X.]

1. Es besteht bei beiden Angeschuldigten der Haftgrund der Fluchtgefahr
(§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Auf
die zutreffenden Gründe der Haftbefehle des Ermittlungsrichters, an deren Geltung sich zwischenzeitlich nichts geändert hat, nimmt der [X.] Bezug.

Vor dem Hintergrund, dass die Angeschuldigten
nunmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Netzwerk Gleichgesinnter zurückgreifen können, das sie im Falle des [X.] unterstützt, kann der Zweck der Untersu-chungshaft auch nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 Abs. 1 StPO).

2. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersu-chungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Die be-sondere Schwierigkeit und der Umfang des Verfahrens haben ein Urteil bislang noch nicht zugelassen.

Nach der Festnahme der Angeschuldigten am
11. November 2013 [X.] Durchsuchungen mehrerer Objekte in [X.] und [X.] er-forderlich. Die Auswertung der dabei gewonnenen umfangreichen Erkenntnisse sowie des [X.] der Angeschuldigten veranlasste weitere Zeugenver-nehmungen, die Ende März 2014 abgeschlossen werden konnten. Am 29. April 36
37
38
39
-
19
-
2014 legte das Polizeipräsidium [X.] den 80-seitigen Schlussbericht vor. Unter dem 23. Mai 2014
hat der [X.] Anklage zum Staats-schutzsenat des Oberlandesgerichts [X.] erhoben.

Das Verfahren ist danach mit der in Haftsachen gebotenen Beschleuni-gung geführt worden.

3. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht auch noch nicht
außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe.

IV.

Der Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft steht nicht entge-gen, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
-
so-weit für den [X.] ersichtlich -
die nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderli-che Ermächtigung
zur Verfolgung von Straftaten, begangen durch Mitglieder bzw. Unterstützer der [X.][X.] wal-Ansar", bislang nicht erteilt
hat. Ein endgültiges Verfahrenshin-

40
41
42
-
20
-
dernis ist dadurch nicht eingetreten. Indes ist dem [X.] und für Verbraucherschutz nunmehr entsprechend § 130 StPO eine Erklä-rungsfrist zu setzen, denn die Haftbefehle lassen sich nach den bisherigen [X.] ausschließlich auf Straftaten im Zusammenhang mit der Tätigkeit der "[X.] wal-Ansar"
stützen.

[X.]Schäfer Mayer

Meta

AK 14/14

02.07.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2014, Az. AK 14/14 (REWIS RS 2014, 4413)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4413

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.