Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2003, Az. 2 StR 125/03

2. Strafsenat | REWIS RS 2003, 2427

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Nachschlagewerk: ja[X.]St: neinVeröffentlichung: ja§§ 55, 56 StGB[X.] Beurteilungszeitpunkt für die nach § 56 StGB zu treffende Prognoseist auch bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung im Rahmen von § [X.] der jetzigen Entscheidung.[X.], Urteil vom 9. Juli 2003 - 2 [X.] NAMEN DES [X.]/03vom9. Juli 2003in der [X.] -wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.- 3 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 9. Juli 2003,an der teilgenommen haben:Vorsitzende [X.]in am [X.]. [X.] die [X.] am [X.]. h.c. Detter,[X.],die [X.]innen am [X.]. [X.],Roggenbuck,[X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 4 -1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil [X.] [X.] vom 27. November 2002 mit den zugehö-rigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Gesamtfreiheits-strafe von einem Jahr und drei Monaten zur Bewährung ausge-setzt wurde.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Diebstahls in drei Fällenund wegen Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus demUrteil des Amtsgerichts [X.] vom 23. Juli 2002 (48 Cs / 68 Js 417/02 -220/02) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monatenverurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Desweiteren [X.] den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung, Raubes sowieDiebstahls in fünf Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von dreiJahren [X.] 5 -Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer auf die Verletzungsachlichen Rechts gestützten Revision dagegen, daß die [X.] einem Jahr und drei Monaten zur Bewährung ausgesetzt wurde.Das in zulässiger Weise (vgl. ua [X.] NStZ 1982, 285, 286; NJW1983, 1624; vgl. auch [X.]St 47, 32 ff.) auf die Frage der Strafaussetzung [X.] beschränkte Rechtsmittel hat Erfolg.Das [X.] hat bei dieser Entscheidung einen falschen Beurtei-lungs- und Prognosezeitpunkt zugrundegelegt. Es ist davon ausgegangen, [X.] die gemäß § 56 StGB zu treffende Prognose bei einer nachträglich nach§ 55 StGB zu bildenden Gesamtfreiheitsstrafe auf den [X.]punkt der letztenVorverurteilung abzustellen sei. Dies ist rechtsfehlerhaft.[X.] [X.]punkt für die nach § 56 StGB zu treffende Entschei-dung ist grundsätzlich der des Urteils (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.]. § 56 [X.]. 17; vgl. auch [X.] StV 1992, 417). Dieser Grundsatz giltauch für eine im Rahmen einer Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) zuverhängende Strafe. Zwar ist Grundgedanke des § 55 StGB, daß Taten, die beigemeinsamer Aburteilung nach §§ 53, 54 StGB behandelt worden wären, [X.] getrennter Aburteilung dieselbe Behandlung erfahren sollen, so daß [X.] im Endergebnis weder besser noch schlechter gestellt ist (vgl. ua [X.]St32, 190, 193 m.w.N.; [X.] NStZ-RR 1999, 268; 2001, 368, 369). Der Tatrichter,dem sich die Frage nachträglicher Gesamtstrafenbildung stellt, muß sichfolglich hinsichtlich der Gesamtstrafenfähigkeit einer Einzelstrafe in die Lagedes [X.]s versetzen, dessen Entscheidung für eine nachträglicheEinbeziehung in Frage kommt. Für ihn ist deshalb maßgeblich, ob und wie der- 6 -frühere [X.] weitere Taten in seine Entscheidung hätte [X.]. Bei der Bildung einer Gesamtstrafe nach § 55 StGB und ihrerNeufestsetzung ist abzustellen auf den Kenntnisstand des jetzigen Tatrichters.Für die Bemessung der (neuen) nachträglichen Gesamtstrafe gelten [X.] des § 54 StGB. Es können mithin Umstände herangezogenwerden, die dem früheren [X.] noch unbekannt waren oder die erst späterentstanden sind ([X.] in [X.]. [X.]. 27; [X.] aaO [X.]. 39jeweils zu § 55). Dies gilt auch für die Frage einer Strafaussetzung [X.] ([X.]St 30, 168, 170; 19, 362; 9, 370, 385) und die im Rahmen von§ 56 StGB zu treffende Prognose (vgl. [X.] NStZ 1991, 117, 118). [X.] ist aufgrund aller Umstände zu treffen, aus denen zur [X.] desnunmehrigen Urteils auf das weitere Verhalten des [X.] geschlossen [X.] ([X.] StV 1992, 417 = [X.]R StGB § 56 I Sozialprognose 23). Das ergibtsich auch aus dem Gesetz, denn nach § 58 Abs. 2 StGB muß bei einer neugebildeten Gesamtfreiheitsstrafe eine neue Bewährungszeit bestimmt,erforderlichenfalls müssen neue Bewährungsauflagen angeordnet werden.Die Zugrundelegung des [X.]punkts der letzten Hauptverhandlung fürdie Bewährungsentscheidung entspricht zudem Sinn und Zweck einerPrognose. Diese ist von ihrem Sinngehalt her (Vorhersage einer künftigenEntwicklung) in die Zukunft gerichtet, sie kann nicht "rückblickend" erfolgen.Sie beruht nicht auf Tatsachen, die abgeschlossen sind, wie bei dernachträglichen Gesamtstrafenbildung, ihr immanent ist, daß es sich [X.] handelt, die sich mit fortschreitender [X.] ändern können und zwarzu Gunsten wie auch zum Nachteil des Angeklagten. Eine allein auf dieVergangenheit abgestellte Entscheidung würde darüberhinaus Sinn und Zweckeiner Strafaussetzung zur Bewährung widersprechen, da diese eine- 7 -"Bewährung" des Verurteilten in Zukunft voraussetzt. Wenn aber - wie hier -zwischenzeitlich bereits neue Straftaten begangen sind, wäre die Prognosebereits widerlegt. Andererseits müßte auch eine Verbesserung der persönli-chen Verhältnisse des Angeklagten, auf Grund derer nunmehr eine günstigePrognose gerechtfertigt wäre, unberücksichtigt bleiben. Soweit der [X.] in [X.]St 7, 180, 182 ausgeführt hat, der neu erkennende Tatrichterhabe bei Einbeziehung einer mit einer Strafaussetzung zur Bewährungverbundenen Einzelstrafe in eine Gesamtstrafe auch "über diese Vergünsti-gung bei der zu bildenden Gesamtstrafe neu zu entscheiden, wie wenn es überalle einzubeziehenden Straftaten selbst zu befinden hätte, er müsse sich dabeiauf den Standpunkt des zuerst erkennenden Gerichts stellen, das die neueStraftat mit abzuurteilen gehabt hätte, wenn sie schon bei ihm zur [X.] wäre", betrifft dies ersichtlich nur die Frage der Einbeziehung in dieneue Gesamtstrafe, nicht aber die bei der neu gebildeten Gesamtfreiheitsstrafeerforderlichenfalls im Rahmen von § 56 StGB zu treffende Prognoseentschei-dung (anders [X.], Beschluß vom 19. Januar 2001 - 2 Ss 1177/00).- 8 -Die Bewilligung von Strafaussetzung zur Bewährung kann somit keinenBestand haben. Da der [X.] nicht ausschließen kann, daß das [X.]bei Zugrundelegung des richtigen Beurteilungszeitpunktes die Bewilligung [X.] zur Bewährung anders beurteilt hätte, ist über die Frage neuzu entscheiden.[X.] Detter Bode [X.] Roggenbuck

Meta

2 StR 125/03

09.07.2003

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2003, Az. 2 StR 125/03 (REWIS RS 2003, 2427)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2427

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