Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2005, Az. AnwZ (B) 7/04

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2005, 4656

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[X.][X.] ([X.]) 7/04
vom 7. März 2005 in dem Verfahren
Nachschlagewerk: ja [X.]GHZ: nein [X.]GHR: ja

[X.]RAO § 7 Nr. 9

Die [X.]estimmung des § 7 Nr. 9 [X.]RAO über die Versagung der Zulassung zur [X.] knüpft an eine abstrakte Gefährdung der [X.] an ([X.]VerfGE 108, 150, 164) und stellt - anders als der [X.] des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO - nicht darauf ab, ob eine Gefährdung der [X.]nteressen der [X.] durch den Vermögensverfall aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles ausgeschlossen ist.

[X.]GH, [X.]eschluß vom 7. März 2005 - [X.] ([X.]) 7/04 - [X.]

wegen Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft

- 2 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]undesgerichtshofs Prof. Dr. [X.], die Richterin Dr. [X.], [X.] Ernemann und [X.], die Rechtsanwälte Prof. [X.] und [X.] sowie die Rechtsanwältin [X.]

am 7. März 2005

beschlossen:
Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]e-schluß des 2. Senats des [X.]es [X.] vom 17. Dezember 2003 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstande-nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten. Der Geschäftswert des [X.]eschwerdeverfahrens wird auf 50.000 • festgesetzt.
Gründe: Der Antragsteller wurde am 20. August 1997 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit [X.]escheid vom 6. März 2002 die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO wegen Vermö-gensverfalls und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Der [X.]escheid wurde bestandskräftig. Das [X.]

eröffnete mit - 3 - [X.]eschluß vom 23. April 2002 das [X.]nsolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers. Dieser beantragte daraufhin, wieder zur Rechtsanwaltschaft zugelassen zu werden. Die Antragsgegnerin wies den Antrag mit [X.]escheid vom 16. August 2002 zurück. Der Antragsteller hat gerichtliche Entscheidung beantragt. Gegen die Zurückweisung dieses Antrags durch den [X.] wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen [X.]eschwerde. [X.] Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 [X.]RAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft mit Recht versagt. 1. Dem Antrag auf erneute Zulassung zur Rechtsanwaltschaft steht die [X.]estandskraft des [X.] vom 6. März 2002 nicht entgegen. Denn der Antragsteller macht geltend, daß der [X.] aufgrund des laufenden, erst nach dem [X.] eröffneten [X.]nsolvenzverfahrens nachträglich entfallen sei ([X.]/[X.], [X.]RAO, 6. Aufl., § 6 Rdnr. 21 und § 7 Rdnr. 147; [X.], [X.]RAO, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 113 m.Nachw.). 2. Der Antrag auf Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft ist jedoch nicht begründet, weil der Vermögensverfall des Antragstellers fortbesteht (§ 7 Nr. 9 [X.]RAO). Ein Vermögensverfall wird nach dieser [X.]estimmung vermutet, wenn ein [X.]nsolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom [X.]nsolvenzgericht oder vom Vollstreckungs-gericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 [X.], § 915 ZPO) eingetragen ist. Diese Voraussetzung ist mit der Eröffnung des [X.]nsolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers erfüllt. Da das [X.]nsolvenzverfahren - anders - 4 - als in der dem [X.] vom 7. Dezember 2004 ([X.] ([X.]) 40/04, zur [X.] bestimmt) zugrundeliegenden Fallgestaltung - bislang nicht aufgehoben worden ist, besteht die Grundlage der Vermutung weiterhin fort. Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls wird nicht, wie der Antragsteller meint, dadurch widerlegt, daß der Antragsteller im [X.]nsolvenzver-fahren die Restschuldbefreiung gemäß §§ 286 ff. [X.] beantragt hat ([X.] vom 13. März 2000 - [X.] ([X.]) 28/99, [X.]RAK-Mitt. 2000, 144 = NJW-RR 2000, 1228 unter [X.][X.]). Denn im Einzelfall ist fraglich, ob es zu einer Rest-schuldbefreiung kommt, und die während des laufenden [X.]nsolvenzverfahrens fehlende [X.]efugnis des Schuldners, über sein Vermögen zu verfügen (§ 80 Abs. 1 [X.]), steht einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft grundsätzlich ent-gegen ([X.] vom 13. März 2000, aaO; [X.] vom 7. Dezember 2004, aaO unter [X.]). Von geordneten Vermögensverhältnissen kann deshalb nicht ausgegangen werden, bevor nicht dem Schuldner mit der Aufhebung des [X.]nsolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung gemäß § 291 [X.] angekündigt worden ist und er damit die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen vom [X.]nsolvenzverwalter zurückerlangt hat ([X.] vom 7. Dezember 2004, aaO unter [X.] und 4). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die am 1. Dezember 2001 in [X.] getretene Änderung des § 287 Abs. 2 [X.] (Art. 1 Nr. 15 [X.]uchst. b des Gesetzes zur Änderung der [X.]nsol-venzordnung und anderer Gesetzes vom 26. Oktober 2001, [X.]G[X.]l. [X.], 2710) rechtfertigt entgegen der Auffassung des Antragstellers keine andere [X.]eurtei-lung. Durch die Gesetzesänderung ist lediglich der Zeitraum der Wohlverhal-tensphase - die Laufzeit der Abtretung nach § 287 Abs. 2 [X.] - verkürzt und vorverlagert worden. Dies ändert nichts daran, daß geordnete Vermögensver-hältnisse des Antragstellers erst dann wiederhergestellt sein können, wenn das [X.]nsolvenzverfahren beendet und der [X.]eschluß über die Ankündigung der - 5 - Restschuldbefreiung (§ 291 [X.]) tatsächlich ergangen ist ([X.] vom 7. Dezember 2004, aaO unter [X.]; ebenso [X.]/[X.], aaO, § 14 Rdnr. 59; [X.], aaO, § 7 Rdnr. 113 aaO; a.A.: Kleine-Cosack, [X.]RAO, 4. Aufl., § 14 Rdnr. 14 a.E.). Diese Voraussetzung ist hier - wie darge-legt - noch nicht erfüllt. 3. [X.]n der Versagung der Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft liegt entgegen der Auffassung des Antragstellers keine unverhältnismäßige, mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbare [X.]eschränkung der [X.]erufsfreiheit des [X.]. Dieser hat auch unter [X.]erücksichtigung seines Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG keinen Anspruch darauf, während des noch [X.] zur Rechtsanwaltschaft wieder zugelassen zu werden. Ein solcher Anspruch besteht auch nicht deshalb, weil die [X.]nteressen der Rechtsuchenden, wie der Antragsteller meint, unter den besonderen Umstän-den seines Falles bei einer Wiederzulassung nicht gefährdet wären. a) Auf dieses Vorbringen des Antragstellers kommt es nach § 7 Nr. 9 [X.]RAO nicht an. Diese [X.]estimmung knüpft allein an das Vorliegen eines [X.] an. Dementsprechend ist die Wiederzulassung eines [X.] nur davon abhängig, ob neue Tatsachen belegen, daß sich der [X.]e-werber nicht mehr in Vermögensverfall befindet ([X.], [X.]RAO, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 113), und nicht zusätzlich auch davon, ob im Einzelfall die [X.]nteressen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall im Falle der Zu-lassung zur Rechtsanwaltschaft gefährdet wären ([X.], aaO Rdnr. 112 a.E.). Die Gesetzesmaterialien enthalten keinen Hinweis auf eine vom Wort-laut der Vorschrift abweichende Absicht des Gesetzgebers. Durch das Gesetz zur Änderung des [X.]erufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom - 6 - 13. Dezember 1989 ([X.]G[X.]l. [X.] S. 2135) sind die [X.]estimmungen in der [X.]undes-rechtsanwaltsordnung über die Versagung und den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft - §§ 7 und 14 [X.]RAO - hinsichtlich des [X.] geändert worden. Anstelle der bis dahin für die Zurücknahme der Zulas-sung geltenden Ermessensregelung des § 15 [X.]RAO trat die neue [X.]estim-mung des § 14 Abs. 2 Nr. 8 [X.]RAO (jetzt: § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO), nach der die Zulassung zu widerrufen ist, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die [X.]nteressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Zugleich wurde in § 7 Nr. 9 [X.]RAO als zwingender [X.] für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erstmals auf den Ver-mögensverfall des [X.]ewerbers abgestellt, ohne daß dabei in § 7 Nr. 9 [X.]RAO eine § 14 Abs. 2 Nr. 8 [X.]RAO entsprechende Ausnahmeregelung aufgenom-men wurde. Von einem gesetzgeberischen Versehen kann bei dieser unter-schiedlichen Ausgestaltung der Voraussetzungen für die Versagung und für den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ausgegangen wer-den. [X.]n der [X.]egründung des Gesetzentwurfs der [X.]undesregierung zu § 14 [X.]RAO wurde hervorgehoben, daß es zum Schutz der rechtsuchenden [X.]evöl-kerung notwendig sei, den bisher in das Ermessen der Zulassungsbehörde gestellten Widerruf bei einem Vermögensverfall künftig als zwingend vorzuse-hen, und von dem Widerruf nur abgesehen werden solle, wenn die [X.]nteressen der Rechtsuchenden trotz des Vermögensverfalls nicht gefährdet seien. Die [X.]egründung zu der dieser Einschränkung nicht aufweisenden Neuregelung des § 7 Nr. 9 [X.]RAO enthält dagegen lediglich Ausführungen zum Vermögens-verfall und zu der dafür bestehenden - widerleglichen - gesetzlichen Vermu-tung, jedoch keinen Hinweis darauf, daß der in § 14 Abs. 2 Nr. 8 [X.]RAO gere-gelte Ausnahmetatbestand entgegen dem Wortlaut des § 7 Nr. 9 [X.]RAO auch für die Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gelten sollte. - 7 - Verfassungsrechtliche [X.]edenken gegen die Regelung unterschiedlicher Voraussetzungen für die Versagung und den Widerruf der Zulassung bei ein-getretenem Vermögensverfall bestehen nicht. Der Zwang zur Aufgabe eines frei und zulässig gewählten [X.]erufs wirkt ungleich stärker als das Hindernis, in einen [X.]eruf einzutreten ([X.]VerfGE 21, 173, 182 f.). Dies rechtfertigt im [X.]nteres-se des Vertrauens- und [X.]estandsschutzes für den bereits zugelassenen Rechtsanwalt die im Vergleich zu dem Versagungsgrund des § 7 Nr. 9 [X.]RAO einschränkende Gestaltung des [X.]es des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO (vgl. [X.], aaO, § 14 Rdnr. 29), die einen Widerruf dann nicht zuläßt, wenn eine Gefährdung der [X.]nteressen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall bei einer weiteren [X.]erufstätigkeit des Rechtsanwalts im konkreten Fall ausnahmsweise ausgeschlossen ist. Demgegenüber knüpft § 7 Nr. 9 [X.]RAO an eine abstrakte Gefährdung der Rechtspflege an ([X.]VerfGE, 108, 150, 164). Die Vorschrift steht insoweit - als Ausnahmefall innerhalb der [X.]undesrechtsanwaltsordnung ([X.]VerfGE, aaO) - dem konkreten Gefährdungs-tatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO gegenüber. b) [X.]m übrigen sind besondere Umstände, die trotz fortbestehendem Vermögensverfall eine Gefährdung der [X.]nteressen der Rechtsuchenden bei einer Wiederzulassung des Antragstellers ausschließen würden, im vorliegen-den Fall nicht gegeben. Der Senat hat in seinem [X.]eschluß vom 18. Oktober 2004 zu § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO ausgeführt, eine Gesamtwürdigung der Person des Rechtsanwalts, der Umstände des eröffneten [X.]nsolvenzverfahrens und der arbeitsvertraglichen [X.]eschränkungen, denen sich der Rechtsanwalt unterwor-fen hat, könne ausnahmsweise den Schluß zulassen, daß durch den Vermö-gensverfall des Rechtsanwalts eine Gefährdung der [X.]nteressen der [X.] nicht gegeben ist ([X.] ([X.]) 43/03, [X.], 511 unter 2 c). Eine - 8 - solche Gesamtwürdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles würde hier nicht die Annahme rechtfertigen können, daß bei einer Wiederzu-lassung des Antragstellers während des noch nicht abgeschlossenen [X.]nsol-venzverfahrens die [X.]nteressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet wären. Eine dem [X.] vom 18. Oktober 2004 (aaO) in objektiver und per-sönlicher Hinsicht entsprechende Fallgestaltung liegt - auch hinsichtlich des [X.] - nicht vor. Dabei wäre im Rahmen der Gesamtwürdigung hier auch zu berücksichtigen, daß nach den tatsächlichen Feststellungen der Widerrufsverfügung vom 6. März 2002, die der [X.] nicht angegriffen hat, eine Gefährdung der [X.]nteressen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Antragstellers gegeben war, der nur durch die Anordnung des Sofortvollzugs des Widerrufs wirksam begegnet werden konnte. Auch dies spricht gegen eine Wiederzulassung des Antragstellers, solange dieser sich weiterhin in Vermögensverfall befindet. 4. Der Antrag, den Geschäftswert des Verfahrens auf 5.000 • [X.], hat keinen Erfolg. Der vom [X.] - in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats - festgesetzte Geschäftswert - 9 - von 50.000 • entspricht im Regelfall dem [X.]nteresse des [X.]ewerbers an der Zu-lassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 3 ZPO). Dies gilt auch für den [X.].

[X.]Ernemann Frellesen
Salditt Wosgien [X.]

Meta

AnwZ (B) 7/04

07.03.2005

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2005, Az. AnwZ (B) 7/04 (REWIS RS 2005, 4656)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4656

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