Bundessozialgericht, Urteil vom 17.12.2013, Az. B 1 KR 60/12 R

1. Senat | REWIS RS 2013, 198

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des [X.] vom 16. Mai 2012 und des [X.] vom 21. April 2010 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 689,94 Euro nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 22. April 2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 689,94 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines in den Krankenhausplan des [X.] aufgenommenen Krankenhauses. Es behandelte eine Versicherte der beklagten Krankenkasse ([X.]) stationär in der [X.] vom 23.3. bis 2.4.2004. Die Klägerin kodierte für die Abrechnung die Hauptdiagnose [X.] (Herzinsuffizienz, nicht näher bezeichnet) sowie unter anderem die [X.] [X.] (nicht näher bezeichnete Demenz) und [X.] (Pleuraerguss, anderenorts nicht klassifiziert). Sie berechnete die Fallpauschale (Diagnosis Related Group - [X.]) [X.] (Herzinsuffizienz und Schock mit äußerst schweren [X.]) in Höhe von 2957,19 Euro einschließlich der Zuschläge (14.4.2004). Die Beklagte bezahlte den Betrag (27.4.2004). Das [X.] wies als Aufsichtsbehörde im Jahr 2006 die Beklagte auf [X.] hin. Deshalb beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst des Bundeseisenbahnvermögens ([X.]), ua die Abrechnung der Klägerin zu überprüfen. Der [X.] zeigte der Klägerin seine Beauftragung an (22.10.2008) und erhielt von ihr angeforderte Behandlungsunterlagen. Er kam zu dem Ergebnis, die in Rede stehende Behandlung sei nach der [X.] F62B (Herzinsuffizienz und Schock mit schweren [X.]) in Höhe von 2267,26 Euro einschließlich der Zuschläge zu vergüten gewesen ([X.]). Die Nebendiagnose [X.] sei nicht belegt. Der [X.] [X.] entfalle, weil sich für den kodierten Pleuraerguss kein Nachweis für eine Relevanz im Sinne der Deutschen Kodierrichtlinie (DKR) [X.] finde. Auch die Kriterien der [X.] seien nicht erfüllt, weil lediglich eine Verdachtsdiagnose gestellt worden sei, ohne dass eine spezifische Behandlung eingeleitet wurde. Die Beklagte hörte die Klägerin hierzu an und kündigte an, den nach ihrer Auffassung überzahlten Differenzbetrag von 689,94 Euro zu verrechnen ([X.]). Sie rechnete mit der Erstattungsforderung gegen eine Forderung der Klägerin in Höhe von 3.576,92 Euro wegen einer Krankenhausbehandlung vom 3. bis zum [X.] auf (7.4.2009; Zugang der vollständigen fehlerfreien Rechnung nebst [X.] am [X.]). Die Klägerin ist mit ihrer Klage auf Zahlung erfolglos geblieben ([X.] vom [X.]). Das [X.] hat ihre Berufung zurückgewiesen: Die Beklagte habe wirksam mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegenüber der Klägerin in Höhe der Klageforderung aufgerechnet. Der Anspruch sei weder auf Grund der [X.] des § 275 Abs 1c [X.] noch wegen Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot ausgeschlossen noch verjährt gewesen. Die Einleitung des Prüfverfahrens habe den Eintritt der Verjährung gehemmt (Urteil vom 16.5.2012).

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der entsprechend anzuwendenden Regelung des § 45 Abs 1 und 2 SGB I in Verbindung mit § 204 Abs 1 [X.] 8 BGB, des Beschleunigungsgebots sowie hilfsweise des § 103 SGG. Der angebliche Erstattungsanspruch sei mit Ablauf des Jahres 2008 verjährt. Die Einleitung des Prüfverfahrens habe den Eintritt der Verjährung nicht gehemmt. Das [X.] habe gegen die ihm obliegende Amtsermittlungspflicht verstoßen, indem es sich auf die Stellungnahme des [X.] gestützt habe, ohne selbst zu ermitteln.

4

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen sinngemäß,
die Urteile des [X.] vom 16. Mai 2012 sowie des [X.] vom 21. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 689,94 Euro nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. April 2009 zu zahlen,

5

hilfsweise
das Urteil des [X.] vom 16. Mai 2012 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der klagenden [X.] ist begründet. Zu Unre[X.]ht hat das [X.] die Berufung gegen das die Klage abweisende [X.] zurü[X.]kgewiesen. Der restli[X.]he Anspru[X.]h der Klägerin gegen die beklagte [X.] auf Vergütung der Krankenhausbehandlung vom 3. bis 17.3.2009 (dazu 1.) erlos[X.]h ni[X.]ht dur[X.]h Aufre[X.]hnung mit einem öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Erstattungsanspru[X.]h der Beklagten (dazu 2.). Die Klägerin hat au[X.]h Anspru[X.]h auf Verzugszinsen, allerdings erst ab [X.], dem Zeitpunkt der Fälligkeit (dazu 3.).

9

1. Die Voraussetzungen des Anspru[X.]hs der Klägerin auf [X.] in Höhe von 689,94 Euro, den sie zulässig im Wege der e[X.]hten Leistungsklage geltend ma[X.]ht (vgl nur [X.]-5562 § 9 [X.] Rd[X.]; [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]2), sind erfüllt. Die Zahlungsverpfli[X.]htung einer [X.] entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspru[X.]hnahme der Leistung dur[X.]h den Versi[X.]herten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus dur[X.]hgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 [X.] erforderli[X.]h ist (stRspr, vgl zB [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]1; [X.], 181 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]; [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]; [X.]-2500 § 109 [X.]7 Rd[X.] 9). Die Beteiligten gehen na[X.]h den [X.] Feststellungen des [X.], die den Senat binden (§ 163 SGG), übereinstimmend von der Erfüllung der Voraussetzungen des Anspru[X.]hs in dieser Höhe aus (vgl zur Zulässigkeit des Vorgehens zB [X.]-2500 § 129 [X.] Rd[X.]0; [X.]-2500 § 130 [X.] Rd[X.]).

2. Der Vergütungsanspru[X.]h der Klägerin erlos[X.]h ni[X.]ht in Höhe von 689,94 Euro dadur[X.]h, dass die Beklagte analog § 387 [X.] mit einer Gegenforderung aus öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]her Erstattung aufre[X.]hnete (vgl zur Aufre[X.]hnung zB [X.]-2500 § 264 [X.] Rd[X.] f; [X.]-2500 § 129 [X.] Rd[X.]1). Die Aufre[X.]hnung war nämli[X.]h unwirksam. Der erkennende Senat muss hierzu ni[X.]ht darüber ents[X.]heiden, ob der Beklagten überhaupt eine Gegenforderung aus öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]her Erstattung zustand. Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nämli[X.]h ni[X.]ht aufgere[X.]hnet werden (§ 390 [X.] idF der Bekanntma[X.]hung vom [X.], [X.]). Dieser Grundsatz greift hier ein.

Wenn die Erstattungsforderung bestand, mit der die Beklagte aufre[X.]hnete, war sie im Zeitpunkt der [X.] bereits verjährt. Die Klägerin hat si[X.]h au[X.]h zulässig hierauf berufen. Die reguläre Verjährungsfrist endete mit Ablauf des 31.12.2008 (vgl dazu a). Es kam weder zu einer Hemmung no[X.]h zu einem Neubeginn der Verjährung (vgl dazu b). Die Voraussetzungen der Ausnahme vom Grundsatz des § 390 [X.], wona[X.]h die Verjährung die Aufre[X.]hnung ni[X.]ht auss[X.]hließt, wenn der Anspru[X.]h in dem Zeitpunkt no[X.]h ni[X.]ht verjährt war, in dem erstmals aufgere[X.]hnet werden konnte (vgl § 215 [X.]), sind ni[X.]ht erfüllt. Der - im Folgenden zu unterstellende - Erstattungsanspru[X.]h war in dem Zeitpunkt bereits verjährt, in dem die Beklagte erstmals mit ihm gegen den Vergütungsanspru[X.]h der Klägerin aufre[X.]hnen konnte, weil der Vergütungsanspru[X.]h erst später, na[X.]h Eintritt der Verjährung des Erstattungsanspru[X.]hs entstand (vgl dazu [X.]).

a) [X.], mit der die Beklagte aufre[X.]hnete, war im Zeitpunkt der Aufre[X.]hnung ([X.]) entgegen der Auffassung der Beklagten wegen Ablaufs der regulären Verjährungsfrist verjährt. Die reguläre Verjährungsfrist für die Erstattungsforderung endete mit Ablauf des 31.12.2008. Die Klägerin hat dementspre[X.]hend zulässig die Verjährungseinrede erhoben. Es fehlt jegli[X.]her Anhalt für einen Re[X.]htsmissbrau[X.]h oder sonstigen Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl hierzu zB Wagner in [X.]Voelzke, [X.], 2. Aufl 2012, § 45 Rd[X.] 47 mwN).

Der öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]he Erstattungsanspru[X.]h einer [X.] gegen einen Krankenhausträger unterliegt der kurzen sozialre[X.]htli[X.]hen Verjährung (stRspr, vgl zB [X.], 141 = [X.]-2500 § 275 [X.], Rd[X.]9; [X.], 142 = [X.]-2500 § 276 [X.], Rd[X.]5). Die Verjährung der streitigen Erstattungsforderung begann na[X.]h Ablauf des Jahres 2004. Sie beginnt nämli[X.]h gemäß § 45 Abs 1 SGB I na[X.]h Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspru[X.]h entstanden ist. Der öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]he Erstattungsanspru[X.]h im glei[X.]hgeordneten [X.] entsteht bereits im Augenbli[X.]k der Überzahlung (vgl zB [X.], 158, 163 = [X.] 3-1300 § 113 [X.]; Gu[X.]kelberger, Die Verjährung im Öffentli[X.]hen Re[X.]ht, 2004, [X.]). Na[X.]h den [X.], den Senat bindenden Feststellungen des [X.] begli[X.]h die Beklagte den in Re[X.]hnung gestellten, später im Umfang bestrittenen Vergütungsanspru[X.]h der Klägerin für die im März und April 2004 erfolgte stationäre Behandlung der Versi[X.]herten am 27.4.2004 vollständig.

b) Die Beauftragung des [X.] mit einer guta[X.]htli[X.]hen Stellungnahme führte zu keinem Neubeginn und zu keiner Hemmung der Verjährung. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vors[X.]hriften des Bürgerli[X.]hen Gesetzbu[X.]hs sinngemäß (vgl § 45 Abs 2 SGB I idF dur[X.]h Art 5 [X.] Bu[X.]hst a Gesetz zur Einführung einer kapitalgede[X.]kten Hüttenknapps[X.]haftli[X.]hen Zusatzversi[X.]herung und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.6.2002, [X.]). Für einen Neubeginn der Verjährung (vgl § 212 [X.]) liegt ni[X.]hts vor. Die Voraussetzungen keiner der sinngemäß geltenden Regelungen für die Hemmung sind erfüllt, ihre analoge Anwendung ist ausges[X.]hlossen.

[X.] Hemmungstatbeständen ist gemeinsam, dass der Gläubiger dem S[X.]huldner seinen Re[X.]htsverfolgungswillen so deutli[X.]h ma[X.]ht, dass dieser si[X.]h darauf einri[X.]hten muss, au[X.]h no[X.]h na[X.]h Ablauf der ursprüngli[X.]hen Verjährungsfrist in Anspru[X.]h genommen zu werden (vgl [X.] Bes[X.]hluss vom 28.04.1988 - [X.] - [X.], 1030; [X.]Z 80, 222, 226 mwN). Leitet die [X.], die unter A[X.]htung des kompensatoris[X.]hen Bes[X.]hleunigungsgebots (vgl dazu zB [X.], 141 = [X.]-2500 § 275 [X.], Rd[X.]7 f; [X.]-2500 § 301 [X.] Rd[X.]4) eine Re[X.]hnung für Krankenhausbehandlung ohne volle Kenntnis ihrer Ri[X.]htigkeit bezahlt, diesbezügli[X.]h ein Prüfverfahren dur[X.]h Beauftragung des [X.] ein, ma[X.]ht sie gegenüber dem Krankenhaus ihren Re[X.]htsverfolgungswillen no[X.]h ni[X.]ht in einem Ausmaß deutli[X.]h, wel[X.]hes den Eintritt der Hemmungswirkung re[X.]htfertigt. Die Prüfung des [X.] bereitet ledigli[X.]h die Ents[X.]heidung der [X.] darüber vor, ob und ggf inwieweit sie einen Erstattungsanspru[X.]h geltend ma[X.]hen will. Einseitige Akte des Gläubigers, die wie die Beauftragung des [X.] dazu dienen, erst einen Re[X.]htsverfolgungswillen künftig zu entwi[X.]keln, lösen keinen [X.] aus.

Keiner der Hemmungstatbestände des § 204 Abs 1 [X.] greift hier ein. Das gilt insbesondere sowohl für den Tatbestand der Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen (vgl § 203 [X.], dazu [X.]) als au[X.]h dur[X.]h einen Güteantrag (vgl § 204 Abs 1 [X.] 4 [X.], dazu [X.]), den Antrag auf Einleitung eines vor Klageerhebung notwendigen Verwaltungsverfahrens (§ 204 Abs 1 [X.]2 [X.], dazu [X.][X.]), die Zustellung des Antrags auf Dur[X.]hführung eines selbstständigen Beweisverfahrens (§ 204 Abs 1 [X.] [X.], dazu [X.]) und den Beginn eines vereinbarten Beguta[X.]htungsverfahrens (§ 204 Abs 1 [X.] [X.], dazu ee), wie das [X.] zutreffend ents[X.]hieden hat. Entgegen der Auffassung des [X.] kann si[X.]h der erkennende Senat - ausgehend von dem zuvor aufgezeigten, allen Hemmungstatbeständen innewohnenden Regelungszwe[X.]k - ni[X.]ht davon überzeugen, dass eine entspre[X.]hende Anwendung dieser Regelung geboten ist (dazu ff).

[X.]) Zwis[X.]hen der Klägerin und der Beklagten s[X.]hwebten keine Verhandlungen über den Anspru[X.]h oder die den Anspru[X.]h begründenden Umstände, die die Verjährung hemmten (vgl § 203 S 1 [X.]), im Hinbli[X.]k darauf, dass die Beklagte dem [X.] einen Prüfauftrag erteilte und die Klägerin dem [X.] auf dessen Anforderung Behandlungsunterlagen ohne weitere Meinungsäußerung übersandte. In Einklang mit der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] (stRspr, vgl zB [X.] Urteil vom 15.8.2012 - [X.]/11 - NJW 2012, 3633, 3635, Rd[X.]6; [X.]Z 182, 76 Rd[X.]6 mwN) ist der Begriff der "Verhandlungen" zwar weit auszulegen. Der Gläubiger muss dafür ledigli[X.]h klarstellen, dass er einen Anspru[X.]h geltend ma[X.]hen und worauf er ihn stützen will. Ans[X.]hließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustaus[X.]h über den Anspru[X.]h oder seine tatsä[X.]hli[X.]hen Grundlagen, sofern der S[X.]huldner dies ni[X.]ht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen s[X.]hweben s[X.]hon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse si[X.]h auf Erörterungen über die Bere[X.]htigung des Anspru[X.]hes oder dessen Umfang ein. Ni[X.]ht erforderli[X.]h ist, dass dabei Verglei[X.]hsbereits[X.]haft oder Bereits[X.]haft zum Entgegenkommen signalisiert wird oder dass Erfolgsaussi[X.]ht besteht. An diesen Voraussetzungen fehlt es.

Die Beklagte stellte mit dem Prüfantrag an den [X.] s[X.]hon ni[X.]ht klar, dass sie einen Erstattungsanspru[X.]h geltend ma[X.]hen wollte. Sie bereitete ledigli[X.]h ihre Ents[X.]heidung hierüber vor. Die Klägerin trat au[X.]h in keinen Dialog über das Bestehen eines Erstattungsanspru[X.]hs ein. Sie folgte ledigli[X.]h zu unverjährter Zeit dem gesetzli[X.]hen Gebot, die angeforderten Unterlagen dem [X.] zu übersenden (vgl § 276 Abs 2 S 1 Halbs 2 [X.] und dazu zB [X.], 141 = [X.]-2500 § 275 [X.], Rd[X.] ff mwN). Na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] eins[X.]hließli[X.]h des erkennenden Senats passt das Re[X.]htsinstitut der Verwirkung als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen sozialre[X.]htli[X.]hen Verjährungsfrist ni[X.]ht (vgl ausführli[X.]h zB [X.], 141 = [X.]-2500 § 275 [X.], Rd[X.]7 mwN).

[X.]) Die Beklagte stellte im Re[X.]htssinne au[X.]h keinen Güteantrag (vgl § 204 Abs 1 [X.] 4 [X.]), indem sie den [X.] mit der Prüfung beauftragte. Der [X.] des § 204 Abs 1 [X.] 4 [X.] gilt nur für Fälle obligatoris[X.]her Streits[X.]hli[X.]htung, wie inzwis[X.]hen au[X.]h § 17[X.] Abs 4b [X.] Krankenhausfinanzierungsgesetz sie regelt (eingefügt dur[X.]h Art 5[X.] [X.] Bu[X.]hst e Gesetz zur Beseitigung [X.] Überforderung bei Beitragss[X.]hulden in der Krankenversi[X.]herung vom [X.], [X.], [X.]). Auss[X.]hlaggebend ist der Sinn und Zwe[X.]k dieses [X.]s, den Gläubiger, der ni[X.]ht sofort klagen darf, sondern für die Zulässigkeit der Klage erst ein Güteverfahren dur[X.]hlaufen muss (das ni[X.]ht einmal na[X.]h Klageeinrei[X.]hung mit heilender Wirkung na[X.]hgeholt werden kann), ni[X.]ht der Gefahr der Verjährung auszusetzen ([X.] in [X.] Band 1, Online-Ausgabe, § 204 Rd[X.] 55, Stand: 4.11.2013).

[X.][X.]) Die Beklagte stellte au[X.]h keinen Antrag auf Einleitung eines vor Klageerhebung notwendigen Verwaltungsverfahrens (§ 204 Abs 1 [X.]2 [X.]), als sie den [X.] mit der Abre[X.]hnungsprüfung beauftragte. Diese gesetzli[X.]he Regelung trägt dem Umstand Re[X.]hnung, dass in bestimmten Fällen wegen der besonderen Ausgestaltung des Re[X.]htss[X.]hutzes der Bere[X.]htigte ohne die Vorents[X.]heidung einer Behörde an der geri[X.]htli[X.]hen Geltendma[X.]hung seines Anspru[X.]hs vor den Geri[X.]hten und dadur[X.]h an der Unterbre[X.]hung der Verjährung dur[X.]h Klageerhebung gehindert ist (so bereits zur Vorgängerregelung des § 210 [X.] aF [X.] LM § 210 [X.] [X.] 5; Gu[X.]kelberger, Die Verjährung im Öffentli[X.]hen Re[X.]ht, 2004, [X.]). Für den streitigen Erstattungsanspru[X.]h als Gegenstü[X.]k zur Vergütungsforderung des Krankenhauses trifft dies ni[X.]ht zu (vgl sinngemäß oben, [X.] 1).

[X.]) Der Prüfauftrag der Beklagten mit ans[X.]hließender Anforderung der Unterlagen dur[X.]h den [X.] entspri[X.]ht au[X.]h ni[X.]ht der Zustellung eines Antrags auf Dur[X.]hführung eines selbständigen Beweisverfahrens (§ 204 Abs 1 [X.] [X.]; zur Uns[X.]hädli[X.]hkeit des Fehlens einer Zustellung bei Kenntnis des Antragsgegners vgl [X.] NJW-RR 2013, 1169, Rd[X.]9). Der [X.] si[X.]hert ni[X.]ht geri[X.]htsförmig Beweis mit umfassenden Verfahrensre[X.]hten der Beteiligten. Er erteilt der beauftragenden [X.] ledigli[X.]h eine guta[X.]htli[X.]he Stellungnahme (vgl § 275 Abs 1 [X.]).

ee) Die Beauftragung des [X.] mit einer guta[X.]htli[X.]hen Stellungnahme hemmte die Verjährung au[X.]h ni[X.]ht na[X.]h § 45 Abs 2 SGB I iVm § 204 Abs 1 [X.] [X.], wie das [X.] sorgfältig und überzeugend begründet hat. Dana[X.]h tritt die Hemmung der Verjährung mit Beginn eines vereinbarten Beguta[X.]htungsverfahrens ein. Diese Voraussetzungen waren na[X.]h den [X.], den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (vgl § 163 SGG) ni[X.]ht erfüllt. Es fehlte an einer konkret zwis[X.]hen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung über die Einleitung eines Prüfverfahrens dur[X.]h den [X.]. Ob für eine Vereinbarung iS des § 204 Abs 1 [X.] [X.] eine kollektiv-vertragli[X.]he Vereinbarung auf der Grundlage des § 112 Abs 2 S 1 [X.] [X.] genügt, wie das [X.] es befürwortet hat (ebenso wohl [X.] GuP 2013, 94, 99), bedarf keiner Ents[X.]heidung. Denn ein sol[X.]her Vertrag existierte im vorliegenden Fall ni[X.]ht. Die Vereinbarung über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs 2 [X.] und 2 [X.] vom 4.10.2005 in Sa[X.]hsen (KHBV Sa[X.]hsen) trat na[X.]h § 20 Abs 1 KHBV Sa[X.]hsen erst zum 1.1.2006 in [X.]. Sie gilt na[X.]h ihrer Fußnote 6 erst für alle Aufnahmen ab diesem Zeitpunkt. Eine Vereinbarung na[X.]h § 112 Abs 2 [X.] für vor diesem Zeitpunkt erfolgte Aufnahmen zur Krankenhausbehandlung - wie vorliegend im Jahr 2004 - bestand in Sa[X.]hsen demgegenüber ni[X.]ht. Die einseitige Beauftragung eines Guta[X.]hters genügt dagegen ni[X.]ht, soweit gesetzli[X.]h ni[X.]hts anderes bestimmt ist (vgl bis 1.1.2009 § 204 Abs 1 [X.] [X.] zur Einholung einer Fertigstellungsbes[X.]heinigung iS von § 641a [X.]). Ni[X.]hts Abwei[X.]hendes folgt aus der bloß sinngemäßen Geltung der [X.]-Vors[X.]hriften für die Hemmung (vgl § 45 Abs 2 SGB I; dafür allerdings [X.], jurisPR-[X.] 22/2012 [X.] 4). Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der zitierten Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] keinen Anlass gesehen, eine abwei[X.]hende Regelung für das Leistungserbringungsre[X.]ht der gesetzli[X.]hen Krankenversi[X.]herung zu treffen.

ff) Eine analoge Anwendung der bürgerli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Hemmungstatbestände bei Beauftragung des [X.] zur Abre[X.]hnungsprüfung na[X.]h § 275 Abs 1 [X.] [X.] kommt ni[X.]ht in Betra[X.]ht. Eine Analogie setzt das Bestehen einer planwidrigen Regelungslü[X.]ke voraus (vgl zB [X.]-2500 § 17 [X.] Rd[X.]2). An einer sol[X.]hen fehlt es. Der Gesetzgeber hat bewusst ledigli[X.]h eine sinngemäße Anwendung der Vors[X.]hriften des [X.] angeordnet, soweit er einen Regelungsbedarf gesehen hat (vgl au[X.]h [X.]2 b ee aE; vgl ebenso [X.] Urteile vom 19.9.2013 - [X.] 30/12 R - und - [X.] 31/12 R). Zudem ma[X.]ht eine [X.], die ein Prüfverfahren dur[X.]h Beauftragung des [X.] einleitet, wie oben dargelegt gegenüber dem Krankenhaus ihren Re[X.]htsverfolgungswillen no[X.]h ni[X.]ht in einem Ausmaß deutli[X.]h, wel[X.]hes den Eintritt der Hemmungswirkung re[X.]htfertigt.

[X.]) Die Beklagte kann si[X.]h s[X.]hließli[X.]h au[X.]h ni[X.]ht darauf berufen, dass ihr Erstattungsanspru[X.]h in dem Zeitpunkt no[X.]h ni[X.]ht verjährt war, in dem sie erstmals aufre[X.]hnen konnte (vgl sinngemäß § 215 [X.]). Die Regelung setzt voraus, dass si[X.]h Haupt- und Gegenforderung in irgendeinem Zeitpunkt aufre[X.]henbar gegenüber gestanden haben. Eine sol[X.]he Aufre[X.]hnungslage bestand für die Forderung der Klägerin auf [X.] wegen der Behandlung im März 2009 und die Gegenforderung der Beklagten aus einem öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Erstattungsanspru[X.]h ni[X.]ht. Wie ausgeführt trat hinsi[X.]htli[X.]h des mögli[X.]hen, hier unterstellten Erstattungsanspru[X.]hs der Beklagten mit Ablauf des Jahres 2008 Verjährung ein, während der Vergütungsanspru[X.]h der Klägerin erst im März 2009 entstand. Soweit der 3. Senat des [X.] in früherer Re[X.]htspre[X.]hung die Regelung des § 390 S 2 [X.] aF (entspre[X.]hend heute § 215 [X.]) aus [X.] bei dauerhaften Vertragsbeziehungen der Beteiligten und daraus dem Krankenhaus fortlaufend erwa[X.]hsenden Vergütungsansprü[X.]hen gegen die [X.] ni[X.]ht angewendet hat (siehe [X.]E 93, 137 = [X.]-2500 § 137[X.] [X.], Rd[X.]0), hat er hieran in jüngeren Ents[X.]heidungen ni[X.]ht mehr festgehalten (vgl [X.] Urteil vom 19.9.2013 - [X.] 30/12 R - Rd[X.]2; [X.] Urteil vom 19.9.2013 - [X.] 31/12 R - Rd[X.]2).

3. Die Klägerin hat au[X.]h Anspru[X.]h auf Verzugszinsen auf den ni[X.]ht erfüllten restli[X.]hen Vergütungsanspru[X.]h ab 6.5.2009. Für die Re[X.]htsbeziehungen der [X.]n zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvors[X.]hriften des [X.] entspre[X.]hend, soweit ni[X.]ht in den [X.] na[X.]h § 112 [X.] etwas anderes geregelt ist (stRspr, vgl zB [X.]-2500 § 69 [X.] Rd[X.]4 mwN). Na[X.]h § 13 Abs 1 S 1 bis 3 KHBV Sa[X.]hsen hat die [X.] die S[X.]hlussre[X.]hnung innerhalb von 18 Tagen zu bezahlen, wenn S[X.]hlussre[X.]hnung und fristgere[X.]hte Entlassungsanzeige vollständig und fehlerfrei gemäß der Datenübermittlungsvereinbarung na[X.]h § 301 [X.] bei der [X.] oder deren zentraler Datenannahmestelle eingegangen sind. Der diese Frist auslösende Datenzugang erfolgte hier am 3.4.2009. Gemäß § 13 Abs 3 KHBV Sa[X.]hsen kann das Krankenhaus Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 Abs 1 [X.] ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Werktag verlangen, ohne dass es einer Mahnung bedarf, wenn die Zahlung ni[X.]ht re[X.]htzeitig erfolgt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht ein Zinsanspru[X.]h ni[X.]ht s[X.]hon ab dem Tag, der auf die konkludente [X.] in Form der [X.] folgt ([X.]). Eine antizipierte [X.] vor Eintritt der Fälligkeit löst no[X.]h keine Fälligkeit und damit au[X.]h keinen Verzug aus (vgl [X.] Urteil vom [X.]/06 - NJW-RR 2008, 210 Rd[X.]1; zustimmend [X.] in [X.], § 286 Rd[X.]0, Stand: 1.10.2012; [X.], [X.], [X.], 94; [X.] in [X.], 72. Aufl 2013, § 286 Rd[X.]; Reinelt, jurisPR-[X.]ZivilR 46/2007 [X.] 1).

4. Die Kostenents[X.]heidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 60/12 R

17.12.2013

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Leipzig, 21. April 2010, Az: S 8 KR 383/09, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.12.2013, Az. B 1 KR 60/12 R (REWIS RS 2013, 198)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 198

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