Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.08.2020, Az. 25 W (pat) 547/20

25. Senat | REWIS RS 2020, 172

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "KLEINE FREUDE" – fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 109 684.3

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 20. August 2020 unter Mitwirkung der Richterin [X.], [X.] und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

[X.]

3

ist am 25. Juli 2019 zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 29: Milchgetränke mit Schokoladengeschmack;

5

Klasse 30: Verzehrfertige Desserts auf Schokoladenbasis; Verzehrfertige Desserts [Konditorwaren]; Verzehrfertige Desserts [feine Backwaren]; Überwiegend aus Konditorwaren bestehende Snacks; Süßwaren [Bonbons], Schokoriegel und Kaugummi; Schokoladensüßwaren; Schokoladengetränke; Schokoladengebäck; [X.]; Schokoladendesserts; Schokoladenconfiseriewaren; Schokolade; Milchschokolade [Getränk]; Milchschokolade; Milchfreie Schokolade; Kuchen mit Schokolade; Konfekt mit Schokoladengeschmack; Konfekt aus Schokolade; Konfekt; Kekse aus Zutaten mit Schokoladengeschmack; Kaffee, Tee, Kakao und Ersatzstoffe hierfür; Getränke mit Schokoladengeschmack; Getränke mit Schokoladenaroma; Getränke mit Schokolade; Getränke aus Schokolade; Getränke auf Schokoladenbasis mit Milch; Erzeugnisse auf Schokoladenbasis; Eiscreme mit Schokoladengeschmack; Eiscreme aus Schokolade; Backwaren; aus Schokolade geformte Konditorwaren;

6

[X.]: Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Schokolade; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Schokolade.

7

Mit Beschluss vom 20. April 2020 hat die Markenstelle für Klasse 30 des [X.]s durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die unter dem Aktenzeichen 30 2019 109 684.3 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] und eines entgegenstehenden Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die angemeldete Wortkombination „[X.]“ aus dem gebräuchlichen Adjektiv „klein“ und dem Begriff „Freude“ zusammengesetzt sei, der in der Werbung häufig verwendet werde. Die Wortkombination sei damit eine anpreisende Werbeaussage, die im Wirtschaftsverkehr bereits als solche benutzt werde. Die Recherche der Markenstelle belege die allgemeine Gebräuchlichkeit der Wortkombination als Werbeslogan. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen werde der angesprochene Verkehr das Zeichen lediglich als Werbeaussage dahingehend verstehen, dass die Waren der Klassen 29 und 30 dem Kunden eine gewisse, zumindest kleine Freude bereiten würden. Die Dienstleistungen der [X.] stünden als ergänzende Hilfsdienste in einem kohärenten Sachbezug zu den betreffenden Waren. Weiterhin bestehe ein aktuelles Freihaltungsbedürfnis, weil die Mitbewerber der Anmelderin nicht daran gehindert werden dürften, dieselbe Angabe in werbemäßiger Form zu verwenden.

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Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sie nicht begründet hat.

9

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des [X.]s vom 20. April 2020 aufzuheben.

Die Anmelderin hat um Entscheidung nach Aktenlage gebeten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 64 Abs. 6 Satz 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „[X.]“ als Marke steht für die beanspruchten Waren der Klassen 29 und 25 sowie der Dienstleistungen der [X.] das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 „[X.]“; [X.], 850 Rn. 18 „[X.]“). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850 Rn. 19 – [X.]; [X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Von fehlender Unterscheidungskraft ist ferner dann auszugehen, wenn die Wortfolge für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthält ([X.], 522 Rn. 9 – [X.] schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zum betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] – [X.] a.a.O.).

Sach- und produktbezogene Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen – wie die hier angemeldete Wortfolge – sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Darauf hat die Anmelderin zu Recht hingewiesen. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 241 m.w.N.). Es ist auch nicht erforderlich, dass sie einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. [X.] GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in [X.] bzw. werblich-sachbezogenen Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine bloße Werbefunktion ausübt, die z.B. darin besteht, die Qualität oder bestimmte Eigenschaften der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. [X.] GRUR 2004, 1027 Rn. 35 DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT). Die Unterscheidungskraft ist nach der Rechtsprechung des [X.] im Übrigen insbesondere dann zu bejahen, wenn die jeweiligen Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder beim Verkehr einen Denkprozess auslösen ([X.] – [X.] DURCH TECHNIK, [X.], 228 Rn. 57, vgl. dazu auch [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 243).

Gerade davon kann nach Auffassung des Senats bei der angemeldeten Wortfolge im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht ausgegangen werden.Die Markenstelle hat der Anmelderin zahlreiche Recherchebelege übersandt, die zeigen, dass die Wortkombination „Kleine Freude“ im Zusammenhang mit verschiedenen Lebens- und Genussmitteln weithin als Werbespruch gebräuchlich ist. Die angemeldete Wortkombination ist daher nicht nur aus sich heraus als sachbezogener werbeüblicher Spruch dahingehend verständlich, dass die so bezeichneten Waren dem Konsumenten eine Freude bereiten sollen, sondern in diesem Sinne bereits allgemein gebräuchlich. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen bezieht sich das Werbeversprechen darauf, dass die Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistungen und/oder die mittels der Dienstleistungen erworbenen Waren eine Freude bereiten sollen. Ein derartiges Verständnis der angesprochenen Endverbraucherkreise liegt nahe und erfordert kein Nachdenken. Da der angesprochene Verkehr zudem an identische oder ähnliche Bezeichnungen und an deren werbliche Verwendung gewöhnt ist, wird er die angemeldete Wortkombination stets als Werbung verstehen, ohne in ihnen zugleich einen betrieblichen Herkunftshinweis zu erkennen (vgl. [X.] PROMA BPatG 25 W (pat) 536/12 – WINERFREUDE; 25 W (pat) 574/12 – Kinder Spaß; [X.]/EUIPO R 1729/12 - 1 – [X.]). Der Wortkombination „[X.]“ fehlt darüber hinaus jegliche Originalität oder Prägnanz, so dass die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht bejaht werden kann.

Da der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung als Marke im Zusammenhang mit allen beanspruchten Waren und Dienstleistungen bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob auch ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] besteht.

Meta

25 W (pat) 547/20

20.08.2020

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.08.2020, Az. 25 W (pat) 547/20 (REWIS RS 2020, 172)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 172

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25 W (pat) 536/12

25 W (pat) 574/12

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