Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2008, Az. I ZR 140/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5562

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 140/04 Verkündet am: 14. Februar 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 8. November 2007 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil des [X.], 5. Zivilsenat, vom 12. August 2004 aufgehoben. Auf die Berufung der [X.]n wird das Urteil des [X.], Zivilkammer 12, vom 19. August 2003 abgeändert. Die Klage wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 31. März 2003 abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Die Klägerin bietet [X.] unter der [X.]-Adresse www.t. .de die Möglichkeit, online Tipps für die Gewinnspiele "[X.]" und "[X.]" des [X.] zur Weiterleitung an eine [X.] abzugeben. Die [X.], eine [X.] mit Sitz in [X.], bietet unter den [X.]. .com und www.e.

.com in [X.] die entgeltliche Teilnahme an Sportwetten unterschiedlicher Art an. Sie ist im Besitz einer in [X.] von dem "[X.]" ausgestellten "Bookmaker's Permit" vom 11. April 2003. Ferner hat sie mit der Sportwetten [X.], die Inhaberin einer am 28. August 1990 vom Gewerbeamt der Stadt D. erteilten Erlaubnis zum Abschluss und zur Vermittlung von Wetten ist, einen Vermittlungslizenzvertrag geschlossen. Die [X.] warb ab Ende Mai 2002 im Inland per Briefpost so-wie per E-Mail bundesweit für eine Teilnahme an den von ihr im [X.] ange-botenen Sportwetten. 2 Die Klägerin ist der Ansicht, die [X.] handele wettbewerbswidrig, weil sie Glücksspiele anbiete, vermittle und bewerbe, für die keine inländische Erlaubnis erteilt sei. Auf die Berechtigung der Sportwetten [X.] und auf die ihr in [X.] erteilte Erlaubnis könne sie sich nicht berufen. 3 - 4 - Die Klägerin hat beantragt, 4 die [X.] zu verurteilen, es zu unterlassen, 1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] über das In-ternet, insbesondere über eine unter den [X.]. .com oder www.e. .com abrufbare Web- site, entgeltliche Glücksspiele für Kunden aus [X.] anzubie-ten, solange keine behördliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen in [X.] erteilt wurde, 2. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] in [X.] für die Teilnahme an entgeltlichen Glücksspielen zu werben, [X.] für das beworbene Glücksspiel keine behördliche Erlaubnis zur Veranstaltung in [X.] erteilt wurde. Das [X.] hat die [X.] antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der [X.]n ist erfolglos geblieben ([X.], 752 = [X.] 2005, 85). 5 Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die [X.] ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter. 6 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach den §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG, § 1 UWG a.F. i.V. mit § 284 Abs. 1 und 4 StGB zu. Zur Begründung hat es ausgeführt: 7 - 5 - Sportwetten seien Glücksspiele i.S. von § 284 Abs. 1 StGB. Die [X.] veranstalte diese selbst, ohne im Besitz einer Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen in [X.] zu sein. Der mit der Sportwetten [X.] geschlossene Vertrag enthalte eine reine Vermittlungslizenz, die für eine solche Veranstaltung unzureichend sei. Im Übrigen habe die Klägerin substantiiert bestritten, dass die Sportwetten [X.] zur Vergabe von Lizenzen be- fugt gewesen sei. Die [X.] sei dem nicht hinreichend entgegengetreten. Auf die ihr in [X.] erteilte Erlaubnis könne sich die [X.] schon deshalb nicht berufen, weil eine ausländische Genehmigung nicht genüge, um die Rechtsfolgen des § 284 StGB abzuwenden. 8 I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg und führen zur Abweisung der Klage. 9 1. Der Einspruch der [X.]n gegen das landgerichtliche Versäumnis-urteil vom 31. März 2003 war zulässig. Entgegen der Ansicht der Revisionser-widerung ist das Versäumnisurteil der [X.]n nicht am 11. April 2003, [X.] am 21. April 2003 zugestellt worden. Die Zustellung des Versäumnisurteils ist gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch Aufgabe zur Post erfolgt, so dass es gemäß § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO zwei Wochen nach Aufgabe als zugestellt gilt. Die Aufgabe zur Post war am 7. April 2003, so dass als [X.]punkt der Zustel-lung der 21. April 2003 gilt. Die Einspruchsfrist war vom Gericht gemäß § 339 Abs. 2 ZPO im Versäumnisurteil auf einen Monat festgesetzt worden. Sie lief somit am 21. Mai 2003 ab. Der am 14. Mai 2003 bei Gericht eingegangene [X.] der [X.]n war folglich rechtzeitig. 10 2. Der Klägerin steht gegen die [X.] kein Anspruch auf Unterlassung nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. i.V. mit § 284 Abs. 1 und 4 StGB zu. 11 - 6 - 12 a) Die Frage, ob die Klägerin die geltend gemachte Unterlassung [X.] kann, ist nach dem zum [X.]punkt der Entscheidung geltenden Recht zu beurteilen ([X.], 329, 336 - Tele-Info-CD, m.w.N.), also nach dem [X.] gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 i.V. mit § 284 StGB und den Vorschriften für das Angebot und die Durchführung der in Rede ste-henden Sportwetten in der gegenwärtig geltenden Fassung. Soweit der [X.] gestützt ist, besteht er allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zur [X.] seiner Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 234/03, [X.], 953 [X.]. 14 = [X.], 1505 - [X.]). Nichts anderes gilt für den Fall der Erstbegehungsgefahr, wenn sie auf einem Verhalten noch unter der Geltung früheren Rechts beruht (vgl. [X.], Urt. v. 12.7.2007 - I ZR 18/04, [X.], 890 [X.]. 18 = [X.], 1173 - Jugendgefährdende Medien bei [X.]; zum Abdruck in [X.]Z 173, 188 vorgesehen). Im Streitfall, in dem Verletzungshandlungen ab Mitte 2002 geltend gemacht werden, braucht zwischen den für die Beurteilung von [X.]verstößen durch [X.] maßgeblichen Vorschriften des alten und des neuen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nicht unterschieden zu werden, weil die Regelung nach § 4 Nr. 11 UWG der neueren Rechtsprechung zu § 1 UWG a.F. (vgl. [X.]Z 150, 343, 347 f. - Elektroarbeiten) entspricht (vgl. Begründung des [X.], BT-Drucks. 15/1487, S. 19 zu § 4 Nr. 11 UWG). Hinsichtlich der die Durchführung von Sportwetten regelnden Vorschriften ist eine etwaige Ände-rung der Rechtslage durch das Sportwetten-Urteil des [X.]s vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01, [X.] 115, 276 = [X.], 688 = [X.], 562) zu beachten. b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die [X.] durch die beanstandete Verletzungshandlung keine unlautere [X.]-13 - 7 - handlung i.S. von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. begangen, weil die im [X.]punkt der Vornahme der Verletzungshandlung in den einzelnen Ländern der Bundesrepublik [X.] geltenden Regelungen über die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen gegen nationales Verfassungsrecht und gegen Gemeinschaftsrecht verstießen. Die Unlauterkeit der beanstandeten [X.]handlung der [X.]n ist zu verneinen, weil das in den [X.] Bundesländern errichtete staatliche [X.] in [X.] gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung in dem im Streitfall maßgebli-chen [X.]raum einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit privater Wettanbieter darstellte und deshalb mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar war. Zugleich lag darin eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungs-freiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 43 und 49 [X.]. aa) Die Aufgabe, im Einzelnen zu konkretisieren, welche [X.] als unlauter i.S. von § 3 UWG, § 1 UWG a.F. anzusehen sind, obliegt der Rechtsprechung (vgl. Begründung des [X.], BT-Drucks. 15/1487, S. 16 zu § 3 UWG). Dabei ist sowohl auf die verfassungs-rechtlichen Grundentscheidungen Rücksicht zu nehmen als auch der Vorrang des Gemeinschaftsrechts zu beachten. Die Auslegung muss insbesondere die Tragweite der Grundrechte berücksichtigen und darf im Ergebnis nicht zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung grundrechtlicher Freiheiten führen (vgl. [X.], [X.]. v. 17.4.2000 - 1 BvR 721/99, [X.], 720, 721 - Sponsoring; [X.]. v. [X.] - 1 BvR 1188/92, [X.], 1058 = WRP 2001, 1160, 1161 - Therapeutische Äquivalenz). Aus diesem Grund kann der Verstoß gegen eine Regelung, die wegen eines unverhältnismäßigen Eingriffs in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit verfassungs-widrig ist und gegen Gemeinschaftsrecht (Art. 43 und 49 [X.]) verstößt, nicht als unlautere [X.]handlung i.S. von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. 14 - 8 - angesehen werden (vgl. auch [X.] in Hefermehl/[X.]/[X.], UWG, 26. Aufl., § 3 Rdn. 16, 18, 31; [X.] in jurisPK-UWG, § 4 Nr. 11 Rdn. 28 f.). 15 bb) Das [X.] hat mit seinem Sportwetten-Urteil vom 28. März 2006 ([X.] 115, 276) für die Rechtslage in [X.], dass das dort errichtete staatliche [X.] in seiner damaligen ge-setzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung und die dadurch begründete Be-schränkung der Vermittlung von Sportwetten einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellten und deshalb mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu ver-einbaren sind. Den an entsprechender beruflicher Tätigkeit interessierten Per-sonen sei der - strafbewehrte - Ausschluss gewerblicher Wettangebote durch private Wettunternehmen nur dann zumutbar, wenn das bestehende Wettmo-nopol auch in seiner konkreten Ausgestaltung der Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten diene ([X.] 115, 276 [X.]. 79, 119). Das [X.] hat zwar anerkannt, dass dem staatli-chen [X.] und der dadurch beabsichtigten Begrenzung und Ordnung des Wettwesens legitime Gemeinwohlziele zugrunde liegen - vornehmlich die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht sowie der Schutz der Verbraucher, ins-besondere vor irreführender Werbung - und dass die gesetzliche Errichtung eines staatlichen [X.] grundsätzlich ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Erreichung dieser Ziele ist ([X.] 115, 276 [X.]. 97 f., 111, 115). Dagegen scheiden fiskalische Interessen des Staates als solche zur Rechtferti-gung der Errichtung eines [X.] aus ([X.] 115, 276 [X.]. 107). [X.] ist ein solches Monopol verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn das in seinem Rahmen eröffnete Sportwettenangebot [X.] in seiner konkreten gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung konsequent an seinem legitimen Hauptzweck ausgerichtet ist, nämlich an dem Ziel der Begrenzung der Wettlei-16 - 9 - denschaft und der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht. An einer solchen konsequenten Ausrichtung der Regelung des Sportwettenrechts an den legiti-men [X.] fehlte es in [X.] vor 2006. Weder das Gesetz über die vom Freistaat [X.] veranstalteten Lotterien und Wetten ([X.]) vom 29. April 1999 (BayGVBl. [X.]) noch die Vorschrift des § 284 StGB sowie die Regelungen in dem am 1. Juli 2004 in [X.] getretenen Staatsvertrag zum Lotteriewesen in [X.] (BayGVBl. 2004, [X.]; im Folgenden: [X.] 2004) gewährleisteten hinreichend, dass das staatliche Wett-angebot konsequent in den Dienst einer aktiven Suchtbekämpfung und der Be-grenzung der [X.] gestellt sei und ein Konflikt mit fiskalischen Inte-ressen des Staates, der durch das eigene Wettangebot erhebliche Einnahmen erziele, nicht zugunsten dieser aufgelöst werde ([X.] 115, 276 [X.]. 127). Auch die Strafvorschrift des § 284 StGB beseitige das verwaltungsrechtliche [X.] einer konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleiden-schaft und der Bekämpfung der Suchtgefahren ausgerichteten Gesamtregelung nicht, weil sie keine inhaltlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des [X.] enthalte ([X.] 115, 276 [X.]. 129). Dieses [X.] spiegele sich auch in der tatsächlichen Ausgestaltung des staatlichen [X.] in [X.] wider, weil vor allem der Vertrieb der Sportwette [X.] nicht aktiv an einer Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten ausge-richtet sei, sondern das tatsächliche Erscheinungsbild dem der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäfti-gung entspreche ([X.] 115, 276 [X.]. 134). Diese verfassungsrechtliche Beurteilung trifft nicht nur auf [X.], [X.] auch auf die Regelungen der anderen Bundesländer zu, die vor dem 28. März 2006 dieselben [X.]e aufwiesen. Das Bundesverfas-sungsgericht hat dies für einzelne Bundesländer im [X.] an sein Urteil vom 28. März 2006 ausdrücklich ausgesprochen (vgl. [X.]. v. 17 - 10 - 4.7.2006 - 1 BvR 138/05, [X.], 1644 [X.]. 10 zur Rechtslage in [X.]; [X.]. [X.] - 1 BvR 2677/04, [X.], 1646 [X.]. 16 zu [X.]; [X.]. v. 18.12.2006 - 1 BvR 874/05, [X.], 168 [X.]. 8 zu [X.]). Danach ist die Ausgestaltung des staatli-chen Sportwettenmonopols in [X.], [X.] und [X.] vor dem 28. März 2006 als mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar anzusehen, weil es dem entsprechenden Sportwettenrecht dieser Länder vor und nach dem Inkrafttreten des von sämtlichen Bundesländern ratifizierten [X.]s am 1. Juli 2004 an Regelungen fehlte, die eine konsequente und aktive Ausrichtung des in diesen Ländern zulässigen Sportwettenangebots am Ziel der Begrenzung der [X.] und Bekämpfung der Wettsucht materiell und strukturell gewährleisteten ([X.] [X.], 1644 [X.]. 12; [X.], 1646 [X.]. 17; [X.], 168 [X.]. 8). Dies gilt auch für die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung des Sportwettenrechts in den übrigen Bundeslän-dern, einschließlich [X.] und [X.], wo vor 2004 keine besonderen Rege-lungen über die Veranstaltung von Sportwetten bestanden. Die Einheitlichkeit der rechtlichen und tatsächlichen Beurteilung beruht darauf, dass die im [X.] zusammengeschlossenen Lotterieunternehmen der Länder die Sportwette [X.] schon seit 1999 im Rahmen dieses Zusam-menschlusses in der vom [X.] als Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG angesehenen Weise betrieben haben (vgl. [X.] 115, 276 [X.]. 2, 5 und 133). cc) Hinsichtlich der Folgen, die sich daraus für die strafrechtliche Beurtei-lung ergeben, hat der 4. Strafsenat des [X.] inzwischen ent-schieden, dass § 284 StGB auf die in der [X.] vor dem Sportwetten-Urteil des [X.]s ohne Vorliegen einer behördlichen Genehmigung betriebene gewerbliche Vermittlung von Sportwetten aus verfassungsrechtli-chen Gründen nicht anwendbar ist ([X.], Urt. v. 16.8.2007 - 4 StR 62/07, [X.] - 11 - 2007, 1363 = NJW 2007, 3078 [X.]. 12, 20). Der 4. Strafsenat des [X.] hat dabei in der von ihm entschiedenen Strafsache nicht nur die Ent-scheidung des [X.]s bestätigt, das den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels mit der Begründung freigesprochen hatte, es sei wegen der unklaren Rechtslage von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum des Angeklagten i.S. des § 17 Satz 1 StGB auszugehen. Er hat vielmehr auf der Grundlage der die Entscheidung des [X.]s vom 28. März 2006 tragenden Erwägungen weiter ausgeführt, dass auch das Sportwettengesetz des betreffenden Bundeslandes ([X.]) im Tatzeitraum mit dem Grundgesetz unvereinbar gewesen sei und deshalb die Strafnorm des § 284 StGB auf den zu beurteilenden Sachverhalt aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht anwendbar, der Angeklagte mithin (auch) aus rechtlichen Gründen freizusprechen gewesen wäre ([X.] [X.], 1363 [X.]. 12). Das [X.] habe zwar das ([X.]) Staatslotteriegesetz nicht für nichtig erklärt, was wegen der Verwaltungs-akzessorietät des § 284 StGB auch eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift aus-geschlossen hätte. Vielmehr habe das [X.] es als nach Maßgabe der Gründe mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt, dass nach dem Staatslotteriegesetz Sportwetten nur staatlicherseits veranstaltet und nur derar-tige Wetten gewerblich vermittelt werden dürften, ohne dabei das Monopol [X.] am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren auszurichten. Auch wenn die in der Entscheidungsformel enthaltene Unvereinbarkeitserklärung des Bun-desverfassungsgerichts die Strafvorschrift des § 284 StGB nicht unmittelbar betreffe, diese Strafvorschrift als solche vielmehr verfassungsrechtlich unbe-denklich sei, schränke die Entscheidung "nach Maßgabe der Gründe" auch de-ren Anwendungsbereich ein. Denn das durch § 284 StGB begründete straf-rechtliche Verbot der Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels sei Teil der Ge-samtregelung, die zumindest in der Vergangenheit das den [X.], mit Art. 12 GG unvereinbaren Eingriff in die Berufsfreiheit begründende - 12 - staatliche [X.] ausgemacht habe. Dieser Zustand würde aufrechterhal-ten, wäre die Strafvorschrift auf abgeschlossene Sachverhalte weiterhin unein-geschränkt anwendbar ([X.] [X.], 1363 [X.]. 21). 19 Aus der verwaltungsakzessorischen Natur des § 284 StGB folge, dass die Frage der Strafbarkeit nicht losgelöst von der verfassungsrechtlichen Beur-teilung der landesrechtlichen Gesamtregelung des Sportwettenrechts zu be-antworten sei. Ein Anbieter von Sportwetten, der in der Vergangenheit nicht zunächst den Verwaltungsrechtsweg beschritten habe, um eine behördliche Erlaubnis i.S. von § 284 StGB zu erlangen, sei daher nicht nach dieser Straf-vorschrift strafbar, wenn die fehlende Erlaubnis auf einem Rechtszustand [X.], der seinerseits die Rechte des Betreibers von Glücksspielen in verfas-sungswidriger Weise verletze. So verhalte es sich nach Maßgabe der Entschei-dung des [X.]s zumindest im [X.]raum vor dem Sport-wetten-Urteil des [X.]s. Zu jener [X.] habe der Staat un-ter Androhung von Strafe verboten, was er selbst betrieben habe, ohne recht-lich und organisatorisch sichergestellt zu haben, dass er sich nicht mit den von ihm selbst für das Verbot geltend gemachten Zielen in Widerspruch setzte. [X.] sei im [X.] ebenso wie in [X.] von vornherein kein auf eine prä-ventive Kontrolle gerichtetes Genehmigungsverfahren für die private Vermitt-lung von Sportwetten vorgesehen, sondern diese auch im Falle ihrer Unbedenk-lichkeit ohne die Möglichkeit einer Erlaubniserteilung unter Androhung von [X.] verboten gewesen. Gerade für diesen Fall habe das [X.] aber den strafbewehrten Ausschluss als für den an entsprechender berufli-cher Tätigkeit Interessierten unzumutbar bezeichnet ([X.] [X.], 1363 [X.]. 22). [X.]) Der erkennende Senat folgt für die wettbewerbsrechtliche Beurtei-lung nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. der vorstehend dargestellten 20 - 13 - Auffassung des 4. Strafsenats des [X.]. Danach sind vor der Entscheidung des [X.]s vom 28. März 2006 begangene Handlungen der privaten Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht strafbar, auch wenn sie den Tatbe-stand des § 284 StGB erfüllen. Die Nichtanwendbarkeit des § 284 StGB aus den dargelegten verfas-sungsrechtlichen Gründen führt dazu, dass ein entsprechendes Verhalten kein nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. unzulässiges Handeln im Wettbe-werb darstellt. Die bei der Auslegung des [X.] zu [X.] des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der alten und neuen Fassung gebieten es nicht, das Anbieten, Veranstalten oder Vermitteln von Sportwetten trotz der verfassungswidrigen Regelung des staatlichen [X.] gleichwohl als unlauter zu beurteilen, wenn diese Handlungen ohne ([X.]) behördliche Genehmigung vorgenommen worden sind. Zum Schutz der Mitbewerber ist dies nicht erforderlich, weil es sich bei den Mitbewerbern aufgrund des [X.] nur um staatliche Wettanbieter handeln kann und somit durch die Gewährung wettbewerbsrechtlicher [X.] letztlich der verfassungswidrige Eingriff in die Grundrechte der privaten Wettanbieter vertieft würde. Soweit mit dem Angebot oder der Durchführung von Sportwetten Nachteile für die Verbraucher verbunden sein können, wie bei-spielsweise bei irreführender Werbung, Täuschung über die Gewinnchancen oder sonstiger unangemessener unsachlicher Einflussnahme (vgl. [X.] 115, 276 [X.]. 103), kann solchen Gefahren hinreichend mit wettbewerbsrechtli-chen Ansprüchen begegnet werden, die sich auf die im Einzelfall vorliegenden unlauterkeitsbegründenden Umstände stützen (§ 3 i.V. mit § 4 Nr. 1 und 5, § 5 UWG, §§ 1, 3 UWG a.F.). Das Unterlassungsbegehren der Klägerin stellt [X.] auf solche besonderen Umstände nicht ab. Sie beanstandet das Verhalten 21 - 14 - der [X.]n vielmehr allein wegen des Fehlens einer ([X.]) [X.] Genehmigung. 22 ee) Aus den oben dargelegten Gründen verstieß die im [X.]raum der Vornahme der Verletzungshandlungen bestehende gesetzliche Regelung des staatlichen [X.] auch gegen Gemeinschaftsrecht (Art. 43 und 49 [X.]). Nach der Rechtsprechung des [X.] ist die Unterbindung der Vermittlung von Sportwetten in andere Mitgliedstaaten nur dann mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn ein Staatsmonopol dem Ziel dient, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und die Finanzierung [X.] Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der be-triebenen restriktiven Politik ist (vgl. [X.], Urt. v. 6.11.2003 - C-243/01, [X.]. 2003, [X.] [X.]. 62, 67 = NJW 2004, 139 - [X.] u.a.; Urt. [X.] - [X.]/04, [X.]/04 und [X.], [X.], 525 [X.]. 53 - Placanica u.a.). Die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungs-verkehrs durch ein staatliches [X.] sind nur dann mit Art. 43 und 49 [X.] vereinbar, wenn es in seiner rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung mit dem Ziel einer Begrenzung der Spielleidenschaft der Verbraucher oder der Eindämmung des Spielangebots gerechtfertigt werden kann ([X.] [X.], 525 [X.]. 54 - Placanica u.a.). Die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entspre-chen insoweit denjenigen des Grundgesetzes ([X.] 115, 276 [X.]. 144), so dass aus der vom [X.] festgestellten Verfassungswidrig-keit des staatlichen [X.] in [X.] folgt, dass es auch gegen Gemeinschaftsrecht verstieß. Aus einem Verstoß gegen eine Marktverhaltens-regelung, die mit Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist, kann die Unlauterkeit einer [X.]handlung nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. gleichfalls nicht hergeleitet werden. Soweit der früheren Senatsrechtsprechung eine im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 284 StGB abweichende wettbe-- 15 - werbsrechtliche Beurteilung entnommen werden könnte (vgl. [X.]Z 158, 343, 352 - Schöner Wetten; [X.], Urt. v. 14.3.2002 - I ZR 279/99, [X.], 636, 637 = [X.], 688 - Sportwetten), wird daran nicht festgehalten. 23 c) Können die von der Klägerin beanstandeten, vor dem 28. März 2006 begangenen Verletzungshandlungen der [X.]n folglich nicht als nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. i.V. mit § 284 StGB wettbewerbswidrig angese-hen werden, so scheidet ein darauf unter dem Gesichtspunkt der Wiederho-lungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch der Klägerin aus. Dieser Beur-teilung steht nicht entgegen, dass das [X.] die gesetzli-che Regelung des staatlichen [X.] in [X.] für verfassungswidrig, nicht aber für nichtig erklärt hat ([X.] 115, 276 [X.]. 146; entsprechendes gilt für die anderen Bundesländer, vgl. für [X.] [X.] [X.], 1646 [X.]. 18). Zwar hat das [X.] gleichzeitig ausgespro-chen, dass für eine gesetzliche Neuregelung eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 angemessen sei und die bisherige Rechtslage bis dahin anwendbar bleibe, so dass das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und deren Vermittlung weiterhin als verboten ange-sehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden könnten ([X.] 115, 276 [X.]. 157 f.). Dies führt jedoch nicht dazu, dass der vor der Entscheidung des [X.]s begangene Verstoß der [X.]n gegen § 284 StGB als unlauter i.S. von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. anzusehen ist. Zum einen wird die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der in Rede stehenden Re-gelungen von der Entscheidung des [X.]s, die verfas-sungswidrige Regelung nicht für nichtig, sondern für eine Übergangszeit weiter-hin für anwendbar zu erklären, nicht berührt. Wegen des Vorrangs des [X.] ist eine mit ihm unvereinbare nationale Regelung ohne [X.] unbeachtlich. Zum anderen hat das [X.] die weitere Anwendbarkeit der bisherigen Rechtslage für die Übergangszeit bis zum - 16 - 31. Dezember 2007 "mit der Maßgabe" verknüpft, dass unverzüglich ein Min-destmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleiden-schaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Monopols hergestellt wird ([X.] 115, 276 [X.]. 157). Die Wei-tergeltung des Verbots für die Übergangszeit und die daran anknüpfenden ord-nungsrechtlichen Sanktionen setzten demnach eine Änderung zumindest der konkreten tatsächlichen Ausgestaltung des staatlichen [X.] voraus, wie das [X.] mittlerweile in weiteren Entscheidungen mehrfach bestätigt hat (vgl. [X.], [X.]. v. 4.7.2006 - 1 BvR 138/05, [X.], 1644 [X.]. 17 f.; [X.]. v. 19.10.2006 - 2 BvR 2023/06, [X.], 2326 [X.]. 19; [X.]. v. [X.] - 2 BvR 2428/06, NJW 2007, 1521 [X.]. 27). Daraus folgt im Gegenschluss, dass die (frühere) Rechtslage ohne eine solche tatsächliche Änderung der Ausgestaltung des staatlichen [X.], also auch die Rechtslage zum [X.]punkt der im Streitfall in Rede stehenden Verletzungshandlungen, (weiterhin) als verfas-sungswidrig anzusehen ist und als Grundlage für ein Verbot ausscheidet (im Ergebnis ebenso [X.], [X.]. v. 22.11.2007 - 1 BvR 2218/06, [X.], 274 [X.]. 30 ff. zur Unvereinbarkeit einer vor dem 28. März 2006 ergange-nen ordnungsrechtlichen Untersagungsverfügung mit Art. 12 Abs. 1 GG). Das bedeutet, dass der vor der Entscheidung des [X.]s lie-gende Verstoß der [X.]n gegen § 284 StGB nicht als unlauter angesehen werden und folglich eine Wiederholungsgefahr nicht begründen kann. Für eine Erstbegehungsgefahr bestehen keine hinreichenden Anhalts-punkte. Der Umstand, dass die [X.] im vorliegenden Fall im Rahmen der Rechtsverteidigung geltend gemacht hat, zur Durchführung von Sportwetten ohne entsprechende ([X.]) Genehmigung berechtigt zu sein, begründet noch keine Erstbegehungsgefahr (vgl. [X.], Urt. v. 16.3.2006 - I ZR 92/03, [X.], 879 [X.]. 18 = [X.], 1027 - Flüssiggastank). Dem Vorbringen 24 - 17 - der [X.]n kann zudem nicht entnommen werden, dass sie für sich das Recht, ohne Genehmigung Sportwetten in [X.] durchzuführen oder anzubieten, selbst dann in Anspruch nehmen wollte, wenn nach einer Änderung der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse - inzwischen haben die Länder einen neuen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in [X.] unterzeichnet und in die jeweiligen Landesrechte übernommen, vgl. etwa für [X.] das Gesetz vom 11. Dezember 2007 (GBl. v. 14.12.2007, S. 571) - von einer verfassungsgemäßen und gemeinschaftsrechtskonformen Rechtslage auszugehen wäre. Da Verhaltensweisen der [X.]n nach Erlass der Entscheidung des [X.]s vom 28. März 2006 im [X.] nicht zur Beurteilung stehen, braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob die inzwischen erfolgte Veränderung der rechtlichen (und tatsächli-chen) Ausgestaltung des staatlichen [X.] den Anforderungen des [X.]s genügt und wie sich die veränderte Rechtslage zu den aus dem Gemeinschaftsrecht folgenden Vorgaben verhält. d) Da die Unlauterkeit der Verletzungshandlung der [X.]n schon deshalb zu verneinen ist, weil die betreffenden landesrechtlichen Regelungen über Sportwetten aus den oben dargelegten Gründen auch gegen Gemein-schaftsrecht verstoßen, kommt es für die Entscheidung auf die [X.] dieser Regelungen wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG nicht an. Hinsichtlich der Bundesländer, für deren Rechtslage das Bundesverfassungs-gericht die Verfassungswidrigkeit der jeweiligen Vorschriften bisher noch nicht ausdrücklich festgestellt hat, bedarf es daher nicht der Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG. 25 II[X.] Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Auf die Berufung der [X.] ist die Klage unter Abänderung und Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidungen abzuweisen. 26 - 18 - 27 Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Kosten der Säumnis sind der [X.]n nicht aufzuerlegen, weil das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist (§ 344 ZPO). Die Klage war wegen der [X.]widrigkeit des staatlichen [X.] unschlüssig (§ 331 Abs. 2 ZPO). [X.] Pokrant Schaffert
Bergmann Koch Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 19.08.2003 - 312 [X.]OLG [X.], Entscheidung vom 12.08.2004 - 5 U 131/03 -

Meta

I ZR 140/04

14.02.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2008, Az. I ZR 140/04 (REWIS RS 2008, 5562)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5562

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1 BvR 1054/01

5 U 131/03

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