Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2016, Az. 4 StR 185/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 11676

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[X.]:[X.]:BG[X.]:2016:100516B4STR185.16.0

BUN[X.]SGERIC[X.]TS[X.]OF

BESC[X.]LUSS
4 StR 185/16

vom
10. Mai
2016
in dem Sicherungsverfahren
gegen

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und des Beschwerdeführers am 10.
Mai
2016
gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des [X.] vom 3.
November 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
2.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Beschuldigten im Sicherungsverfahren in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Seine hiergegen gerichtete [X.] hat Erfolg.
1.
Nach den Feststellungen le
r-menkreis, die erstmals im Jahr 2005 diagnostiziert wurde. Seine Krankheit zeichnet sich durch [X.] und einen Abstammungs-
und Größen-wahn
aus. [X.]inzu kommen Allmachts-
und Gewaltphantasien sowie ein paranoi-des Beeinträchtigungserleben.
1
2
-
3
-
a)
Am 25.

u-s-dienstes mit der
Faust ins Gesicht, als dieser seine Personalien feststellen [X.]. Am 17.
Januar 2014 beschädigte er in der Wohnung des Zeugen T.

eine [X.]olztür durch Tritte und Schläge. Nachdem er die Wohnung verlassen [X.], schlug er mit einem 1,25
Meter langen und drei Zentimeter breiten [X.]olzstab auf den Rücken des an ihm mit seinem Fahrrad vorbeifahrenden Zeugen [X.].

.
Dabei traf er jedoch lediglich dessen Rucksack, weshalb der Zeuge [X.].

weder
Verletzungen erlitt noch Schmerzen verspürte. Als ihn der Zeuge zur Rede stell-te, fuchtelte der Beschuldigte mit dem Stock herum und fragte, ob er noch mehr wolle. Der Zeuge [X.].

redete nun beschwichtigend auf den Beschuldigten ein,
der daraufhin weiterging. [X.] später traf der Beschuldigte auf den [X.]

, der seinen
[X.]und ausführte und sich mit einem Freund unterhielt. Der
Beschuldigte schubste beide Personen beiseite und ging zwischen ihnen [X.]. Als der Zeuge P.

ihn fragte, was er da mache, drehte sich der Be-
schuldigte um. Dabei schwang er den [X.]olzstab in Richtung des Gesichts des Zeugen P.

. Der [X.]olzstab traf den Zeugen

wie von dem Beschuldigten für
möglich gehalten und billigend in Kauf genommen

an der Nase. Der Zeuge erlitt hierdurch eine Schürfwunde. [X.]erbeigerufene Polizeibeamte konnten den Beschuldigten beruhigen. Ihrer Aufforderung,
seinen Stock niederzulegen, kam er nach. Kurz darauf legte er sich auf die Motorhaube des [X.] und schlug mit beiden Fäusten auf diese ein. Als der Beschuldigte daraufhin von einem Polizeibeamten mit einem Armhebel zu Boden gebracht wurde, löste er sich mit großem Kraftaufwand aus dem Griff und wehrte sich mit [X.]änden und Füßen gegen seine Festnahme. Dabei fasste er mit einer [X.]and an die [X.], riss an ihr und sagte sinngemäß, dass er ihm jetzt die Waf-fe wegnehmen werde. Der Polizeibeamte verhinderte dies durch einen geziel-ten Faustschlag. Der Einsatz von Reizstoff zeigte keine Wirkung. Schließlich 3
-
4
-
konnte der Beschuldigte mit der [X.]ilfe von Verstärkungskräften fixiert werden. Bei seiner anschließenden Einweisung in die LWL-Klinik D.

zeigte sich
der Beschuldigte sehr aggressiv und erklärte, Kindermörder, Messerstecher -dischen Bande bedroht und verfolgt. Ein Bandenmitglied

[X.] mit [X.]und

habe ihn angegriffen. Am 11.

i-.

auf den Zeugen
S.

ein, der dadurch Prellungen und [X.]ämatome erlitt. Bei seiner anschlie-
ßenden Festnahme versuchte er einen der eingesetzten Polizeibeamten anzu-greifen.
b)
Das [X.] hat die Vorfälle vom 17.
Januar 2014 als versuchte gefährliche Körperverletzung gemäß §
224 Abs.
1 Nr.
2 StGB (Schlag auf
den Rücken des Zeugen [X.].

), gefährliche Körperverletzung gemäß §
224 Abs.
1
Nr.
2 StGB (Schlag gegen die Nase des Zeugen P.

), Widerstand gegen Voll-
streckungsbeamte in Tateinheit mit Sachbeschädigung gemäß §§
113, 303 StGB (Verhalten bei der Festnahme) sowie Sachbeschädigung gemäß §
303 StGB (Beschädigung der Tür) gewertet und als [X.]en für die Maßregel-anordnung herangezogen. Daran anknüpfend ist die sachverständig beratene [X.] zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschuldigte aufgrund
seiner psychischen Erkrankung auch künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit diesen
Delikten vergleichbare, wenn nicht gar schwerwiegendere Taten begehen [X.]. Dabei hat sie auch den Faustschlag des Beschuldigten zum Nachteil des [X.] vom 25.
März 2013 (Körperverletzung gemäß §
223 StGB), seine Schläge und Tritte
zum Nachteil des Zeugen S.

am
11.
Januar 2015 (gefährliche Körperverletzung gemäß §
224 Abs.
1 Nr.
4 StGB) und den sich anschließenden Angriff auf die Polizeibeamten (§
113 StGB) mit berücksichtigt.
4
-
5
-
2.
Die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß §
63 StGB sind nicht rechtsfehlerfrei dar-getan.
a)
Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß §
63 StGB ist eine außerordentlich belastende [X.]. Sie setzt neben der sicheren Feststellung mindestens einer im Zustand der Schuldunfähigkeit (§
20 StGB) oder der erheblich verminderten
Schuldfähigkeit (§
21 StGB) begangenen [X.] voraus, dass eine Wahrscheinlichkeit höhe-ren Grades dafür besteht, dass der Täter infolge seines fortdauernden Zustan-des in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, die schwere [X.] des Rechtsfriedens besorgen lassen. Die dazu notwendige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des [X.], seines [X.] und der von ihm begangenen [X.](en) zu ent-wickeln. Dabei sind an die Darlegungen umso höhere Anforderungen zu stellen, je mehr es sich bei dem zu beurteilenden Sachverhalt um einen Grenzfall han-delt (vgl. BG[X.], Beschluss vom 28.
Januar 2016

3 StR
521/15, [X.], 135, 136; Beschluss vom 4.
Juli 2012

4
StR
224/12, [X.], 337, 338 mwN).
b)
Das [X.] hat mit der Körperverletzung zum Nachteil des [X.]

, den
Sachbeschädigungen
und dem Widerstand gegen Vollstre-
ckungsbeamte zwar mehrere im Zustand der Schuldunfähigkeit begangene rechtswidrige Taten ausreichend festgestellt und in der Beweiswürdigung be-legt. Die Gefahrenprognose begegnet aber durchgreifenden rechtlichen Beden-ken.

5
6
7
-
6
-
Denn die
[X.] hat bei der Erstellung der Gefahrenprognose auch den von ihr als versuchte gefährliche Körperverletzung (§
224 Abs.
1 Nr.
2 StGB) bewerteten Schlag mit dem [X.]olzstab zum Nachteil des Zeugen [X.].

als
prognoseungünstigen Umstand herangezogen und darin eine
erhebliche Tat gesehen. Dass der Beschuldigte bei der Ausführung des Schlages tatsächlich mit einem auf den Tatbestand des §
224 Abs.
1 Nr.
2 StGB gerichteten Vorsatz gehandelt hat, wird durch die Urteilsgründe aber nicht ausreichend belegt. Auch fehlen Feststellungen dazu, ob der Beschuldigte gegebenenfalls von der weite-ren Tatausführung gemäß §
24 Abs.
1 Satz
1 1.
Fall StGB strafbefreiend [X.] ist, nachdem der Zeuge [X.].

auf ihn beschwichtigend eingeredet
hatte. Sollte der Beschuldigte tatsächlich durch den Zuspruch des Zeugen dazu veranlasst worden sein, von als möglich erkannten weiteren Gewalthandlungen Abstand zu nehmen, hätte dies bei der [X.] finden müssen.
Schließlich hat das [X.] zur Stützung seiner Prognose auch auf einen Strafbefehl des [X.] vom 1.
Dezember 2011 verwie-sen, mit dem der Beschuldigte unter anderem wegen Körperverletzung, gefähr-licher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte
verurteilt worden war. Zwar werden in den Urteilsgründen die dazu getroffenen [X.] mitgeteilt. Aus diesen ergibt sich aber nicht, dass diese Taten auf der Erkrankung des Beschuldigten
beruhten, sodass deren [X.] nicht
8
9
-
7
-
beurteilt werden kann
(vgl. BG[X.], Beschluss vom 8.
August 2007

2
StR
296/07, [X.], 468).
Die Sache bedarf danach erneuter Prüfung.
Sost-Scheible
Franke
Mutzbauer

Bender
Quentin
10

Meta

4 StR 185/16

10.05.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2016, Az. 4 StR 185/16 (REWIS RS 2016, 11676)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11676

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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