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Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde eines Fahrzeugherstellers gegen ein Zivilurteil im Zusammenhang mit dem "Dieselskandal" - Nichtvorlage einer Rechtsfrage an den EuGH kann nicht als Gehörsverletzung gerügt werden
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen Entscheidungen des [X.](im Folgenden: Oberlandesgericht) im Rahmen des sogenannten Abgasskandals.
1. Der zugrundeliegende [X.]betraf ein von der Beschwerdeführerin hergestelltes Fahrzeug, das mit einem Dieselmotor vom Typ (…) ausgestattet war. Es verfügte über eine temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung (Thermofenster). Die Beschwerdeführerin wehrte sich gegen die Einstufung des Thermofensters als unzulässige Abschalteinrichtung. Die zur Verringerung der Stickoxidemissionen eingesetzte Abgasrückführung müsse temperaturabhängig gesteuert werden, um das Risiko von Aussetzern und Motorbränden zu vermeiden. Dazu gebe es keine technische Alternative, weil die einzig denkbare Alternative (eine generelle Reduzierung der Abgasrückführung) zu höheren Stickoxidemissionen führen würde.
2. Mit angegriffenem Urteil vom 13. März 2024 änderte das [X.]das landgerichtliche Urteil ab und gab der gegen die Beschwerdeführerin erhobenen Schadensersatzklage teilweise statt. Der Schaden sei nicht durch anzurechnende Vorteile ausgeglichen. Insbesondere verbleibe nach einem mittlerweile aufgespielten Softwareupdate eine temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung. Damit liege weiterhin eine unzulässige Abschalteinrichtung vor. Die Beschwerdeführerin habe dieses [X.]nicht als "notwendig" im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a VO (EG) Nr. 715/2007 rechtfertigen können. Sie habe nicht vorgetragen, dass keine technischen Alternativen zur Verfügung standen.
3. Die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge wies das [X.]mit angegriffenem Beschluss vom 3. April 2024 zurück. Die Beschwerdeführerin habe selbst ausgeführt, dass auch eine generelle Reduzierung der Abgasrückführung in Betracht komme, um das Risiko von Aussetzern und Motorbränden zu vermeiden. Damit erschließe sich die technische Notwendigkeit des Thermofensters nicht.
4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin ausdrücklich nur eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. Der Verweis des [X.]auf den Vortrag der Beschwerdeführerin, wonach das [X.]entbehrlich sei, sei "falsch". Jedenfalls beseitige diese mit dem angegriffenen Beschluss über die Anhörungsrüge "nachgeschobene Begründung" des [X.]nicht die Entscheidungserheblichkeit der Gehörsverletzung. Den zugrundeliegenden Rechtssatz zu Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a VO (EG) Nr. 715/2007, wonach auch eine generelle Reduzierung der Abgasrückführung eine technische Alternative darstelle, habe das [X.]nicht dem [X.]zur Entscheidung vorgelegt.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie unzulässig ist. Sie genügt nicht den sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG ergebenden Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Behauptung der Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Die Beschwerdeführerin zeigt selbst auf, dass sich das [X.]bei der Zurückweisung der Anhörungsrüge mit dem als übergangen gerügten Vortrag zu fehlenden technischen Alternativen zum [X.]ausdrücklich auseinandergesetzt hat und dass dies nicht zu einer abweichenden Bewertung führte. Eine Gehörsverletzung kann sie nicht aus der Behauptung ableiten, das [X.]habe ihren Vortrag "falsch" dargestellt. Es legt letztlich eine andere rechtliche Beurteilung der Notwendigkeit einer Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a VO (EG) Nr. 715/2007 zugrunde. Davor schützt Art. 103 Abs. 1 GG aber nicht (vgl. [X.]64, 1 <12>; 87, 1 <33>).
Hat sich das [X.]eine abschließende Meinung gebildet, kann das [X.]davon ausgehen, dass eine für die Beschwerdeführerin günstigere Lösung ausgeschlossen ist, die Entscheidung also nicht auf der Gehörsverletzung beruht. Ob die Rechtsmeinung zu Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a VO (EG) Nr. 715/2007 fachrechtlich zutrifft oder ob das [X.]zivilprozessrechtlich richtig verfahren ist, als es die Frage nicht dem [X.]zur Entscheidung vorlegte, ist jedenfalls im Rahmen der Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG nicht vom [X.]zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschluss der [X.]des [X.]vom 29. Juli 2016 - 1 BvR 1225/15 -, Rn. 12).
2. Die Beschwerdeführerin hat sonstige Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte, etwa das Recht auf [X.]gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weder bezeichnet noch sich mit diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Maßstäben auseinandergesetzt und ist deshalb den Substantiierungsanforderungen nicht gerecht geworden (vgl. [X.]99, 84 <87>; 140, 229 <232 Rn. 9>).
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Meta
31.03.2025
Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer
Nichtannahmebeschluss
Sachgebiet: BvR
vorgehend OLG Celle, 3. April 2024, Az: 7 U 4/22, Beschluss
Art 103 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Art 267 Abs 3 AEUV
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 31.03.2025, Az. 2 BvR 602/24 (REWIS RS 2025, 2463)
Papierfundstellen: REWIS RS 2025, 2463
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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