Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20.12.2016, Az. 3 B 39/16, 3 B 39/16 (3 C 29/16)

3. Senat | REWIS RS 2016, 412

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Gründe

1

Die Beschwerde hat Erfolg. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Im Revisionsverfahren wird voraussichtlich insbesondere die Frage weiter zu klären sein, unter welchen Voraussetzungen ein vernünftiger Grund im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG gegeben ist und inwieweit wirtschaftliche Interessen zu berücksichtigen sind.

2

Der Zulassung steht nicht entgegen, dass sich das angefochtene Urteil auch darauf stützt, im Falle eines Verstoßes gegen § 1 Satz 2 TierSchG habe der Beklagte das ihm zustehende Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt.

3

Ist ein Urteil auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, so setzt die Zulassung der Revision voraus, dass in Bezug auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt. Anderenfalls käme es auf die Begründung, für die ein Zulassungsgrund gegeben ist, nicht weiter an: Wird - wie hier - eine Grundsatzfrage (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht, so würde sich diese in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich stellen. Ihre Beantwortung wäre daher nicht zu erwarten. Geht es um eine Divergenz oder um einen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO), können sie hinweggedacht werden, so dass das angefochtene Urteil nicht darauf beruht (stRspr, vgl. [X.], Beschlüsse vom 3. Juli 1973 - 4 [X.] - [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 109, vom 13. April 1989 - 1 [X.] - [X.] 130 § 8 RuStAG Nr. 37 und vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4).

4

Ein Urteil wird jedoch nicht gleichermaßen von mehreren selbstständigen Begründungen getragen, wenn die Begründung, für die ein Zulassungsgrund gegeben ist, eine Rechtskraftwirkung entfaltet, die über jene der anderen Begründungen hinausgeht und damit den Rechtsmittelführer beschwert. In einem solchen Fall müsste der nicht gleichwertigen, weiter reichenden Begründung in einem Revisionsverfahren nachgegangen werden (vgl. [X.], Beschluss vom 11. April 2003 - 7 [X.] - NJW 2003, 2255 sowie Beschlüsse vom 14. August 1962 - 5 B 83.61 - [X.]E 14, 342 <346 f.> und vom 7. Juli 1997 - 4 [X.] 11.97 - [X.] 406.12 § 11 [X.] [X.]). Folglich lässt sich dann die Entscheidungserheblichkeit einer entsprechenden Grundsatzrüge bzw. das Beruhen auf einer Abweichung oder auf einem Verfahrensfehler nicht verneinen.

5

So liegen die Dinge hier. Die [X.] reicht mit der tragenden Begründung, der [X.] des § 1 Satz 2 TierSchG liege nicht vor, das Töten der Küken beruhe auf einem vernünftigen Grund, weiter als mit der des [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 11. April 2003 - 7 [X.] - NJW 2003, 2255). Führt die Grundsatzfrage zu den Voraussetzungen eines vernünftigen Grundes gemäß § 1 Satz 2 TierSchG zu einer von der angefochtenen Entscheidung abweichenden, gegenteiligen Erkenntnis, so läge darin ein für die Beklagte günstigeres Ergebnis, weil dann eine erneute, ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht von vornherein ausgeschlossen wäre. Im Übrigen ist nicht zu übersehen, dass die Verneinung des [X.]s durch das Oberverwaltungsgericht auf einer Abwägung beruht, die in einem inneren Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur [X.] steht. Sollte der [X.] zu bejahen, mithin ein vernünftiger Grund für die Tötung der Küken zu verneinen sein, so könnte damit zugleich die Annahme des [X.], die belastenden Auswirkungen seien nicht zutreffend und in angemessener Weise berücksichtigt worden, in Frage stehen.

6

Die vorläufige Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Meta

3 B 39/16, 3 B 39/16 (3 C 29/16)

20.12.2016

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 20. Mai 2016, Az: 20 A 488/15, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20.12.2016, Az. 3 B 39/16, 3 B 39/16 (3 C 29/16) (REWIS RS 2016, 412)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 412

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