Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.03.2010, Az. 27 W (pat) 4/10

27. Senat | REWIS RS 2010, 8203

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "OAK (Wort-Bild-Marke)/OAKWOOD (Wort-Bild-Marke)" – Warenidentität und -ähnlichkeit – keine klangliche, schriftbildliche und assoziative Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 43 673

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2010 durch…

beschlossen

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.] hat gegen die am 29. Dezember 2006 veröffentlichte Eintragung der am 14. Juli 2007 angemeldeten, u. a. für

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geschützten Marke Nr. 306 43 673

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Widerspruch eingelegt aus ihrer seit 23. Februar 1994 international registrierten Marke Nr. IR 614 454

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die in der [X.] u. a. für

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geschützt ist.

8

Die Markenstelle für Klasse 28 des [X.] hat mit Beschluss vom 20. Januar 2009 den Widerspruch zurückgewiesen, weil die jüngere Marke trotz hochgradiger [X.] und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke einhalte. Aufgrund der unterschiedlichen grafischen und farblichen Gestaltung beider Marken sei nämlich eine Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht zu verneinen. Zwar könne in klanglicher Hinsicht angenommen werden, dass die beiden Marken durch ihre Wortbestandteile „[X.]“ und „ [X.][X.]“ geprägt würden, wegen des Wortteils „ [X.]“ in der älteren Marke unterschieden sie sich aber ausreichend. In der Widerspruchsmarke könne beim [X.] auch nicht allein auf den Wortteil „[X.]“ abgestellt werden, da die beiden Teile „[X.]“ und „ [X.]“ zu einem untrennbaren Gesamtbegriff zusammengefügt seien. Da auch eine Ähnlichkeit in begrifflicher Hinsicht nicht vorläge, sei wegen der geringen Zeichenähnlichkeit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu verneinen. Auch Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr seien angesichts fehlender Markenserie und der unterschiedlichen Markenbildung nicht ersichtlich, so dass der Widerspruch insgesamt zurückzuweisen sei.

9

In ihrer Beschwerde stellt die Widersprechende im Wesentlichen darauf ab, dass wegen des identischen Bestandteils „[X.]“ in beiden Marken und der Ähnlichkeit der jeweiligen Bildelemente eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden könne. Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung bestritten hat, hat sie darüber hinaus Unterlagen vorgelegt, die ihrer Ansicht nach eine hinreichende Benutzung der Widerspruchsmarke in der [X.] und in der [X.] belegten; dem stünde auch die leichte Veränderung der Gestaltungsbilder der jeweils verwendeten Zeichen nicht entgegen.

[X.] beantragt,

den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und das [X.] zu verpflichten, die Löschung der Marke Nr. 306 43 673 zu veranlassen.

Die Markeninhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bestreitet vorab eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke; diese ergebe sich auch nicht aus den eingereichten Unterlagen, da in diesen die Widerspruchsmarke nicht verwendet werde; soweit Kennzeichnungen in fünf unterschiedlichen Varianten hierin enthalten seien, ließe keine die Widerspruchsmarke in ihrer registrierten Form erkennen; darüber hinaus fehle es auch im Übrigen an den erforderlichen Angaben für eine rechtserhaltende Benutzung. In der Sache selbst hält die Inhaberin der angegriffenen Marke den angefochtenen Beschluss für zutreffend; die gegenteiligen Ausführungen der Widersprechenden beruhten auf einer zergliedernden Betrachtungsweise, die nach markenrechtlichen Gesichtspunkten eine Verwechslungsgefahr nicht begründen könnte.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft.

II.

A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Widerspruch schon wegen mangelnder Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen; auf die im Beschwerdeverfahren streitige Frage einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke kommt es dabei nicht an.

1. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und Warenidentität oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des [X.] stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] - [X.]; [X.] 1999, 236, 239 [Rz. 19] - [X.]/[X.]; [X.], 241, 243 - Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] - [X.] plc; [X.], 153, 155 [Rz. 59] - Anheuser-Busch/[X.]; [X.], 318, 319 [Rz. 21] - [X.]/[X.]).

2. Nach diesen Grundsätzen ist der Grad der Markenähnlichkeit vorliegend auf jeden Fall zu gering, um trotz teilweise identisch, teilweise hochgradig ähnlicher beanspruchter Waren und - zwischen den Beteiligten unstreitiger - originär normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

a) Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn ihre Übereinstimmungen in der Erinnerung von nicht nur unmaßgeblichen Teilen der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 605 - [X.]; [X.], 943, 944 - SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, die daneben vorhandenen Unterschiede nach dem Gewicht, das ihnen in der jeweiligen Marke zukommt, so stark überwiegen, dass die betreffenden Verkehrskreise die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 118 m. w. N. [Fn. 311]).

b) Aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks, auf den unabhängig vom [X.] grundsätzlich vorrangig abzustellen ist (vgl. [X.] GRUR 1998, 397, 390 [X.]. 23 - Sabèl/[X.]; [X.], 1043, 1044 [Rz. 28 f.] - [X.]; [X.], 413, 414 [Rn. 19] - SIR/[X.]; [X.], 233 f. - Rausch/[X.]), liegen keine Ähnlichkeiten zwischen den beiden Marken vor.

c) Eine hinreichende Zeichenähnlichkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass beide Marken u. a. die Buchstabenfolge „[X.]“ enthalten. Zwar kann eine Markenähnlichkeit auch gegeben sein, wenn Bestandteile einer komplexen Marke, die Bestandteilen der gegenüberstehenden Marke entsprechen, den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck dominieren (vgl. [X.] [X.], 1042, 1044 [Rz. [X.] LIFE ; [X.] [X.], 859, 860 f. [Rz. 18] - Malteserkreuz) oder prägen (vgl. [X.] [X.], 60 [X.]. 17 - [X.]). Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob nicht nur bei der klanglichen Wiedergabe der beiden Marken, bei der eine Berücksichtigung der Bildelemente naturgemäß ausscheidet, sondern auch bei der visuellen Wahrnehmung der Vergleichsmarken eine Prägung allein durch die Wortbestandteile „[X.]“ und „ [X.][X.]“ anzunehmen ist; selbst wenn dies unterstellt wird, schiede nämlich sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht eine Markenähnlichkeit aus. Denn eine, wie die Widersprechende offenbar annimmt, weitere Prägung ihrer Marke allein durch den Wortteil „[X.]“ scheidet erkennbar aus. Bei der Beurteilung der Frage, ob einzelne Markenteile die Gesamtmarke prägen, können nämlich nicht beliebige Zeichenteile herausgegriffen werden. Insbesondere können gesamtbegriffliche Zusammenhänge nicht willkürlich auseinandergerissen werden, wie dies die Widersprechende mit ihrer Meinung, die Zeichenähnlichkeit ergebe sich aus dem in beiden Marken übereinstimmend enthaltenen Buchstabenfolge „[X.]“, vornimmt. [X.] haben nämlich häufig einen veränderten Bedeutungsgehalt; die [X.] nehmen daher den Gesamtbegriff als Bezeichnung eines anderen (Sprach-)Gegenstandes wahr als denjenigen, auf den sich die einzelnen Teile des Gesamtbegriffs beziehen. So werden etwa die Begriffe „Recht“ und „Rechtsanwalt“ oder „Patent“ und „Patentanwalt“ kaum als bedeutungsgleich erkannt. Gleiches gilt auch für die hier in Rede stehenden Begriffe „[X.]“ und „ [X.][X.]“, bei denen es sich um die [X.] Wörter für „Eiche“ bzw. „Eichenwald“ oder „Eichenholz“ handelt, die großen Teilen der inländischen Bevölkerung, an welche sich die jeweils beanspruchten Waren richten, geläufig sind, ohne dass sie dabei zwischen „ [X.]“ und „oak wood“ differenzieren. Während „[X.]“ (Eiche) sich nämlich auf den einzelnen, für seine Gattung typischen Baum als solchen bezieht, wird mit dem Begriff „ [X.][X.]“ (Eichenwald) ein anderer Gegenstand bezeichnet, weil nach der in der [X.] (wie auch in der [X.]) Sprache üblichen Wortbildung der eigentliche Bedeutungsträger der Wortteil „ [X.]“ ([irgend-]ein Wald/Holz) ist, während der vorangestellte Begriff diese Bedeutung näher eingrenzt (ein Wald, der überwiegend aus Eichen besteht); „ [X.][X.]“ bezeichnet damit nicht nur eine bestimmte Holzsorte und eine bloße Mehrzahl von (Eichen-)Bäumen, sondern ein in der Vorstellung der [X.] einheitliches Naturphänomen, das zwar vorrangig Eichen enthält, auf diese aber nicht eingegrenzt ist. Diese (sprachlichen und gegenständlichen) Unterschiede zwischen beiden Begriffen gehen auch dann, wenn sie als Kennzeichnungen von Waren und Dienstleistungen - mithin als Marken - verwendet werden, nicht verloren. Damit fehlt es aber auch an der Grundlage für die Annahme, das Publikum werde bei Wahrnehmung einer der beiden Marken an die andere erinnert; vielmehr wird es beide Marken als voneinander unabhängig und unterschiedlich wahrnehmen. Damit scheidet aber die Annahme einer die Verwechslungsgefahr begründenden Zeichenähnlichkeit aus.

d) Die Markenstelle hat auch zutreffend eine Markenähnlichkeit in Form des gedanklichen Inverbindungbringens i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz [X.] verneint. Soweit die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung die gegenteilige Ansicht vertreten hat, hat sie hierfür allein auf die ihrer Meinung nach gegebene Ähnlichkeit zwischen den jeweiligen Wortbestandteilen der beiden Marken abgestellt. Damit verkennt sie jedoch, dass von einer assoziativen Verwechslungsgefahr nur dort die Rede sein kann, wo das Publikum die jeweiligen Marken zwar deutlich auseinanderhält, aber irrtümlich derselben Herkunft zuordnet oder trotz der Erkenntnis der Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus unterschiedlichen Unternehmen aufgrund weiterer Umstände - etwa wenn sich das ältere Zeichen allgemein zu einem Hinweis auf das oder die Unternehmen der Widersprechenden entwickelt hat (vgl. [X.], 171, 175 – [X.]) - unzutreffend den Eindruck gewinnt, diese seien wirtschaftlich miteinander verbunden. Für eine solche Annahme des Publikums hat aber weder die Widersprechende Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche anderweitig erkennbar. Eine selbständig kennzeichnende Stellung, die unter engen Voraussetzungen nach der Rechtsprechung des [X.] eine assoziative Verwechslungsgefahr begründen kann (vgl. [X.] [X.], 1042 [Rz. [X.] LIFE ; s. a. [X.] [X.], 859, 860 f. [Rz. 18] - Malteserkreuz; GRUR 2002, 171, 174 - [X.]-Dach; [X.], 865, 866 - [X.]), kommt dem in der Widerspruchsmarke enthaltenen Wortbestandteil „ [X.][X.]“ nicht zu, denn eine solche ist für Teile von [X.]n ausgeschlossen. Da auch sonstige Anhaltspunkte für die Annahme einer Fehlzuordnung der beiden Marken zu demselben Unternehmen fehlen, scheidet eine assoziative Verwechslungsgefahr erkennbar aus.

3. Da die Markenstelle somit mangels Verwechslungsgefahr den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen hatte, war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

B. Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich; daher hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

Meta

27 W (pat) 4/10

22.03.2010

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.03.2010, Az. 27 W (pat) 4/10 (REWIS RS 2010, 8203)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8203

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