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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensmangel - prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts - Verletzung des Gebots des gesetzlichen Richters - Zurückverweisung an SG
Auf die Beschwerde des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 20. August 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.
I. Der bei der beklagten Krankenkasse (im Folgenden: Beklagte zu 1.) versicherte Kläger ist mit seinem Begehren auf Erstattung von ihm im Zusammenhang mit einer Zahnbehandlung entstandenen Laborkosten (267,65 Euro, Rechnung vom 15.3.2011) bei dem ebenfalls beklagten [X.] (im Folgenden: Beklagter zu 2.) erfolglos geblieben (Bescheid vom [X.], Widerspruchsbescheid vom [X.]). Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1. und 2. gemeinsam Klage erhoben und zur Niederschrift des Urkundsbeamten beantragt, "den Bescheid vom 30.03.11 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.04.11 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Laborkosten für eine zahnärztliche Behandlung und die Fahrtkosten zu übernehmen". Die zuständige Kammer des [X.] hat mit Eingangsverfügung für die Klage gegen den Beklagten zu 2. eine eigene Verfahrensakte für eine andere Kammer anlegen lassen. Das [X.] hat die Klage unter Zugrundelegung des vorgenannten Klageantrags abgewiesen. Die Klage gegen die Beklagte zu 1. sei mangels eines Vorverfahrens unzulässig. Die Klage gegen den Beklagten zu 2. sei unbegründet (Gerichtsbescheid vom [X.]; im Rubrum nur die Beklagte zu 1. aufgeführt; Zustellung des [X.] nur an die Beklagte zu 1.). Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und im Hinblick auf den Termin zur mündlichen Verhandlung die Aufhebung des Termins und die Abgabe des Verfahrens an das [X.] beantragt. Das L[X.] hat über die Berufung gegen die Beklagte zu 1. entschieden und diese aus den Gründen des [X.] zurückgewiesen (Urteil vom [X.]).
Der Kläger rügt mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im L[X.]-Urteil Verfahrensfehler. Er macht insbesondere einen Verstoß gegen den gesetzlichen [X.] geltend.
II. [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im L[X.]-Urteil vom [X.] ist zulässig (dazu 1.) und begründet. Das L[X.]-Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler (Revisionszulassungsgrund des § 160 [X.] 2 [X.] [X.]G), der einen absoluten Revisionsgrund darstellt. Es verstößt gegen das Gebot des gesetzlichen [X.]s (Art 101 [X.] 1 [X.] GG; dazu 2.).
1. Der Kläger hat zwar nicht fristgerecht innerhalb der Beschwerdefrist (§ 160a [X.] 1 [X.] [X.]G) beim B[X.] Prozesskostenhilfe ([X.]) beantragt (vgl zu diesem Erfordernis B[X.] Beschluss vom 10.12.2014 - B 1 KR 11/14 B - Juris Rd[X.]; B[X.] [X.] 3-1500 § 67 [X.] mwN). Ihm ist jedoch Wiedereinsetzung (§ 67 [X.] 1 [X.]G) wegen Versäumung der [X.] innerhalb der Beschwerdefrist zu gewähren, weil das Fristversäumnis dem Organisationsbereich des L[X.] zuzuordnen ist, das durch eine zeitnahe Weiterleitung des Schreibens des [X.] für einen rechtzeitigen Zugang des [X.] beim B[X.] hätte Sorge tragen müssen.
Nach der Rechtsprechung des B[X.] liegt Verschulden eines Prozessbeteiligten grundsätzlich vor, wenn die von einem gewissenhaften Prozessführenden im prozessualen Verkehr erforderliche Sorgfalt außer [X.] gelassen worden ist (vgl zB B[X.]E 1, 227, 232; B[X.]E 61, 213, 214 = [X.] 1500 § 67 [X.]; B[X.] [X.] 3-1500 § 67 [X.] mwN; B[X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 5). Unter Berücksichtigung des Anspruchs auf ein faires Verfahren darf ein Gericht allerdings aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Fehlern oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile ableiten (vgl [X.] 57, 250, 275; [X.] 60, 1, 6 f; [X.] 75, 183, 188 und 190) und ist zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet (vgl [X.] 38, 105, 111 ff; [X.] 40, 95, 98 f; [X.] 46, 202, 210; [X.] 78, 123, 126). Dementsprechend ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn das Fristversäumnis auch auf Fehlern beruht, die im Verantwortungsbereich des Gerichts bei Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht liegen (vgl [X.] 93, 99, 114 f, dort zur Weiterleitung einer beim [X.] eingegangenen Berufung an das O[X.]; B[X.] [X.] 3-1500 § 67 [X.] mwN). Eine prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts besteht immer dann, wenn es darum geht, eine Partei oder ihren Prozessbevollmächtigten nach Möglichkeit vor den fristbezogenen Folgen eines bereits begangenen Fehlers zu bewahren. Ein [X.] kann daher erwarten, dass offenkundige Versehen wie zB die Einlegung eines Rechtsmittels bei einem unzuständigen Gericht in angemessener Zeit bemerkt und innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um ein drohendes Fristversäumnis zu vermeiden (vgl [X.] 93, 99, 114 f; B[X.]E 38, 248, 261 f = [X.] 1500 § 67 [X.] f; B[X.] [X.] 3-1500 § 67 [X.]). So liegt der Fall hier.
Gegen das ihm am 22.8.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.9.2014 (Gemeinsame Annahmestelle bei dem [X.], weitergeleitet am [X.] an die Gemeinsame Post-Annahmestelle von L[X.] und [X.]) ua beantragt: "ich begehrte: Revision für meine Person gegenüber untragbare Urteil [X.] ich begehre: Berufung für meine Person über B[X.] Kassel gegen Urteil [X.] …". Zusammen mit dem Schriftsatz hat der Kläger unter Verwendung des aktuellen Formulars (gemäß Prozesskostenhilfeformularverordnung <[X.]FV> vom [X.], [X.]) eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht (ebenfalls Eingang bei der Gemeinsamen Annahmestelle bei dem [X.] am 10.9.2014). Das L[X.] hat erst am 1.10.2014 die Weiterleitung des Schriftsatzes an das B[X.] verfügt. Es hätte durch eine Weiterleitung des Schreibens des [X.] für einen rechtzeitigen Zugang des [X.] beim B[X.] Sorge tragen müssen - und auch können. Zwar ist ein Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet, jedes Schriftstück unmittelbar nach seinem Eingang daraufhin zu überprüfen, ob darin etwa eine [X.] enthalten ist, die an das zuständige Gericht weitergeleitet werden muss (vgl B[X.]E 38, 248, 261 = [X.] 1500 § 67 [X.] f); insbesondere besteht keine Verpflichtung, ggf außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen, um den rechtzeitigen Eingang der [X.] bei dem zuständigen Gericht zu gewährleisten (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] B 13 R 280/12 B - Juris Rd[X.] mwN). Hier ist der Antrag auf Zulassung der Revision und Bewilligung von [X.] für das Verfahren vor dem B[X.] deutlich zum Ausdruck gekommen und auch so rechtzeitig beim L[X.] eingegangen, dass sowohl der Charakter des Schreibens als auch der drohende Fristablauf unschwer und nicht nur erst bei eingehender Durcharbeitung zu erkennen gewesen sind und das L[X.] auch eine hinreichende Möglichkeit gehabt hat, bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang das klägerische Schreiben rechtzeitig weiterzuleiten. Dass das L[X.] bei dieser Sachlage das Schreiben nicht zeitnah weitergeleitet hat, kann dem Kläger nicht zugerechnet werden.
Dem Kläger, der unter Berücksichtigung der Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist rechtzeitig und ordnungsgemäß einen [X.] gestellt hat, ist auch insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde zu gewähren, als er das Rechtsmittel binnen eines Monats nach Zustellung des [X.] bewilligenden Beschlusses formgerecht eingelegt hat (vgl B[X.] [X.] 3-1500 § 67 [X.] f mwN).
Der Kläger hat den Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen [X.]s gemäß Art 101 [X.] 1 [X.] GG zudem hinreichend bezeichnet (§ 160a [X.] 2 [X.] iVm § 160 [X.] 2 [X.] [X.]G).
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der gerügte Verfahrensfehler - ein absoluter Revisionsgrund - liegt vor. Das Gericht war in der mündlichen Verhandlung vom [X.] nicht vorschriftsmäßig besetzt (§ 547 [X.] iVm § 202 [X.]G). Hierdurch hat das L[X.] den Anspruch des [X.] auf den gesetzlichen [X.] (Art 101 [X.] 1 [X.] GG; dazu a) verletzt. Das L[X.] hätte nicht über das Rechtsmittel der Berufung entscheiden dürfen, weil der Kläger fristgemäß und wirksam nach § 105 [X.] 2 [X.] und 3 [X.]G (dazu b) mündliche Verhandlung beim [X.] mit der Rechtsfolge beantragt hat, dass der Gerichtsbescheid nicht als ergangen gilt und eine mündliche Verhandlung vor dem [X.] durchzuführen ist (dazu c).
a) Nach Art 101 [X.] 1 [X.] GG darf niemand seinem gesetzlichen [X.] entzogen werden. Die verfassungsrechtliche Garantie des gesetzlichen [X.]s soll der Gefahr einer möglichen Einflussnahme auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung vorbeugen, die durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen [X.] eröffnet sein könnte (vgl [X.] 95, 322, 327 mwN). Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden (vgl [X.] 95, 322, 327). Art 101 [X.] 1 [X.] GG verpflichtet den Gesetzgeber dazu, eine klare und abstrakt-generelle Zuständigkeitsordnung zu schaffen, die für jeden denkbaren Streitfall im Voraus den [X.] bezeichnet, der für die Entscheidung zuständig ist. Die Zuständigkeitsgarantie des Art 101 [X.] 1 [X.] GG ist Teil des rechtsstaatlichen Objektivitätsgebots, das auch die Beachtung der [X.] fordert (vgl [X.], 330, 334). Die mit Art 101 [X.] 1 [X.] GG erfolgte Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips zwingt den Gesetzgeber danach auch zur Bestimmung des [X.] und seiner etwaigen Beschränkung (vgl [X.] 6, 45, 50 f; [X.] 9, 223, 226; B[X.] [X.] 3200 § 88 [X.]). Jede sachwidrige Einflussnahme auf die rechtsprechende Tätigkeit von innen und von außen soll dadurch verhindert werden. Die Gerichte sind bei der Anwendung der vom Gesetzgeber geschaffenen Zuständigkeitsordnung verpflichtet, dem Gewährleistungsgehalt und der Schutzwirkung des Art 101 [X.] 1 [X.] GG angemessen Rechnung zu tragen (vgl zum Ganzen auch B[X.] [X.] 4-1500 § 51 [X.] RdNr 81).
b) Zu dieser Zuständigkeitsordnung zählen auch die Regelungen in § 105 [X.] 2 und 3 [X.]G über Rechtsmittel und Rechtsbehelf gegen einen Gerichtsbescheid. Sie sehen vor: Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des [X.] das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte ([X.] 2 Satz 1). Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden ([X.] 2 Satz 2). Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt ([X.] 2 Satz 3). Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen ([X.] 3).
Hiernach hat ein Beteiligter die Möglichkeit in einem Verfahren, in dem die Berufung nicht gegeben ist, also weder kraft Gesetzes statthaft (§ 143 [X.]G) noch vom [X.] zugelassen ist (§ 144 [X.]G), mündliche Verhandlung vor dem [X.] zu beantragen. Dabei beschränkt § 105 [X.] 2 [X.] [X.]G seinen Anwendungsbereich nicht auf das Verhältnis von Nichtzulassungsbeschwerde und Antrag auf mündliche Verhandlung. Es sind vielmehr sämtliche Rechtsmittel in Bezug genommen. Der Antrag auf mündliche Verhandlung geht den Rechtsmitteln (auch der statthaften Berufung durch andere Beteiligte) vor, weil er den weitergehenden Rechtsbehelf darstellt. Dem entspricht auch der Sinn und Zweck der Norm. § 105 [X.] 2 und 3 [X.]G wahrt die Prozessrechte des Beteiligten, für den die Entscheidung des [X.] nicht berufungsfähig ist. Nur durch einen entsprechenden Antrag auf mündliche Verhandlung kann dieser Beteiligte eine mündliche Verhandlung und die Besetzung der [X.]bank auch mit ehrenamtlichen [X.]n herbeiführen (vgl B[X.] [X.] 4-1500 § 105 [X.] RdNr 7 f). Damit stärkt § 105 [X.] 2 [X.] [X.]G einfachrechtlich den Anspruch, mündlich gehört zu werden (vgl [X.] 19, 377, 381 f mwN zum einfachrechtlichen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung und zur Reichweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art 103 [X.] 1 GG).
c) Hier war die Berufung nicht kraft Gesetzes eröffnet und auch nicht vom [X.] zugelassen (dazu aa). Der Kläger hat auch noch rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt (dazu [X.]). [X.] ist, dass er bereits Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt hatte (dazu cc).
aa) Die Berufung bedarf nach § 144 [X.] 1 S 1 Nr 1, [X.] [X.]G der Zulassung in dem Urteil des [X.] oder auf Beschwerde durch Beschluss des L[X.], wenn der Wert des [X.] bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Der Kläger hat mit seiner am 23.5.2011 erhobenen Klage nur die Übernahme der Kosten geltend gemacht für im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Behandlung stehende, einmalig angefallene Laborkosten und Fahrkosten, bei denen es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen handelt (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], 11. Aufl 2014, § 144 Rd[X.]1 ff). Er überschreitet damit nicht die maßgebliche Beschwer von mehr als 750 Euro. Die Laborkosten bezifferte der Kläger in dem an das [X.] in Kopie übersandten Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten zu 2. vom [X.] mit 267,65 Euro, die Fahrkosten mit 14 Euro. Die mit dem [X.] ebenfalls begehrte Übernahme von Kosten für eine zahnärztliche Behandlung, die der Kläger auf 993,89 Euro bezifferte, waren weder Gegenstand des Widerspruchsbescheids des Beklagten zu 2. vom [X.] noch - wie ausgeführt - Gegenstand des Klageantrags. Im Übrigen hat das [X.] auch nur über den Anspruch auf Labo- und Fahrkosten entschieden.
Das [X.] hat die Berufung auch weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Es hat die Berufung auch nicht dadurch zugelassen, dass es in der dem Gerichtsbescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung die Berufung als gegebenes Rechtsmittel bezeichnet hat. Dies stellt keine Entscheidung über die Zulassung dar, sondern ist eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die das L[X.] - und den Kläger - nicht bindet (stRspr, vgl B[X.] Urteil vom 18.3.2004 - [X.] AL 53/03 R - Juris RdNr 12; B[X.] [X.] 3-1500 § 158 [X.] S 13; B[X.] [X.] 3-1500 § 158 [X.]; B[X.]E 5, 92, 95; B[X.] [X.] § 150 [X.]G [X.]; B[X.]E 2, 121, 125 f).
[X.]) Der Kläger hat nicht innerhalb der Monatsfrist des § 105 [X.] 2 S 1 [X.]G mündliche Verhandlung beantragt. Diese Frist findet jedoch infolge der falschen Rechtsmittelbelehrung keine Anwendung. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei (§ 66 [X.] 2 S 1 [X.]G). Es kann offenbleiben, ob der vorliegende Fall demjenigen einer Belehrung gleichzustellen ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei (§ 66 [X.] 2 S 1 Halbs 2 Fall 2 [X.]G; vgl dazu B[X.] [X.] 4-3250 § 14 [X.] RdNr 54; s ferner BVerwGE 71, 359, 361; [X.] Urteil vom 31.1.2005 - [X.]/04 - Juris Rd[X.]1; Sächsisches L[X.] Urteil vom 3.11.2010 - L 1 AL 127/10 - Juris Rd[X.]0). Denn der Kläger hat vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des [X.] mündliche Verhandlung beantragt.
cc) § 105 [X.] 2 [X.] [X.]G setzt - wie dargelegt - nicht voraus, dass das Rechtsmittel und der Antrag auf mündliche Verhandlung von demselben Beteiligten eingelegt bzw gestellt wird. Erst recht folgt daraus, dass der Rechtsmittelführer nicht zeitgleich mit seinem Rechtsmittel auch eine mündliche Verhandlung beantragen muss, um die Rechtsfolge des § 105 [X.] 2 [X.] [X.]G herbeizuführen. Maßgeblich ist allein, dass der Beteiligte rechtzeitig innerhalb der Rechtsmittelfrist mündliche Verhandlung beantragt (vgl zur regelmäßig laufenden Monatsfrist § 105 [X.] 2 [X.] iVm S 1 und [X.] 3 Halbs 2 [X.]G). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das L[X.] seinerseits noch nicht mündlich verhandelt hat. Die rechtzeitige Antragstellung ist hier im Hinblick auf die an die Stelle der Monatsfrist - zumindest - tretende Jahresfrist gegeben. Sie erfolgte auch noch vor der mündlichen Verhandlung beim L[X.], nämlich am 30.7.2014.
3. Das [X.] wird bei der durchzuführenden mündlichen Verhandlung zu beachten haben, dass es die Klage nicht als unzulässig behandeln darf, sondern prüfen muss, ob entsprechend § 75 [X.] 5 [X.]G eine Verurteilung der Beklagten zu 1. in Betracht kommt. Die im Gerichtsbescheid versagte Sachprüfung und die Abweisung der Klage gegen die [X.] zu 1. als unzulässig ist verfahrensfehlerhaft. Die im Wege der subjektiven Klagehäufung herbeigeführte einfache Streitgenossenschaft (§ 74 [X.]G) ist funktional gleichwertig mit der notwendigen unechten Beiladung nach § 75 [X.] 2 iVm [X.] 5 [X.]G. Sie enthebt das Gericht, eine notwendige unechte Beiladung anzuordnen. Kommt eine Verurteilung des Beigeladenen nach § 75 [X.] 5 [X.]G in Betracht, schließt dies eine Trennung der einfachen Streitgenossenschaft aus, wenn dies zur Folge hätte, dass einer der Beklagten, sei es im verbliebenen oder sei es im abgetrennten Verfahren, sofort wieder beigeladen werden müsste. Nur dann, wenn eine Verurteilung eines Beklagten von vornherein ausscheidet, steht § 75 [X.] 2 iVm [X.] 5 [X.]G einer Trennung der Klage entsprechend den Streitgenossen auf Beklagtenseite nicht entgegen. Hier kommt hinzu, dass das [X.] keine Trennung im Rechtssinne (§ 202 S 1 [X.]G iVm § 145 [X.] 1 ZPO) vorgenommen hat, die durch Beschluss zu ergehen hat und zu begründen ist. Das [X.] hat lediglich faktisch durch Anlegung einer neuen, den Beklagten zu 2. betreffenden Verfahrensakte diesen als Beteiligten im Verfahren nicht länger berücksichtigt; auch wenn es im - nunmehr nicht länger existenten - Gerichtsbescheid (§ 105 [X.] 3 [X.]G) den Anspruch gegen den Beklagten zu 2. gleichwohl verneint hat. Sofern der faktisch abgetrennte Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 2. rechtskräftig entschieden sein sollte, steht dies der Zulässigkeit der Klage gegen die Beklagte zu 1. nicht entgegen. Der Anspruch des [X.] auf effektiven Rechtsschutz nach Art 19 [X.] 4 GG (vgl dazu 1.) verbietet es, dass das [X.] sein prozessordnungswidriges Handeln dem Kläger entgegenhalten darf.
4. Nach § 160a [X.] 5 [X.]G kann das B[X.] in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 [X.] 2 [X.] [X.]G vorliegen. In der Rechtsprechung des B[X.] ist anerkannt, dass das B[X.] in Wahrnehmung der dem L[X.] gemäß § 159 [X.] 1 [X.]G eingeräumten Befugnis die Sache unter Aufhebung der angegriffenen Entscheidung des L[X.] an das [X.] zurückverweisen kann (vgl B[X.]E 51, 223 = [X.] 1500 § 78 [X.]; B[X.] [X.] 1500 § 136 [X.]). Das muss erst recht gelten, wenn der gerügte Verfahrensfehler des L[X.] gerade darin liegt, dass es unter Verstoß gegen § 105 [X.] 2 [X.] [X.]G über eine Berufung entschieden hat. Der [X.] macht im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles von dieser Möglichkeit Gebrauch. Eine Zurückverweisung an das L[X.] ist ausgeschlossen: Das Berufungsverfahren hat sich durch die Beantragung der mündlichen Verhandlung erledigt (§ 105 [X.] 2 [X.] [X.]G). Der Gerichtsbescheid ist als möglicher Überprüfungsgegenstand eines zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahrens rechtlich nicht mehr existent (§ 105 [X.] 3 Halbs 2 [X.]G). Das L[X.] wäre nur dazu befugt, die Verfahrensakten an das [X.] zur Entscheidung abzugeben, nicht aber zu einer dem Verfahren Fortgang gebenden prozessualen Handlung.
5. [X.] bleibt dem [X.] vorbehalten.
Meta
17.11.2015
Beschluss
Sachgebiet: KR
vorgehend SG Hamburg, 9. Januar 2014, Az: S 48 KR 552/11, Gerichtsbescheid
§ 67 Abs 1 SGG, § 105 Abs 2 SGG, § 105 Abs 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 1 S 2 SGG, § 160a Abs 5 SGG, § 202 SGG, § 547 Nr 1 ZPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG
Zitiervorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.11.2015, Az. B 1 KR 130/14 B (REWIS RS 2015, 2272)
Papierfundstellen: REWIS RS 2015, 2272
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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